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Sappho

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"Das confessio-Gedicht"

 94LP 

 
Übersicht zur griechischen Lyrik | Zugänge zur Interpretation von Lyrik

94LP/96D

(Üb.: Schadewaldt I, S. 135)
.  .  .  .   .  .  .  .  . 
τεθνάκην ἀδόλως, θέλω·
ἀ με ψισδομένα κατελίμπανεν
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[ . . . . . . . . . . . . .]
... ganz ehrlich, ich wollte, ich wäre tot!
Als sie schied, hat sie viel geschluchzt
πόλλα καὶ τόδ’ ἔειπέ μοι·
ὤιμ’ ὠς δεῖνα πεπόνθαμεν,
Ψάπφ’, ἦ μάν σ’ ἀέκοισ’ ἀπυλιμπάνω.
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und dies zu mir gesagt:
„Ach, wie schrecklich ergeht es uns,
Sappho! Gar so ungern scheide ich von dir!"
τὰν δ’ ἔγω τάδ’ ἀμειβόμαν·
χαίροισ’ ἔρχεο κἄμεθεν
μέμναισ’, οἶσθα γὰρ ὤς σε πεδήπομεν·
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Da hab ich ihr dies erwidert:
„Glück auf den Weg und gedenke
mein! Du weißt ja, wie wir dich gehegt haben.
αἰ δὲ μή, ἀλλά σ’ ἔγω θέλω
ὄμναισαι . . .
ὄσα μάλθακα καὶ κάλ’ ἐπάσχομεν·
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Und wo nicht, nun, so will ich dich
dran erinnern,...:
[fein] und schön ist es uns ergangen.
πόλλοις γὰρ στεφάνοις ἴων
καὶ βρόδων πλοκίων τε ὔμοι
κἀνήτω πὰρ ἔμοι παρεθήκαο
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Viel Kränze aus Veilchen 
und Rosen und...
und ...hast du dir bei mir angelegt,
καὶ πόλλαις ὐπαθύμιδας
πλέκταις ἀμφ’ ἀπάλαι δέραι
ἀνθέων ἐρατῶν πεποημέναις.
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und viele Duftgewinde
um den zarten Hals,
aus lieblichen Blumen gemacht;
καὶ πολλῷ λιπαρῶς μύρῳ
βρενθείῳ τε κάλον χρόα
ἀξαλείψαο καὶ βασιληίῳ
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und mit viel Salbe,
Brenthos
und Königssalbe, hast du dich gesalbt,
καὶ στρώμναν ἐπὶ μολθάκαν
ἀπάλαν παρ ὀπαυόνοων
ἐξίης πόθον αἶψα νεανίδων
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und, auf ein weiches Polster
die zarte [Wange gebettet?],
hast du das Sehnen... gestillt;
κωὔτε τις οὔ τε τι
ἶρον οὐδ’ ὐ. . . .
ἔπλετ’ ὄπποθεν ἄμμες ἀπέσκομεν,
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und da war kein [Reigen] und kein
Heiligtum und kein...,
wo wir nicht dabei waren,
οὐκ ἄλσος . . . . . . ρος
  . . . . . . . . . ψοφος
  . . . . . . . . .  οιδιαι
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kein Götterhain... [wo nicht]
der Schall [der Kastagnetten]..."
2 τεθνάκην δ' ἀδόλως | 12 · · [ ] καὶ κάλ' ἐπάσχομεν· | 
τεθνάκην = τεθνηκέναι | ἀδόλως - ehrlich, aufrichtig | ἀ - sie (angeblich hieß sie Gongyla) | ψίζομαι = κλαίω | καταλιμπάνω = καταλείπω | πόλλα - Adv. zu ψίζομαι | ἀέκοισα = ἄκουσα | κἄμεθεν = καὶ ἐμοῦ | μέμναισο - Imp. | πεδήπομεν = μεθείπομεν von μεθέπω - umsorge, umhege, umpflege |  ὄμναισαι = ἀναμνῆσαι | τὸ βρόδον = τὸ ῥόδον - Rose | τὸ πλόκιον - Flechtwerk, Ranken | τὸ ἄνητον - Dill, Anis | ὔμοι = ὁμοῦ | παρεθήκαο = παρέθου | ἠ ὐπαθυμίς, ίδος - Duftkranz, wohlriechender Kranz | πλεκτός - geflochten | λιπαρῶς - fett, glänzend, glatt | τὸ μύρον - Myrtensaft, Salböl | τὸ βρένθειον - Brenthossalbe (sehr kostbar) | ἐξαλείφω - salbe ein | τὸ βασιλήιον <μύρον> - Königssalbe | ἡ στρώμνη - Lager (στρώννυμι) | ἠ ὀπαύων, ονος -  Gefährtin  | ἐξίημι - schicke weg (ἐξίης πόθον - expellebas desiderium) | ἡ νεᾶνις, ιδος - junges Mädchen, Jungfrau 
 
B. Snell, S.114: "Hier verbindet die Erinnerung der <liebenden über die Ferne hinweg und wieder knüpft etwas Geistig-Seelisches die Menschen aneinander. Aber dieses Seelische ist nicht sentimental-verloren, ist nicht weltfeindlich und weltflüchtig, sondern ist die Erinnerung an die ganz irdischen , sinnlichen, strahlenden, schönen Dinge. Die Erinnerung lässt all dies weiterexistieren , erhält für die Dauer die Freude daran und gibt denen, die es genossen haben, das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Man hat gesagt, dieses Erinnern, wie Sappho es übt, sei eine gleichsam ewige Art zu trösten, und auf eine Szene der Odyssee verwiesen, in der jemand beim Abschied bittet, sich seiner zu erinnern. Doch es ist ein feiner, aber wichtiger Unterschied. Als Odysseus das Land der Phäaken verlässt, sagt ihm Nausikaa (8, 461): >Fahr wohl, Fremder, damit du, wenn du einst in deinem Vaterland bist, meiner gedenkst, weil du zuerst mir deine Rettung verdankst.< Da ist also das Erinnern der Dank für eine empfangene Wohltat; in dem Sappho-Gedicht finden sich die Liebenden zusammen in dem gleichen Gefühl der Erinnerung, ohne einseitige Verpflichtung, und die reine Kontemplation, dass die Erinnerung nichts ist als die Vergegenwärtigung des vergangenen Schönen, stimmt die beiden Seelen gleich."
 
W. Schadewaldt I, S. 135: „Was wir noch lesen, verteilt sich deutlich auf drei zeitliche Schichten. Den Todeswunsch am Anfang spricht, wie heute nicht mehr bezweifelt wird, Sappho selbst aus der Gegenwart dieses Gedichts, aus einem großen Schmerz, der sie jetzt bewegt. Alles andere ist Erinnerung an den Abschied, an das, was das Mädchen gesagt und zumal was Sappho selbst ihr dabei entgegnet hat. In dieser Erinnerung tut sich dann die dritte noch weiter zurückliegende Schicht auf: Das Leben, das das Mädchen früher bei Sappho hatte, wird gegenwärtig, und diese Vergegenwärtigung dauert noch an, als unser Text abbricht. An der Frage: wie sich die Erinnerung von Vers 3 ab [136] zu dem Todeswunsch der Sappho am Anfang verhält, und in welchem Sinne sich die Dichterin das, was sie in jener Abschiedsstunde zu dem Mädchen sprach, jetzt in ihrem großen Schmerz vergegenwärtigt, hängt offenbar das Verständnis des Ganzen.
Die Vergegenwärtigung jenes Abschieds setzt asyndetisch ein wie etwas, was ganz selbstverständlich in dem Todeswunsch davor mitgegeben ist. Das aber bedeutet: das einfache Erlebnis der Trennung ruht auch über dem ganzen Gedicht, und eben aus dem Trennungsschmerz ist auch der Todeswunsch am Anfang gesprochen. Überall, soweit wir sehen, pflegt Sappho ihre Gedichte ganz einfach, ohne Knicke und Brüche, aus einem einzigen Grundgefühl zu entwickeln, und geradlinig reiht sich bei ihr der Zug der der Vorstellung aneinander, oft so, dass der Schluss zum Anfang zurückbiegt." [...]
[137...] "Bei Sappho gehen die einzelnen Anlässe ihrer Leiden, selbst da, wo solche etwa vorliegen mögen, in dem allgemeinen Schicksal ihrer Liebe unter. Was sie in der Liebe erlebt und woran sie leidet, das sind die einfachen, sich ewig wiederholenden Grundphänomene des Daseins in der Liebe: Nähe und Ferne, Beisammensein und Trennung, Besitzen und Lassenmüssen. Sappho erst eigentlich hat die Liebe bei den Griechen <entdeckt> als umfassende Daseinsform und Schicksal der Seele, und weil sie in den Natur- und Grundformen dieser Liebe lebt, darum nicht zuletzt kann sie so ganz als Natur erscheinen."

 

Index der hier behandelten Gedichte und Fragmente

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Sententiae excerptae:
Griech. zu "Sappho"
Literatur:
zu "Sappho"
1074
Ahrens, H.L.
Alcaei Sapphusque fragmenta ap. De Graecae linguae dialectis I-II
Göttingen 1839-1843

1075
Ahrens, H.L.
Conjecturen zu Alcaeus und Sappho
in: Rh.Mus 1/1842

1076
Ahrens, H.L.
Conjecturen zu Alcaeus, Sappho, Corinna, Anacreon
in: Rh.Mus 6/1839

800
Ardizzoni, A.
I nuovi frammenti di Saffo e Alceo
Roma 1944

3310
Bprzak, I.
Gaius Valerius Catullus: Carmen 51. Otium Catullianum
in: Eisenhut: Lyrik, Darmstadt 1970

1521
Fatouros, G.
Der Vergleich mit dem Mond in Sapphos "Arignotalied"
in: Gymn. 104/1997, 193-200

2383
Fraenkel, H.
Dichtung und Philosophie des frühen Griechentums. Eine Geschichte der griechischen Epik, Lyrik, Prosa bis zur Mitte des fünften Jahrhunders
New York 1951; München (Beck) 1962

162
Fränkel, H.
Homer. Hesiod. Lyrik (Archilochos .Alkman. Sappho. Alkaios. Semonides. Mimnermos)
in: Dichtung und Philosophie, 1962

1449
Fränkel, H.
Dichtung und Philosophie des frühen Griechentums. Eine Geschichte der griechischen Epik, Lyrik und Prosa bis zur Mitte des 5. Jhs.
München (Beck) 2/1962

1522
Fränkel, H.
Elpis, in: Drei Interpretationen aus Hesiod (III)
in: Wege und Formen frühgriechischen Denkens, München (Beck) 1960

1523
Franyó / Snell, B.
Frühgriechische Lyriker III: Sappho, Alkaios, Anakreon. Deutsch von Z. Franyó, griech. Text bearbeitet von B. Snell
Berlin (Akademie-Verlag) 1976

1524
Kammerer. I.
Sappho und ihre Dichtung in der Deutung von Wilamowitz bis Latacz

3290
Kranz, W.
Catulls Sapphoübertragung
in: Studien zur..., Heidelberg 1967

3292
Lattimore, R.
Sappho 2 and Catullus 51
in: CPh 39/1944

1525
Saake, H.
Zur Kunst Sapphos
Paderborn 1971

1526
Schadewaldt, W.
Die frühgriechische Lyrik. Tübinger Vorlesungen Bd. III
Frankfurt/M (Suhrkamp) 1/1989


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