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Griechischer Tempelbau
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Referat Nr. 6: Griechischer Tempelbau
I. Säulenordnungen, II. Parthenon und III. Eleusis
Urs Wiesel (MSS 12 - 1999/2000)

 

 

Griechischer Tempelbau: I.) Säulenordnungen

Vorstufen und Typen:

Die kretischen und mykenischen Kulturen kannten noch kein Gotteshaus, da ihre Götter vorwiegend Naturkräfte waren. Ihnen wurde in freier Natur auf einem abgeschlossenen Weiheplatz, auf dem ein Altar für blutigen Opfer stand, geopfert.

Später verehrte man in abgeschlossenen Räumlichkeiten Götterbilder in idealisierter Menschengestalt. Man favorisierte, die „Tempel" auf „heiligem" Boden, meist über alten Heroengräbern, auf einer Bergesanhöhe zu errichten. Schon Homer lässt den von Agamemnon missachteten Priester Chryses sich in seinem Gebet an Apollon darauf berufen, dass er ihm schon manchen Tempel gebaut hat.  (Hom.Il.1,39: Σμινθεῦ εἴ ποτέ τοι χαρίεντ' ἐπὶ νηὸν ἔρεψα). Aus geometrischer Zeit hat man Tempelmodelle aus Ton gefunden (Heraion von Argos und Perachora) und Tempelfundamente ausgegraben (Eleusis, Sparta, Perachora). Später wurde der Gott in sein Heiligtum in dem menschlichen Wohnkreis, in geweihte Bereiche, integriert.

Vorbild für den Tempelbau war der bereits hochentwickelte Profanbau, das aus Griechenland stammende Megaron aus frühester mykenischer Zeit. Seine einräumige, längliche viereckige Form vergrößerte man durch vorziehende Längswände (Anten), wodurch eine Vorhalle entstand, die mit zwei Säulen abgegrenzt wurde. (Tempelreste aus dem 8. Jahrhundert) Die hierzu verwendeten Materialien waren Holz, später luftgetrocknete Ziegeln. Der Tempelinnenraum (Cella) beherbergte das vollplastische Götterbild und den Räucheraltar. Die verehrende Gemeinde stand im Freien vor dem Eingang, wo die Tieropfer dargebracht wurden. Der fensterlose Antentempel entwickelte sich entweder zum Doppelantentempel (zusätzliche Vorhalle auf der Hinterseite des Tempels) zum Prostylos (Tempel mit säulengetragener Vorhalle) oder zum Amphiprostylos (mit Vorhallen auf beiden Frontseiten).

Nicht zuletzt durch die Veränderung der Dachform – aus dem Flachdach entwickelte sich ein Satteldach – entstand die Möglichkeit, in der Cella Raum für künstlerische Ornamentik zu gewinnen. Hochreliefs, plastische Gruppen, Palmetten und Figuren aus Holz, dann aus Kalkstein, endlich aus Marmor zierten die Peristasis (ringsum laufende Säulenhalle). 

Als architektonischen Varianten der Peristasis entstanden die Tempelformen

Eine seltene Form ist der Monopteros, ein säulengetragener offener Tempel auf kreisrundem Grundriss (Romatempel auf Akropolis). Die Tholos ist eine Variante des Monopteros und besitzt innerhalb des Säulenkreises einen geschlossenen Rundbau.

Ende des 7. Jahrhunderts war der kanonische Tempel entwickelt. 

Der dorische Tempel

nach J. Bühlmann, Architektur des class. Altertums und der Renaissance, Stuttgart 1872

Der dorische TempelDie dorische Säulenordnung ging vorwiegend vom mittleren und südlichen Griechenland aus (Kunstzentren Argos und Korinth) und ist durch das ausgewogene Maß zwischen Tragen und Lasten gekennzeichnet. Die dorische Ordnung wird von einem spröden Sinn für schlichte klare Monumentalität bestimmt.

  1. Säule, Säulenschaft
  2. Kanneluren
  3. Kerbe
  4. Hals
  5. 5 Anuli (Ringe)
  6. Echinus (Polster)
  7. Abakus (Brett)
  8. Architrav (Epistylion)
  9. Regula (Plättchen) mit Guttae (Tropfen)
  10. Taenia (Stirnband)
  11. Fries
  12. Triglyphe (Dreisteg)
  13. (Reliefierte) Metope
  14. Mutulus (Hängeplatte) mit Guttae (Tropfen)
  15. Geison (Kranzgesims)
  16. Sima (Traufrinne)
  17. Wasserspeier (Löwenköpfe)
  18. Stirnziegel

Die dorischen Säule:

Die dorische Säule steigt ohne Basis (Unterlage) direkt aus dem Stylobat (Grundfläche) des Tempels auf und ist relativ niedrig ( zwischen 5 und 7,5 Säulendurchmesser), wobei der Durchmesser von unten nach oben leicht abnimmt. 
Bei frühdorischen Säulen ist eine Entasis (Schwellung) im unterem Drittel des Säulenschafte vorhanden - sie soll einen elastischen Eindruck machen.
Neben den selten aus einem einzigen Steinblock gehauenen Säulen (Monolithen) bestehen meistens die Säulen aus zylindrisch geformten Stücken (Säulentrommeln), die durch Holzzapfen in der Trommelmitte untereinander verkoppelt wurden. 
Die Säulen sind senkrecht gerillt (Kanneluren), wodurch das Aufwärtsstreben und die Kraft des Gebälktragens zum Ausdruck kommt.
Am Säulenhals lenken Querrillen in die Horizontalebene über, um schließlich drei Ringe die Säule abschließen zu lassen.
Der kreisrunde Wulst (Echinus) bildet mit der quadratischen Auflageplatte, Abakus genannt, das Kapitell, das die Tragkraft der Säule auf eine  größere waagerechte Fläche leitet.
Eine Faustregel bezüglich der Säulenanzahl eines Tempels lässt sich etwa folgendermaßen ausdrücken. Anzahl der Frontsäulen mal die Anzahl der Säulen der Längseite beträgt in der Regel 6 mal 13, woraus sich der Begriff Hexastylos herleitet. Allgemein gesprochen verhält sich die Stirn- zur Längsseite im Verhältnis 1:2.

Die Säulen sind mit einem mächtigen schmucklosen Steinbalken, dem Architrav, verbunden, der oben Leistchen und jeweils 6 Pflöckchen aufweist. Auf ihm liegt der geschmückte Fries, in dem mythologische Szenen auf Relieffeldern (Metopen) dargestellt sind und durch dreifach vertikal gerillten Platten (Triglyphen) abgegrenzt werden.
Den obersten Teil des Gebälks nennt man Geison; es ist das über den Fries vorstehende Kranzgesims, das an den Frontecken zum Dachfirst aufsteigt und das dreieckige Giebelfeld oder Tympanon umrahmt. 
Eine eingearbeitete Regenrinne führt schließlich das Wasser durch die an den Ecken angebrachten Löwenköpfe zur Erde.
Der Säulenumgang enthält eine flache Kassettendecke, deren Schmuck, meist goldene Sterne auf blauen Grund, bildeten.
Die Dächer waren aus Ton oder Marmorziegeln.
Nach archäologischen Erkenntnissen des 19. Jahrhunderts sollen die griechischen Tempel vor allem im Bereich des Frieses und des unteren Geison bunt bemalt gewesen sein.
Das unterirdische Fundament eines dorischen Tempels heißt Stereobat. Die oberste Stufe – auf ihr sind die Säulen aufgestellt – nennt man Stylobat. Um sie zu erreichen, muss der Besucher drei hohe Stufen, die das Aufsteigen hin zur Gottheit symbolisieren, überwinden.
Der dorische Tempel ist ein harmonisches und in sich geschlossenes architektonisches Kunstwerk. Sämtliche Details sind exakt disponiert, haben ihre Bedeutung, sie vertragen keine Abänderungen.

 

Der ionische Tempel

Der ionische Tempel
  1. Basis
    1. Plinthe
    2. Trochilos (Hohlkehle)
    3. Torus (Wulst)
  2. Kapitell
    1. Echinus
    2. Voluten
    3. Abakus (Brett)
  3. Gebälk
    1. Architrav, Epistylion (drei Faszien)
    2. Ionisches Kyma
    3. Zahnschnitt (Geisipodes)
    4. Geison (Kranzgesims)
    5. Sima (Traufleiste)

Die ionische Säulenordnung stammt vorwiegend aus den Griechensiedlungen an den kleinasiatischen Küste und den ägäischen Inseln und sind von fremden Einflüssen geprägt, was auch die Verzierungen der Tempel zur Folge hatte.

Im Unterschied zur dorischen Säule steht die ionische Säule auf einer Basis, meist ein quadratischer Sockel (Plinthe) und ersetzt gleichzeitig den Stylobat. Auf diesem Sockel liegen abwechselnd kreisrunde Wülste und Hohlkehlen, aus denen schließlich der Schaft stieg. Attika bildete den Sockel jedoch zur Basis um, nur noch eine Hohlkehle wurde von zwei Wülsten umgeben. Der Säulenschaft mit einer Länge von 8,5 bis 9,5 Säulendurchmesser war dabei wesentlich höher, als der dorische. Gleichzeitig vergrößerte sich der Säulenabstand auf 2 Durchmesser.

Die Kanneluren – von 20 auf 24 an der Zahl gestiegen – sind durch Stege getrennt, tiefer ausgehöhlt und werden durch halbkreisförmige Bogen am Ende einer Säule geschlossen.
Eine Perlenschnur zu einer Schmuckreihe aneinandergereiht leitet vom Schaft zum Echinus über. Der Echinus wird umkleidet von dem Eierstab, der aus eiförmigen und pfeilspitzartigen Gebilden besteht.
Statt des einfachen Abakus liegt auf dem Echinus ein durchhängendes Polster, das spiralförmig an den Außenseiten zusammengerollt ist.
Die ionischen Säulen sind im allgemeinen schlanker als die dorischen und wurden daher zunächst im Innenbau bevorzugt.
Der Architrav, die Auflagefläche auf die Säulen, ist in drei Glieder unterteilt. Im klassischen ionischen Stil liegt zwischen Fries und Architrav ein Ornamentenband, wobei auf dem Fries durchgängig mythologische Szenen dargestellt werden.

Das Kranzgesims ragte zum Wetterschutz noch weiter heraus, als das der dorischen Tempel und wurde mit mehreren Blattleisten geziert.

Decken, Dachanlagen, Grundrisse der ionischen Tempel waren weitgehend mit denen dorischer Tempel zu vergleichen.

 

Der korinthische Tempel

Die korinthische Säulenordnung ist eine elegantere Abart der ionischen und hat sich nie zu einer selbstständigen Form entwickelt. Das Kapitell der korinthischen Säulen ist Ausdruck einer neuen Kunstleistung. Hier dominieren prachtvoll sich windende Blumenblätter. Die korinthische Säulenordnung diente mit ihrer wunderbaren Ornamentik den Römern später als beliebte Stilart, beispielsweise für das sogenannte Kompositkapitell.

Der korinthische Tempel

  1. Krepidoma
    1. Stylobat (Oberste Plattform)
  2. Basis
    1. Torus (Wulst)
    2. Trochilus (Hohlkehle)
  3. Säulenschaft
    1. Kanneluren
  4. Kapitell
    1. Akanthusblätter (Bärenklau)
    2. Voluten
    3. Abakus
    4. Abakusblume
  1. Gebälk
    1. Architrav (Epistylion)
    2. Fries (Zophoros)
    3. Geison (Kranzgesims
    4. Sima (Traufrinne)

nach: Mauch / Lohde: Die architektonischen Ordnungen der Griechen und Römer, Berlin 1875

Quellen:

Die Tempel der Griechen v. Max Hirmer

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