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Cicero: De officiis

Cicero: Ãœber die Pflichten

Cic.off.1,11-14

Grundzüge einer Anthropologie: Die Naturausstattung des Menschen
 
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Cicero: De officiis

Cic.off.1,11-14

 

Cicero: Ãœber die Pflichten

Cic.off.1,11-14

11,1
[Cic.off.1,11,1] Principio generi animantium omni est a natura tributum, ut se, vitam corpusque tueatur, declinet ea, quae nocitura videantur, omniaque, quae sint ad vivendum necessaria anquirat et paret, ut pastum, ut latibula, ut alia generis eiusdem.
Die Natur legte erstens in alle beseelte Wesen den Trieb, sich selbst, ihr Leben und ihren Körper zu erhalten, dem, was schädlich sein könnte, aus dem Weg zu gehen und alles, was zum Leben notwendig ist, zum Beispiel Nahrung, sicherer Aufenthalt und anderes der Art, aufzusuchen und sich zu verschaffen.
anmerk.
11.2
[Cic.off.1,11,2] Commune item animantium omnium est coniunctionis appetitus procreandi causa et cura quaedam eorum, quae procreata sint.
Ein zweiter, ihnen allen gemeinschaftlicher Trieb ist, der Fortpflanzung wegen sich zusammenzugesellen, und an ihn schließt sich eine gewisse Wartung und Pflege des von ihnen Erzeugten und Geborenen.
anmerk.
11,3
[Cic.off.1,11,3] Sed inter hominem et beluam hoc maxime interest, quod haec tantum, quantum sensu movetur, ad id solum, quod adest quodque praesens est se accommodat, paulum admodum sentiens praeteritum aut futurum.
Allein Mensch und Tier sind hauptsächlich darin verschieben, dass dieses nur, soweit es durch sinnliche Eindrücke bestimmt wird, sich an solche Dinge hält, die in der Nähe und gegenwärtig sind, bei sehr geringer Empfindung für Vergangenes und Zukünftiges.
anmerk.
11,4
[Cic.off.1,11,4] Homo autem, quod rationis est particeps, per quam consequentia cernit, causas rerum videt earumque praegressus et quasi antecessiones non ignorat, similitudines comparat rebusque praesentibus adiungit atque adnectit futuras, facile totius vitae cursum videt ad eamque degendam praeparat res necessarias.
Der Mensch dagegen, als vernünftiges Wesen, das die Fähigkeit hat, die Folgen der Dinge vorauszusehen, ihre Ursachen zu erkennen, sich ihres Fortschreitens und Herkommens bewusst zu werden, Ähnlichkeiten zu vergleichen, und Zukünftiges an das Gegenwärtige anzupreisen und damit zu verknüpfen, übersieht ohne Mühe den Lauf eines ganzen Lebens und sucht sich im voraus anzuschaffen, was dafür notwendig ist.
anmerk.
12,1
[Cic.off.1,12,1] Eademque natura vi rationis hominem conciliat homini et ad orationis et ad vitae societatem ingeneratque inprimis praecipuum quendam amorem in eos, qui procreati sunt impellitque, ut hominum coetus et celebrationes et esse et a se obiri velit ob easque causas studeat parare ea, quae suppeditent ad cultum et ad victum, nec sibi soli, sed coniugi, liberis, ceterisque, quos caros habeat tuerique debeat, quae cura exsuscitat etiam animos et maiores ad rem gerendam facit.
Dieselbe vernünftige Natur ist es, die die Menschen gegenseitig zusammenführt, um sich miteinander zu besprechen und in Gemeinschaft zu leben, die ihnen eine überwiegende Zärtlichkeit gegen die erzeugten Kinder eingepflanzt, sie zu dem Wunsch treibt, dass gemeinschaftliches Zusammenleben und Geselligkeit unter den Menschen stattfinden und sie selbst Anteil daran haben; sie aus diesen Ursachen zu dem Streben veranlasst, die Vorräte herbeizuschaffen,, die zum bequemen und sorgenfreien Leben erforderlich sind – und dies nicht nur für sich allein, sondern auch für ihre Gattinnen, für ihre Kinder, für diejenigen, die sie sonst noch lieben und zu schützen verpflichtet sind. Diese Sorge gibt zugleich dem menschlichen Geist einen höheren Schwung und erzeugt in ihm die zu Taten notwendige Seelengröße.
anmerk.
13,1
[Cic.off.1,13,1] Inprimisque hominis est propria veri inquisitio atque investigatio.
Vorzüglich aber zeigt sich im Menschen ein eigentümlicher Trieb, das Wahre zu suchen und aufzufinden.
anmerk.
13,2
[Cic.off.1,13,2] Itaque cum sumus necessariis negotiis curisque vacui, tum avemus aliquid videre, audire, addiscere cognitionemque rerum aut occultarum aut admirabilium ad beate vivendum necessariam ducimus.
Wenn wir daher von den Geschäften und Sorgen für die Bedürfnisse des Lebens frei sind, so verlangt uns, etwas zu sehen, zu hören, zu erfahren, und wir achten die Erenntnis des Verborgenen und Wunderbaren in der Natur für notwendiges Erfordernis zum Glück unseres Lebens.
anmerk.
13,3
[Cic.off.1,13,3] Ex quo intellegitur, quod verum, simplex sincerumque sit, id esse naturae hominis aptissimum.
Daraus erhellt, dass überhaupt das Wahre, das Einfache, das Naturgemäße dem Wesen des Menschen vorzüglich angemessen ist.
anmerk.
13,4
[Cic.off.1,13,4] Huic veri videndi cupiditati adiuncta est appetitio quaedam principatus, ut nemini parere animus bene informatus a natura velit nisi praecipienti aut docenti aut utilitatis causa iuste et legitime imperanti;
An diese Begierde, das Wahre zu erkennen, schließt sich ein gewisses Verlangen nach Selbstständigkeit, aufgrund dessen ein von der Natur gehörig geschaffenes Gemüt keinem gehorchen mag als solchen, die durch Ermahnung und Unterricht wirken oder zum allgemeinen Besten gerecht und mit gesetzmäßiger Gewalt regieren.
anmerk.
13,5
[Cic.off.1,13,5] ex quo magnitudo animi existit humanarumque rerum contemptio.
Aus diesem Zug ergibt sich Seelengröße und Erhabenheit über das Zufällige im Menschenleben.
anmerk.
14,1
[Cic.off.1,14,1] Nec vero illa parva vis naturae est rationisque, quod unum hoc animal sentit, quid sit ordo, quid sit quod deceat, in factis dictisque qui modus.
Endlich äußern unsere Natur und Vernunft eine nicht unbedeutende Wirksamkeit darin, dass unter allen beseelten Wesen der Mensch allein empfindet, was Ordnung ist, was Anstand, was das rechte Maß im Reden und Handeln.
anmerk.
14,2
[Cic.off.1,14,2] taque eorum ipsorum, quae aspectu sentiuntur, nullum aliud animal pulchritudinem, venustatem, convenientiam partium sentit;
Schon bei denjenigen Gegenständen, die für den Gesichtssinn sind, fühlt nur er die Schönheit, die Anmut und das Ebenmaß in den Teilen.
anmerk.
14,3
[Cic.off.1,14,3] quam similitudinem natura ratioque ab oculis ad animum transferens multo etiam magis pulchritudinem, constantiam, ordinem in consiliis factisque conservandam putat cavetque ne quid indecore effeminateve faciat, tum in omnibus et opinionibus et factis ne quid libidinose aut faciat aut cogitet.
Auf ähnliche Art, wie beim Gesichtssinn, wirkt die Vernunft kraft ihrer Natur auch bei Gegenständen des inneren Sinnes, und noch viel mehr will sie Schönheit, Gleichförmigkeit, Ordnung bei Entschlüssen und Taten beobachtet wissen; sie fordert uns auf, uns vor jeder unanständigen und unmännlichen Handlung, vor jeder unstatthaften Willkür beim Denken und Tun zu hüten.
anmerk.
14,4
[Cic.off.1,14,4] Quibus ex rebus conflatur et efficitur id, quod quaerimus, honestum, quod etiamsi nobilitatum non sit, tamen honestum sit, quodque vere dicimus, etiamsi a nullo laudetur, natura esse laudabile.
Diese Züge sind es, die zusammen das Wesen des Rühmlichen oder Sittlichguten bilden, um dessen Begriff es uns hier zu tun ist; hat es auch keinen äußeren Glanz, ist es dennoch ehrenwert und mit recht erklären wir es, sollte es auch von niemand gepriesen werden, seiner selbst wegen für preiswürdig.
anmerk.
     
Aufgabenvorschläge:
  1. Mit welchen natürlichen Fähigkeiten lässt Cicero den Menschen ausgestattet sein, damit er seinen kulturellen Bedürfnissen und Zelvorstellungen gerecht werden kann?
  2. Welche besonderen geistigen Kompetenzen lassen den Menschen als "animal rationale" dem Tier überlegen sein?
  3. Sind sie mit Ciceros Würdigung von Mensch und Tier nach Art und Vollständigkeit einverstanden oder fordert Cicero ihren Widerspruch heraus?
  4. Ist in Ciceros Anthropologie ein Ansatz zu der später häufig erörterten Frage zu erkennen, ob der Mensch von Natur aus moralisch gut (Rousseau) oder schlecht (Hobbes) ist? Inwiefern kann es zu dem der natürlichen Ausstattung jeweils entgegengesetzten Verhalten kommen?
  5. Sieht Cicero im staatlich organisierten Zusammenleben der Menschen eine primäre Einrichtung der Natur oder eine sekundäre Kulturleistung?
Übersetzung von G.G. Uebelen, bearbeitet von Egon Gottwein
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Sententiae excerptae:
Lat. zu "Cic" und "off"
2031
intellegendum, ubi turpitudo sit, ibi utilitatem esse non posse.
Man muss begreifen, dass da, wo Unsittlichkeit ist, Nutzen nicht sein kann.
Cic,off.2,35

1041
Operam et oleum perdidi.
Ich habe Mühe und Öl verloren. (Es ist Hopfen und Malz verloren.)
Cic.fam.17,1,3

76
epistula non erubescit
ein Brief errötet nicht
Cic.fam.5,12,1

60
cedant arma togae, concedat laurea laudi!
Es mögen die Waffen der Toga weichen, der Lorbeer dem Lob !
Cic.off.1,77

2032
recta enim et convenientia et constantia natura desiderat aspernaturque contraria.
Denn die Natur will nur das Gute, das Schöne und das Wahre, und verwirft das Gegenteil.
Cic.off.2,35

2033
in eadem re utilitas et turpitudo esse non potest
In derselben Sache können sich Nutzen und Unsittlichkeit unmöglich nebeneinander finden.
Cic.off.2,35

278
Necessitati parendum est.
Der Notwendigkeit muss man sich fügen (gehorchen).
Cic.off.2,74

1824
Nisi piscator eam imposuerit hamis escam, quam scierit appetituros esse pisciculos, sine praedae spe morabitur in scopulo.
Ein Fischer wird ohne Hoffnung auf Beute an der Felsenküste sitzenbleiben wenn er nicht den Köder an den Haken hängt, auf den die Fischlein, wie er weiß, Appetit haben. (Mit Speck fängt man Mäuse.)
Petron.3,4


Literatur:
zu "Cic" und "off"
683
Büchner, K.
Cicero. Bestand und Wandel seiner geistigen Welt
Heidelberg (Winter) 1964

4587
Cicero, M.T. / E. Bernert
Ciceros Philosophische Schriften, Band II: De officiis, hgg. v. Ernst Bernert, Textauswahl und Kommentar.
Münster, Aschendorff 1956 u.ö.

4582
Cicero, M.T. / G.G.Uebelen
Drei Bücher über die Pflichten, übers. v. G.G. Uebelen
Stuttgart (Metzler) 1834

4586
Cicero, M.T. / Garve, Christian
Abhandlung über die menschlichen Pflichten in drey Büchern aus dem Lateinischen des Marcus Tullius Cicero übersetzt von Christian Garve. ( Von den menschlichen Pflichten. 1. bis 3. Buch. Philosophische Anmerkungen und Abhandlungen zu Cicero's Büchern von den Pflichten)
Breslau Korn 4,1792

4588
Cicero, M.T. / J.K.Schönberger
De officiis, ausgewählt und erläutert v. J.K.Schönberger
Bamberg, Wiesbaden, Bayerische Verlagsanstalt, 2,1965

4583
Cicero, M.T. / K.Atzert
Marcus Tullius Cicero: De officiis, Text (Auswahl) und Kommentar
Heidelberg (Quelle und Meyer) 1955

701
Cicero, M.T. / Kühner, R.
Cicero's drei Bücher von dem Wesen der Götter. Dt.und erklärt v. Dr.Raphael Kühner.
Stuttgart, Krais & Hoffmann, 1863; 1873

703
Cicero, M.T. / Kühner, R.
Cicero's Tusculanen. Übs. und erklärt von Raphael Kühner.
Stuttgart, Krais & Hoffmann 2/1866

704
Cicero, M.T. / Kühner, R.
Cicero, Marcus Tullius. Paradoxe der Stoiker an Marcus Brutus. Übersetzt und erklärt von Raphael Kühner.
Stuttgart, Krais & Hoffmann, 1864.

4584
Cicero, M.T. / O. Weissenfels
Auswahl aus Ciceros Philosophischen Schriften, hgg. v. Oskar Weissenfels. 3. Aufl. besorgt v. Paul Wessner
Leipzig, Berlin (Teubner) 1910

475
Dyck, A.R.
Cicero, De officiis 2,21-22
in: Philol.124/1980,201

480
Feger, R.
Zu einer De officiis-Ãœbersetzung von 1488
in: Gymn 62/1955,374

496
Gelzer, M.
Cicero. Ein biographischer Versuch
Wiebaden (Steiner) 1969

500
Giebel, M.
Cicero
Reinbek (rm 261) 1989

501
Gigon, O.
Bemerkungen zu Ciceros De officiis. Poseidonios-Cicero-Laktanz
in: Die antike Philosophie, Zürich 1977

508
Glücklich, H.-J.
Ciceros "De officiis" im Unterricht
in: AU XXI 2/1978,20

530
Hiltbrunner, O. .."
De officiis ministrorum" des Hl.Ambrosius und.. ciceron.Vorbild
in: Gymn 71/1964

4590
Ioannes ab Arnim (Hg.)
Stoicorum veterum fragmenta, collegit Ioannes ab Arnim. Volumen III: Chrysippi fragmenta moralia, fragmenta succcessorum Chrysippi
Stuttgart, Teubner1979

544
Klingner, F.
Cicero
in: Röm.Geisteswelt, München 1965

4589
Long, A.A. / Sedley, D.N.
Die hellenistischen Philosophen, Texte und Kommentare (nur deutsch), übers. v. Karlheinz Hülser
Stuttgart, Weimar (J.B.Metzler) 2000 (Cambridge 1987)

584
Offermann, H.
Cicero, "Pro Sex.Roscio Amerino" 2,6
in: AU XVII 2,65

593
Plasberg, O.
Cicero in seinen Werken und Briefen
Darmstadt (WBG) 1962

638
Seel, O.
Cicero. Wort, Staat, Welt
Stuttgart (Klett) 1967

4585
Süss, Wilhelm
Cicero. Eine Einführung in seine philosophischen Schriften (mit Ausschluss der staatsphilosophischen Werke)
Wiesbaden (Franz Steiner) 1966


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