Nos personalia non concoquimus. Nostri consocii (Google, Affilinet) suas vias sequuntur: Google, ut intentionaliter te proprium compellet, modo ac ratione conquirit, quae sint tibi cordi. Uterque consocius crustulis memorialibus utitur. Concedis, si legere pergis.
(1,1) Ita
fac, mi Lucili: vindica te tibi, et tempus quod adhuc
aut auferebatur aut subripiebatur aut excidebat, collige
et serva. Persuade tibi hoc sic esse, ut scribo: quaedam
tempora eripiuntur nobis, quaedam subducuntur, quaedam
effluunt. Turpissima tamen est iactura, quae per neglegentiam
fit. Et si volueris adtendere, magna pars vitae elabitur
male agentibus, maxima nihil agentibus, tota vita
aliud agentibus.
(1,2) Quem mihi dabis, qui aliquod pretium tempori
ponat, qui diem aestimet, qui intellegat se cottidie
mori? In hoc enim fallimur, quod mortem prospicimus:
magna pars eius iam praeteriit; quidquid aetatis retro
est, mors tenet. Fac ergo, mi Lucili, quod facere
te scribis, omnes horas conplectere; sic fiet, ut
minus ex crastino pendeas, si hodierno manum inieceris.
(1,3) Dum differtur vita, transcurrit. Omnia,
Lucili, aliena sunt, tempus tantum nostrum est; in
huius rei unius fugacis ac lubricae possessionem natura
nos misit, ex qua expellit, quicumque vult. Et tanta
stultitia mortalium est, ut, quae minima et vilissima
sunt, certe reparabilia, inputari sibi, cum inpetravere, patiantur, nemo se iudicet
quicquam debere, qui tempus accepit, cum interim hoc
unum est, quod ne gratus quidem potest reddere.
(1,4) Interrogabis fortasse, quid ego faciam,
qui tibi ista praecipio. Fatebor ingenue: quod apud
luxuriosum sed diligentem evenit, ratio mihi constat
inpensae. Non possum dicere nihil perdere, sed quid
perdam et quare et quemadmodum, dicam; causas paupertatis
meae reddam.
Sed evenit mihi, quod plerisque non suo vitio ad inopiam redactis: omnes ignoscunt, nemo succurrit.
(1,5) Quid ergo est? non puto pauperem, cui, quantulumcumque
superest, sat est; tu tamen malo serves tua, et bono
tempore incipias! Nam ut visum est maioribus nostris,
'sera parsimonia in fundo est'1);
non enim tantum minimum in imo sed pessimum remanet.
Vale!
Seneca
grüßt seinen Lucilius
(1) Tue es so, mein Lucilius;
rette Dich Dir selbst; sammle und bewahre die Zeit,
die Dir jetzt bald geraubt, bald entwendet wurde,
bald entschlüpfte. Glaube mir, es ist so, wie
ich schreibe: ein Teil der Zeit wird uns entrissen,
ein anderer unbemerkt entzogen, ein dritter zerrinnt
uns. Doch der schimpflichste Verlust ist der, der
aus Nachlässigkeit erwächst; und betrachten
wir's genauer, so verfließt den Menschen der
größte Teil der Zeit, indem sie Übles
tun, ein großer, indem sie nichts tun, das ganze
Leben, indem sie andere Dinge tun als sie sollten.
(2) Wen willst Du mir nennen, der
einigen Wert auf die Zeit legte, der den Tag schätzte,
der es einsähe, dass er täglich stirbt?
Das ist unser Irrtum, dass wir den Tod in der Zukunft
schauen: er ist zum großen Teil schon vorüber;
was von unserem Leben hinter uns liegt, hat der Tod.
Also, mein Lucilius, tue, wie Du schreibst; halte
alle Stunden zusammen; ergreife den heutigen Tag,
so wirst Du weniger von dem morgigen abhängen.
(3) Indem man das Leben verschiebt,
eilt es vorüber. Alles, mein Lucilius, ist fremdes
Eigentum, nur die Zeit ist unser. Dieses so flüchtige,
so leicht verlierbare Gut, ist der einzige Besitz,
in den uns die Natur gesetzt hat; und doch verdrängt
uns daraus, wer da will. Und so groß ist die
Torheit der Sterblichen, dass sie das Geringste und
Armseligste, wenigstens das Ersetzbare, haben sie
es empfangen, sich aufrechnen lassen, dagegen niemand
sich in Schuld glaubt, wenn er Zeit erhalten, während
diese doch das einzige ist, was auch der Dankbare
nicht erstatten kann.
(4) Du fragst vielleicht, was ich
denn selbst tue, der ich Dir diese Lehren gebe. Ich
will es Dir offen gestehen. Es ist bei mir wie bei
dem, der viel Aufwand macht, aber sorgfältig
Buch führt; die Rechnung über meine Ausgabe
ist in Ordnung. Ich kann nicht sagen, dass mir nichts
zugrunde gehe; aber was zugrunde geht, und warum und
wie, vermag ich zu sagen; die Gründe meiner Armut
kann ich angeben. Allein es geht mir wie den meisten,
die ohne ihr Verschulden in Dürftigkeit geraten
sind: jeder verzeiht, niemand hilft ihnen.
(5) Doch - was ist's? Ich halte den
nicht für arm, dem das wenige genügt, das
er übrig hat. Dir aber rate ich, spare was Du
hast, und fange bei guter Zeit an. Denn wie unsere
Alten meinten: "Zu spät ist es, auf der
Neige zu sparen." Denn nicht bloß wenig
ist es, sondern auch das Schlechteste, was auf dem
Boden bleibt.