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Gaius Suetonius Tranquillus

Nero (37-68 n.Chr.)

18-25

 Reisen ins Ausland. Nero auf Tournee in Sachen Musik und Rennsport. Triumphale Rückkehr nach Rom

 

 
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(18) Die Vergrößerung und Ausbreitung des Reiches lag weder überhaupt in seiner (Neros) Absicht, noch ließ er sich jemals dazu durch irgendeine Hoffnung bewegen, vielmehr dachte er sogar daran, das Heer aus Britannien abzuziehen; und nur die Scheu, dadurch dem Ruhm seines Adoptivvaters zu schmälern, ließ ihn davon abstehen. Nur das Königreich von Pontus, das Polemo freiwillig abtrat, und das Alpenkönigreich des Cottius, machte er, als dieser starb, zur römischen Provinz. (18,1) Augendi propagandique imperii neque voluntate ulla neque spe motus umquam, etiam ex Britannia deducere exercitum cogitavit, nec nisi verecundia, ne obtrectare parentis gloriae videretur, destitit. Ponti modo regnum concedente Polemone, item Alpium defuncto Cottio in provinciae formam redegit.
19. Reisen außerhalb Italiens unternahm er überhaupt nur zwei, die nach Alexandria und die nach Achaia. Die alexandrinische jedoch gab er noch am Tag der Abreise auf, weil ihn gefahrdrohende Vorzeichen abgeschreckten. Denn als er durch die Tempel von Rom zog und sich im Tempel der Vesta niedergesetzt hatte, blieb er zuerst beim Aufstehen mit dem Zipfel der Toga hängen, und darauf wurde es ihm so dunkel vor den Augen, dass er nichts mehr deutlich sehen konnte. (19,1) Peregrinationes duas omnino suscepit, Alexandrinam et Achaicam; sed Alexandrina ipso profectionis die destitit turbatus religione simul ac periculo. Nam cum circumitis templis in aede Vestae resedisset, consurgenti ei primum lacinia obhaesit, dein tanta oborta caligo est, ut dispicere non posset.
In Achaia unternahm er es, den Isthmus zu durchstechen; er ließ seine Prätorianer zusammenkommen und forderte sie auf, Hand anzulegen. Als die Tuba das Zeichen gegeben hatte, tat er die ersten Spatenstiche, sammelte die ausgegrabene Erde eigenhändig in einem Korbund trug ihn auf seinen Schultern weg. Er rüstete auch zu einem Zug zu den Kaspischen Toren und hob dazu unter den Italikern eine neue Legion von lauter sechs Fuß großen Rekruten aus, die er die Phalanx Alexanders des Großen zu nennen pflegte. (19,2) In Achaia Isthmum perfodere adgressus praetorianos pro contione ad incohandum opus cohortatus est tubaeque signo dato primus rastello humum effodit et corbulae congestam umeris extulit. Parabat et ad Caspias portas expeditionem conscripta ex Italicis senum pedum tironibus nova legione, quam Magni Alexandri phalanga appellabat.
Alle diese Maßnahmen, die zum Teil keinem Tadel unterliegen, zum Teil sogar nicht geringes Lob verdienen, habe ich hier zusammengestellt, um sie von seinen Fehlern und Lastern zu sondern, von denen ich im Folgenden reden will. (19,3) Haec partim nulla reprehensione, partim etiam non mediocri laude digna in unum contuli, ut secernerem a probris ac sceleribus eius, de quibus dehinc dicam.
20. In seiner Kindheit war er außer in allen anderen Unterrichtsfächern auch in der Musik unterrichtet worden. Deshalb zog er sofort nach seiner Thronbesteigung den Kitharöden Terpnus, den damals ausgezeichnetsten Virtuosen in dieser Kunst, hinzu, ließ sich von ihm viele Tage hintereinander nach der Tafel bis tief in die Nacht vorsingen und begann allmählich selbst das Studium und die Übungen dieser Kunst, ohne dabei etwas zu versäumen, was derartige Virtuosen zur Erhaltung und Kräftigung ihrer Stimme zu tun pflegen. Ja, er trug sogar, auf dem .Rücken liegend, eine Tafel von Blei auf der Brust, reinigte sich durch Klistiere und Brechmittel, enthielt sich des Genusses von Obst und der Stimme schädlichen Speisen, bis er endlich, befriedigt von seinen Fortschritten, obwohl seine Stimme schwach und dumpf war, den Wunah verspürte, sich auf der Bühne zu zeigen, wobei er von Zeit zu Zeit unter seinen Vertrauten das griechische Sprichwort äußerte, verborgene Musik werde nicht beachtet. (20,1) Inter ceteras disciplinas pueritiae tempore imbutus et musica, statim ut imperium adeptus est, Terpnum citharoedum vigentem tunc praeter alios arcessiit diebusque continuis post cenam canenti in multam noctem assidens paulatim et ipse meditari exercerique coepit neque eorum quicquam omittere, quae generis eius artifices vel conservandae vocis causa vel augendae factitarent; sed et plumbeam chartam supinus pectore sustinere et clystere vomituque purgari et abstinere pomis cibisque officientibus; donec blandiente profectu, quamquam exiguae vocis et fuscae, prodire in scaenam concupiit, subinde inter familiares Graecum proverbium iactans occultae musicae nullum esse respectum.
So trat er denn zuerst in Neapel auf, und selbst ein Erdstoß, der das Theater erschütterte, hielt ihn nicht ab, sein Gesangsstück zu Ende zu singen. Eben dort sang er häufiger und während mehrerer Tage, gönnte sich auch, um seine Stimme wiederherzustellen, eine kurze Zeit Ruhe, konnte diese aber nicht aushalten, sondern begab sich von den Bädern wieder in das Theater, speiste mitten in der Orchestra bei zahlreich versammeltem Volk und rief diesem in griechischer Sprache zu, er wolle nur ein Schlückchen trinken und dann etwas Volltönendes vor ihren Ohren erklingen lassen! (20,2) Et prodit Neapoli primum ac ne concusso quidem repente motu terrae theatro ante cantare destitit, quam incohatum absolveret nomon. Ibidem saepius et per complures cantavit dies; sumpto etiam ad reficiendam vocem brevi tempore, impatiens secreti a balineis in theatrum transiit mediaque in orchestra frequente populo epulatus, si paulum subbibisset, aliquid se sufferti tinniturum Graeco sermone promisit.
Bezaubert von den harmonischen Beifallsrufen der Alexandriner, die bei Gelegenheit der neuen Messe in Neapel zusammengeströmt waren, ließ er noch mehr von ihnen aus Alexandria herbeirufen. Nicht minder eifrig wählte er junge Leute aus dem Ritterstand und über fünftausend der handfestesten jungen Burschen aus dem Volk aus, die, in Banden geteilt, die verschiedenen Arten der Beifallsbezeigungen, das damals sogenannte „Bienensummen", den „Hohlziegelton" und den „Flachziegelton", einstudieren und ihm, wenn er sang, ihre Dienste leisten mussten; es waren alles Burschen, die sich durch ihr glänzendes Haar und ihren prachtvollen Aufzug, bei dem der Ring an der Linken fehlte, auszeichneten und deren Anführer jeder vierzigtausend Sesterze Sold erhielten. (20,3) Captus autem modulatis Alexandrinorum laudationibus, qui de novo commeatu Neapolim confluxerant, plures Alexandria evocavit. Neque eo segnius adulescentulos equestris ordinis et quinque amplius milia e plebe robustissimae iuventutis undique elegit, qui divisi in factiones plausuum genera condiscerent - bombos et imbrices et testas vocabant - operamque navarent cantanti sibi, insignes pinguissima coma et excellentissimo cultu, puris ac sine anulo laevis, quorum duces quadringena milia sestertia merebant.
21. Da er sehr viel Wert darauf legte, auch in Rom zu singen, ließ er die Neronischen Spiele vor dem Tag, auf den sie eingesetzt waren, abhalten. Als nun bei dieser Gelegenheit alle Welt ihn bat, seine „himmlische Stimme" hören zu lassen, gab er zwar zuerst zur Antwort, in seinen Gärten werde er denen, die es wünschten, den Gefallen tun; als aber auch die gerade diensttuende Abteilung seiner Leibwache die Bitten des Volkes unterstützte, war er sogleich gern bereit, ihnen sein Auftreten auf dem Theater zuzusagen, und befahl unverzüglich, seinen Namen dem Verzeichnis der Zithersänger, die sich zum Auftreten gemeldet hatten, beizufügen, zog, wie alle übrigen, sein Los aus der Urne und betrat, als die Reihe an ihn kam, die Bühne, begleitet von den Präfekten seiner Leibgarde, die ihm die Zither trugen, und gefolgt von den Kriegstribunen und den vertrautesten unter seinen Freunden. (21,1) Cum magni aestimaret cantare etiam Romae, Neroneum agona ante praestitutam diem revocavit flagitantibusque cunctis caelestem vocem respondit quidem in hortis se copiam volentibus facturum, sed adiuvanti vulgi preces etiam statione militum, quae tunc excubabat, repraesentaturum se pollicitus est libens; ac sine mora nomen suum in albo profitentium citharoedorum iussit ascribi sorticulaque in urnam cum ceteris demissa intravit ordine suo, simul praefecti praetorii citharam sustinentes, post tribuni militum iuxtaque amicorum intimi.
Sobald er seinen Platz eingenommen hatte und das Vorspiel beendet war, ließ er durch Cluvius Rufus, einen Mann, der das Konsulat bekleidet hatte, verkünden, dass er die „Niobe" singen werde, was er auch bis zur zehnten Stunde tat, worauf er die Verleihung des Siegeskranzes und den übrigen Teil des Wettstreites auf das folgende Jahr verschob, um Gelegenheit zu haben, öfter zu singen. Da ihm das aber zu lange währte, trat er unverdrossen immer wieder öffentlich auf. Unbedenklich trat er sogar bei Schauspielen, die andere veranstalteten, unter den Bühnenkünstlern mit seinen Leistungen auf, als ihm ein Prätor dafür eine Million Sesterze anbot. (21,2) Utque constitit, peracto principio, Niobam se cantaturum per Cluvium Rufum consularem pronuntiavit et in horam fere decimam perseveravit coronamque eam et reliquam certaminis partem in annum sequentem distulit, ut saepius canendi occasio esset. Quod cum tardum videretur, non cessavit identidem se publicare. Dubitavit etiam an privatis spectaculis operam inter scaenios daret quodam praetorum sestertium decies offerente.
Auch in Tragödien spielte er in der Maske von Heroen und Göttern, sowie von Heroinen und Göttinnen, die seine Gesichtszüge und die seiner jedesmaligen Geliebten tragen mussten. Unter anderem spielte er die "gebärende Canace", "Orestes den Muttermörder", den "geblendeten Oedipus", den "rasenden Herkules". Von dieser Vorstellung erzählt man sich, dass ein junger Rekrut, der beim Eingang der Bühne Wache stand, als er sah, wie der Kaiser entsprechend dem Inhalt des Stückes aufgeputzt und mit Ketten gefesselt wurde, herbeigestürzt sei, um ihm Hilfe zu leisten. (21,3) Tragoedias quoque cantavit personatus heroum deorumque, item heroidum ac dearum, personis effectis ad similitudinem oris sui et feminae, prout quamque diligeret. Inter cetera cantavit Canacen parturientem, Oresten matricidam, Oedipodem excaecatum, Herculem insanum. In qua fabula fama est tiruculum militem positum ad custodiam aditus, cum eum ornari ac vinciri catenis, sicut argumentum postulabat, videret, accurrisse ferendae opis gratia.
22. Schon in früher Jugend war er ein Pferdenarr, auch unterhielt er sich, trotz aller Verbote, am liebsten über die Circuswettrennen; als er einmal seinen Mitschülern klagend erzählte, dass ein Rennfahrer der grünen Partei geschleift worden sei, und der Lehrer ihn deswegen ausschalt, log er sich damit heraus, dass er von Hektor spreche. Noch in der ersten Zeit seiner Regierung spielte er täglich mit elfenbeinernen Quadrigen auf seinem Spieltisch und kam zu allen, selbst den unbedeutendsten Rennspielen aus seinen Landhäusern nach Rom, zuerst heimlich, dann ganz öffentlich, so dass jedermann sicher war, er werde an einem solchen Tag auf jeden Fall anwesend sein. (22,1) Equorum studio vel praecipue ab ineunte aetate flagravit plurimusque illi sermo, quanquam vetaretur, de circensibus erat; et quondam tractum prasinum agitatorem inter condiscipulos querens, obiurgante paedagogo, de Hectore se loqui ementitus est. Sed cum inter initia imperii eburneis quadrigis cotidie in abaco luderet, ad omnis etiam minimos circenses e secessu commeabat, primo clam, deinde propalam, ut nemini dubium esset eo die utique affuturum.
Auch machte er keinen Hehl aus seiner Lust, die Zahl der Siegespreise zu vermehren, weshalb man das Schauspiel dadurch, dass man die Rennen vervielfältigte, bis zum späten Abend hinzog. Selbst die Vorstände der Renngesellschaften wollten ihre Fahrer nur noch für ein ganztägiges Wettrennen herzugeben. Bald wollte er selbst Rennen fahren und sich dabei sogar öfter öffentlich sehen lassen. Nachdem er also in seinen Gärten vor Sklaven und gemeinem Volk seine ersten Übungen abgelegt hatte, zeigte er sich im Circus Maximus der gesamten Bevölkerung, wobei ein Freigelassener von der Stelle aus, von der die Magistrate dies gewöhnlich tun, mit dem Tuch das Startzeichen gab. (22,2) Neque dissimulabat velle se palmarum numerum ampliari; quare spectaculum multiplicatis missibus in serum protrahebatur, ne dominis quidem iam factionum dignantibus nisi ad totius diei cursum greges ducere. Mox et ipse aurigare atque etiam spectari saepius voluit positoque in hortis inter servitia et sordidam plebem rudimento universorum se oculis in Circo Maximo praebuit, aliquo liberto mittente mappam, unde magistratus solent.
Damit unzufrieden, Beweise dieser seiner Kunstfertigkeiten in Rom gegeben zu haben, ging er, wie wir bereits gesagt haben, nach Achaia; dazu bewog ihn besonders Folgendes: Die Städte, in denen musikalische Wettkämpfe stattzufinden pflegten, hatten beschlossen, alle Siegeskränze der Kitharöden ihm zu übersenden. Diese nahm er so dankbar an, dass er die Abgeordneten, die sie überbrachten, nicht nur zuerst zur Audienz ließ, sondern sie auch unter seinen Vertrauten zu Tisch bat. Dabei bat ihn einer von ihnen, doch über Tisch etwas zu singen; seine Leistung wurde so begeistert aufgenommen, dass er ausrief, nur die Griechen verstünden zu hören und sie allein seien würdig, sich seiner Kunst zu erfreuen. Und so trat er ohne Aufschub die Reise an und begann, sobald er nur bei Cassiope gelandet war, seinen ersten Gesangsvortrag sofort am Altar des Jupiter Cassius. Dann besuchte er reihum alle Festspiele. (22,3) Nec contentus harum artium experimenta Romae dedisse, Achaiam, ut diximus, petit hinc maxime motus. Instituerant civitates, apud quas musici agones edi solent, omnes citharoedorum coronas ad ipsum mittere. Eas adeo grate recipiebat, ut legatos, qui pertulissent, non modo primos admitteret, sed etiam familiaribus epulis interponeret. A quibusdam ex his rogatus, ut cantaret super cenam, exceptusque effusius, solos scire audire Graecos solosque se et studiis suis dignos ait. Nec profectione dilata, ut primum Cassiopen traiecit, statim ad aram Iovis Cassii cantare auspicatus certamina deinceps obiit omnia.
23. Er befahl nämlich, auch die, deren periodische Wiederkehr ganz verschieden fällt, alle in ein Jahr zusammenzudrängen, wobei einige sogar doppelt gefeiert wurden, und zu Olympia ließ er sogar gegen alles Herkommen einen musikalischen Wettstreit halten. Und damit ihn von diesen Beschäftigungen ja nichts ablenke oder störe, schrieb er dem Freigelassenen Helius, der ihn daran erinnerte, dass die hauptstädtischen Verhältnisse seine Anwesenheit erforderten, wörtlich zurück: „Wenn du auch jetzt noch so sehr rätst und wünschst, dass ich schnell zurückkehre, so ist es doch vielmehr deine Pflicht, mir zuzureden und zu wünschen, dass ich Neros würdig zurückkehre." (23,1) Nam et quae diversissimorum temporum sunt, cogi in unum annum, quibusdam etiam iteratis, iussit et Olympiae quoque praeter consuetudinem musicum agona commisit. Ac ne quid circa haec occupatum avocaret detineretve, cum praesentia eius urbicas res egere a liberto Helio admoneretur, rescripsit his verbis: "Quamvis nunc tuum consilium sit et votum celeriter reverti me, tamen suadere et optare potius debes, ut Nerone dignus revertar."
Sooft er sang, durfte selbst in größter Not niemand das Theater verlassen. So erzählt man denn, dass manche Frauen während der Schauspiele niedergekommen und viele Männer, die es satt waren, ihn zu hören und zu bewundern, da die Tore verschlossen waren, heimlich von der Stadtmauer sprangen oder sich tot stellten und sich so als Leichen aus der Stadt tragen ließen. Wie angst und bange ihm aber bei jedem Auftreten war, wie groß seine Eifersucht auf seine Gegner, seine Furcht vor den Richtern, ist kaum zu glauben. Seine Gegner achtete er sich vollständig gleich und suchte ihre Gunst zu gewinnen, während er ihnen insgeheim Böses nachredete; auch schimpfte er auf sie, wenn sie ihm im Weg standen, und suchte die, die ihm überlegen waren, zu bestechen. (23,2) Cantante eo ne necessaria quidem causa excedere theatro licitum est. Itaque et enixae quaedam in spectaculis dicuntur et multi taedio audendi laudandique clausis oppidorum portis aut furtim desiluisse de muro aut morte simulata funere elati. Quam autem trepide anxieque certaverit, quanta adversariorum aemulatione, quo metu iudicium, vix credi potest. Adversarios, quasi plane condicionis eiusdem, observare, captare, infamare secreto, nonnumquam ex occursu maledictis incessere ac, si arte praecellerent, conrumpere etiam solebat.
Die Kampfrichter aber sprach er, bevor er begann, auf das ehrerbietigste an, er habe alles Notwendige getan. Der Erfolg sei freilich in der Hand des Zufalls. Sie als Männer von Geschmack und Bildung hätten die Pflicht, alles Zufällige auszuschließen. Und wenn sie ihn dann ermahnten, guten Mutes zu sein, so trat er beruhigten Herzens ab. Aber selbst dann war er nicht ohne Besorgnis, indem er die Schweigsamkeit und Zurückhaltung dieses und jenes unter ihnen als Härte und Böswilligkeit des Urteils auslegte und sie als ihm verdächtig bezeichnete. (23,3) Iudices autem, prius quam inciperet, reverentissime adloquebatur, omnia se facienda fecisse, sed eventum in manu esse Fortunae; illos ut sapientis et doctos viros fortuita debere excludere; atque, ut audere, hortantibus, aequiore animo recedebat, ac ne sic quidem sine sollicitudine, taciturnitatem pudoremque quorundam pro tristitia et malignitate arguens suspectosque sibi dicens.
24. Beim Wettkampf selbst folgte er den Regeln so genau, dass er niemals auszuspeien wagte, ja nicht einmal den Schweiß der Stirne mit dem Ärmel abwischte. Ja, als er einmal bei der Aufführung eines tragischen Stückes sein Szepter hatte fallen lassen und ihn schnell wieder aufhob, geriet er in die größte Angst, dass man ihn dieses Fehlers wegen von dem Wettkampf ausschließe, und beruhigte sich erst, als ihm sein Mitschauspiler zuschwor, die Sache sei inmitten des Beifallsjubels der Volksmenge gar nicht bemerkt worden. Als Sieger rief er sich gewöhnlich selbst aus, weshalb er überall auch den Wettkampf der Herolde mitmachte. Und um das Andenken und die Spur jedes anderen Siegers in den heiligen Spielen vor ihm überall zu vernichten, befahl er, ihre Statuen und Bildnisse samt und sonders umzustürzen und mit Haken in die Latrinen zu schleifen. (24,1) In certando vero ita legi oboediebat, ut numquam excreare ausus sudorem quoque frontis brachio detegeret; atque etiam in tragico quodam actu, cum elapsum baculum cito resumpsisset, pavidus et metuens, ne ob delictum certamine summoveretur, non aliter confirmatus est quam adiurante hypocrita non animadversum id inter exsultationes succlamationesque populi. Victorem autem se ipse pronuntiabat; qua de causa et praeconio ubique contendit. Ac ne cuius alterius hieronicarum memoria aut vestigium exstaret usquam, subverti et unco trahi abicique in latrinas omnium statuas et imagines imperavit.
Als Rennfahrer trat er an verschiedenen Orten auf, zu Olympia sogar mit einem Zehngespann, obgleich er eben dies dem König Mithridates in einem seiner Gedichte zum Vorwurf gemacht hatte. Indessen wurde er dabei aus dem Wagen geschleudert; man hob ihn zwar wieder hinein, er konnte aber das Rennen doch nicht durchhalten, sondern gab vorzeitig auf, wurde jedoch nichtsdestoweniger gekrönt. Bei seiner Abreise beschenkte er die ganze Provinz (Achaia) mit der Freiheit und zugleich die Preisrichter mit dem römischen Bürgerrecht und großen Geldsummen. Diese Gnadenbezeigungen verkündete er am Tag der Isthmischen Festspiele mitten im Stadion mit eigener Stimme. (24,2) Aurigavit quoque plurifariam, Olympiis vero etiam decemiugem, quamvis id ipsum in rege Mithradate carmine quodam suo reprehendisset; sed excussus curru ac rursus repositus, cum perdurare non posset, destitit ante decursum; neque eo setius coronatus est. Decedens deinde provinciam universam libertate donavit simulque iudices civitate Romana et pecunia grandi. Quae beneficia e medio stadio Isthmiorum die sua ipse voce pronuntiavit.
25. In Neapel zog, als er von Griechenland zurückgkehrte, weil er in dieser Stadt zuerst seine Kunst gezeigt hatte, mit weißen Pferden durch ein niedergerissenes Stück der Stadtmauer ein, wie das beim Einzug der Sieger in den heiligen Spielen üblich ist; ähnlich in Antium, dann in Albanum und von dort in Rom; in Rom sogar in dem Wagen, in dem vor Zeiten Augustus triumphiert hatte. Darin stand er , bekleidet mit einem purpurnen Gewand und einer mit goldenen Sternen bestickten Chlamys, den olympischen Siegeskranz auf dem Kopf, den pythischen in der Rechten, während ihm die übrigen in feierlichem Zug vorausgetragen wurden; sie trugen Inschriften, die anzeigten, wo und wen er mich welchem Gesangsstück oder in welchem Schauspiel er gesiegt hatte. Seinem Wagen folgten seine Claqueure wie das Gefolge eines Triumphators und riefen, sie seien die Augustiner, die Soldaten seines Triumphes! (25,1) Reversus e Graecia Neapolim, quod in ea primum artem protulerat, albis equis introiit disiecta parte muri, ut mos hieronicarum est; simili modo Antium, inde Albanum, inde Romam; sed et Romam eo curru, quo Augustus olim triumphaverat, et in veste purpurea distinctaque stellis aureis chlamyde coronamque capite gerens Olympiacam, dextra manu Pythiam, praeeunte pompa ceterarumcum titulis, ubi et quos, quo cantionum quove fabularum argumento vicisset; sequentibus currum ovantium ritu plausoribus, Augustianos militesque se triumphi eius clamitantibus.
Dann ging der Zug über einen niedergerissenen Bogen des Circus Maximus und über das Velabrum zum Palatium, nämlich zum Tempel des Apollo. Unterwegs wurden überall zu seiner Ehre Opfertiere geschlachtet, die Straßen wiederholt mit Krokuswein besprengt und ihm Singvögel, Kranzbänder und Konfekt zugeworfen. Die heiligen Siegeskränze stellte er in seinem Schlafgemach rings um sein Lager auf, ebenso Statuen, die ihn als Kitharöden zeigten; in dieser Gestalt ließ er sich auch auf Münzenenprägen. (25,2) Dehinc diruto Circi Maximi arcu per Velabrum Forumque Palatium et Apollinem petit. Incedenti passim victimae caesae sparso per vias identidem croco ingestaeque aves ac lemnisci et bellaria. Sacras coronas in cubiculis circum lectos posuit, item statuas suas citharoedico habitu, qua nota etiam nummum percussit.
Und nach allem dem war er so weit davon entfernt, in seiner Leidenschaft irgendwie nachzulassen, dass er vielmehr, um seine Stimme zu schonen, Ansprachen an seine Soldaten nur schriftlich oder, wenn er selbst anwesend war, durch den Mund eines anderen hielt und überhaupt bei allem, was er im Ernst oder im Scherz tat, stets seinen Stimmlehrer neben sich hatte, der ihn an die Schonung seiner Lungen erinnern und ihm ein Schweißtuch vor den Mund halten sollte, ja, dass er vielen Personen teils seine Freundschaft anbot, teils ihnen seine Feindschaft ankündigte, je nachdem sie ihm mehr oder minder Beifall geklatscht hatten. (25,3) Ac post haec tantum afuit a remittendo laxandoque studio, ut conservandae vocis gratia neque milites umquam, nisi absens aut alio verba pronuntiante, appellaret neque quicquam serio iocove egerit, nisi astante phonasco, qui moneret, parceret arteriis, ac sudarium ad os applicaret; multisque vel amicitiam suam optulerit vel simultatem indixerit, prout quisque se magis parciusve laudasset.
 

 

Deutsche Übersetzung nach: Stahr, A.  bearbeitet von E.Gottwein

 

Sententiae excerptae:
Lat. zu "Suet" und "Nero"
Literatur:
zu "Suet" und "Nero"
2152
Barrett, Anthony A.
Agrippina : mother of Nero
London : Batsford, 1996
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2222
Heinz, Kurt
Das Bild Kaiser Neros bei Seneca, Tacitus, Sueton und Cassius Dio
Biel: Schüler, 1948
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4532
Tacitus / Stegmann
P. Cornelius Tacitus. Annalen und Historien in Ausw. hrsg. von Carl Stegmann. Heft 1: Tiberus: Annalen I-VI nebst Ergänzungen aus Velleius, Sueton und Dio Cassius : Text m. Einl. (B. G. Teubners Schülerausgaben griechischer und lateinischer Schriftsteller). Heft 2: Nero (Annalen XII-XVI : Historien I-V)
Leipzig (u.a.) (Teubner) 5/1927, 1933
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2151
Vogt-Lüerssen, Maike
Neros Mutter : Agrippina die Jüngere und ihre Zeit
Mainz-Kostheim : Probst, 1/2002
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