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Publius Vergilius Maro

bucolica

ecl.6

Silenus (od. Varus)

 
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Die 6. Ekloge steht ebenfalls im Zusammenhang mit der Landverteilung in Oberitalien. Mir ihr bedankt sich Vergil bei dem mit ihm befreundeten Publius Alfenus Varus, der seit April 40 für die Neuverteilung zuständig war und dafür gesorgt hatte, dass der Dichter seinen Besitz bei Mantua behalten durfte..
Statt mit einem epischen Gedicht, wie von Varus erwartet, will Vergil auf des Phoebus Geheiß hin seine Dankespflicht mit einem Hirtenlied abstatten, wofür die Muse Thalia zuständig ist; allerdings einem Hirtenlied, das mit dem Lied des Silenus die Grenzen seiner Gattung arg strapaziert (1-12):
Die beiden Satyrn Mnasylus und Chromis überraschen zusammen mit der Nymphe Aegle den Silenus im Schlaf, fesseln und zwingen ihn, ein schon lange gegebenes Versprechen einzulösen und ihnen ein Lied vorzutragen, von dessen Zauber auch Tiere und Natur ergriffen werden. (13-30).
Es behandelt:
  • den Ursprung der Welt aus den vier Elementen (Kosmogonie) und und die Entfaltung der Evolution (nach der epikureische Lehre) (31-40);
  • die Entstehung der Menschen (Deukalion und Pyrrha) und ihrer Kultur (Goldes Zeitalter, Prometheus) (41f.);
  • im Rahmen des Heroenzeitalters die Argonautenfahrt (Verlust des Hylas) (43f.);
  • die unglückliche Liebe der Pasiphae (45-60);
  • Atalante, die Hesperidenäpfel und Phaethon (61-63);
  • die Heliaden und ihre Verwandlung in Erlen;
  • exkursartig das Lob des Dichters Gaius Cornelius Gallus und seine Dichterweihe am Permessusstrom durch den Sänger Linus (Ursprung des gryneischen Haines) (64-73);
  • Skylla (74-77);
  • schließlich Tereus und Philomela (78-81).
Der Abend beendet das Lied des Silenus (82-86).
     
 
Silenus (sive Varus)
Silenus (od. Varus)
     



Prima Syracosio dignata est ludere versu
nostra, neque erubuit silvas habitare Thalia.
cum canerem reges et proelia, Cynthius aurem
vellit et admonuit: "pastorem, Tityre, pinguis
Unsere Muse zuerst hat syrakusische Lieder
Spielend versucht, ist nicht in den Wäldern zu wohnen errötet.
Als ich Schlachten besang und Könige, rührte Apollo
Warnend mein Ohr und sprach: "O Tityrus, Hirten geziemt es,
5



pascere oportet ovis, deductum dicere carmen."
nunc ego - namque super tibi erunt, qui dicere laudes,
Vare, tuas cupiant et tristia condere bella -
agrestem tenui meditabor harundine musam.
non iniussa cano. si quis tamen haec quoque, si quis
Fett sich die Schafe zu weiden und leiseren Tones zu singen.
Nun denn, Varus, dieweil noch Sänger genug mit Begierde
Reden von deinem Verdienst und verewigen Schauer des Krieges,
Sinn ich, ein ländliches Lied zarthalmigem Rohr zu entlocken.
Ohne Geheiß nicht sing' ich. Jedoch wenn irgend ein Herz dies
10



captus amore leget: te nostrae, Vare, myricae,
te nemus omne canet; nec Phoebo gratior ulla est,
quam sibi quae Vari praescripsit pagina nomen.
Pergite, Pierides. Chromis et Mnasylus in antro
Silenum pueri somno videre iacentem,
Lieset mit Liebe, so tönt dein Nam' in unsern Gebüschen,
Varus, und rings in dem Hain voll Tamarisken: Dem Phoebus
Ist nicht werter ein Blatt als was nach Varus sich nennet.
Auf, Pieriden, beginnt! Mnasylus und Chromis, die Knaben,
Sahn in der Grotte, betäubt von Schlaf, daliegen Silenus,
15



inflatum hesterno venas, ut semper, Iaccho;
serta procul, tantum capiti delapsa, iacebant,
et gravis attrita pendebat cantharus ansa.
adgressi - nam saepe senex spe carminis ambo
luserat - iniciunt ipsis ex vincula sertis.
Wie er pflegte, die Adern geschwellt vom gestrigen Weine:
Fern dort lagen, dem Haupt soeben entfallen, die Kränze,
Und der gewichtige Krug hing da mit verstümmeltem Henkel.
Sie nun fallen ihn an (oft hatt' er, Lieder versprechend,
Beide getäuscht) und winden ihm selbst aus den Kränzen die Fesseln.
20



addit se sociam timidisque supervenit Aegle,
Aegle, Naiadum pulcherrima, iamque videnti
sanguineis frontem moris et tempora pingit.
ille dolum ridens: "quo vincula nectitis?" inquit.
"solvite me, pueri; satis est potuisse videri.
Aegle findet das schüchterne Paar und gesellt sich dem Werke,
Aegle, die schönste Naiade: und als schon jener die Augen
Aufschlug, malte sie Stirn ihm und Schläfe mit blutigen Maulbeern.
Lachend der List ruft jener: "Wozu doch schlingt ihr die Bande?
Bindet mich los: es genügt der Ruhm euch, dass ihr's vermochtet!
25



carmina quae vultis, cognoscite; carmina vobis,
huic aliud mercedis erit." simul incipit ipse.
tum vero in numerum Faunosque ferasque videres
ludere, tum rigidas motare cacumina quercus;
nec tantum Phoebo gaudet Parnasia rupes,
Knaben, vernehmt ein Lied, das ihr wünscht: euch lohne Gesang; doch jener
Bestimm' ich anderen Lohn." Nun beginnt er zu singen.
Faunen und Wild sah jetzt in gemessner Bewegung des Liedes
Spielen der Hain, und des starrenden Eichbaums Wipfel sich regen.
Also freuet sich nicht Apollos der Fels des Parnassus,
30



nec tantum Rhodope miratur et Ismarus Orphea.
namque canebat, uti magnum per inane coacta
semina terrarumque animaeque marisque fuissent
et liquidi simul ignis; ut his exordia primis
omnia et ipse tener mundi concreverit orbis;
So staunt Rhodope nicht, noch Ismarus über den Orpheus.
Denn er sang, wie einst im leeren unendlichen Weltraum
Keime der Erd' und der Luft und des Meeres zusammen sich fügten,
Dann die des flüssigen Feuers: und wie aus solcherlei Anfang
Jeglicher Urstoff, wie auch zart sich gebildet der Erdkreis;
35



tum durare solum et discludere Nerea ponto
coeperit et rerum paulatim sumere formas;
iamque novum terrae stupeant lucescere solem,
altius atque cadant summotis nubibus imbres,
incipiant silvae cum primum surgere, cumque
Dann sich der Boden zu härten, und einzuschließen gesondert
Nereus im Meere begann, und die Dinge gemach zu gestalten;
Jetzt, wie die Erd' aufstaunte zur neuumglänzenden Sonne,
Und hochher sich ergoss aus fernem Gewölke der Regen,
Als erstmals in die Höh' aufwuchsen die Wälder, und erstmals
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rara per ignaros errent animalia montis.
hinc lapides Pyrrhae iactos, Saturnia regna,
Caucasiasque refert volucres, furtumque Promethei.
his adiungit, Hylan nautae quo fonte relictum
clamassent, ut litus "Hyla, Hyla" omne sonaret;
Auf noch fremdem Gebirg' umirreten lebende Wesen.
Weiter besang er, wie Pyrrha Gestein auswarf, und Saturnus'
Reich und des Kaukasus Vögel sodann und den Raub des Prometheus.
Fügte hinzu, wie die Schiffer zurück an der Quelle den Hylas
Ließen und schrien, dass "Hylas" der Strand, "Hylas" umherscholl;
45



et fortunatam, si numquam armenta fuissent,
Pasiphaen nivei solatur amore iuvenci.
a virgo infelix, quae te dementia cepit!
Proetides implerunt falsis mugitibus agros,
at non tam turpis pecudum tamen ulla secuta
Dann, wie Pasiphaë, glücklich, wofern nie Herden gewesen,
Sich mit der Liebe getröstet des schneeweißglänzenden Stieres.
Ach, unseliges Weib, wie hat dich betöret der Wahnsinn!
Prötus' Töchter erfüllten das Feld mit falschem Gebrülle;
Keine jedoch, obwohl für den Hals sie gefürchtet das Pflugjoch,
50



concubitus, quamvis collo timuisset aratrum,
et saepe in levi quaesisset cornua fronte.
a virgo infelix, tu nunc in montibus erras:
ille latus niveum molli fultus hyacintho,
ilice sub nigra pallentis ruminat herbas,
Und an enthaareter Stirne das Horn oft tastend sich suchten,
Hat sich unter den Herden erspäht so schmähliche Buhlschaft.
Ach, unseliges Weib, du schweifst jetzt durch die Gebirge!
Jener, die schneeige Brust weich auf Hyazinthen gebettet,
Kaut blassgrünliches Gras dort unter dem dunkelen Eichbaum,
55



aut aliquam in magno sequitur grege. "claudite Nymphae,
Dictaeae Nymphae, nemorum iam claudite saltus,
si qua forte ferant oculis sese obvia nostris
errabunda bovis vestigia; forsitan illum
aut herba captum viridi aut armenta secutum
Oder verfolgt er ein Rind im Schwarme der Herde. "Verschließet
Nymphen, diktäische Nymphen, veschließet die Schluchten des Waldtals,
Ob sich vielleicht von des Stieres umschweifenden Gängen die Fußspur
Unserem Blick darbiete: vielleicht dass jenen, indes ihn
Grünendes Gras anlockt, sei's dass er folget den Herden,
60



perducant aliquae stabula ad Gortynia vaccae."
tum canit Hesperidum miratam mala puellam;
tum Phaethontiadas musco circumdat amarae
corticis atque solo proceras erigit alnos.
tum canit, errantem Permessi ad flumina Gallum
Eine der Küh' etwa hinzieht zum Stalle Gortynas."
Weiter besingt er die Braut, von hesperischen Äpfeln bezaubert:
Dann wie Phaëthons Schwestern mit Moos und bitterer Rinde
Sich umkleiden, vom Grund aufwachsend zu ragenden Erlen.
Dann, wie den Gallus einst, umschweifend am Strome Permessus,
65



Aonas in montis ut duxerit una sororum,
utque viro Phoebi chorus adsurrexerit omnis;
ut Linus haec illi divino carmine pastor
floribus atque apio crinis ornatus amaro
dixerit: "hos tibi dant calamos, en accipe, Musae,
Zu den aonischen Höhn dort eine der Schwestern geleitet;
Wie vor dem Manne gesamt Apollos Chor sich erhoben,
Und wie also zu ihm Hirt Linus, der göttliche Sänger,
Herrlich die Locken mit Blumen geschmückt und bitterem Eppich,
Redete: "diese Syringe verleihn dir die Musen - o nimm sie -
70



Ascraeo quos ante seni, quibus ille solebat
cantando rigidas deducere montibus ornos.
his tibi Grynei nemoris dicatur origo,
ne quis sit lucus, quo se plus iactet Apollo."
quid loquar, aut Scyllam Nisi, quam fama secuta est
Die der askräische Greis einst führete: spielend auf ihr hat
Er oftmals dem Gebirg' entlocket die starrenden Eschen.
Auf ihr sollst nun du des gryneischen Haines Entstehung
Preisen: es sei kein Wald, des Phoebus lieber sich rühme."
Meld' ich noch, wie er Skylla, des Nisus Tochter, besungen,
75



candida succinctam latrantibus inguina monstris
Dulichias vexasse rates et gurgite in alto,
a timidos nautas canibus lacerasse marinis:
aut ut mutatos Terei narraverit artus,
quas illi Philomela dapes, quae dona pararit,
Wie sie umgürtet den schneeigen Leib von bellendem Scheusal,
Dort die dulichischen Schiffe verfolgt und in Strudeln der Tiefe,
Ach, die erschrockenen Schiffer zerriss durch Hunde des Meeres?
Dann, wie jener erzählt, dass Tereus' Leib sich verwandelt:
Welcherlei Mahl und welches Geschenk Philomela ihm darbot:
80



quo cursu deserta petiverit, et quibus ante
infelix sua tecta super volitaverit alis?
omnia, quae Phoebo quondam meditante beatus
audiit Eurotas iussitque ediscere lauros,
ille canit - pulsae referunt ad sidera valles -
Wie sie eilig entfloh in die Wüsten, und wie sie befiedert
Erst noch das eigene Dach umflatterte, jammerbelastet.
Alles, was Phoebus dereinst aussann und was der entzückte
Strom Eurotas vernahm und gebot zu lernen den Lorbeern,
Sang Silenus: das hallende Tal trug's auf zu den Sternen:
85
cogere donec oves stabulis numerumque referre
iussit et invito processit Vesper Olympo.
Bis in die Ställe die Schaf' eintreiben und wiederum zählen
Hesperus hieß und am Himmel noch unwillkommen hervorging.
     
 
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Deutsche Übersetzung von ecl.6: Osiander
zu "Vergil" und "Osiander"
3537
Vergil / Osiander, Hertzberg
Die Gedichte des Publius Virgilius Maro:
  1. Die Idyllen und das Gedicht vom Landbau, übers. v. C.U.v.Osiander;
  2. Kleinere Gedichte, welche dem Virgil ugeschrieben werden, übers. v. W.Hertzberg;
  3. Die Aeneide, übers. v. W.Hertzberg
Stuttgart, Metzler, 1853




 
Sententiae excerptae:
Lat. zu "Verg" und "ecl.6,"
1734
Satis est potuisse videri.
Es genügt der Ruhm euch, dass ihr's vermochtet! Es genügt der Schein, es gekonnt zu haben. (Dabeisein ist alles!)
Verg.ecl.6,24

1735
A virgo infelix, quae te dementia cepit!
Ach, unseliges Weib, wie hat dich betöret der Wahnsinn!
Verg.ecl.6,47

1733
Pastorem, Tityre, pinguis | pascere oportet ovis.
Hirten geziemt es, | Fett sich die Schafe zu weiden. (Schuster, bleib bei deinem Leisten)
Verg.ecl.6,4f.

1736
Pulsae referunt ad sidera valles.
Das hallende Tal trug's auf zu den Sternen.
Verg.ecl.6,84.


Literatur:
zu "Verg" und "ecl.6,"
3543
Albrecht, Michael von
Vergil. Bucolica, Georgica, Aeneis. Eine Einführung.
Heidelberg (Winter, Heidelberger Studienhefte zur Altertumswissenschaft) 2006, 2/2007
booklooker
zvab

3540
Clausen, Wendell
A commentary on Virgil, Eclogues
Oxford : Clarendon Press, 1995
booklooker
zvab

3538
Klingner, Friedrich
Virgil. Bucolica, Georgica, Aeneis
Zürich, Stuttgart (Artemis) 1967
booklooker
zvab

3691
Merguet,H.
Lexicon zu Vergilius
Leipzig 1912; ND: Darmstadt 1961
booklooker
zvab

3557
Spoerri, W.
Zur Kosmogonie in Vergils sechster Ekloge (Verg.ecl.6)
in: Mus.Helv.27/1970,144-163
booklooker
zvab

3568
Vergil / Conington, Nettleship
Vergil (Publius Vergilius Maro): The Works of Virgil. With a Commentary by John Conington and Henry Nettleship. I-III.
London 3/1883-5/1898 (Ndr.: Hildesheim, Olms, 1963)
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zvab

3569
Vergil / Forbiger
P.Vergili Maronis opera. ad optimorum librorum fidem edidit perpetua et aliorum et sua adnotatione illustravit... Albertus Forbiger. Pars I: Bucolica et Georgica - ParsII: Aeneis I-VI Pars III: Aeneis VII-XII, carmina minora, dissertatio de Vergili vita et.. Indices.
Leipzig (Hinrichs) 4,1872-1875
booklooker
zvab

3572
Vergil / Götte
Landleben. Bucolica, Georgica, Catalepton. lateinisch und deutsch hg.v. Johannes Götte
München (Heimeran) 4,1960
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zvab

3571
Vergil / Haecker
Hirtengedichte, lateinisch und deutsch, mit Zeichnungen von Richard Seewald. Deutsch v. Theodor Haecker
München (Kösel) 1953
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zvab

3570
Vergil / Heyne
P.Vergilii Maronis Opera, in tironum gratiam perpetua annotatione novis curis illustrata a Chr. Gottl. Heyne. Tomus I: P.Vergilii Maronis vita. Eclogen, Georgica, Aeneis I-IV. - Tomus II. Aeneis V-XII. Indices
Leipzig (Caspar Fritsch) 3,1800
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zvab

3537
Vergil / Osiander, Hertzberg
Die Gedichte des Publius Virgilius Maro:
  1. Die Idyllen und das Gedicht vom Landbau, übers. v. C.U.v.Osiander;
  2. Kleinere Gedichte, welche dem Virgil ugeschrieben werden, übers. v. W.Hertzberg;
  3. Die Aeneide, übers. v. W.Hertzberg
Stuttgart, Metzler, 1853
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