Odyssee18. Gesang - deutschFaustkampf zwischen Odysseus und Iros |
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Odysseus kämpft mit dem Bettler Iros. Amphinomos wird umsonst gewarnt Penelopeia besänftigt die Freier durch Hoffnung, und empfängt Geschenke. Odysseus von den Mägden beleidigt, von Eurymachos verhöhnt und geworfen. Die Freier gehn zur Ruhe. | |
Aber von Ithaka kam ein Bettler hinzu, der die
Gassen Haus bei Haus durchlief, ein weitberüchtigter Vielfraß: Immer füllt' er den Bauch mit Essen und Trinken, und hatte Weder Stärke noch Kraft, so groß auch seine Gestalt war. |
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Dieser hieß Arnaios; denn also nannt' ihn
die Mutter Bei der Geburt; allein die Jünglinge nannten ihn Iros, Weil er gerne mit Botschaft ging, wenn es einer verlangte. Dieser kam, Odysseus von seinem eigenen Hause Wegzutreiben; er schalt ihn, und sprach die geflügelten Worte: |
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Geh von der Türe, du Greis, dass man nicht
beim Fuße dich schleppe! Merkst du nicht, wie man rings mit den Augenwimpern mir zuwinkt, Dich von hinnen zu schleppen? Allein ich scheue mich dennoch. Auf denn! oder es kommt noch zwischen uns beiden zum Faustkampf! Zürnend schaute auf ihn und sprach der weise Odysseus: |
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Elender, hab ich doch nimmer mit Wort oder Tat
dich beleidigt! Auch missgönn' ich's dir nicht, wie viel dir einer auch schenke. Und die Schwelle hat Raum für uns beide. Du musst nicht so neidisch Sehn bei anderer Milde; du scheinst mir ein irrender Fremdling, Eben wie ich; der Reichtum kommt von den seligen Göttern. |
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Aber fodre mich nicht so übermütig
zum Faustkampf: Dass ich nicht zürn', und dir, trotz meines Alters, mit Blute Brust und Lippen besudle! Dann säß ich morgen vermutlich Noch geruhiger hier; denn schwerlich kehrtest du jemals Wieder zurück in das Haus des Laertiaden Odysseus! |
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Und mit zürnendem Blick antwortete Iros
der Bettler: All' ihr Götter, wie rasch der verhungerte Bettler da plappert; Recht wie ein Heizerweib! Ich möcht' es ihm übel gedenken, Rechts und links ihn zerdreschen, und alle Zähn' aus dem Maul' ihm Schlagen, wie einer Sau, die fremde Saaten verwüstet! |
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Auf, und gürte dich jetzo, damit sie alle
des Kampfes Zeugen sei'n. Wie willst du des Jüngeren Stärke bestehen? Also zankten sie sich vor der hohen Pforte des Saales, Auf der geglätteten Schwelle, mit heftig erbitterten Worten. Ihre Worte vernahm Antinoos' heilige Stärke, |
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Und mit herzlicher Lache begann er unter den
Freiern: So was, ihr Lieben, ist uns bisher noch nimmer begegnet! Welche Freude beschert uns Gott in diesem Palaste! Jener Fremdling und Iros, die fordern sich jetzo einander Zum Faustkampfe heraus. Kommt eilig, wir wollen sie hetzen! |
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Also sprach er; und schnell erhoben sich alle
mit Lachen, Und versammelten sich um die schlechtgekleideten Bettler. Aber Eupeithes' Sohn Antinoos sprach zur Versammlung: Höret, was ich euch sage, ihr edelmütigen Freier! Hier sind Ziegenmagen, mit Fett und Blute gefüllet |
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Die wir zum Abendschmaus auf glühende Kohlen
geleget. Wer nun am tapfersten kämpft, und seinen Gegner besieget; Dieser wähle sich selbst die beste der bratenden Würste. Künftig find' er auch immer an unserem Mahle sein Anteil, Und kein anderer Bettler soll diese Schwelle betreten. |
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Also sprach er; und allen gefiel Antinoos' Rede. Listensinnend begann der erfindungsreiche Odysseus: Lieben, ich alter Mann, durch so viel Elend entkräftet, Kann unmöglich die Stärke des jüngeren Mannes bestehen. Aber mich zwingt der Hunger, die härtesten Schläge zu dulden! |
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Nun wohlan! verheißt mir denn alle mit
heiligem Eidschwur, Dass nicht Iros zuliebe mich einer mit nerviger Rechte Freventlich schlagen will, ihm seinen Sieg zu erleichtern. Also sprach er; und alle beschworen, was er verlangte. Aber nachdem sie geschworen und ganz vollendet den Eidschwur, |
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Sprach unter ihnen die heilige Kraft Telemachos'
also: Fremdling, befiehlt es dein Herz und deine mutige Seele, Treib' ihn getrost hinweg, und fürchte der andern Achaier Keinen! Wer dich verletzt, der hat mit mehren zu kämpfen! Dein Beschützer bin ich, und beide verständige Fürsten |
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Hegen, Antinoos dort und Eurymachos, gleiche
Gesinnung. Seine Rede lobten die übrigen. Aber Odysseus Gürtete sich um die Scham mit seinen Lumpen, und zeigte Schöne rüstige Lenden; auch seine nervigen Arme Wurden entblößt, die Brust, und die breite Schulter; Athene |
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Schmückt' unsichtbar mit Kraft und Größe
den Hirten der Völker. Aber die Freier alle umstaunten die Wundererscheinung; Einer wendete sich zu seinem Nachbar, und sagte: Iros, der arme Iros bereitet sich wahrlich ein Unglück! Welche fleischige Lende der Greis aus den Lumpen hervorstreckt! |
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Also sprachen die Freier; und Iros ward übel
zu Mute. Aber es gürteten ihn mit Gewalt die Diener, und führten Ihn wie er zitterte fort, und sein Fleisch umbebte die Glieder, Und Antinoos schalt ihn, und sprach mit drohender Stimme: Wärst du doch tot, Großprahler, ja wärst du nimmer geboren, |
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Da du vor diesem so bebst, und so entsetzlich
dich anstellst, Vor dem alten Manne, den mancherlei Elend geschwächt hat! Aber ich sage dir an, und das wird wahrlich erfüllet: Schlägt dich dieser zu Boden, und geht als Sieger vom Kampfplatz; Siehe dann send' ich dich gleich im schwarzen Schiffe zum König |
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Echetos in Epeiros, dem Schrecken des Menschengeschlechtes:
Dass er dir Nas' und Ohren mit grausamem Erze verstümmle, Und die entrissene Scham den Hunden gebe zu fressen! Sprach's; da zitterte jener noch stärker an Händen und Füßen. Aber sie führten ihn hin; und beide erhoben die Fäuste. |
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Nun ratschlagte bei sich der herrliche Dulder
Odysseus: Ob er ihn schlüge, dass gleich auf der Stelle sein Leben entflöhe; Oder mit sanftem Schlage nur bloß auf den Boden ihn streckte. Dieser Gedanke schien dem Zweifelnden endlich der beste: Sanft zu schlagen, um nicht den Achaiern Verdacht zu erwecken. |
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Iros schlug mit der Faust die rechte Schulter
Odysseus'; Dieser ihm unter das Ohr an den Hals, dass der Kiefer des Bettlers Knirschend zerbrach, und purpurnes Blut dem Rachen entstürzte. Schreiend fiel er zu Boden, ihm klappten die Zähn', und die Füße Zappelten staubend im Sand. Da erhoben die mutigen Freier |
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Jauchzend die Händ', und lachten sich atemlos.
Aber Odysseus Zog ihn beim Fuß aus der Tür, und schleppt' ihn über den Vorhof Durch die Pforte der Halle; da lehnt' er ihn mit dem Rücken Gegen die Mauer des Hofs, und gab ihm den Stab in die Rechte; Und er redet' ihn an, und sprach die geflügelten Worte: |
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Sitze nun ruhig hier, und scheuche die Hund'
und die Schweine! Hüte dich ferner, den Armen und Fremdlingen hier zu befehlen, Elender Mensch; damit dir kein größeres Übel begegne! Also sprach er, und warf um die Schulter den hässlichen Ranzen, Allenthalben geflickt, mit einem geflochtenen Tragband; |
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Ging zur Schwelle zurück, und setzte sich.
Aber die Freier Gingen mit herzlichem Lachen hinein, und grüßten ihn also: Fremdling, dir gebe Zeus und die andern unsterblichen Götter, Was du am meisten verlangst, und was dein Herz nur begehret: Weil du unsere Stadt von dem unersättlichen Bettler |
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Hast befreit! Bald werden wir ihn fortsenden
zum König Echetos in Epeiros, dem Schrecken des Menschengeschlechtes. Also sprachen die Freier; der vorbedeutenden Worte Freute der edle Odysseus sich herzlich. Antinoos bracht ihm Jetzo den großen Magen, mit Fett und Blute gefüllet; |
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Und Amphinomos nahm zwei Bröt' aus denn
zierlichen Korbe, Brachte sie, trank ihm zu aus goldenem Becher, und sagte: Freue dich, fremder Vater! Es müsse dir wenigstens künftig Wohl ergehn! denn jetzo umringt dich mancherlei Trübsal. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
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Du, Amphinomos, scheinst mir ein sehr verständiger
Jüngling, Und ein würdiger Sohn von deinem rühmlichen Vater Nisos, der, wie ich höre, ein edler und mächtiger König In Dulichion ist. Dein Blick verkündiget Scharfsinn. Darum sag' ich dir jetzt; nimm meine Worte zu Herzen. |
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Siehe kein Wesen ist so eitel und unbeständig,
Als der Mensch, von allem, was lebt und webet auf Erden. Denn so lange die Götter ihm Heil und blühende Jugend Schenken, trotzt er, und wähnt, ihn treffe nimmer ein Unglück. Aber züchtigen ihn die seligen Götter mit Trübsal; |
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Dann erträgt er sein Leiden mit Ungeduld
und Verzweiflung, Denn wie die Tage sich ändern, die Gott vom Himmel uns sendet, Ändert sich auch das Herz der erdebewohnenden Menschen. Siehe, ich selber war einst ein glücklicher Mann, und verübte Viel Unarten, vom Trotz und Übermute verleitet, |
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Weil mein Vater mich schützte und meine
mächtigen Brüder. Drum erhebe sich nimmer ein Mann, und frevele nimmer; Sondern genieße, was ihm die Götter bescheren, in Demut! Welchen Greuel erblick' ich, den hier die Freier beginnen! Wie sie die Güter verschwelgen, und schmähn die Gattin des Mannes, |
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Welcher vielleicht nicht lange von seinen Freunden
und Ländern Ferne bleibt, vielleicht schon nah ist! Aber es führe Dich ein Himmlischer heim, dass du nicht jenem begegnest, Wann er wieder zurück in sein liebes Vaterland kehret! Denn die Freier allhier und jener trennen sich schwerlich |
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Ohne Blut voneinander, sobald er unter sein Dach
kommt! Also sprach er, und goss des süßen Weines den Göttern, Trank, und reichte den Becher zurück dem Führer der Völker. Dieser ging durch den Saal mit tiefverwundeter Seele, Und mit gesunkenem Haupt; denn er ahnete Böses im Herzen. |
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Dennoch entrann er nicht dem Verderben; ihn fesselt'
Athene, Dass ihn Telemachos' Hand mit der Todeslanze vertilgte. Und er setzte sich nieder auf seinen verlassenen Sessel. Aber Ikarios' Tochter, der klugen Penelopeia Gab Athene, die Göttin mit blauen Augen, den Rat ein, |
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Sich den Freiern zu zeigen, auf dass sie mit
täuschender Hoffnung Ihre Herzen noch mehr erweiterte, und bei Odysseus Und Telemachos sich noch größere Achtung erwürbe. Und sie erzwang ein Lächeln, und sprach mit freundlicher Stimme: Jetzt, Eurynome, fühl' ich zum erstenmal ein Verlangen, |
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Mich den Freiern zu zeigen, wie sehr sie mir
immer verhasst sind. Gerne möcht' ich den Sohn zu seinem Besten erinnern, Dass er ganz die Gesellschaft der stolzen Freier vermiede; Denn sie reden zwar gut, doch heimlich denken sie Böses. Aber die Schaffnerin Enrynome gab ihr zur Antwort: |
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Wahrlich, mein Kind, du hast mit vielem Verstande
geredet. Gehe denn hin, und sprich mit deinem Sohne von Herzen; Aber bade zuvor den Leib, und salbe dein Antlitz. Denn du musst nicht so mit tränenumflossenen Wangen Hingehn; unaufhörlicher Gram vermehrt nur das Leiden! |
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Siehe, du hast den erwachsenen Sohn; und du wünschest
ja herzlich, Dass dir die Götter gewährten, ihn einst im Barte zu sehen! Ihr antwortete drauf die kluge Penelopeia: O! so gut du es meinst, Eurynome, rate mir das nicht, Meinen Leib zu baden, und meine Wangen zu salben! |
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Denn die Liebe zum Schmuck ward mir von den himmlischen
Göttern Gänzlich geraubt, seit jener in hohlen Schiffen hinwegfuhr! Aber lass mir Autonoe gleich und Hippodameia Kommen: sie sollen mich in den Saal hinunter begleiten! Denn es ziemet mir nicht, allein zu Männern zu gehen. |
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Also sprach sie; da ging die Schaffnerin aus
dem Gemache, Brachte der Fürstin Befehl, und trieb die Mägde zu eilen. Jetzo ersann ein andres die heilige Göttin Athene: Siehe mit süßem Schlummer umgoss sie Penelopen. Und sie entschlief hinsinkend; die hingesunkenen Glieder |
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Ruhten sanft auf dem Sessel. Da gab die heilige
Göttin Ihr unsterbliche Gaben, damit sie die Freier entzückte: Wusch ihr schönes Gesicht mit ambrosischem Öle der Schönheit, Jenem, womit Aphrodite die Schöngekränzte sich salbet, Wann sie zum reizenden Chore der Charitinnen dahinschwebt; |
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Schuf sie höher an Wuchs, und jugendlicher
an Bildung, Schuf sie weißer, als Elfenbein, das der Künstler geglättet. Als sie dieses vollbracht, entschwebte die heilige Göttin. Lärmend stürzten anjetzo die Mägde mit Lilienarmen Aus dem Saale herein: da verließ sie der süße Schlummer; |
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Und sie rieb mit den Händen die schönen
Wangen, und sagte: Ach ein sanfter Schlaf umhüllte mich Herzlichbetrübte! Einen so sanften Tod beschere die göttliche Jungfrau Artemis mir, jetzt gleich! damit ich Arme nicht länger Mich abhärme, vor Gram um meines trauten Gemahles |
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Edles Verdienst; denn er war der Herrlichste
aller Achaier! Also sprach sie, und stieg vom prächtigen Söller herunter, Nicht allein; sie wurde von zwei Jungfrauen begleitet. Als das göttliche Weib die Freier jetzo erreichte, Stand sie still an der Schwelle des schönen gewölbeten Saales; |
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Ihre Wangen umwallte der feine Schleier des Hauptes,
Und an jeglichem Arm stand eine der stattlichen Jungfraun. Allen erbebten die Knie', es glühten die Herzen vor Inbrunst, Und vor banger Begierde mit ihr das Lager zu teilen. Und zu Telemachos sprach die zärtliche Penelopeia: |
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Sohn, in deinem Herzen ist weder Verstand noch
Empfindung! Weit vernünftiger hast du dich schon als Knabe bewiesen! Nun da du größer bist, und des Jünglings Alter erreicht hast, Und ein Fremder sogar aus der schönen und trefflichen Bildung Schließen kann, du seist von edlem Samen entsprossen; |
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Siehe nun zeigt dein Herz so wenig Verstand als
Empfindung! Welch unwürdige Tat ist hier im Saale geschehen! Da man den Fremdling so sehr misshandelte, saßest du ruhig? Aber wie? wenn ein Fremdling bei uns in unserem Hause Hilfe sucht, und dann so schnöde Beleidigung duldet! |
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Dieses bringt dir ja Schimpf und Verachtung unter
den Menschen! Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Meine Mutter, ich will nicht murren, dass du mir zürnest. Freilich fehlt es mir jetzo nicht mehr an Verstand und Erfahrung Gutes und Böses zu sehn; (denn ehmals war ich ein Knabe!) |
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Aber ich kann nicht immer die klügsten Gedanken
ersinnen; Denn mich betäubt die Furcht vor diesen Übelgesinnten, Welche mich rings umgeben; und niemand ist, der mir helfe. Aber des Fremdlings Kampf mit Iros endigte gleichwohl Nicht nach der Freier Sinn; denn dieser war stärker als Iros. |
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Gäbe doch Vater Zeus, Athene und Phoibos
Apollon, Dass auch jetzo die Freier, in unserem Hause bezwungen, So ihr schwindelndes Haupt hinneigeten, draußen im Vorhof, Oder auch hier im Saal, an allen Gliedern gelähmet: So wie dort an der Pforte des Hofs der zerschlagene Iros |
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Jetzo mit wankendem Haupt, gleich einem Betrunkenen,
dasitzt, Und auf seinen Füßen nicht grade zu stehen, noch wieder Heimzukehren vermag, weil seine Glieder gelähmt sind! Also besprochen diese sich jetzo untereinander, Aber Eurymachos wandte sich drauf zu Penelopeia: |
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O Ikarios' Tochter, du kluge Penelopeia, Sähen dich die Achaier im ganzen jasischen Argos, Wahrlich vom Morgen an erschienen noch mehrere Freier Hier im Palaste zum Schmaus; denn dir gleicht keine der Weiber An Gestalt, an Größe, und Trefflichkeiten des Geistes! |
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Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: Ach! die Tugend des Geistes, Eurymachos, Schönheit und Bildung, Raubten die Himmlischen mir am Tage, da die Argeier Schifften gen Troia, mit ihnen mein trauter Gemahl Odysseus! Kehrete jener von dannen, und lebt' in meiner Gesellschaft; |
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Ja dann möchte mein Ruhm wohl größer
werden und schöner. Aber jetzo traur' ich; denn Leiden beschied mir ein Daimon! Ach! da er Abschied nahm am vaterländischen Ufer, Fasst' er mich bei der Rechten, und sprach mit freundlicher Stimme: Frau, ich vermute nicht, die schöngeharnischten Griechen |
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Werden alle gesund und wohl von Ilion kehren.
Denn wie man sagt, sind auch die Troer streitbare Männer, Mit Wurfspießen geübt, und geübt den Bogen zu spannen, Und schnellfüßige Rosse der Schlacht zu lenken, die immer Hurtig den großen Kampf des blutigen Krieges entscheiden. |
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Darum weiß ich nicht, ob Gott von Troia
mich heimführt, Oder mich dort abfordert. Du sorg' hier fleißig für alles! Pfleg' auch meinen Vater und meine Mutter im Hause, So wie bisher, ja noch sorgfältiger, wann ich entfernt bin. Siehst du aber den Sohn im ersten Barte der Jugend; |
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Magst du das Haus verlassen, und, wem du willst,
dich vermählen. Also sprach er zuletzt; das wird nun alles erfüllet! Kommen wird einst die Nacht, die schreckliche Nacht der Vermählung! Mir unglücklichen Frau, die Zeus des Heiles beraubt hat! Aber vor allen kränket mich das in der Tiefe des Herzens: |
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Unter den Freiern galt ja sonst nicht diese Begegnung!
Denn die ein edles Weib und eines Begüterten Tochter Sich zur Gemahlin wünschen, und Nebenbuhler befürchten, Diese bringen ja Rinder und fette Schafe zum Schmause Für die Freunde der Braut, und schenken ihr köstliche Gaben; |
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Aber verschwelgen nicht so umsonst ein fremdes
Vermögen! Sprach's; da freuete sich der herrliche Dulder Odysseus, Dass sie von ihnen Geschenke zog, und mit freundlichen Worten Ihre Herzen bestrickte, doch anders im Herzen gedachte. Aber Eupeithes' Sohn Antinoos gab ihr zur Antwort: |
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O Ikarios' Tochter, du kluge Penelopeia, Was dir jeder Achaier an köstlichen Gaben hierher bringt, Dieses empfang'; es wäre nicht fein, das Geschenk dir zu weigern. Aber wir weichen nicht eh' zu den Unsrigen oder zu andern, Eh' du den besten Achaier zu deinem Bräutigam wählest! |
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Also sprach er, und allen gefiel Antinoos' Rede.
Und die Geschenke zu bringen, entsandte jeder den Herold. Für Antinoos bracht' er ein prächtiges blumengesticktes Großes Frauengewand: zwölf schöne goldene Häklein Waren daran, und fassten in schöngebogene Ösen. |
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Für Eurymachos bracht' er ein köstliches
Halsgeschmeide, Lauteres Gold, mit Ambra besetzt, der Sonne vergleichbar. Für Eurydamas brachten zwei Ohrgehenke die Diener, Dreigestirnt, und künstlich gemacht, mit strahlender Anmut. Aus Peisandros' Palast, des polyktoridischen Königs, |
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Brachte der Diener ein reiches und lieblichschimmerndes
Halsband. Also schenkte jeder Achaier ein anderes Kleinod. Und das göttliche Weib stieg wieder zur oberen Wohnung; Ihre Jungfraun trugen der Freier schöne Geschenke. Aber die Freier wandten sich wieder zum Tanz und Gesange, |
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Und belustigten sich, bis ihnen der Abend herabsank.
Als den Lustigen nun der dunkle Abend herabsank, Setzten sie alsobald drei Feuerfässer im Saale Ihnen zu leuchten umher, und häuften trockene Splitter, Welche sie frisch mit dem Erz aus dürrem Holze gespalten, |
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Und Kienstäbe darauf. Die Mägde des
Helden Odysseus Gingen vom einen zum andern, und schürten die sinkende Flamme. Aber zu ihnen sprach der göttliche weise Odysseus: O ihr Mägde Odysseus', des langabwesenden Königs, Geht zu den Wohnungen hin, wo die edle Königin wohnet; |
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Sitzt bei ihr im Saale, sie aufzuheitern, und
drehet Fleißig die Spindel, oder bereitet die flockige Wolle. Diese will ich schon alle mit leuchtender Flamme versorgen. Blieben sie auch die ganze Nacht, bis der Morgen sich rötet; Mich ermüden sie nicht; ich bin zum Dulden gehärtet. |
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Also sprach er; da lachten sie laut, und sahn
nacheinander. Aber nun fuhr ihn Melantho, die rosenwangige Tochter Dolios, an. Es hatte sie Penelopeia erzogen, Und wie ihr Kind gepflegt, und jeden Wunsch ihr gewähret: Dennoch rührte sie nicht der Kummer Penelopeiens; |
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Sondern sie buhlte geheim mit Eurymachos, ihrem
Geliebten. Diese lästerte schändlich den edlen Dulder Odysseus: Elender Fremdling, du bist wohl deiner Sinne nicht mächtig: Dass du nicht gehst, die Nacht in der Herberg', oder des Schmiedes Warmer Esse zu ruhn; und hier in der großen Gesellschaft |
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Solcher Männer so dreist, und ohne jemand
zu fürchten, Plauderst! Traun dich betört der Weinrausch, oder du bist auch Immer ein solcher Geck, und schwatzest solche Geschwätze! Oder schwindelt dein Hirn, weil du Iros, den Bettler, besiegt hast? Dass sich nur keiner erhebe, der tapferer streitet als Iros! |
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Denn er möchte dein Haupt mit starken Fäusten
zerschlagen, Und aus dem Hause dich stoßen, mit triefendem Blute besudelt. Zürnend schaute auf sie und sprach der weise Odysseus: Wahrlich, das sag' ich Telemachos an, was du Hündin da plauderst: (Siehst du ihn dort?) damit er dich gleich in Stücke zerhaue! |
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Also sprach er, und schreckte die bangen Weiber
von hinnen; Und sie entflohn aus dem Saal, und eileten durch die Gemächer, Zitternd vor Angst; denn sie meinten, er hab' im Ernste geredet. Und Odysseus stand, der leuchtenden Feuergeschirre Flamme nährend, und sahe nach allen. Aber sein Herz war |
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Andrer Gedanken voll, die bald zu Handlungen
reiften. Aber den mutigen Freiern gestattete Pallas Athene Nicht, des erbitternden Spottes sich ganz zu enthalten, damit noch Heißer entbrenne das Herz des Laertiaden Odysseus. Siehe Polybos' Sohn, Eurymachos, reizte den Helden |
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Vor der Versammlung zuerst, und erregte der Freunde
Gelächter. Höret mich an, ihr Freier der weitgepriesenen Fürstin, Dass ich rede, wie mir das Herz im Busen gebietet. Wahrlich ein Himmlischer führte den Mann in die Wohnung Odysseus'! Denn wo mir recht ist, kommt der Glanz nicht bloß von dem Feuer, |
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Sondern von seiner Glatze, worauf kein Härchen
zu sehn ist. Sprach's, und wandte sich drauf zum Städteverwüster Odysseus: Fremdling, willst du dich wohl bei mir zum Knechte verdingen, Dass du, fern auf dem Land' (ich meine, für gute Bezahlung!) Dornenzäune mir flechtest, und schattige Bäume mir pflanzest? |
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Siehe dann reicht' ich dir dein tägliches
Essen und Trinken, Und bekleidete dich, und gäbe dir Schuh' an die Füße. Aber da du nun nichts als Bubenstücke gelernt hast, Wirst du nicht gern arbeiten, und lieber das Land durchstreichen, Deinen gefräßigen Bauch mit Bettelbrote zu stopfen! |
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Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus:
O arbeiteten wir, Eurymachos, beide zur Wette Einst in der Frühlingszeit, wann die Tage heiter und lang sind, Auf der grasigen Wiese; mit schöngebogener Sichel Gingen wir, ich und du, und mähten nüchtern vom Morgen |
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Bis zur sinkenden Nacht, so lang' es an Grase
nicht fehlte! Oder trieb' ich ein Joch der trefflichsten Rinder am Pfluge, Rötlich und groß von Wuchs, mit fettem Grase gesättigt, Gleich an Alter und Kraft, mit unermüdlicher Stärke, Eine Hufe zu ackern, und wiche die Erde der Pflugschar; |
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Sehen solltest du dann, wie grade Furchen ich
zöge! Oder sendete Zeus uns heute noch Krieg, und ging ich Mit zwei blinkenden Lanzen und einem Schilde gerüstet, Und die Schläfe geschirmt mit einem ehernen Helme; Sehen solltest du traun! mich unter den vordersten Streitern, |
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Und mich nicht so höhnend an meinen Magen
erinnern! Aber du bist sehr stolz und menschenfeindliches Herzens; Und du dünkst dir vielleicht ein großer und starker Achaier, Weil du mit wenigen Leuten, und nicht den tapfersten, umgehst! Aber käm Odysseus in seiner Väter Gefilde; |
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O bald würde die Türe, so weit sie
der Zimmerer baute, Dennoch zu enge dir sein, wann du zum Hause hinausflöhst! Also sprach er; da ward Eurymachos' Herz noch erboster, Zürnend schaut' er ihn an, und sprach die geflügelten Worte: Elender, gleich empfange den Lohn, dass du unter so vielen |
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Edlen Männern so dreist, und ohne jemand
zu fürchten, Plauderst! Traun dich betört der Weinrausch, oder du bist auch Immer ein solcher Geck, und schwatzest solche Geschwätze! Oder schwindelt dein Hirn, weil du Iros, den Bettler, besiegt hast? Also sprach er, und griff nach dem Schemel. Aber Odysseus |
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Warf zu Amphinomos' Knieen, des Dulichiers, eilend
sich nieder, Fürchtend Eurymachos' Wurf; und der Schemel flog an des Schenken Rechte Hand, dass die Kanne voll Weins ihm tönend entstürzte, Und er selbst mit Geheul auf den Boden rücklings dahinsank. Aber nun lärmten die Freier umher in dem schattigen Saale; |
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Einer wendete sich zu seinem Nachbar, und sagte:
Wäre der irrende Fremdling doch ferne gestorben, bevor er Ithaka sah; dann brächt' er uns nicht dies laute Getümmel! Aber wir zanken uns hier um den leidigen Bettler, und schmecken Nichts von den Freuden des Mahls; denn es wird je länger je ärger! |
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Und die heilige Kraft Telemachos sprach zur Versammlung:
Unglückselige Männer, ihr rast, und eure Gespräche Zeugen von Speis' und Trank; euch reizet wahrlich ein Daimon! Aber nachdem ihr geschmaust, so geht, und legt euch zu Hause Schlafen, wann's euch gefällt; doch treib' ich keinen von hinnen. |
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Also sprach er; da bissen sie ringsumher sich
die Lippen, Über den Jüngling erstaunt, der so entschlossen geredet. Drauf erhob sich und sprach Amphinomos zu der Versammlung, Nisos' rühmlicher Sohn, des aretiadischen Königs: Freunde, Telemachos hat mit großem Rechte geredet; |
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Drum entrüste sich keiner, noch geb' ihm
trotzige Antwort! Auch misshandelt nicht ferner den armen Fremdling, noch jemand Von den Leuten im Hause des göttergleichen Odysseus. Auf! es fülle voll neuem der Schenk mit Weine die Becher, Dass wir opfern, und dann nach Hause gehen zu schlafen. |
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Aber der Fremdling bleib' im Hause des edlen
Odysseus Unter Telemachos' Schutz; denn ihm vertraut' er sein Heil an. Also sprach er, und allen gefiel Amphinomos' Rede. Und Held Mulios mischte den Wein im Kelche mit Wasser, Dieser duilichische Herold, Amphinomos' treuer Gefährte; |
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Reichte dann allen umher die vollen Becher. Die
Freier Opferten jetzt, und tranken vom herzerfreuenden Weine. Und nachdem sie geopfert und nach Verlangen getrunken, Gingen sie alle heim, der süßen Ruhe zu pflegen. |
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Übersetzung nach J.H.Voß bearbeitet von E.Gottwein |
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