Mythos als Weltdeutung
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Für Herder waren Mythologie und
Religion gleichbedeutende Begriffe, und diese Auffassung
hat bis in die Gegenwart nachgewirkt. Andererseits wurde
in neuerer Zeit auch behauptet. Mythos habe mit Religion
überhaupt nichts zu tun, er sei lediglich Dichtung,
Literatur. (Pfister 11)
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Wort und Botschaft des Mythos bezieht
sich auf das Ganze des Daseins der Welt und der Dinge
und betreffen deren Ursprünge, Zusammenhänge
und Sinnbestimmung. Der Mythos begreift die gegebene empirische
Welt und vor allem den Menschen und dessen Handeln aus
einer sie begründenden und sie zugleich transzendierenden
Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit ist die der Götter.
(Fries 147)
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Der Mythos versteht sich nicht als Fiktion
und Erfindung, sondern als überkommene Erfahrung
von Realität, als Kunde und Wort vom eigentlichen
Sein. (Fries 147)
2. Typologie
(Arten) des Mythos
a) gattungsspezifisch
Kennzeichen (und Kriterium) ist stets die
enge Verbindung mit einem Kult, auch in dem profanen Sinn
von "Starkult,...". Dabei versucht man durchaus,
die psychische Dynamik von Mythos und Kult für religiöse,
soziale, politische, wirtschaftliche,.. Zwecke zu ge- / missbrauchen.
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Theogone Mythen: Entstehung der Götter
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Kosmogonische Mythen: Entstehung der
Welt (z.B. aus dem Leib getöteter Götter: Schöpfungsakt)
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Anthropogonische Mythen: Entstehung des
Menschen (z.B.: Mischung aus verschiedener Materie)
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Urstandsmythen: Zustand der Welt nach
ihrer Entstehung (z.B.: Goldenes Zeitalter, Paradies)
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Heroenmythen (z.B. kulturschaffende Leistungen)
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Transformationsmythen (z.B.: a) Verführung
und Fall: Sintflut, b) soteriologische Mythen)
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Eschatoloqische Mythen: Weltvernichtung,
Welterneuerung, Auferstehung der Toten
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Literarisch-philosophische Mythen (bes.
Platon)
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Profane Mythen: a) Politische ("Zwanziger
Jahre", "Mythos Europa") (z.B.: Judt, T.),
b) Popgruppen, Stars (James Dean, Elvis Presley, Beatles),
c) Wirtschaftsprodukte (Cola, Jeans, Harley-Motorräder...)
b) kulturspezifisch
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"In der griechischen Uberlieferung
(sind) als Mythen diejenigen Erzählungen zu bezeichnen,
deren Helden Götter, göttliche Wesen oder Heroen
sind und die in der Zeit bis zur Rückkehr der Herakliden
sich abspielen. Für diesen Mythos ist es charakteristisch,
einmal, dass der Inhalt dieser Erzählung von den
Griechen für wahr gehalten wurde, und dann, dass
die Träger der Handlung im Kult verehrt wurden".
(Pfister 13)
- Mythen können sich erst bilden. wenn das Wirklichkeitsgefühl
eine bestimmte Strukturierung erfahren hat. Im Stadium des
Animismus oder Präanimismus, wo Erscheinungen und Geschehnisse
selbst unmittelbar ohne Distanz als Sitz der göttlichen
oder widergöttlichen Mächte angesehen werden,
hat der Mythos keine Entfaltungsmöglichkeiten. Erst
wenn sich die Trennung zwischen heilig und profan eingestellt
hat, wenn die Welt als Kosmos betrachtet wird und der Mensch
die Fähigkeit zur Differenzierung gewonnen hat, wenn
er Transzendenz und Immanenz als Gegenüber zu verstehen
vermag, ist die Voraussetzung und Bedingung gegeben, dass
Mythen entstehen. (Fries 148f)
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Sententiae excerptae: Lat. zu "Ethik" und "Mythos" Literatur: zu "Ethik" und "Mythos"4385
Bouillard, Henri
Transzendenz und Gott des Glaubens
in: Christlicher Glaube in moderner Gesellschaft, TBd.1, (Herder) Freiburg, Basel, Wien, 1981
4386
Gadamer, H.-G./ Fries, H.
Mythos und Wissenschaft
in: Christlicher Glaube in moderner Gesellschaft, TBd.2, (Herder) Freiburg, Basel, Wien, 1981
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