Carmina

Poetische Wortkundeübungen zu:
Poesis Latina Hodierna (Lateinische Dichtung im Internet)

- ovis, is f (2)
- piscis, is, m
- feriae, arum f

mare, is, n
feriae, arum, f

Fundgrube TIRO (Literaturhinweise): Chr.Morgenstern | L.Benning  | Limericks  |  Klapphornverse  |  Leberreime   | Wilhelm Busch  | J.W.Goethe   | Fr.Schiller | M.Claudius   | H.H.Huxley  |

 

Christian Morgenstern

Lunovis
Das Mondschaf
Lunovis in planitie stat
Cultrumque magn´ exspectitat
     Lunovis.

Lunovis herba rapta it
In montes, unde cucurrit.
     Lunovis.

Lunovis habet somnium:
Se culmen rer´ ess´ omnium.
     Lunovis.

Lunovis mane mortuumst.
Sol ruber atque ips´  albumst.
     Lunovis

Das Mondschaf steht auf weiter Flur.
Es harrt und harrt der großen Schur.
     Das Mondschaf.

Das Modschaf rupft sich einen Halm
Und geht dann heim auf seine Alm.
     Das Mondschaf.

Das Mondschaf spricht zu sich im Traum:
»Ich bin des Weltalls dunkler Raum.«
     Das Mondschaf.

Das Mondschaf liegt am Morgen tot.
Sein Leib ist weiß, die Sonn ist rot.
     Das Mondschaf

Dr. M. Merker (Offenburg)
aus: Tiro 34/1988 H.7/8 S.11

Alpovis
Das Alpschaf
Alpovis propter nivem stat,
sub vesperum imbrem exspectitat
alpovis.

Alpovis domum ambulat
edens et magna cogitat
alpovis.

Alpovis plenus pabuli
putat se posse perfici -
alpovis.

Alpovis caelum aspicit,
refertum sui efficit
alpovis.

Das Alpschaf spät am Schneefeld steht,
es hofft, dass Regen niedergeht,
das Alpschaf.

Das Alpschaf stapft dann lieber heim,
ergründet grasend tief das Sein
das Alpschaf.

Das Alpschaf voller Futter dann
glaubt, dass es sich vollenden kann -
das Alpschaf.

Das Alpschaf sieht das Himmelszelt
erfüllt von sich - und alle Welt:
das Alpschaf.

 

Christian Morgenstern

Fisches Nachtgesang

aus: Alle Galgenlieder, Frankfurt (Insel) 1975, S.31
Es wäre ein Irrtum anzunehmen, Fische seien, nur weil sie stumm sind, auch unpoetisch. Wir meinen: Reduziert sich das Lyrische unter Absehung von Logos und Melos auf sein Grundelement der rhythmischen Bewegung, tritt es in reinster Form gleichwohl gehaltvoll nur um so deutlicher hervor. Betrachte Form und Bewegung des Fisches! Hörst Du ihn nicht singen?
Unsere Empfehlung: Mache es wie Hans Magnus Enzensberger und lerne "Fisches Nachtgesang" auswendig!

Hans Magnus Enzensberger:

Keine Silbe zuviel

(in: Frankfurter Anthologie, FAZ):
Das Vollkommene zu kommentieren ist eine unfruchtbare Übung. Jeder unbefangene Leser wird diesem Satz zustimmen. Aber gibt es das: einen unbefangenen Leser? Goethes wohlgemeinter Ratschlag, das Unerforschliche ruhig zu verehren, ist bei Philologen und Kritikern stets auf taube Ohren gestoßen. Also meinetwegen! Her mit dem großen und kleinen Besteck. Wer sich, mit der Harthörigkeit des   Experten, interpretierend über dieses Gedicht hermacht, dem wird man mildernde Umstände zubilligen müssen;

fisch.gif (911 Byte)

ein scharfes Ohr nämlich gehört nicht unbedingt zu den Voraussetzungen für die Lektüre. [...]
Lakonischer als "Fisches Nachtgesang" kann ein Gedicht nicht sein; das Wort einsilbig wäre bereits eine Übertreibung. Diskret bis zur Lautlosigkeit wird hier die Subversion betrieben: wir haben es mit einem vernichtenden Schlag gegen das poetische Herkommen zu tun, aber dieser Schlag wird mit der Eleganz eines Klassikers geführt, in vollendeter Form und mit einer Sparsamkeit der Mittel, die nur Bewunderung erregen kann. Das Gedicht, soviel steht fest, hat keine Silbe zuviel und keine Silbe zuwenig.
Es ist das außerdem einzige Gedicht, das ich auswendig rezitieren kann.
Gedichte von Chr. Morgenstern in lateinischer Übersetzung von Dr. L. Benning (Bünde)
  1. Der Sperling und das Känguruh (Tiro 38/1992 H.11/12 S.11)
  2. Der Rabbiner  (Tiro 39/1993 H.1/2 S.11)
  3. Möwenlied (Tiro 35/1989 H. 11/12 S.7)
  4. Die Trichter (De duobus infundibulis) (Tiro 24/1977 H.3/4, S.2)
  5. Das Knie (de genu solivago) (Tiro 24/1977 H.3/4, S.2)
  6. Himmel und Erde (Caelum et terra) (Tiro 24/1977 H.3/4, S.2)
  7. Die Schildkrötöte (Tes-Testudo) (Tiro 24/1977 H.3/4, S.3)
  8. Die beiden Esel (De duobus asinis)  (Tiro 24/1977 H.3/4, S.3)
  9. Der Würfel (De aleae et terrae controversia) (Tiro 24/1977 H.5/6, S.4)
  10. Der Gingganz (De caliga et servo suo) (Tiro 24/1977 H.5/6, S.4)
  11. Vice versa (vice versa)  (Tiro 24/1977 H.5/6, S.5)
  12. Schiff "Erde" (De nave terra vocata) (Tiro 24/1977 H.5/6, S.5)
  13. Palmström (Palmstroem) (Tiro 33/1987 H.3/4 S.11)
  14. Gespenst (Larva)  (Tiro 33/1987 H.3/4 S.12)

 

Meeresstille - mare tranquillum

Tiefe Stille herrscht im Wasser
Ohne Regung ruht das Meer,
Und bekümmert sieht der Schiffer
Glatte Fläche ringsumher.
Keine Luft von keiner Seite!
Todesstille fürchterlich!
In der ungeheuren Weite
Reget keine Welle sich

In mari quieta cuncta,
Ventus atque undae silent,
Inquietus nauta ubique
Strata advertit aequora.
Aura nulla ex parte nulla!
Dira fatalis quies!
In profundi vastitate
Unda nulla fluctuat.

J.W.v.Goethe

E.G.

 

 

Ferien - feriae

   

1. Tempus hoc laetitiae,
dies festus hodie!
omnes debent psallere
et cantilenas promere
et affectu pectoris
et toto gestu corporis
et scolares maxime,
qui festa colunt optime.

2. Stilus nam et tabulae
sunt feriales epulae
et Nasonis carmina
vel aliorum pagina.
Quicquid agant alii,
iuvenes amemus
et cum turba plurium
ludum celebremus!

Welch ein Feiertag ist heut,
Freudenfest und frohe Zeit!
Drum zu heitrem Harfenschlag
ein jeder fröhlich singen mag
recht aus übervoller Brust
und mit Gebärden voller Lust;
ganz besonders der Scholar
versteht zu feiern wunderbar.

Griffel, Schreibetafel mag
da Speise sein am Wochentag
samt des Naso Liederschwall
und jener andern Dichter all!
Was da auch die andern tun,
lieben wolln wir Jungen,
darum mit der ganzen Schar
froh gescherzt, gesungen!

Carmina Burana 216 (Carmina Burana, Die Gedichte des Codex Buranus, Zürich / München (Artemis) 1974 S.634

 

Fundgrube TIRO:

Anderes von L. Benning (Bünde):

  1. Quid potest esse tunc (Ach, wie ist's möglich dann) (Tiro 22/1975 H.7/8 S.2)
  2. Häsleins Klage (Tiro 39/1993 H.7/8 S.5
  3. Epithalamium   (Tiro 35/1989 H. 11/12 S.6)
  4. Trifolium   (Tiro 39/1993 H.11/12 S.7
  5. Goliardenlied (Tiro 39/1993 H.9/10 S.11)

Limericks, Klapphornverse und Leberreime

  1. J.U.Fleckenstein: Limericks aus Etrurien (Tiro 23/1976 H.1/2 S.7)
  2. J.U.Fleckenstein: 10 neue Limericks (Tiro 25/1978 H.3/4 S.10)
  3. J.U.Fleckenstein: Klapphornverse (Tiro 23/1976 H.7/8 S.3)
  4. J.U.Fleckenstein: Leberreime (Tiro 24/1977 H.1/2, S.3

Versus reciproci

  1. August Wolf: Auf Napoleon Bonaparte (Bona Pars) (Tiro2/1955 H.4 S.6)
  2. Auf Clemens IV. (Tiro46/2000 H.3/4 S.10)

Wilhelm Busch

  1. Fritze (Fridericus)  (Tiro 24/1977 H.7/7, S.2f) (Üb.: L.Benning)
  2. Max et Moritz

J.W. Goethe

  1. Der Erlkönig (Rex Lemurum) (Tiro 35/1989 H.9/10 S.7) (H.E.Paoli)

Friedrich Schiller

  1. Die Bürgschaft (Sponsio) (Tiro 24/1977 H.9/10, S.2) (O. Schmied)
  2. Das Lied von der Glocke (Carmen campanile) (Tiro 33/1987 H.3/4 S.5) (O.Schmied)

Matthias Claudius

  1. Abendlied (Caelo est exorta luna) (E.Kratz)  (Tiro 34/1988 H.9/10 S.10f)

Poiesis Graeca in Latinam linguam conversa

  1. H.H.Huxley: Anacreon Latinus  (Tiro 24/1977 H.5/6, S.5)
Literatur:
  1. R.Preiser: Pretiosa. Deutsche Gedichte in lateinischer Übertragung, Heidelberg (H.Meister) 1953
  2. H.Weis: Jocosa, lateinische Sprachspielereien, gesammelt und erläutert von Hans Weis, München (Oldenbourg) 1952

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