Homer, Ilias 6, 237-311
Welt des Krieges - Welt des Friedens: Hektor kehrt nach
Troja zurück
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Hom.Il.6,237-311 |
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1.) Hom.Il.6,237-240:
Begegnung mit den anonymen Frauen |
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Ἕκτωρ δ' ὡς Σκαιάς τε πύλας καὶ
φηγὸν ἵκανεν,
ἀμφ' ἄρα μιν Τρώων ἄλοχοι θέον ἠδὲ θύγατρες
εἰρόμεναι παῖδάς τε κασιγνήτους τε ἔτας τε
καὶ πόσιας· ὃ δ' ἔπειτα θεοῖς εὔχεσθαι ἀνώγει. |
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Als nun Hektor an das Skaische Tor und an
die Buche gekommen, umringten ihn eilig der Troer Gemahlinnen
und Töchter, sich erkundigend um die Söhne,
Brüder, Freunde und Gemahle; und er hieß sie
darauf zu den Göttern flehn. [Übersetzung nach J.St.Zauper] |
Aufgaben:
- Beachten Sie, dass in diesem kurzen Textabschnitt
zwei gegenläufige Bewegungen aufeinandertreffen,
bzw. sich kreuzen!
- Beschreiben Sie die beiden Bereiche, die mit
diesen gegenläufigen Bewegungen verbunden
sind!
- Welche symbolhafte Bedeutung gewinnen vor diesem
Hintergrund das "Skäische Tor"
und die "Eiche" [237]?
- Wie antwortet Hektor den Fragen und Bedürfnissen
der anonymen Frauen?
- Aus wessen Sicht und mit welcher Perspektive
ist das schicksalsschwere Wort πολλῇσι δὲ κήδε'
ἐφῆπτο [240] gesprochen?
- Zeigen Sie, dass in den Fragen der Τρώων ἄλοχοι
nach den παῖδάς τε κασιγνήτους τε ἔτας τε [240]
καὶ πόσιας auch das Schicksal Hektors angesprochen
ist, dass diese kurze Szene den folgenden motivisch
präludiert!
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2.) Hom.Il.6,241-262:
Begegnung mit der Mutter Hekabe |
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ἀλλ' ὅτε δὴ Πριάμοιο δόμον περικαλλέ'
ἵκανε [...]
ἔνθά οἱ ἠπιόδωρος ἐναντίη ἤλυθε μήτηρ
Λαοδίκην ἐσάγουσα θυγατρῶν εἶδος ἀρίστην·
ἔν τ' ἄρα οἱ φῦ χειρὶ ἔπος τ' ἔφατ' ἔκ τ' ὀνόμαζε·
τέκνον τίπτε λιπὼν πόλεμον θρασὺν εἰλήλουθας;
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Und schon war er Priamos' herrlichem Palast
genaht; [...] dort kam ihm die herrliche Mutter entgegen,
die zur Laodike ging, der schönsten der Töchter;
und sie fasst' ihm die Hand, und sprach, und redete also:
Sohn, was bist du, den tobenden Krieg verlassend, gekommen? |
ἦ μάλα δὴ τείρουσι δυσώνυμοι υἷες Ἀχαιῶν
μαρνάμενοι περὶ ἄστυ· σὲ δ' ἐνθάδε θυμὸς ἀνῆκεν
ἐλθόντ' ἐξ ἄκρης πόλιος Διὶ χεῖρας ἀνασχεῖν.
ἀλλὰ μέν' ὄφρά κέ τοι μελιηδέα οἶνον ἐνείκω,
ὡς σπείσῃς Διὶ πατρὶ καὶ ἄλλοις ἀθανάτοισι
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Gewiss drängen uns die verrufenen Achaier schon sehr,
um unsere Stadt kämpfend; und doch trieb dein Herz
dich, hierher zu kommen, und von der Höhe der Burg
zu Zeus die Hände zu erheben. Aber bleibe, bis ich
dir honiglieblichen Wein bringe, dass du zuvor dem Vater
Zeus sprengest, |
πρῶτον, ἔπειτα δὲ καὐτὸς ὀνήσεαι αἴ κε πίῃσθα.
ἀνδρὶ δὲ κεκμηῶτι μένος μέγα οἶνος ἀέξει,
ὡς τύνη κέκμηκας ἀμύνων σοῖσιν ἔτῃσι. |
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und den andern Unsterblichen, hernach,
dich selbst zu erquicken, ihn verkostest; denn dem ermüdeten
Mann stählt der Wein die Kraft gar sehr, so wie du,
deinen Angehörigen beistehend, dich ermüdest."
[Übersetzung nach J.St.Zauper] |
Aufgaben:
- Warum kommt Hekabe ihrem Sohn Hektor nicht ebenso
weit entgegen, wie ihm die anderen Frauen entgegenkommen?
- Es würde der Würde der Königin
widersprechen, dem Sohn ebenso weit entgegen zu
kommen wie die Repräsentantinnen der Durchschnittsfrau.
Allerdings bleibt sie auch nicht wie Priamos in
den Palast entrückt.
- Der Dichter arbeitet die Wegstationen Hektors
dramaturgisch geschickt heraus: von außen
nach innen, von der Peripherie ins Zentrum,
vom Fremden zum Eigenen: Mitbürgerinnen,
Mutter, Bruder, Gattin und Sohn.
- Wie beurteilen Sie die Art der Begrüßung:
herzlich oder distanziert? Schließen Sie daraus
auf die Charakterisierung Hekabes als Königin
und Mutter und Hektors als Stadtbeschützer und
Sohn!
- Die Begrüßung verbindet Herzlichkeit
mit Würde. Sie anerkennt die Verpflichtung
Hektors in seiner offiziellen Verantwortung im
Dienst an der Stadt, geht aber bald über
in mütterliche Sorge um das persönliche
Wohlbefinden des Sohnes; und darauf scheint sie
(nach ihrer Eile und der Reihenfolge zu urteilen)
das Hauptgewicht zulegen.
- Hekabe scheint ihre Frage nach dem Grund seines
Kommens mehr rhetorisch zu stellen, denn die Antwort
gibt sie selbst. In welcher Rolle sieht sie den Sohn?
Trifft ihre Erwartung zu?
- Im wesentlichen trifft ihre Erwartung zu:
Ihr Sohn vergisst über seiner militärischen
Aufgabe nicht seine religiöse Pflicht. Sie
täuscht sich nur in der Konkretisierung:
nicht Zeus, sondern Athene; nicht der Sohn, sondern
die Frauen. Er ist der verantwortungsvolle Verteidiger
der Stadt, der bereits in die Nachfolge seines
Vaters hineingewachsen ist.
- Warum eigentlich nicht der Sohn? - Auch
hiergegen sprechen dramaturgische Gründe:
Das Opfer ist Deckszene für das eigentliche
Anliegen Hektors, seine Begegnung mit Andromache
und Astyanax.
- Warum eigentlich nicht Zeus? - mehrere
Gründe:
a) Das wäre wohl doch des Priamos Aufgabe
gewesen, die Hektor auch jetzt nicht einfach
an sich reißen darf;
b) Diomedes steht unter dem besonderen Schutz
Athenes. Also muss man versuchen, sie gegen
ihn einzunehmen.
c) Dramaturgischer Aspekt: Das Opfer für
Athene war Aufgabe der Frauen. Sie werden
dadurch gebunden und die Bühne frei für
die vertrauliche Begegnung mit Andromache.
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3.) Hom.Il.6,263-285:
Hektors Antwort an Hekabe |
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τὴν δ' ἠμείβετ' ἔπειτα μέγας κορυθαίολος
Ἕκτωρ·
μή μοι οἶνον ἄειρε μελίφρονα πότνια μῆτερ,
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Darauf entgegnete ihr der große helmbebuschte
Hektor: "Bringe mir keinen herzerfreuenden Wein,
verehrte Mutter, |
μή μ' ἀπογυιώσῃς μένεος, ἀλκῆς τε λάθωμαι·
χερσὶ δ' ἀνίπτοισιν Διὶ λείβειν αἴθοπα οἶνον
ἅζομαι· οὐδέ πῃ ἔστι κελαινεφέϊ Κρονίωνι
αἵματι καὶ λύθρῳ πεπαλαγμένον εὐχετάασθαι.
ἀλλὰ σὺ μὲν πρὸς νηὸν Ἀθηναίης ἀγελείης
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dass du mich nicht entnervest, und ich
der Kraft und Stärke vergesse; mit ungewaschenen
Händen dem Zeus blinkenden Wein zu gießen,
scheue ich mich, und Frevel wär' es, dem schwarzumwölkten
Kronion, befleckt mit Blut und Schlachtstaub, Gelübde
zu bringen. Du aber wandle zum Tempel der Beutesammlerin
Athene |
ἔρχεο σὺν θυέεσσιν ἀολλίσσασα γεραιάς·
πέπλον δ', ὅς τίς τοι χαριέστατος ἠδὲ μέγιστος
ἔστιν ἐνὶ μεγάρῳ καί τοι πολὺ φίλτατος αὐτῇ,
τὸν θὲς Ἀθηναίης ἐπὶ γούνασιν ἠϋκόμοιο,
καί οἱ ὑποσχέσθαι δυοκαίδεκα βοῦς ἐνὶ νηῷ |
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mit Opfergerüchen, nachdem du die Frauen gesammelt;
und das Gewand, welches das köstlichste und größte
ist im Gemach, und dir selbst das allerliebste, das lege
auf den Schoß der schöngelockten Athene, und
gelobe, ihr im Tempel zwölf Farren, einjährige, |
ἤνις ἠκέστας ἱερευσέμεν, αἴ κ' ἐλεήσῃ
ἄστύ τε καὶ Τρώων ἀλόχους καὶ νήπια τέκνα,
αἴ κεν Τυδέος υἱὸν ἀπόσχῃ Ἰλίου ἱρῆς
ἄγριον αἰχμητὴν κρατερὸν μήστωρα φόβοιο.
ἀλλὰ σὺ μὲν πρὸς νηὸν Ἀθηναίης ἀγελείης
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unbejochte, zu weihen, wenn sie sich erbarme der Stadt,
und der Troer Weiber und unmündigen Kinder, und des
Tydeus Sohn vom heiligen Ilion abwehre, den wilden Lanzenschwinger
und gewaltigen Schreckensgebieter. |
ἔρχευ, ἐγὼ δὲ Πάριν μετελεύσομαι ὄφρα καλέσσω
αἴ κ' ἐθέλῃσ' εἰπόντος ἀκουέμεν· ὥς κέ οἱ αὖθι
γαῖα χάνοι· μέγα γάρ μιν Ὀλύμπιος ἔτρεφε πῆμα
Τρωσί τε καὶ Πριάμῳ μεγαλήτορι τοῖό τε παισίν.
εἰ κεῖνόν γε ἴδοιμι κατελθόντ' Ἄϊδος εἴσω |
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Aber du wandle nun
zum Tempel der Beutesammlerin Athene, ich gehe jedoch
zum Paris, ihn aufzufordern, wenn er ja noch den Redenden
hören will! o möchte sich ihm dort die Erde
auftun! denn zum großem Verderben hat der Olympier
ihn den Troern erzogen, und dem hochherzigen Priamos,
und dessen Söhnen. Säh' ich ihn nur zum Ais
hinuntersteigen, |
φαίην κε φρέν' ἀτέρπου ὀϊζύος ἐκλελαθέσθαι. |
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dann, mein' ich, würde mein Herz
vielleicht des unerfreulichen Mühsals vergessen."
[Übersetzung nach J.St.Zauper] |
Aufgaben:
- Hektors Antwort an seine Mutter klingt (mit zweimaligem
μή) als eine recht schroffe Abweisung. Anschließend
erteilt er ihr, statt auf ihre Wünsche und Vorschläge
einzugehen, Aufträge. Lässt er es an der
notwendigen Achtung gegenüber der Königin
Mutter (πότνια μῆτερ, 264) fehlen?
- Er erweist sich nicht als respektloser,
sondern als erwachsener Sohn. Er redet ähnlich
wie Telemach mit Penelope, als er von seiner Reise
nach Pylos und Sparta gereift und erwachsen zurückkommt.
- Hektor urteilt überraschend offen und negativ
über Paris
- Warum beendet Hektor, wenn er die Sachlage derart
zu Paris' Ungunsten beurteilt, den Krieg nicht
durch ein Machtwort gegenüber Paris und mit
einem Verhandlungsangebot an die Griechen?
- Der Versuch einer friedlichen Lösung
erscheint durch das frühere Scheitern
eines solchen Versuches (Pfeilschuss des Pandaros)
illusionär;
- Entscheidung liegt bei Priamos (nicht
bei Hektor);
- er kämpft nicht für Paris,
sondern für Troja, seinen Vater, seine
Mutter, Frau und Sohn.
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4.) Hom.Il.6,286-296:
Hekabe zu Hause |
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ὣς ἔφαθ', ἣ δὲ μολοῦσα ποτὶ μέγαρ' ἀμφιπόλοισι
κέκλετο· ταὶ δ' ἄρ' ἀόλλισσαν κατὰ ἄστυ γεραιάς.
αὐτὴ δ' ἐς θάλαμον κατεβήσετο κηώεντα,
ἔνθ' ἔσάν οἱ πέπλοι παμποίκιλα ἔργα γυναικῶν
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So sprach er; sie aber, ins Gemach sich
begebend, rief den Dienerinnen, welche rings in der Stadt
die Frauen beschieden. Sie selbst stieg in die wohlduftende
Kammer hinab, wo die mannigfachbunten Gewänder waren,
Gewebe sidonischer Weiber, |
Σιδονίων, τὰς αὐτὸς Ἀλέξανδρος θεοειδὴς
ἤγαγε Σιδονίηθεν ἐπιπλὼς εὐρέα πόντον,
τὴν ὁδὸν ἣν Ἑλένην περ ἀνήγαγεν εὐπατέρειαν·
τῶν ἕν' ἀειραμένη Ἑκάβη φέρε δῶρον Ἀθήνῃ,
ὃς κάλλιστος ἔην ποικίλμασιν ἠδὲ μέγιστος, |
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die der göttergleiche
Alexandros selbst von Sidon hergeführt, das weite
Meer beschiffend, auf jenem Wege, auf welchem er Helena,
die edelentsprossene, entführt; eines davon nahm
Hekabe, und bracht' es zum Geschenke der Athene, welches
das schönste war an bunter Stickerei, und das größte, |
ἀστὴρ δ' ὣς ἀπέλαμπεν· ἔκειτο δὲ νείατος ἄλλων.
βῆ δ' ἰέναι, πολλαὶ δὲ μετεσσεύοντο γεραιαί. |
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und wie ein Stern flimmerte, und von allen zu unterst
lag; und sie eilte heftig dahin, ihr folgten viele Frauen.
[Übersetzung nach J.St.Zauper] |
Aufgaben:
- Welche zusätzliche Qualität (zu seiner
besonderen Schönheit) gewinnt der von Hekabe
ausgesuchte Peplos dadurch, dass er zu den von Paris
mitgebrachten Beutegütern gehört?
- Er rückt in unmittelbare Nähe
zu Helena. Zwischen dem Sachgut und der Person
ist nur ein qualitativer Unterschied. So kann
der Peplos symbolhaft Helena geradezu vertreten:
- wie Hekabe den schönen Peplos zuunterst
in ihre Schatztruhe eingeordnet hat und als
Gut hütet, so hat man auch Helena in
die Familie aufgenommen und will sie nicht
mehr herausgeben;
- wie Hekabe jetzt den Schleier wort-
und klaglos der Göttin opfert, wird man
später Helena herausgeben müssen.
- wie Hekabe nichts gegen Paris als denjenigen
einwenden kann, der ihr diesen Peplos aus
der Ferne geholt hat, kann sie (im Gegensatz
zu Hektor) auch nichts gegen Paris als den
haben, der Helena aus der Ferne heimgeholt
hat: In auffälliger Weise lässt
sie Hektors Kritik an Paris unbestätigt,
aber auch unwidersprochen. Der Peplos bedeutet
für sie dasselbe wie Helena.
- Welche Funktionen gewinnt dadurch der Opfergang
der Würdenträgerinnen um Hekuba zum Athenatempel
(zusätzlich)?
- Das Opfer ist nach seiner vordergründigen
Motivation der Versuch, Diomedes seine Helferin
abspenstig zu machen, um sie für die Interessen
Trojas zu gewinnen.
- Dramaturgisch macht der Opfergang der Alten
a) die Bühne frei für Hektors Begegnung
mit seiner Gattin; bereitet b) den unmittelbaren
Vergleich Hektors mit Priamos (Folientechnik)
vor;
- Sinnbildlich spiegelt der Peplos Helenas
Schicksal wieder: Einvernahme, Behauptung, Herausgabe
(Opfer) eines Beutegutes (Spiegeltechnik).
- Eine Szene, die realiter ausführt,
was hier nur angedeutet wird, ist die Rede,
mit der Antenor (Ilias VII 347ff) die "aufgeregte"
Versammlung der Troer eröffnet und die
Rückgabe Helenas und aller Güter
an die Atriden fordert.
Τρώων
αὖτ' ἀγορὴ γένετ' Ἰλίου ἐν πόλει
ἄκρῃ
δεινὴ τετρηχυῖα, παρὰ Πριάμοιο θύρῃσι·
τοῖσιν δ' Ἀντήνωρ πεπνυμένος ἦρχ'
ἀγορεύειν·
κέκλυτέ μευ Τρῶες καὶ Δάρδανοι ἠδ' ἐπίκουροι,
ὄφρ' εἴπω τά με θυμὸς ἐνὶ στήθεσσι κελεύει.
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Auch
die Troer versammelten sich in der hohen
Burg Ilions, schreckbar verwirrt an
Priamos' Pforten. Unter ihnen begann
Antenor, der verständige, zu reden:
"Höret mich, Troer und Dardaner
und Bundesgenossen, damit ich sage,
was mir die Seele im Busen gebietet. |
δεῦτ' ἄγετ' Ἀργείην Ἑλένην
καὶ κτήμαθ' ἅμ' αὐτῇ
δώομεν Ἀτρεΐδῃσιν ἄγειν· νῦν δ'
ὅρκια πιστὰ
ψευσάμενοι μαχόμεσθα· τὼ οὔ νύ τι κέρδιον
ἡμῖν
ἔλπομαι ἐκτελέεσθαι, ἵνα μὴ ῥέξομεν
ὧδε. |
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Wohlan! lassen wir die argeische Helena
und mit ihr die Schätze den Atreiden
zurückführen; jetzt kämpfen
wir doch treulos am beschworenen Bund;
daher hoffe ich keinen ersprießlichen
Ausgang, wenn wir nicht also handeln."
[Übersetzung nach J.St.Zauper] |
- Helena ist immer schon mit den Gütern
verbunden. Um beide geht der Kampf. Wer das
eine gibt, gibt auch das andere. So schon
Il. III 69ff, wo Paris den Preis im Zweikampf
mit Menelaos bestimmt:
αὐτὰρ
ἔμ' ἐν μέσσῳ καὶ ἀρηΐφιλον Μενέλαον
συμβάλετ' ἀμφ' Ἑλένῃ καὶ κτήμασι
πᾶσι μάχεσθαι·
ὁππότερος δέ κε νικήσῃ κρείσσων τε γένηται,
κτήμαθ' ἑλὼν εὖ πάντα γυναῖκά τε οἴκαδ'
ἀγέσθω· |
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aber
mich und den kampflustigen Menelaos
lasset in der Mitte zusammenkommen,
damit wir um Helena und die sämtlichen
Schätze kämpfen; und wer immer
sieget, und den andern überwältiget,
nehme mit Fug die Schätze sämtlich,
und führe das Weib nach Hause.
[Übersetzung nach J.St.Zauper] |
- Paris' Kompromissangebot in seiner Antwort
auf Antenor, die Güter zu geben, aber
Helena zu behalten (VII 361ff), ist deswegen
von vornherein illusorisch:
αὐτὰρ
ἐγὼ Τρώεσσι μεθ' ἱπποδάμοις ἀγορεύσω·
ἀντικρὺ δ' ἀπόφημι γυναῖκα μὲν οὐκ ἀποδώσω·
κτήματα δ' ὅσσ' ἀγόμην ἐξ Ἄργεος
ἡμέτερον δῶ
πάντ' ἐθέλω δόμεναι καὶ οἴκοθεν ἄλλ'
ἐπιθεῖναι. |
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ich
aber will zu den rossebändigenden
Troern reden, und ich bekenne unverhohlen:
das Weib gebe ich nicht heraus, die
Schätze jedoch, soviel ich ihrer
aus Argos in meine Wohnung weggeführt,
alle will ich erstatten, und noch von
meinen daheim zulegen. [Übersetzung
nach J.St.Zauper] |
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5.) Hom.Il.6,297-331:
Opfergang, Gebet und Verweigerung der Göttin |
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αἳ δ' ὅτε νηὸν ἵκανον Ἀθήνης ἐν πόλει ἄκρῃ,
τῇσι θύρας ὤϊξε Θεανὼ καλλιπάρῃος
Κισσηῒς ἄλοχος Ἀντήνορος ἱπποδάμοιο·
τὴν γὰρ Τρῶες ἔθηκαν Ἀθηναίης ἱέρειαν.
αἳ δ' ὀλολυγῇ πᾶσαι Ἀθήνῃ χεῖρας ἀνέσχον·
ἣ δ' ἄρα πέπλον ἑλοῦσα Θεανὼ καλλιπάρῃος
θῆκεν Ἀθηναίης ἐπὶ γούνασιν ἠυκόμοιο,
εὐχομένη δ' ἠρᾶτο Διὸς κούρῃ μεγάλοιο·
πότνι' Ἀθηναίη ἐρυσίπτολι δῖα θεάων
ἆξον δὴ ἔγχος Διομήδεος, ἠδὲ καὶ αὐτὸν
πρηνέα δὸς πεσέειν Σκαιῶν προπάροιθε πυλάων,
ὄφρά τοι αὐτίκα νῦν δυοκαίδεκα βοῦς ἐνὶ νηῷ
ἤνις ἠκέστας ἱερεύσομεν, αἴ κ' ἐλεήσῃς
ἄστύ τε καὶ Τρώων ἀλόχους καὶ νήπια τέκνα.
ὣς ἔφατ' εὐχομένη, ἀνένευε δὲ Παλλὰς Ἀθήνη. |
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Und als sie genahet dem Tempel der Athene, in
der Burg der Stadt, öffnete ihnen die Tore die schönwangige
Theano, des Kisseus Tochter, Gemahlin des rossebändigenden
Antenor: denn die Troer hatten sie zur Priesterin der Athene
gewählt. Da erhoben alle wehklagend die Hände zur
Athene, und die schönwangige Theano nahm das Gewand , und
legt es auf den Schoß der schönlockigen Athene, und
betete mit Inbrunst zur Tochter des großen Zeus:
"Erhabene Athene, Stadtbeschützerin, herrlichste der
Göttinnen, zerbreche des Diomedes Lanze, und lass ihn selbst
häuptlings hinstürzen vor dem Skaischen Tore, dass
wir dir jetzt sogleich im Tempel zwölf Farren weihen, einjährige,
unbejochte, wenn du dich erbarmst der Stadt, und der Troer Weiber
und unmündigen Kinder." So sprach sie gelobend, doch
Pallas Athene neigte sich ab. [Übersetzung nach J.St.Zauper] |
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Aufgaben:
- Beschreiben Sie:
- die wesentlichen Elemente des Opferrituals!
- die konstitutiven Elemente der Gebetsform
- Vergleiche der Form nach das Gebet
des Chryses an Apollo!
- Inwiefern liegt die Ablehnung der Opferbitte durch Athene
in der Konsequenz des näheren und weiteren Handlungszusammenhangs?
- Lassen sich Elemente der Opferhandlung mit dem denen des
Panathenäenfestes in Athen vergleichen?
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Sententiae excerptae: Griech. zu "Hom.Il"803
ὅς κε θεοῖς ἐπιπείθηται μάλα τ' ἔκλυον αὐτοῦ.
Wer dem Gebot der Götter gehorcht, den hören sie wieder.
Hom.Il.1,218
804
πάντων μὲν κρατέειν ἐθέλει, πάντεσσι δ' ἀνάσσειν
Allen will er gebieten im Heer, und alle beherrschen.
Hom.Il.1,288
897
ἀργαλέος γὰρ Ὀλύμπιος ἀντιφέρεσθαι.
schwer ist es, dem Olympier sich zu widersetzen.
Hom.Il.1,589
805
οὐκ ἀγαθὸν πολυκοιρανίη· εἷς κοίρανος ἔστω.
Niemals frommt Vielherrschaft im Volk; nur einer sei Herrscher.Staatsmann
Hom.Il.2,204
806
ἀλλ’ ἔκ τοι ἐρέω, τὸ δὲ καὶ τετελεσμένον ἔσται.
Aber ich sage dir an, und das wird wahrlich vollendet!
Hom.Il.2,257
807
αἴθ' ὄφελες ἄγονός τ' ἔμεναι ἄγαμός τ' ἀπολέσθαι.
Wärest du nie doch geboren, das wünscht' ich dir, oder gestorben!
Hom.Il.3,40
808
οὔ τοι ἀπόβλητ' ἐστὶ θεῶν ἐρικυδέα δῶρα | ὅσσά κεν αὐτοὶ δῶσιν, ἑκὼν δ' οὐκ ἄν τις ἕλοιτο.
Unverwerflich ja sind der Unsterblichen ehrende Gaben, | Welche sie selber verleihn, und nach Willkür keiner empfänget.
Hom.Il.3,65f.
811
τρεῖν μ' οὐκ ἐᾷ Παλλὰς Ἀθήνη.
Furcht wehret mir Pallas Athene. (Es lässt mich nicht zittern Athene.)
Hom.Il.5,256
812
αἰδομένων ἀνδρῶν πλέονες σόοι ἠὲ πέφανται.
Denn wo sich ehrt ein Volk, stehn mehrere Männer (sind mehr gerettet) als fallen.
Hom.Il.5,531.Hom.Il.15,563.
1
ἀνδρὶ δὲ κεκμηῶτι μένος μέγα οἶνος ἀέξει
dem ermüdeten Mann stählt der Wein die Kraft gar sehr
Hom.Il.6,261
34
νίκη δ' ἐπαμείβεται ἄνδρας
der Sieg wechselt unter den Männern
Hom.Il.6,339
93
Τὸν Κυπρίδος κεστόν
Den Gürtel der Aphrodite (der Schönheit verleiht) (cestum Veneris)
vgl.Hom.Il.14,214ff.
176
αὐτόματοι δ’ ἀγαθοὶ ἀγαθῶν ἐπὶ δαῖτας ἵενται.
von selbst (ohne Einladung) eilen die Tüchtigen zu der Tüchtigen Mahl.
Zenob2,19; Plat.Symp.174b; vgl.Hom.Il.2,438
Literatur: zu "Homer" und "Hektor"446
Bretzigheimer, F.
Hektor in Troia. Zu Hom.Il.6,237-529 und Il.24,697-804
in: Anr 15/1969,167-176
180
Händel, P.
Hektors Lösung
in: Vretska: Festschr., Heidelberg 1970
310
Metz, W.
Hektor als der homerischste aller homerischen Helden
in: Gymn 97/1990
376
Schadewaldt, W.
Hektor in der Ilias
in: Hellas und Hesperien I, Zürich 1970
377
Schadewaldt, W.
Hektor und Andromache
in: Homers Welt und Werk, Stuttgart 1965
378
Schadewaldt, W.
Hektors Tod
in: Homers Welt und Werk, Stuttgart 1965
128
Schadewaldt, W.
Von Homers Welt und Werk. Aufsätze und Auslegungen zur Homerischen Frage
Stuttgart (Koehler) 4/1965
- /Grie/hom/HomIl130.php - Letzte Aktualisierung: 29.12.2020 - 15:40 |