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Thuk.1,20-23
Methodenkapitel

3.) Größe und Ursachen des Krieges (1,23)

Bellum Persicum comparatur Peloponnesiaco longe maiori, cuius causa minus aperta, sed verissima significatur.

 

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(1) Bellorum autem superiorum id, quod cum Medis est gestum, maximum fuit: hoc ipsum tamen duobus navalibus et totidem pedestribus proeliis celeriter est finitum. At huius belli tum diuturnitas longe processit, tum clades in ipso Graeciae contigerunt, quales in pari temporis spatio numquam alias. (1,23,1) Τῶν δὲ πρότερον ἔργων μέγιστον ἐπράχθη τὸ Μηδικόν καὶ τοῦτο ὅμως δυοῖν ναυμαχίαιν καὶ πεζομαχίαιν ταχεῖαν τὴν κρίσιν ἔσχεν. τούτου δὲ τοῦ πολέμου μῆκός τε μέγα προύβη, παθήματά τε ξυνηνέχθη γενέσθαι ἐν αὐτῷ τῇ ῾Ελλάδι, οἷα οὐχ ἕτερα ἐν ἴσῳ χρόνῳ. (23,1) Von den früheren Unternehmen ist der medische Krieg die größte gewesen. Und doch hat auch er in zwei Land- und Seeschlachten eine rasche Entscheidung erhalten; dieser Krieg dagegen hat sich weit in die Länge ausgedehnt, und Griechenland ist in demselben von Unfällen betroffen worden, wie nie in ähnlicher Weise in gleicher Zeit.
τὸ Μηδικόν <ἔργον> - der Perserkrieg (beschränkt auf den Zug des Xerxes) | μέγιστον - prädikativ | ὅμως - sc. καίπερ μέγιστον ὄν| δυοῖν ναυμαχίαιν  (Kap Artemision und Salamis) καὶ πεζομαχίαιν (Thermopylai, Plataiai) - Dativ des Duals | τὴν κρίσιν ἔχειν - seine Entscheidung finden, entschieden werden (ἔσχεν - ingressiver Aor.) | μέγα προβαίνειν - sich in die Länge ziehen (μέγα - prädikativ) | παθήματα - Leiden, Schicksalsschläge (vgl. Herod.6,98) | συμβαίνει - es ereignet sich; ξυνηνέχθη = συνέβη (ξυνηνέχθη γενέσθαι = ἐγένετο) | ἐν αὐτῷ - in seinem Verlauf | οἷα... <γενέσθαι ξυνηνέχθη>
(2)  neque enim tot urbes captae desolataeque sunt, aliae a barbaris, aliae a Graecis ipsis bellum inter se gerentibus (nonnullae vero etiam captae incolas mutarunt), neque tot exilia fuerunt, neque tot caedes aut in ipso bello aut propter seditiones commissae. (1,23,2) οὔτε γὰρ πόλεις τοσαίδε ληφθεῖσαι ἠρημώθησαν, αἱ μὲν ὑπὸ βαρβάρων, αἱ δ' ὑπὸ σφῶν αὐτῶν ἀντιπολεμούντων [εἰσὶ δ' αἳ καὶ οἰκήτορας μετέβαλον ἁλισκόμεναι], οὔτε φυγαὶ τοσαίδε ἀνθρώπων καὶ φόνος, ὁ μὲν κατ' αὐτὸν τὸν πόλεμον, ὁ δὲ διὰ τὸ στασιάζειν. (2) Denn nie sind so viele Städte erobert und verödet worden, teils durch die Hand von Barbaren, teils im Kampfe von Griechen wider Griechen; etliche aber haben auch bei der Einnahme ihre Bewohner gewechselt; nie hat so viel Verbannung und Blutvergießen stattgefunden, teils im Kriege selbst, teils in Folge von Parteiungen.
ἐρημόω - entvölkere, verwüste | ὑπὸ σφῶν αὐτῶν sc. ὑπὸ τῶν Ἑλλήνων αὐτῶν | ὑπὸ βαρβάρων - z.B. Kolophon (Thuk.3,34) | ἀντιπολεμούντων - prädikativ: in ihrem gegenseitigen Kampf | εἰσὶ δ' αἵ = ἔνιαι | ὁ οἰκήτωρ, ορος - Bewohner | μεταβάλλειν - umändern, wechseln, austauschen (dafür mehrere Beispiele: Sollion, Plataiai, Anaktorion, Skione, Melos) | ἁλίσκομαι werde eingenommen; ἁλισκόμεναι = εἰ ἁλίσκοιντο | ἡ φυγή - Verbannung | φόνος <τοσόσδε> | κατά (temporal / konsekutiv: unmittelbar im Krieg / unmittelbar infolge des Krieges) ... διά (konsekutiv: infolge) | διὰ τὸ στασιάζειν = διὰ στάσεις (Parteikämpfe)
(3) Et quae ante fama quidem ferebantur, sed re ipsa rarius confirmabantur, non incredibilia evaserunt, ut de terrae motibus, qui et maximam orbis terrarum partem occuparunt, et simul vehementissimi fuerunt, et solis defectiones, quae frequentiores acciderunt, quam de prioribus temporibus traditur; et siccitates, quae apud nonnullos magnae fuerunt, et fames ex ipsis natae, et qui praeter cetera damnum magnum intulit partemque hominum absumpsit morbus pestilens; Haec enim omnia cum hoc bello simul invaserunt. (1,23,3) τά τε πρότερον ἀκοῇ μὲν λεγόμενα, ἔργῳ δὲ σπανιώτερον βεβαιούμενα οὐκ ἄπιστα κατέστη, σεισμῶν τε πέρι, οἳ ἐπὶ πλεῖστον ἅμα μέρος γῆς καὶ ἰσχυρότατοι οἱ αὐτοὶ ἐπέσχον, ἡλίου τε ἐκλείψεις, αἳ πυκνότεραι παρὰ τὰ ἐκ τοῦ πρὶν χρόνου μνημονευόμενα ξυνέβησαν, αὐχμοί τε ἔστι, παρ' οἷς μεγάλοι καὶ ἀπ' αὐτῶν καὶ λιμοὶ καὶ ἡ οὐχ ἥκιστα βλάψασα καὶ μέρος τι φθείρασα ἡ λοιμώδης νόσος· ταῦτα γὰρ πάντα μετὰ τοῦδε τοῦ πολέμου ἅμα ξυνεπέθετο. (3) Überdies ist, was man vordem zwar nach alter Überlieferung erzählt, aber durch die Erfahrung nur selten bestätigt wurde, nunmehr zu unzweifelhafter Gewissheit erhoben, was Erdbeben anbetrifft, welche sich über den größten Teil der Erde und zugleich mit äußerster Heftigkeit erstreckten, desgleichen Sonnenfinsternisse, welche gegen die aus der früheren Zeit überlieferten in größerer Zahl eintraten, hier und da große Dürre und infolge derselben Hungersnot und die ganz besonders nachteilige und für einen Teil geradezu vernichtende Seuche. Denn alles dies erschien im Gefolge dieses Krieges.
ἀκοῇ μὲν... ἔργῳ δὲ - dem Hörensagen nach... in Wirklichkeit aber | σπάνιος - selten | βεβαιόω - befestige, bestätige | ἄπιστόν τι καθίσταται - etwas erweist sich als unglaubwürdig | ὁ σεισμός - Erdbeben; σεισμῶν τε πέρι - abhg. von τὰ... λεγόμενα | καὶ... οἱ αὐτοί - dazu noch |ἐπέχειν ἐπί - sich erstrecken über... hin | ἡλίου ἔκλειψις - Sonnenfinsternis | πυκνός - dicht (hintereinander), häufig | παρὰ τὰ... μνημονευόμενα - im Vergleich zu Berichten | ὁ αὐχμός - Trockenheit, Dürre | ἔστι παρ' οἷς = παρ’ ἐνίοις | ἀπ' αὐτῶν - in ihrem Gefolge | ὁ λιμός - Hungersnot | μέρος τι - adv. Akk. - zu einem gewissen Teil | λοιμώδης - pestartig, ansteckend (ἡ λοιμώδης νόσος = ὁ λοιμός) | συνεπιτίθεσθαι μετά τινος - zusammen mit etw. angreifen, gemeinsam mit etw. hereinbrechen|
(4) Initium autem eius fecerunt Athenienses et Peloponnesii rupta tricennali pace, quae post Euboeam captam inter se fecerant.  (1,23,4) ἤρξαντο δὲ αὐτοῦ Ἀθηναῖοι καὶ Πελοποννήσιοι λύσαντες τὰς τριακοντούτεις σπονδάς, αἳ αὐτοῖς ἐγένοντο μετὰ Εὐβοίας ἅλωσιν. (4) Es begannen denselben aber die Athener und die Peloponnesier, indem sie den dreißigjährigen Frieden außer Kraft setzten, den sie nach der Eroberung von Euboia geschlossen hatten.
αὐτοῦ sc. τοῦ πολέμου | λύειν - beenden, außer Kraft setzen | τριακοντούτης - dreißigjährig; αἱ τριακοντούτεις σπονδαί: 445 v.Chr. (vgl. Thuk.1,115,1) | ἡ Εὐβοίας ἅλωσις - die Einnahme Euboias (445 v.Chr. durch Perikles)
(5) Cur autem eam ruperint, causas, et dissidia in primis scripsi, ne quis aliquando requirat, unde tantum bellum Graecis conflatum sit. (1,23,5) διότι δ' ἔλυσαν, τὰς αἰτίας προύγραψα πρῶτον καὶ τὰς διαφοράς, τοῦ μή τινα ζητῆσαί ποτε, ἐξ ὅτου τοσοῦτος πόλεμος τοῖς ῞Ελλησι κατέστη. (5) Die Gründe aber, weshalb sie ihn beendeten, und die Zerwürfnisse habe ich zuerst vorausgeschickt, damit nicht etwa jemand zu fragen hätte, von woher die Griechen in einen so großen Krieg geraten seien.
ἡ διαφορά - Zerwürfnis, Streit(punkt) | τοῦ μή τινα ζητῆσαί ποτε - finaler Inf. - damit keiner jemals (niemals jemand) |
(6) Nam verissimam quidem, sed sermone minime celebratam causam hanc puto, quod Athenienses in dies crescentes et terrorem Lacedaemoniis incutientes belli movendi necessitatem ipsis imposuerunt; sed causae, quae propalam ferebantur, haec erant utrisque, propter quas ruptis foederibus bellum susceperunt. (1,23,6) τὴν μὲν γὰρ ἀληθεστάτην πρόφασιν, ἀφανεστάτην δὲ λόγῳ, τοὺς Ἀθηναίους ἡγοῦμαι μεγάλους γιγνομένους καὶ φόβον παρέχοντας τοῖς Λακεδαιμονίοις ἀναγκάσαι ἐς τὸ πολεμεῖν· [αἱ δ' ἐς τὸ φανερὸν λεγόμεναι αἰτίαι αἵδ' ἦσαν ἑκατέρων, ἀφ' ὧν λύσαντες τὰς σπονδὰς ἐς τὸν πόλεμον κατέστησαν.] (6) Der wahrhafteste Grund freilich, welcher zum Krieg trieb, so wenig er auch in den Worten hervortrat, war meines Erachtens die Größe Athens, welche den Lakedämoniern Furcht einflößte; die offen angeführten Gründe aber, in deren Folge der Vertrag gebrochen und der Krieg begonnen wurde, waren auf beiden Seiten folgende.
ἡ πρόφασις - Vorwand; (tieferliegender) Grund | ἀφανής - nicht erscheinend, verborgen; h.: kaum ausgesprochen | ἡγοῦμαι mit dopp. Akk. des Objekts (τοὺς Ἀθηναίους... ἀναγκάσαι) und des Objektsprädikativums (τὴν ἀληθεστάτην πρόφασιν) | ἡ αἰτία - äußere Ursache, Veranlassung

 

Aufgabenvorschläge:

  1. Thukydides reduziert die Perserkriege auf vier Schlachten: zwei Seeschlachten (Artemision und Salamis) und zwei Landschlachten (Thermopylai und Plataiai). Ist er dazu aus der Perspektive unseres Geschichtsverständnisses (vgl. Sie Ihr Geschichtsbuch!) dazu berechtigt oder vereinfacht er damit unerlaubt?

  2. Welche "Begleitkatastrophen" (παθήματα) steigern die Bedeutung des Peloponnesischen Krieges? (Materialsammlung). Verlässt Thukydides mit diesen "θωμαστά" (Herod. 1, Prooem.) nicht  den Weg der rationalen und kritischen Geschichtsschreibung? Wie sonst ist diese überraschende Nähe zu Herodot zu erklären?

    • μῆκός
    • παθήματα
      • πόλεις ληφθεῖσαι ἠρημώθησαν
      • φυγαί
      • φόνος
      • ἀκοῇ μὲν λεγόμενα, ἔργῳ δὲ σπανιώτερον βεβαιούμενα 
        • σεισμοί 
        • ἡλίου τε ἐκλείψεις
        • αὐχμοί 
        • λιμοί 
        • ἡ λοιμώδης νόσος 
    Diese Ereignisse treten zwar in einer auffälligen und signifikanten Häufung auf,  haben aber für Thukydides nur den Wert faktischer Gegebenheiten, die dazu dienen die Bedeutung des Krieges hervorzuheben. Nirgendwo werden sie im Sinne von "Götterzeichen" gedeutet, wie man das von Herodot erwarten könnte: Vorzeichen (Prodigien), mit denen die Götter Menschen vor schwerwiegenden Fehlentscheidungen warnen, die sie aber auch als Mittel zur Täuschung einsetzen, um Menschen, falls die "Notwendigkeit" dazu besteht, zu Fehlverhalten zu verleiten, damit sie infolge ihrer Unberatenheit und ihres schuldhaften Handelns in die Katastrophe stürzen. 
    Aufschlussreich ist z.B. im Vergleich mit Herodot (Herod.8,65) die Deutung, die ein Naturereignis bei Eleusis im Gespräch zwischen Demaretos und Dikaios erfährt.  

     

  3. Worauf kommt es Thukydides mit seiner Unterscheidung zwischen den αἰτίαι und der ἀληθεστάτη πρόφασις des Krieges an?

    • Mit αἰτίαι sind die äußeren Ursachen und Gründe des Krieges gemeint, politische Ereignisse, die in ihrem Zusammenspiel den Krieg ausgelöst haben. Auch Herodot gebraucht diesen Begriff, wenn er nach den Ursachen des Ost-West-Konfliktes fragt (δι' ἣν αἰτίην ἐπολέμησαν, Herod.1 Prooem.). Bei Herodot folgt dann eine Liste von mythischem Frauenraub, in der Unrecht und Vergeltung zum Ausgleich gebracht werden. Er lehnt diese Ursachenerklärung für seine Person zwar ausdrücklich ab, um sich auf eigenes Wissen zu berufen und mit Kroisos einzusetzen. Aber sie erscheint ihm immerhin des Berichtes wert und hat in seinem ethisch-religiösen Strickmuster auch ihren Platz. 

      Bei Thukydides werden drei rein zeitgeschichtliche und politische Ereignisse als αἰτίαι ausgeführt:

      • Der Konflikt zwischen Kerkyra und Korinth ist die erste Veranlassung (Thuk.1,24-55):
        Kerkyra ist eine Kolonie von Korinth. Es gerät mit Korinth 434 v.Chr. wegen Epidamnos in Streit (Thuk.1,24-28) und siegt bei Aktion (Thuk.1.29-30). Korinth rüstet auf. Beide Parteien versuchen mit Gesandtschaften, Athen für sich zu gewinnen (ihre Reden: Thuk.1,32-43). Athen entscheidet sich für Kerkyra (Thuk.1.44). Der Hauptgrund für seine Entscheidung ist die Bedeutung von Kerkyra für den Seeweg nach Italien und Sizilien. Dies führt zu einer Konfrontation zwischen Athen und Korinth. Athen nimmt an der Seeschlacht der Kerkyraier  gegen die Korinther bei den Sybotainseln (432 v.Chr.) mit 10 Schiffen teil (Thuk.1,45-55). Die Schlacht endet mit leichter Überlegenheit der Korinther, die sich aber, als weitere 20 Schiffe der Athener auftauchen, zurückziehen. 

      • Die Ereignisse um Poteidaia verschärfen den Konflikt (Thuk.1,56-65):
        Poteidaia ist zwar Kolonie von Korinth, aber auch Mitglied des attischen Seebundes. Als Athen von Poteidaia fordert, korinthische Beamte auszuweisen und eine Schutzmauer niederzulegen, entschließt sich Poteidaia zum Austritt aus dem Attischen Seebund (432 v.Chr.). Das von Athen entsandte Heer hat Erfolg und schließt Poteidaia zu Land und zu Wasser ein (Thuk.1,56-65). Da Poteidaia von Korinth dabei unterstützt wird, ergibt sich eine zweite Konfrontation Athens mit Korinth.

      • das megarische Psephisma führt zum Bruch mit dem Peloponnesischen Bund (Thuk.1,42; 67; 139):
        Athen schließt 432 v.Chr. auf Perikles' Betreiben Megara vom Handel in allen Häfen des Attischen Seebundes aus. Dies wird von Sparta als Bruch des "Dreißigjährigen Friedens" gewertet, den man mit Athen 446 v. Chr. geschlossen hatte. 

    • Mit πρόφασις ist der innere und tiefere Grund gemeint, der die folgenden Ereignisse aitiologisch mit sachlogischer Konsequenz aus sich heraus entstehen lässt. Der Begriff stammt angeblich aus dem Bereich der Medizin, wo er im Gegensatz zu den Symptomen die bestimmende Krankheitsursache bezeichnet. Thukydides ist der erste Historiker, der diese Unterscheidung  trifft. Nach seiner Einschätzung liegt 

      • die tiefere Ursache in der eifersüchtigen Furcht Spartas vor der zunehmenden Macht Athens (Thuk.1,23,6; 83) und dem daraus resultierenden Ungleichgewicht der Machtbalance;
      • die letzte Ursache aber reicht zurück in den unausgleichbaren Gegensatz in der Grundstruktur des demokratischen  Athen und des oligarchischen Sparta und in die menschliche Natur und (Thuk.1,70; 2,40).
      • Das Erklärungsschema wiederholt sich im Zusammenhang mit der Sizilischen Expedition (Thuk.6,6,1):
        Τοσαῦτα ἔθνη ῾Ελλήνων καὶ βαρβάρων Σικελίαν ᾤκει, καὶ ἐπὶ τοσήνδε οὖσαν αὐτὴν οἱ  Ἀθηναῖοι στρατεύειν ὥρμηντο, ἐφιέμενοι μὲν τῇ ἀληθεστάτῃ προφάσει τῆς πάσης ἄρξαι, βοηθεῖν δὲ ἅμα εὐπρεπῶς βουλόμενοι τοῖς ἑαυτῶν ξυγγενέσι καὶ τοῖς προσγεγενημένοις ξυμμάχοις. Gegen Sizilien, das so viele Griechen- und Barbarenvölker bewohnten und selbst so groß war, unternahmen es die Athener, zu Felde zu ziehen. Ihr eigentlicher und wahrer Grund war ihr Streben, sich seiner insgesamt Macht zu bemächtigen; angeblich aber wollten sie ihren Verwandten und den alliierten  Bundesgenossen helfen.

     

  4. Wie passt nun der Bruch des dreißigjährigen Friedens  (ἤρξαντο δὲ αὐτοῦ Ἀθηναῖοι καὶ Πελοποννήσιοι λύσαντες τὰς τριακοντούτεις σπονδὰς, 4) in dieses Begriffsschema?

    • Nehmen wir das Prädikat ἤρξαντο ernst und sprechen von der ἀρχή des Krieges! Was ist nun die ἀρχή im Vergleich zur αἰτία? Sind wir in die Begriffswelt der Vorsokratischen Naturphilosophen zurückgekehrt? Errichten wir zu unserer Orientierung einige Wegmarkierungen: 
      • ἀρχή meint den zeitlichen Anfang, mit dem etwas beginnt, aber auch den ursächlichen Anfang für Folgeereignisse. Auch im philosophischen Terminus, wie ihn Anaximander zuerst gebraucht haben soll, sind beide Elemente erhalten und später im Begriff "Prinzip" aufbewahrt.
      • αἰτία: Während ἀρχή ursprünglich unter die Kategorie der Zeit fällt, gehört αἰτία von Haus aus in die Kategorie der Kausalität. Es meint die als Schuld oder Verdienst anrechenbare Verursachung im Sinne der Verantwortlichkeit. 
      • Diskussion: 
        • Mit dem Bruch des dreißigjährigen Friedens ging der Krieg los. Das ist zeitlich sein Anfang und dadurch sind auch die meisten Folgeereignisse mitbegründet und verursacht.
        • Das ist aber zu oberflächlich. Gehen wir mit Thukydides eine Begründungsebene tiefer. Entscheidend dafür, dass der Peloponnesische Bund den Athenern Friedensbruch vorwerfen konnte, war die Bewertung ihres Verhaltens im Zusammenhang mit Kerkyra, Poteidaia und Megara. Und das hörte man auch allenthalben. 
        • Das ist aber immer noch zu oberflächlich. Gehen wir mit Thukydides eine weitere Begründungsebene tiefer: Entscheiden dafür, dass es zu den außenpolitischen Verwicklungen und dem Friedensbruch kam, war das ungehemmte Machtstreben der Athener und die Furcht Spartas vor einer Übermacht Athens, die Athen erlauben würde, Sparta seinen politischen Willen aufzuzwingen.
        • Dass wir hier noch nicht auf der tiefsten Ebene angekommen sind, wissen wir schon: Macht und Furcht sind die Konstanten der menschlichen Natur (τὸ ἀνθρώπινον, 1,22,4), die dafür verantwortlich sind, dass Geschichte immer wieder so oder so ähnlich verläuft (τῶν μελλόντων... τοιούτων καὶ παραπλησίων ἔσεσθαι, 1,22,4). 
      • Ergebnis: Aus dieser Betrachtungsweise ergibt sich, dass man Thukydides mit dem Begriffspaar tieferer Grund - äußere Ursache nicht gerecht wird. Er bedient sich keiner zweistelligen Logik, sondern verwendet ein beziehungsreiches Geflecht von immer tiefer greifenden gegenseitigen Ursache- und Wirkungszusammenhängen, nach deren Maßgabe sich die Grundstruktur des Menschlichen in geschichtliche Faktizität umsetzt. Es geht ihm in jedem Einzelnen immer um das Ganze: die Entfaltung des Menschlichen in die Geschichte hinein.


       


Scholia vetera in Thuc.1,23

1,23,1
μέγιστον]
ὑποληπτέον τὸ ἔργον, μέγιστον ἔργον· κατὰ σύγκρισιν δὲ ἐκφέρει τὸν λόγον αὔξων τὸ τῆς ἱστορίας πρᾶγμα
δυοῖν ναυμαχίαιν καὶ πεζομαχίαιν]
ναυμαχίαι δύο, ἐν ᾿Αρτεμισίῳ καὶ ἐν Σαλαμῖνι· πεζομαχίαι δύο, ἐν Πύλαις καὶ ἐν Πλαταιαῖς
ταχεῖαν τὴν κρίσιν ἔσχεν]
ἤγουν ταχέως ἐπαύσατο.
τούτου δὲ τοῦ πολέμου]
τοῦ Πελοποννησίου.
αὐτῷ]
τῷ πολέμῳ
ἐν ἴσῳ χρόνῳ]
ἐν κζϋ ἔτεσιν
1,23,2
εἰσὶ δ' αἳ καὶ οἰκήτορας μετέβαλον]
οἷον Ποτίδαια καὶ Αἴγινα
ὁ δὲ διὰ τὸ στασιάζειν]
ἀπὸ κοινοῦ τὸ ξυνηνέχθη γενέσθαι
1,23,3
τά τε πρότερον ἀκοῇ μὲν λεγόμενα κτἑ.]
καὶ τὰ λεγόμενα, φησίν, ὅτι ἐγένοντο πρότερον, ἅπερ σπανιώτερον ἔργῳ βεβαιοῦντο, τουτέστιν ὅτι τοιαῦτα ἔστιν ὅτε ἐγένοντο. καὶ ἐβεβαιοῦντο τὰ λεγόμενα ἀκοῇ, ἔργῳ· καὶ τὰ λεγόμενα τοίνυν οὐκ ἄπιστα κατέστη. πόθεν; ἐκ τοῦ συμβῆναι τοιαῦτα. καὶ γὰρ ἐλέγετο, φησί, περὶ σεισμῶν καὶ ἐκλείψεων ἡλίου καὶ αὐχμῶν, καὶ γεγόνασιν ἐν τῷ καιρῷ τοῦ πολέμου δεινότερα τοιαῦτα, ὥστε πιστευθῆναι καὶ τὰ λεγόμενα πρότερον
καὶ ἀπ' αὐτῶν κτἑ.]
σημείωσαι ὅτι ἀπὸ τῶν αὐχμῶν λιμὸς καὶ λοιμός | σημείωσαι· τὴν λοιμώδη νόσον τῶν παθημάτων λέγει μείζονα
βλάψασα]
τοὺς ᾿Αθηναίους
μετὰ κτἑ.]
ἡ σύνταξις· μετὰ τοῦ πολέμου ἅμα. παρέλκον τὸ ἅμα κεῖται
1,23,4
τὰς τριακοντούτεις σπονδάς]
μετὰ λς’ ἔτη τῶν Μηδικῶν ἐγένοντο αἱ τριακοντούτεις σπονδαί, καὶ ἐφυλάχθησαν ἔτη ιδ', ὡς γενέσθαι ἔτη ν' ἀπὸ τῶν Μηδικῶν ἕως τῶν Πελοποννησιακῶν
1,23,5
προύγραψα]
μετ' ὀλίγον ἔγραψα
τοῦ μή τινα ζητῆσαι]
λείπει τὸ ἕνεκεν
ἐξ ὅτου]
ἐκ τίνος
1,23,6
πρόφασιν]
τὴν αἰτίαν
ἀφανεστάτην]
κεκρυμμένην.
τοὺς ᾿Αθηναίους ... ἀναγκάσαι ἐς τὸ πολεμεῖν]
τὰ ὀνόματα ῥήματα ἐποίησεν· βούλεται γὰρ δηλοῦν ὅτι μεγάλοι γινόμενοι οἱ ᾿Αθηναῖοι ἀνάγκην παρέσχον τοῦ πολέμου
αἱδ' ἦσαν]
ποῖαι; αἱ καθεξῆς ῥηθησόμεναι
Quellen und Materialien
Sententiae excerptae:
Griech. zu "Thukydides"
Literatur:
zu "Methode"
2343
Becker, O.
Das Bild des Weges im frühgriechischen Denken
Hermes Einzelschrift H.4 1937

2381
Eucken, R.
Die Methode der aristotelischen Forschung in ihrem Zusammenhang mit den philosophischen Grundprinzipien des Aristoteles
Berlin 1972

4460
Gärtner, Hans Armin
Die Rolle und die Bewertung der skeptischen Methode im Dialog Octavius des Minucius Felix
in: Panchaia : Festschrift für Klaus Thraede / hrsg. von Manfred Wacht. - Münster : Aschendorff, 1995

2303
Heidel, W.A.
Hippocratic Medicine - Its Spirit and Method
New York 1941

2104
Königer, H.
Zur Methode der Tacitus-Lektüre am humanistischen Gymnasium
in: AU X 5,97

1388
Kühn, J.H.
System- und Methodenprobleme im Corpus Hippocraticum
Hermes Einzelschriften Heft 11, Wiesbaden 1956

1860
Löfstedt, B.
Ruckschau und Ausblick auf die vulgärlateinische Forschung. Quellen und Methoden
in: ANRW II.29.1 (1983) 453-479

2632
Lohmann, Dieter
Die Andromache-Szenen der Ilias. Ansätze und Methoden der Homer-Interpretation.
Meisenheim (Olms) 1988

3959
Pfiffig, Ambros Josef
Einführung in die Etruskologie. Probleme, Methoden, Ergebnisse
Darmstadt, WBG 4,1991

2287
Regenbogen, Otto
Eine Forschungsmethode antiker Naturwissenschaft. Beilage I: Einheit der Schriftenreihe. Sprache - Stil. II: Der botanische Exkurs; III: Darstellungsform der Vergleichungen, IV: Klepshydravergleich des Empedokles
in: Kleine Schriften, München (Beck) 1961, S. 141-194

1451
Sambursky, S.
Das physikalische Weltbild der Antike
Zürich, Stuttgart (Artemis) 1965

2684
Solmsen, Friedrich
Ursprünge und Methoden der aristotelischen 'Poetik'
Darmstadt : Wiss. Buchges, 1968


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