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Die Anfänge des Kaisers Nero:
Leichenfeier für Claudius und Antrittsrede im Senat
1. Das erste Opfer, das unter
der neuen Regierung, ohne Neros Wissen, durch Agrippinas Tücke fiel, war Iunius
Silanus, der Prokonsul in Asien.
Nicht dass er durch das Ungestüm seines Wesen zu seinem Sturz
gereizt hätte - er war ohne alle Energie und unter den früheren
Herrschaften so geringschätzig angesehen, dass Caesar
Gaius ihn ein goldenes Schaf zu nennen pflegte - sondern Agrippina,
die seinem Bruder Lucius
Silanus den Tod bereitet hatte, fürchtete, in ihm den Rächer,
da im Volk das Gerede verbreitet war, es wäre besser, man hätte
statt des kaum erst dem Knabenalter entwachsenen Nero,
der die Herrschaft durch ein Verbrechen erhalten habe, einen Mann
von gesetztem Alter, unbescholten, von erlauchter Familie und -
worauf man in gegenwärtiger Zeit Gewicht lege - aus dem Hause
der Caesaren. Silanus war nämlich ebenfalls ein Urenkel des vergöttlichten Augustus,
und dieser Umstand wurde die Ursache seines Todes. Die Hand zur
Ausführung fand man in dem römischen Ritter Publius
Celer und dem Freigelassenen Helius,
die das Vermögen des Fürsten in Asien zu verwalten hatten. Von diesen wurde dem Prokonsul beim Mahl Gift
gegeben, so offenbar, dass es nicht unbemerkt bleiben konnte. Nicht
weniger ist löschen eilfertig wurde des Claudius Freigelassener Narcissus,
von dessen Streit mit Agrippinas ich gesprochen habe (12,57; 12,65), durch harte Gefangenschaft und
äußerste Drangsal zum Selbstmord gebracht, wider den
Willen des Fürsten, zu dessen damals noch verborgenen Lastern
er mit seiner Habsucht und Verschwendung ungemein gepasst hätte.
(13,1)
Prima novo principatu mors Iunii Silani proconsulis Asiae ignaro
Nerone per dolum Agrippinae paratur, non quia ingenii violentia
exitium inritaverat, segnis et dominationibus aliis fastiditus,
adeo ut C. Caesar pecudem auream eum appellare solitus sit: verum
Agrippina fratri eius L. Silano necem molita ultorem metuebat, crebra
vulgi fama anteponendum esse vixdum pueritiam egresso Neroni et
imperium per scelus adepto virum aetate composita, insontem, nobilem
et, quod tunc spectaretur, e Caesarum posteris: quippe et Silanus
divi Augusti abnepos erat. haec causa necis. ministri fuere P. Celer
eques Romanus et Helius libertus, rei familiari principis in Asia
impositi. ab his proconsuli venenum inter epulas datum est apertius
quam ut fallerent. nec minus properato Narcissus Claudii libertus,
de cuius iurgiis adversus Agrippinam rettuli, aspera custodia et
necessitate extrema ad mortem agitur, invito principe, cuius abditis
adhuc vitiis per avaritiam ac prodigentiam mire congruebat.
2. So wäre man auf dem
Weg gewesen, von Mord zu Mord weiterzugehen, hätten nicht Afranius
Burrus und Annaeus
Seneca dem zu begegnen gesucht. Diese, die Lenker des jungen
Herrschers, und - was bei Genossen der Macht selten ist - einig
untereinander, vermochten durch verschiedene Mittel gleich viel
über ihn, Burrus,
indem er ihn soldatisch beschäftigte, und durch strengen Ernst
seiner Sitten, Seneca durch seinen Unterricht in der Beredsamkeit, wobei sie sich auch
durch edle Feinheit des Benehmens unterstützten, um die schlüpfrige
Judend des Fürsten, falls er nicht der der Tugend folge, durch
erlaubte Vergnügungen desto eher auf der Bahn der Tugend zu
halten. Beide hatten einen und den selben Kampf zu bestehen, den
Kampf gegen den wilden Trotz Agrippinas,
die von allen Leidenschaften einer heillosen Willkürherrschaft
entbrannt war und den Pallas auf ihrer Seite hatte, auf dessen Rat hin Claudius sich durch blutschänderische Ehe und verderbliche Adoption
den Untergang bereitet hatte. Aber Nero nicht einerseits nicht von der Art, dass er sich unter Sklaven hinunterbegab,
andererseits hatte Pallas durch sein finster anmaßendes Wesen die Schranken eines Freigelassenen
überschritten und sich ihm bereits lästig gemacht. Vor
der Welt jedoch wurde Agrippina mit Ehren aller Art überhäuft, und als der Tribun nach
militärischem Brauch die Parole holte, gab Nero als solche das Wort: die beste Mutter. Auch wurden ihr vom Senat
zwei Liktoren zuerkannt, so wie die Würde einer Eigenpriesterin
des Claudius,
dem letzteren zugleich eine censorische Bestattung und nachher die
Versetzung unter die Götter.
(13,2)
Ibaturque in caedes, nisi Afranius Burrus et Annaeus Seneca obviam
issent. hi rectores imperatoriae iuventae et (rarum in societate
potentiae) concordes, diversa arte ex aequo pollebant, Burrus militaribus
curis et severitate morum, Seneca praeceptis eloquentiae et comitate
honesta, iuvantes in vicem, quo facilius lubricam principis aetatem,
si virtutem aspernaretur, voluptatibus concessis retinerent. certamen
utrique unum erat contra ferociam Agrippinae, quae cunctis malae
dominationis cupidinibus flagrans habebat in partibus Pallantem,
quo auctore Claudius nuptiis incestis et adoptione exitiosa semet
perverterat. sed neque Neroni infra servos ingenium, et Pallas tristi
adrogantia modum liberti egressus taedium sui moverat. propalam
tamen omnes in eam honores cumulabantur, signumque more militiae
petenti tribuno dedit Optimae matris. decreti et a senatu duo lictores,
flamonium Claudiale, simul Claudio censorium funus et mox consecratio.
3. Am Tag der Bestattung
erhob sich der Fürst mit einer Lobrede auf Claudius,
er selbst wie auch die Zuhörer in ernster Stimmung, solange
er das Alter des claudischen Geschlechtes, die Konsulate und Triumphe
seiner Vorfahren aufzählte, so wie man auch die Erwähnung
seiner wissenschaftlichen Studien und, dass kein Unfall, solange
er die Zügel hielt, von außen her dem Staat widerfahren
sei, mit beifälliger Stimmung anhörte. Als er aber auf
seinen in die Ferne gehenden Blick und seine Weisheit zu reden kam,
erwehrte sich niemand des Lachens, obwohl die von Seneca verfasste Rede einen sehr hohen künstlerischen Wert hatte,
wie überhaupt dem Geiste dieses Mannes ein gefälliges,
dem Geschmack jener Zeit zusagendes Wesen eigen war. Bejahrte Personen,
die sich gern damit abgeben, Vorzeit und Gegenwart zu vergleichen,
machten die Bemerkung, Nero sei unter den Kaisern der erste gewesen, der fremder Redekunst bedurft
habe. Der Diktator Caesar wetteiferte mit den größten Rednern und Augustus besaß eine fertige und fließende Redegabe, wie sie einem
Fürsten wohl ansteht. Tiberius verstand sich auch auf die Kunst, die die Worte wohl abwägt;
daneben war seine Rede gewichtig durch Gedanken, wenn nicht das,
so absichtlich zweideutig. Auch bei Caesar
Gaius hatte die Geisteszerrüttung das Rednertalent nicht
gebrochen und selbst bei Claudius vermisste man, wenn er Meditiertes vortrug, nicht die glückliche
Wahl des Ausdrucks. Nero richtete gleich in den Knabenjahren seinen lebhaften Geist auf ganz
andere Dinge: meißeln, malen, singen, Rosse lenken; hier und
da zeigte er auch durch die Verfertigung von Gedichten, dass ihm
die Vorkenntnisse zu wissenschaftlicher Bildung nicht fehlten.
(13,3)
Die funeris laudationem eius princeps exorsus est, dum antiquitatem
generis, consulatus ac triumphos maiorum enumerabat, intentus ipse
et ceteri; liberalium quoque artium commemoratio et nihil regente
eo triste rei publicae ab externis accidisse pronis animis audita:
postquam ad providentiam sapientiamque flexit, nemo risui temperare,
quamquam oratio a Seneca composita multum cultus praeferret, ut
fuit illi viro ingenium amoenum et temporis eius auribus accommodatum.
adnotabant seniores, quibus otiosum est vetera et praesentia contendere,
primum ex iis qui rerum potiti essent Neronem alienae facundiae
eguisse. nam dictator Caesar summis oratoribus aemulus; et Augusto
prompta ac profluens, quae deceret principem, eloquentia fuit. Tiberius
artem quoque callebat qua verba expenderet, tum validus sensibus
aut consulto ambiguus. etiam G. Caesaris turbata mens vim dicendi
non corrupit. nec in Claudio, quoties meditata dissereret, elegantiam
requireres. Nero puerilibus statim annis vividum animum in alia
detorsit: caelare, pingere, cantus aut regimen equorum exercere;
et aliquando carminibus pangendis inesse sibi elementa doctrinae
ostendebat.
4. Als nunmehr die Formalitäten
der Trauer vorüber waren, begab er sich in die Kurie.
Nachdem er zuvor von der Initiative der Väter und der Zustimmung
des Heeres einiges gesprochen hatte, bemerkte er, dass es ihm nicht
an Ratschlägen und Vorbildern zu einer musterhaften Reichsverwaltung
fehle, dass seine Jugend nichts von Bürgerkrieg und häuslichem
Zwist erfahren habe, dass er keinen Hass, kein Gefühl der Kränkung,
keine Begierde, sich zu rächen, mitbringe. Dann zeichnete er
den Geist, in dem er die Regierung zu leiten gedenke, wobei er allermeist
dasjenige, was mit frischem Unmut empfunden wurde, als Dinge bezeichnete,
die ihm fern bleiben sollten. Er werde nicht in allen Dingen den
Schiedsrichter machen, wolle nicht haben, dass Ankläger und
Beklagte innerhalb der Wände eines Hauses einander gegenüberstehen
und dabei wenige Übermächtige ihr Unwesen treiben. Seine
Wohnung solle der Bestechung und Erschleichung unzugänglich
sein, des Fürsten Haus und der Staat jedes für sich bestehen.
Dem Senat möge sein alter Geschäftskreis bleiben; vor
dem Stuhl der Konsul solle Italien zu erscheinen haben und die senatorischen
Provinzen; von ihnen, den Konsuln, solle der Zutritt zu den Vätern
abhängen, für die ihm anvertrauten Heere wolle er sorgen.
(13,4)
Ceterum peractis tristitiae imitamentis curiam ingressus et de auctoritate
patrum et consensu militum praefatus, consilia sibi et exempla capessendi
egregie imperii memoravit, neque iuventam armis civilibus aut domesticis
discordiis imbutam; nulla odia, nullas iniurias nec cupidinem ultionis
adferre. tum formam futuri principatus praescripsit, ea maxime declinans
quorum recens flagrabat invidia. non enim se negotiorum omnium iudicem
fore, ut clausis unam intra domum accusatoribus et reis paucorum
potentia grassaretur; nihil in penatibus suis venale aut ambitioni
pervium; discretam domum et rem publicam. teneret antiqua munia
senatus, consulum tribunalibus Italia et publicae provinciae adsisterent:
illi patrum aditum praeberent, se mandatis exercitibus consulturum.
5. Und er hielt Wort. Der Senat erließ
nach eigenem Gutachten manche Verordnungen, zum Beispiel, dass niemand
für die Übernahme eines gerichtlichen Vortrags Bezahlung
oder Geschenke annehmen
dürfe, kein ernannter Quaestor gehalten sei, Gladiatorenpiele
zu geben. Dies wurde, trotz Agrippinas Einspruch, dass so des Claudius Verordnungen umgestoßen würden, von den Vätern durchgesetzt.
Sie wurden deshalb in das Palatium berufen, wo Agrippina hinter einer im Rücken der Versammlung angebrachten Tür,
nur durch einen Vorhang getrennt, so dass sie nichts sah, aber alles
hören konnte, der Versammlung beiwohnte. Ja, als Abgeordnete
der Armenier ein Anliegen
ihres Volkes vor Nero vortrugen, war sie schon im Begriff auf die Estrade des Kaisers
zu treten und mit ihm den Vorsitz zu führen, wenn nicht, während
alles vor Schrecken starr war, Seneca ihm einen Wink gegeben hätte, der kommenden Mutter entgegen
zu gehen. So blieb unter dem Schein kindlicher Ehrerbietung der
Schimpf verhütet.
(13,5)
Nec defuit fides, multaque arbitrio senatus constituta sunt: ne
quis ad causam orandam mercede aut donis emeretur, ne designatis
quaestoribus edendi gladiatores necessitas esset. quod quidem adversante
Agrippina, tamquam acta Claudii subverterentur, obtinuere patres,
qui in Palatium ob id vocabantur, ut adstaret additis a tergo foribus
velo discreta, quod visum arceret, auditus non adimeret. quin et
legatis Armeniorum causam gentis apud Neronem orantibus escendere suggestum imperatoris et praesidere simul parabat, nisi ceteris pavore defixis
Seneca admonuisset venienti matri occurreret. ita specie pietatis
obviam itum dedecori.
6. Am Ende des Jahres kamen alarmierende
Nachrichten: die Parther seien wieder losgebrochen und Armenien werde geplündert, seit Radamistus aus dem Feld geschlagen sei. Dieser hatte sich nämlich wiederholt
des Reiches bemächtigt, war allemal wieder verjagte worden
und hatte jetzt dem Krieg ganz entsagt. In der Stadt, wo man solche
Gerüchte begierig aufnahm, fragte man nun überall, wie
ein Fürst, der kaum älter als siebzehn Jahre war, sich
einer solchen Gefahr unterziehen und sie abwehren könne,
wie man Hilfe finden solle bei einem, der von einem Weib regiert
sei, ob auch Schlachten und Städte, Belagerungen und was
sonst im Krieg vorkomme, von Professoren geleitet werden könnten.
Andere meinten dagegen, so sei es besser, als wenn der altersschwache
und kraftlose Claudius zu den Aufgaben des Krieges berufen wäre, er, der nur Sklavenbefehlen
folgte. Burrus und Seneca seien doch als Männer von großer Erfahrung bekannt,
und was werde dem Imperator zur vollen Manneskraft noch fehlen,
wenn Gnaeus
Pompeius sich im achtzehnten, Caesar Octavianus im neunzehnten Jahr Bürgerkriegen gewachsen
gezeigt hätten. In hochgestellten Kreisen geschehe mehr durch
gut berechnete oberste Leitung als durch Waffen und Gewalt. Allerdings
könne er nun eine Probe geben, ob er auch rechtschaffene
Freunde an seiner Seite habe oder nicht, wenn er den Neid fernhalte
und eher einen tüchtigen Feldherrn erwähle als einen
Geldmann und Günstling auf dem Weg der Intrigen.
(13,6)
Fine anni turbidis rumoribus prorupisse rursum Parthos et rapi Armeniam
adlatum est, pulso Radamisto, qui saepe regni eius potitus, dein
profugus, tum quoque bellum deseruerat. igitur in urbe sermonum
avida, quem ad modum princeps vix septemdecim annos egressus suscipere
eam molem aut propulsare posset, quod subsidium in eo qui a femina
regeretur, num proelia quoque et obpugnationes urbium et cetera
belli per magistros administrari possent, anquirebant. contra alii
melius evenisse disserunt quam si invalidus senecta et ignavia Claudius
militiae ad labores vocaretur, servilibus iussis obtemperaturus.
Burrum tamen et Senecam multarum rerum experientia cognitos; et
imperatori quantum ad robur deesse, cum octavo decimo aetatis anno
Cn. Pompeius, nono decimo Caesar Octavianus civilia bella sustinuerint?
pleraque in summa fortuna auspiciis et consiliis quam telis et manibus
geri. daturum plane documentum honestis an secus amicis uteretur,
si ducem amota invidia egregium quam si pecuniosum et gratia subnixum
per ambitum deligeret.
Deutsche Übersetzung nach: Bahrdt, C.F. bearbeitet von E.Gottwein
Cornelius Taciuts, Ab excessu divi Augusti (Annalen), Textauswahl und Namensverzeichnis von Hans Haas, Einleitung von Karl Meister, 3. Aufl., durchgesehen von Egon Römisch
P. Cornelius Tacitus. Annalen und Historien in Ausw. hrsg. von Carl Stegmann.
Heft 1: Tiberus: Annalen I-VI nebst Ergänzungen aus Velleius, Sueton und Dio Cassius : Text m. Einl. (B. G. Teubners Schülerausgaben griechischer und lateinischer Schriftsteller).
Heft 2: Nero (Annalen XII-XVI : Historien I-V)