Immanuel Kant wurde zu Königsberg
in Preußen den 22. April 1724 geboren. Sein Vater war Sattlermeister.
Im Jahr 1740 bezog er die Universität, wo er vorzugsweise Philosophie,
Mathematik und Physik studierte, als Fakultätswissenschaft aber
Theologie .
Seine schriftstellerische Laufbahn begann er 1747, mit einer Abhandlung
"Gedanken von der wahren Schätzung der lebendigen
Kräfte." Seine äußeren Verhältnisse nötigten ihn,
einige Jahre hindurch Hauslehrer bei mehreren Familien in der Nähe
von Königsberg zu werden. Im Jahr 1755 ließ er sich als Privatdozent
(was er 15 Jahre blieb) an der Universität nieder und hielt nun
Vorlesungen über Logik, Metaphysik, Physik, Mathematik, später auch
über Moral, Anthropologie und physische Geographie, meist im Sinn
der Wolffschen Schule, äußerte jedoch frühzeitig Zweifel gegen den
Dogmatismus.
Zugleich war er seit der Herausgabe seiner ersten Dissertation
unermüdlich als Schriftsteller tätig, obgleich sein entscheidendes
Hauptwerk, die Kritik der reinen Vernunft,
erst in seinem 57. Lebensjahr, 1781, seine Kritik der
praktischen Vernunft 1787, seine Religion
innerhalb der Grenzen der reinen Vernunft erst 1793
erschien. Im Jahr 1770, ein 46 jähriger Mann, wurde er ordentlicher
Professor der Logik und Metaphysik; er blieb dies in ununterbrochener
Lehrtätigkeit bis zum Jahr 1797, von wo an Altersschwäche ihn daran
hinderte. Berufungen nach Jena, Erlangen und Halle schlug er aus.
Er erfreute sich großen Zuspruchs aus ganz Deutschland.
In den letzten 17 Jahren seines Lebens besaß er ein kleines Haus
mit einem Garten in einer geräuschlosen Gegend der Stadt, wo er
seine stille und regelmäßige Lebensweise ungestört fortsetzen konnte.
Sein Leben war äußerst einfach, nur auf einen guten Tisch und gemächliches
Tafeln hielt er etwas. Kant ist nie aus der Provinz, nicht einmal
bis nach Danzig gekommen. Dennoch erlangte er durch Lesen von Reisebeschreibungen
die genaueste Kenntnis der Erde, wie namentlich seine Vorlesungen
über physische Geographie zeigen.
Rousseaus Werke kannte er alle und dessen Emil hielt ihn bei seinem
ersten Erscheinen einige Tage von den gewöhnlichen Spaziergängen
zurück. Kant starb den 12. Februar 1804, die im 80. Lebensjahr.
Er war von kaum mittlerer Größe, fein gebaut, von blauem Auge, immer
gesund, bis er endlich im hohen Alter kindisch wurde. Verheiratet
war er nie. Strenge Wahrheitsliebe, Redlichkeit und einfache Bescheidenheit
bezeichnen seinen Charakter.
Obwohl Kants epochemachendes Hauptwerk, die Kritik der
reinen Vernunft, erst 1781 erschien, hatte Kant dort
längst in kleineren Schriften Anläufe zu diesem Standpunkt genommen,
am bestimmtesten in seiner 1770 erschienenen Inauguraldissertation
"Von der Form und den Prinzipien der Sinnen- und
Verstandeswelt."
Die innere Genesis seines kritischen Standpunktes führt Kant vorzugsweise
auf Hume zurück. "Die Erinnerung an David Hume war dasjenige,
was mir vor vielen Jahren zuerst den dogmatischen Schlummer unterbrach
und meinen Untersuchungen im Felde der spekulativen Philosophie
eine ganz andere Richtung gab." Die kritische Ansicht entwickelte
sich also in Kant erst dadurch, dass der aus der dogmatisch-metaphysischen
Schule, in der er aufgewachsen war, der Wolff'schen Philosophie,
zum Studium des in Hume skeptisch gewordenen Empirismus überging.
"Bisher," sagt Kant am Schluss seiner Kritik der
reinen Vernunft, "hatte man die Wahl, entweder dogmatisch,
wie Wolff, oder skeptisch, wie Hume, zu verfahren. Der kritische
Weg ist der einzige der noch offen ist. Wenn der Leser diesen in
meiner Gesellschaft durchzuwandern Gefälligkeit und Geduld gehabt
hat, so mag er jetzt das Seinige dazu beitragen, um diesen Fußsteig
zur Heerstraße zu machen, damit dasjenige, was viele Jahrhunderte
nicht leisten konnten, noch vor Ablauf des gegenwärtigen erreicht
werden möge: nämlich die menschliche Vernunft in dem, was ihre Wissbegierde
jederzeit, bisher aber vergeblich, beschäftigt hat, zur völligen
Befriedigung zu bringen."
Über das Verhältnis endlich des Kritizismus zur bisherigen Philosophie
hatte Kant das klarste Bewusstsein. Er vergleicht die Umwälzung,
die es selbst in der Philosophie hervorgebracht habe, mit der durch
Kopernikus in der Astronomie angestifteten Revolution. "Bisher
nahm man an, alle unsere Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen
richten; aber alle Versuche, über sie a priori etwas durch Begriffe
auszumachen, wodurch unsere Erkenntnisse erweitert würden, ging
unter dieser Voraussetzung zunichte. Man versuche es daher einmal,
ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik damit besser fortkommen,
dass wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis
richten; welches so schon besser mit der verlangten Möglichkeit
einer Erkenntnis derselben a priori zusammenstimmt, die über Gegenstände,
ehe sie uns gegeben werden, etwas festsetzen sollen. Es ist hiermit
ebenso, wie mit dem ersten Gedanken des Kopernikus bewandt, der,
nachdem es mit der Erklärung der Himmelsbewegungen nicht gut fort
wollte, wenn er annahm, das ganze Sterben in der drehe sich um den
Zuschauer, versuchte, ob es nicht besser gelingen möchte, wenn er
den Zuschauer sich drehen und dagegen die Sterne in Ruhe ließ."
Das Prinzip des subjektiven Idealismus ist in diesen Worten aufs
klarste und bewussteste ausgesprochen.
Das Einteilungsprinzip der Kantschen Philosophie ist psychologischer
Natur. Alle Seelenvermögen, sagt er, können auf drei zurückgeführt
werden, die sich nicht weiter auf einen gemeinschaftlichen Grund
reduzieren lassen: Erkennen, Gefühl, Begehren.
Das erste Vermögen enthält für alle drei die Prinzipien, die leitenden
Gesetze.
- Sofern das Erkenntnisvermögen die Prinzipien des Erkennens
selber enthält, ist es theoretische Vernunft;
- sofern es die Prinzipien des Begehrens und Handelns enthält,
ist es praktische Vernunft;
- sofern es endlich die Prinzipien des Gefühls der Lust und Unlust
enthält, ist es ein Vermögen der Urteilskraft.
So zerfällt die Kantsche Philosophie (nach ihrer kritischen Seite)
in drei Kritiken, erstens Kriitik der (reinen) theoretischen Vernunft,
zweitens Kritik der praktischen Vernunft, drittens Kritik
der Urteilskraft.
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