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                | In Marcum Antonium oratio 
                    Philippica IV. 4. Philippische Rede, Übersetzung 
                    nach C.N.v.Osiander20. Dez.44 
                    v.Chr. vor dem Volk |   
               
               
               |  
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          | M. 
              TULLI CICERONIS IN M. ANTONIUM
 ORATIO QUARTA
 HABITA AD POPULUM
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          | exordium 
              Das persönliche Verhältnis des Redners zu seinem Anliegen, der Wiederherstellung 
              der Freiheit (Wiederaufnahme dieses Motivs in der peroratio . |  
          | [1] (1 ) 
              Frequentia vestrum incredibilis, Quirites, contioque tanta, quantam 
              meminisse non videor, et alacritatem mihi summam defendendae rei 
              publicae adfert et spem recuperandae. Quamquam animus mihi quidem 
              numquam defuit, tempora defuerunt, quae simul ac primum aliquid 
              lucis ostendere visa sunt, princeps vestrae libertatis defendendae 
              fui. Quodsi id ante facere conatus essem, nunc facere non possem.  | 1. Eure außerordentlich 
              zahlreiche Anwesenheit, Quiriten , 
              und die Größe eurer Versammlung, die alles, woran ich mich zu erinnern 
              glaube, übertrifft, erfüllt mich mit dem lebhaftesten Mut, die Verfassung 
              zu verteidigen, und mit Hoffnung, sie wiederherzustellen. Zwar hatte 
              es mir nie am guten Willen gefehlt, aber die Zeitverhältnisse sprachen 
              dagegen. Sobald sich diese nun wieder etwas aufzuhellen schienen, 
              war ich der erste, der eure Freiheit verteidigte. Hätte ich versucht, 
              dies früher zu tun, so könnte ich es jetzt nicht tun.  |  
          | propositio
              These: Antonius ist de facto bereits zum Staatsfeind erklärt. (Das 
              Motiv des "hodiernus dies" wird in der peroratio  wieder aufgenommen. |  
          | Hodierno 
              enim die, Quirites, ne mediocrem rem actam arbitremini, fundamenta 
              iacta sunt reliquarum actionum. Nam est hostis a senatu nondum verbo 
              adpellatus, sed re iam iudicatus Antonius. | Glaubt nämlich 
              nicht, Quiriten , was 
              heute geschehen ist, sei unbedeutend: es wurde der Grund für das 
              weitere Vorgehen gelegt.. Denn Antonius  ist vom Senat  zwar 
              noch nicht ausdrücklich, aber doch tatsächlich als Staatsfeind erklärt 
              worden. |  
          | 
              A) die Argumentation erfolgt aufgrund:
                
                  I. der Belobigung Octavians durch den SenatII. des Abfalls der Martischen und vierten Legion von Antonius,III. der abweisenden Haltung des Decimus Brutus und Galliens 
                    gegen AntoniusB) Appell an die Bürger im Stil einer Feldherrnrede. |  
          | (2 ) 
              Nunc vero multo sum erectior, quod vos quoque illum hostem esse 
              tanto consensu tantoque clamore adprobavistis. | Nun aber 
              fühle ich mich um so ermutigter, weil auch ihr so einmütig und so 
              laut dafür euch ausgesprochen habt, dass er als Feind zu betrachten 
              sei. |  
          | I. 
              Wenn der Senat Octavianus für seinen persönlichen Einsatz lobt, 
              muss er zwangsläufig Antonius als Staatsfeind ("hostis") 
              ansehen |  
          | Neque 
              enim, Quirites, fieri potest, ut non aut ii sint impii, qui contra 
              consulem exercitus comparaverunt, aut ille hostis, contra quem iure 
              arma sumpta sunt. Hanc igitur dubitationem, quamquam nulla erat, 
              tamen, ne qua posset esse, senatus hodierno die sustulit. C. Caesar, 
              qui rem publicam libertatemque vestram suo studio, consilio, patrimonio 
              denique tutatus est et tutatur, maximis senatus laudibus ornatus 
              est. | Denn 
              unmöglich kann es anders sein, Quiriten : 
              Entweder sind diejenigen Frevler, die gegen den Konsul Heere geworben 
              haben, oder der ist ein Feind (des Vaterlandes), gegen den die Waffen 
              mit Recht ergriffen wurden. Den Zweifel hierüber, obwohl er nichtig 
              war, hat der Senat , 
              damit er sich nicht festsetzen könnte, am heutigen Tage ausgeräumt. Gaius Caesar , der 
              die Republik und eure Freiheit aus eigenem Eifer und Entschluss 
              und durch sein eigenes Vermögen beschützt hat und noch beschützt, 
              wurde vom Senat  mit 
              höchstem Lob geehrt. (zustimmender Beifall). |  
          | Die 
              Teilnehmer an der Volksversammlung bekunden durch ihren Beifall, 
              dass sie diese EInschätzung teilen. 
              Zur Bestätigung (confirmatio ) 
              würdigt Cicero Octavians persönliche Leistung im Dienst für Leben 
              und Freiheit der Bürger (amplificatio ). |  
          | (3 ) 
              Laudo, laudo vos, Quirites, quod gratissimis animis prosequimini 
              nomen clarissimi adulescentis vel pueri potius (sunt enim facta 
              eius immortalitatis, nomen aetatis. Multa memini, multa audivi, 
              multa legi, Quirites; nihil ex omnium saeculorum memoria tale cognovi), 
              qui, cum servitute premeremur, in dies malum cresceret, praesidii 
              nihil haberemus, capitalem et pestiferum a Brundisio tum M. Antoni 
              reditum timeremus, hoc insperatum omnibus consilium, incognitum 
              certe ceperit, ut exercitum invictum ex paternis militibus conficeret 
              Antonique furorem crudelissimis consiliis incitatum a pernicie rei 
              publicae averteret. | Ich lobe, 
              ja, ich lobe es, Quiriten  dass ihr den Namen dieses ausgezeichneten Jünglings oder vielmehr 
              Knaben, mit dem Ausdruck eurer höchste Dankbarkeit begleitet. Denn 
              seine Taten gehören der Unsterblichkeit an, sein Name seiner Jugend. 
              An vieles erinnere ich mich, vieles habe ich gehört und vieles gelesen, 
              aber aus der Geschichte aller Jahrhunderte ist mir nichts Vergleichbares 
              bekannt. Hat er doch, als wir von Knechtschaft gedrückt waren, und 
              unser Zustand sich von Tag zu Tag verschlimmerte, als wir keinen 
              Schutz hatten und dann die Tod und Unheil drohende Rückkehr des Antonius  von Brundisium  fürchteten, 
              den allen unerwarteten, wenigstens überraschenden Entschluss gefasst, 
              ein unüberwindliches Heer aus den Soldaten seines Vaters  zu bilden und die durch die grausamsten Pläne getriebene Raserei 
              des Antonius  von der Vernichtung der Republik abzulenken. |  
          |  |  
          | [II] (4 ) 
              Quis est enim, qui hoc non intellegat, nisi Caesar exercitum paravisset, 
              non sine exitio nostro futurum Antoni reditum fuisse? Ita enim se 
              recipiebat ardens odio vestri, cruentus sanguine civium Romanorum, 
              quos Suessae, quos Brundisi occiderat, ut nihil nisi de pernicie 
              populi Romani cogitaret. Quod autem praesidium erat salutis libertatisque 
              vestrae, si C. Caesaris fortissimorum sui patris militum exercitus 
              non fuisset? Cuius de laudibus et honoribus, qui ei pro divinis 
              et immortalibus meritis divini immortalesque debentur, mihi senatus 
              adsensus paulo ante decrevit, ut primo quoque tempore referretur. |  Denn wer 
              wollte nicht einsehen, dass die Rückkehr des Antonius , 
              wenn Caesar  nicht 
              sein Heer angeworben hätte, unvermeidlich unseren Untergang herbeigeführt 
              hätte. Denn er, der von Hass gegen euch entbrannt und vom Blut römischer 
              Bürger, die er zu Suessa  und Brundisium  getötet 
              hatten, bespritzt war, dachte bei seinem Rückzug an nichts anderes 
              als an das Verderben der Republik. Wo hätte aber euer Leben und 
              eure Freiheit Schutz gefunden, wenn das Heer des Gaius 
              Caesar , das aus den tapfersten Soldaten seines Vaters  bestand, nicht gewesen wäre? Dies hat auch der Senat , 
              indem er mir zustimmte, soeben beschlossen, dass über seine ehrenvolle 
              Auszeichnung, die entsprechend seinen herrlichen und unsterblichen 
              Verdiensten schuldigermaßen herrlich und unsterblich sein soll, 
              baldmöglichst Bericht erstattet werden soll. |  
          | Abschluss 
              des ersten Argumentationsganes |  
          | (5 ) 
              Quo decreto quis non perspicit hostem esse Antonium iudicatum? Quem 
              enim possumus appellare eum, contra quem qui exercitus ducunt, iis 
              senatus arbitratur singulares exquirendos honores? | Wer sieht 
              nun nicht ein, dass durch diesen Beschluss Antonius  zum Staatsfeind erklärt ist? Denn wie könnten wir den sonst nennen, 
              gegen den die Befehlshaber ihre Heere mit der Folge führen, dass 
              der Senat  urteilt, 
              man müsse für sie ausgezeichnete Ehrenbezeugungen ausfindig machen? |  
          | II. 
              Auch das Verhalten der Martischen Legion und der vierten Legion 
              beweist, dass Antonius als Staatsfeind zu betrachten ist.Andeutung göttlicher Mitwirung.
 |  
          | Quid? legio 
              Martia, quae mihi videtur divinitus ab eo deo traxisse nomen, a 
              quo populum Romanum generatum accepimus, non ipsa suis decretis 
              prius quam senatus hostem iudicavit Antonium? Nam, si ille non hostis, 
              hos, qui consulem reliquerunt, hostes necesse est iudicemus. Praeclare 
              et loco, Quirites, reclamatione vestra factum pulcherrimum Martialium 
              conprobavistis; qui se ad senatus auctoritatem, ad libertatem vestram, 
              ad universam rem publicam contulerunt, hostem illum et latronem 
              et parricidam patriae reliquerunt. (6 ) 
              Nec solum id animose et fortiter, sed considerate etiam sapienterque 
              fecerunt; Albae constiterunt, in urbe opportuna, munita, propinqua, 
              fortissimorum virorum, fidelissimorum civium atque optimorum. Huius 
              Martiae legionis legio quarta imitata virtutem duce L.Egnatuleio, 
              quem senatus merito paulo ante laudavit, C. Caesaris exercitum persecuta 
              est. | Wie? Hat 
              nicht die Martische Legion, die durch eine wunderbare Fügung von 
              dem Gott (Mars ) ihren Namen 
              erhalten zu haben scheint, den die Überlieferung als den Stammvater 
              des römischen Volkes bezeichnet, hat diese nicht selbst noch früher 
              als der Senat  durch 
              ihre Beschlüsse den Antonius  zum Staatsfeind erklärt? Denn wenn er nicht ein Feind ist, so müssen 
              wir notwendig diejenigen, die den Konsul verlassen haben, zu Feinden 
              erklären. Ruhmvoll und ganz an ihrem Ort war die Billigung, Quiriten , 
              die ihr durch euren Zuruf über die schöne Tat dieser Marssoldaten 
              ausgedrückt habt. Diejenigen, die sich dem Ansehen des Senats , 
              eurer Freiheit und der gesamten Republik gewidmet haben, haben jenem 
              nichts übrig gelassen, als dass er ein Staatsfeind, Räuber und Vaterlandsmörder 
              ist.Und dabei haben sie nicht nur mutig 
              und tapfer, sondern auch besonnen und weise gehandelt. Sie haben 
              sich in Alba  festgesetzt, 
              einer vorteilhaft gelegenen und befestigten Nachbarstadt, die von 
              den tapfersten Männern, und den treuesten und bestgesinnten Bürgern 
              bewohnt ist. Die Tapferkeit der Marslegion hat die vierte nachgeahmt 
              und sich unter Führung des Lucius Egnatuleius, den der Senat  soeben verdientermaßen lobend hervorgehoben hat, dem Heer des Gaius 
              Caesar  angeschlossen. |  
          | Auch 
              dadurch, dass der Senat das Verhalten der Truppen billigt, erklärt 
              er Antonius de facto zum Staatsfeind. 
              Rhetorische Verstärkung durch Apostrophe  des Antonius, direkte Ansprache der Zuhörerschaft und Ausweitung 
              des Arguments auf das "gesamte römische Volk" (amplificatio ). |  
          | [III] Quae 
              expectas, M. Antoni, iudicia graviora? Caesar fertur in caelum, 
              qui contra te exercitum comparavit; laudantur exquisitissimis verbis 
              legiones, quae te reliquerunt, quae a te arcessitae sunt, quae essent, 
              si te consulem quam hostem maluisses, tuae; quarum legionum fortissimum 
              verissimumque iudicium confirmat senatus, conprobat universus populus 
              Romanus; nisi forte vos, Quirites, consulem, non hostem iudicatis 
              Antonium.  | Welche gewichtigere 
              Urteile willst du noch erwarten, Marcus 
              Antonius ? Caesar , 
              der ein Heer gegen dich geworben hat, wird bis in den Himmel erhoben. 
              Mit ausgesuchten Lobeshymnen werden die Legionen hervorgehoben, 
              die dich verlassen haben, die du herbeiholtest, und die dir noch 
              ergeben wären, hättest du lieber Konsul als Staatsfeind sein wollen. 
              Das überaus mutigen und zutreffende Urteil dieser Legionen bestätigt 
              der Senat , und billigt 
              das gesamte römische Volk, sofern nicht etwa ihr, Quiriten , 
              den Antonius  als Konsul und nicht als Staatsfeind beurteilt. (zustimmender 
              Beifall). |  
          | Bestätigung 
              (confirmatio ) 
              durch den Beifall der Zuhörer und die (spekulative) Ausweitung des 
              Arguments (amplificatio ) 
              auf Landstädte, Kolonien und Präfekturen |  
          | (7 )Sic 
              arbitrabar, Quirites, vos iudicare, ut ostenditis. Quid? Municipia, 
              colonias, praefecturas num aliter iudicare censetis? Omnes mortales 
              una mente consentiunt omnia arma eorum, qui haec salva velint, contra 
              illam pestem esse capienda. | Ich dachte 
              mir wohl, Quiriten , 
              ihr würdet so urteilen, wie ihr es jetzt zu erkennen gebt. Wie? 
              Glaubt ihr, die Landstädte, Kolonien und Präfekturen urteilen anders 
              ? Alle Welt ist einstimmig dafür, dass diejenigen, die diesen unseren 
              Staat erhalten wollen, gegen jenen Unhold alle Waffen ergreifen 
              müssen. |  
          |  III. 
              Argumentation aufgrund des Verhaltens des Decimus Brutus |  
          | Quid? D. 
              Bruti iudicium, Quirites, quod ex hodierno eius edicto perspicere 
              potuistis, num cui tandem contemnendum videtur? Recte et vere negatis, 
              Quirites. Est enim quasi deorum immortalium beneficio et munere 
              datum rei publicae Brutorum genus et nomen ad libertatem populi 
              Romani vel constituendam vel recipiendam. Quid igitur D. Brutus 
              de M. Antonio iudicavit? | Ferner kann 
              wohl, ihr Quiriten , 
              jemand glauben, dass das Urteil des Decimus 
              Brutus , von dem ihr euch nach seiner heutigen Bekanntmachung 
              überzeugen konntet, nicht beachtenswert sei? Richtig und zutreffend 
              verneint ihr dies, Quiriten . 
              Denn die Familie und der Name Brutus ist gleichsam durch die Gunst 
              und Gnade der unsterblichen Götter der Republik teils zur Begründung, 
              teils zur Wiedererlangung der Freiheit des römischen Volkes geschenkt. 
              Wie hat nun Decimus 
              Brutus  über Antonius  geurteilt? |  
          | (8 ) 
              Excludit provincia, exercitu obsistit, Galliam totam hortatur ad 
              bellum ipsam sua sponte suoque iudicio excitatam. Si consul Antonius, 
              Brutus hostis; si conservator rei publicae Brutus, hostis Antonius. 
              Num igitur, utrum horum sit, dubitare possumus?  | Er verwehrt 
              ihm den Zutritt in seine Provinz; er widersetzt sich ihm mit seinem 
              Heer; er fordert ganz Gallien zum Krieg auf, das schon von sich 
              aus und aus eigenem Urteil dazu entschlossen ist. Ist Antonius  noch Konsul, dann ist Brutus  Feind des Staates. Ist Brutus  Retter der Republik, so ist Antonius  Feind des Staates. Könnten wir also zweifeln, was von beidem zutrifft? (zustimmender Beifall). |  
          | Bestätigung 
              (confirmatio ) 
              durch den Beifall der Zuhörer und die positive Stellungnahme des 
              Senats  |  
          | [IV] Atque 
              ut vos una mente unaque voce dubitare vos negatis, sic modo decrevit 
              senatus D. Brutum optime de re publica mereri, cum senatus auctoritatem 
              populique Romani libertatem imperiumque defenderet. A quo defenderet? 
              Nempe ab hoste; quae est enim alia laudanda defensio? | Wie ihr 
              weiterhin eindeutig und einstimmig erklärt, dass ihr darüber nicht 
              im Zweifel seid, so hat auch der Senat  soeben den Beschluss gefasst, dass sich Decimus Brutus  um die Republik höchst verdient mache, da er 
              das Ansehen des Senats  und die Freiheit und Herrschaft des römischen Volkes verteidige. 
              Gegen wen verteidige? Natürlich gegen einen Feind. Denn welche andere 
              Verteidigung wäre lobenswert? |  
          | Bestätigung 
              (confirmatio ) 
              durch die lobenswerte Haltung Galliens. Stufenweise Ausweitung dieses 
              Urteils (amplificatio ) 
              auf "die ganze Welt". Die Anhänger des Antonius sind verbrecherisches 
              Raubgesindel und taugen nicht zum Gegenbeweis.  |  
          | (9 ) 
              Deinceps laudatur provincia Gallia meritoque ornatur verbis amplissimis 
              ab senatu, quod resistat Antonio. Quem si consulem illa provincia 
              putaret neque eum reciperet, magno scelere se adstringeret; omnes 
              enim in consulis iure et imperio debent esse provinciae. Negat hoc 
              D. Brutus imperator, consul designatus, natus rei publicae civis, 
              negat Gallia, negat cuncta Italia, negat senatus, negatis vos. Quis 
              illum igitur consulem nisi latrones putant? Quamquam ne ii quidem 
              ipsi, quod locuntur, id sentiunt nec ab iudicio omnium mortalium, 
              quamvis impii nefariique sint, sicut sunt, dissentire possunt. Sed 
              spes rapiendi atque praedandi obcaecat animos eorum, quos non bonorum 
              donatio, non agrorum adsignatio, non illa infinita hasta satiavit; 
              qui sibi urbem, qui bona et fortunas civium ad praedam proposuerunt; 
              qui, dum hic sit, quod rapiant, quod auferant, nihil sibi defuturum 
              arbitrantur; quibus M. Antonius (o di immortales, avertite et detestamini, 
              quaeso, hoc omen!) urbem se divisurum esse promisit.  | Sodann wird 
              die Provinz Gallien wegen ihres Widerstandes gegen Antonius  vom Senat  lobend hervorgehoben 
              und zu Recht in ehrenvollen Worten gepriesen. Würde ihn aber jene 
              Provinz als Konsul betrachten und doch nicht aufnehmen, so würde 
              sie ein schweres Verbrechen auf sich laden. Denn alle Provinzen 
              müssen unter der Botmäßigkeit und Gewalt des Konsuls stehen. Nein, 
              sagt dazu Decimus 
              Brutus , der Imperator und ernannte Konsul, ein zum Besten der 
              Republik geborener Bürger. Nein, sagt Gallien; nein, ganz Italien; 
              nein, der Senat ; nein, 
              sagt ihr. Wer anders als sein Raubgesindel kann ihn also noch für 
              einen Konsul halten? Doch selbst dies denkt nicht, wie es spricht, 
              und kann, sei es so ruchlos und schlecht, wie es auch ist, doch 
              nicht anderer Meinung sein, als die ganze Welt. Aber die Hoffnung 
              auf Raub und Plünderungen blendet den Sinn jener Menschen: sie hat 
              nicht die Schenkung von Gütern, nicht die Anweisung von Ländereien, 
              nicht jene endlose Versteigerung gesättigt; sie haben sich die Hauptstadt, 
              die Güter und Besitzungen ihrer Mitbürger zur Beute ausersehen; 
              sie glauben, es werde ihnen an nichts fehlen, solange es etwas zu 
              rauben und wegzunehmen gibt. Denen hat Marcus Antonius  (o möchtet ihr doch, unsterbliche Götter, die Erfüllung dieses schlimmen 
              Wortes abwenden und mit einem Fluch beladen!) versprochen, unter 
              ihnen die Hauptstadt aufzuteilen. |  
          | Stoßgebet 
              an die Götter, Fluch über Antonius und sein Gesindel. An der Hilfsbereitschaft 
              der Götter kann kein Zweifel bestehen. |  
          | (10 ) 
              Ita vero, Quirites, ut precamini, eveniat, atque huius amentiae 
              poena in ipsum familiamque eius recidat! Quod ita futurum esse confido. 
              Iam enim non solum homines, sed etiam deos immortales ad rem publicam 
              conservandam arbitror consensisse. Sive enim prodigiis atque portentis 
              di immortales nobis futura praedicunt, ita sunt aperte pronuntiata, 
              ut et illi poena et nobis libertas adpropinquet, sive tantus consensus 
              omnium sine inpulsu deorum esse non potuit, quid est, quod de voluntate 
              caelestium dubitare possimus? | Möchten 
              vielmehr, Quiriten , 
              eure Wünsche und Gebete in Erfüllung gehen, und möchte die Strafe 
              für seine Raserei auf sein Haupt und sein Gesindel zurückfallen! 
              Ich bin fest davon überzeugt, dass es so kommt. Denn ich glaube, 
              dass jetzt nicht allein die Menschen, sondern auch die unsterblichen 
              Götter sich darin einig sind, die Republik erhalten zu müssen. Denn 
              sei es, dass entweder die unsterblichen Götter durch Wunderzeichen 
              und Vorbedeutungen uns die Zukunft voraussagen: so sind diese deutlich 
              angekündigt worden, dass ihm die Strafe, uns die Freiheit naht; 
              oder sei es, dass eine so allgemeine Übereinstimmung ohne göttlichen 
              Antrieb nicht denkbar sei: wie könnten wir an dem Willen der Götter 
              noch zweifeln?  |  
          | IV. 
              Appell an die Bürger, ihrer Überzeugung treu zu bleiben (im Stil 
              einer "adhortatio militum") (amplificatio  im Rahmen der argumentatio ). |  
          | [V] 
              (11 ) Reliquum est, 
              Quirites, ut vos in ista sententia, quam prae vobis fertis, perseveretis. 
              Faciam igitur, ut imperatores instructa acie solent, quamquam paratissimos 
              milites ad proeliandum videant, ut eos tamen adhortentur, sic ego 
              vos ardentes et erectos ad libertatem reciperandam cohortabor. | Es 
              kommt nur noch darauf an, dass ihr, Quiriten , 
              beharrlich bei der Meinung bleibt, die ihr zu erkennen gebt. So 
              will ich denn tun, was die Feldherrn nach Aufstellung der Schlachtordnung 
              gewöhnlich tun: Obwohl sie ihre Soldaten für den Kampf durchaus 
              bereit sehen, sprechen sie ihnen Mut zu. So will auch ich euch ermutigen, 
              obwohl ihr schon voll Eifer darauf brennt, die Freiheit zurückzugewinnen. |  
          |  Herabwürdgung 
              des Antonius zu einem blutrünstigen Untier (belua) (amplificatio  im Rahmen der argumentatio ): 
              Es geht um Leben und Tod |  
          | Non est 
              vobis, Quirites, cum eo hoste certamen, cum quo aliqua pacis condicio 
              esse possit. Neque enim ille servitutem vestram, ut antea, sed iam 
              iratus sanguinem concupivit. Nullus ei ludus videtur esse iucundior 
              quam cruor, quam caedes, quam ante oculos trucidatio civium. | Ihr habt, Quiriten , nicht gegen 
              einen Feind zu kämpfen, mit dem eine Friedensunterhandlung möglich 
              wäre. Denn er will nicht mehr bloß, wie früher, eure Knechtschaft; 
              es gelüstete ihn vielmehr bereits nach eurem Blut. Kein Spiel scheint 
              ihm unterhaltsamer als Blutvergießen, Mord und Niedermetzelung von 
              Bürgern vor seinen Augen. |  
          | (12 ) 
              Non est vobis res, Quirites, cum scelerato homine ac nefario, sed 
              cum immani taetraque belua, quae quoniam in foveam incidit, obruatur. 
              Si enim illinc emerserit, nullius supplicii crudelitas erit recusanda. 
              Sed tenetur, premitur, urguetur nunc iis copiis, quas <iam> 
              habemus, mox iis, quas paucis diebus novi consules comparabunt. 
              Incumbite in causam, Quirites, ut facitis. Numquam maior consensus 
              vester in ulla causa fuit, numquam tam vehementer cum senatu consociati 
              fuistis. Nec mirum; agitur enim, non qua condicione victuri, sed 
              victurine simus an cum supplicio ignominiaque perituri. | Ihr 
              habt es, Quiriten , 
              nicht mit einem Frevler und Verbrecher zu tun, sondern mit einem 
              wilden und grässlichen Untier: weil es nun in die Grube gefallen 
              ist, müssen wir es zuschütten. Denn wenn es sich aus dieser wieder 
              herausarbeitet, werden wir uns keiner Art von grausamer Misshandlung 
              erwehren können. Aber jetzt wird er festgehalten, verfolgt, umdrängt 
              durch die Truppenmacht, die wir schon haben, und bald durch diejenige, 
              die die neuen Konsuln in wenigen Tagen zusammenbringen werden. Behaltet 
              diese Sache, Quiriten , 
              im Auge, wie ihr es tut. Nie war in irgendeiner Sache eure Übereinstimmung 
              größer; nie wart ihr so eng mit dem Senat  verbunden. Kein Wunder: denn es handelt sich nicht darum, unter 
              welchen Bedingungen wir leben, sondern ob wir überhaupt leben oder 
              unter schmählichen Qualen sterben werden. |  
          | Dem 
              Tod kann man zwar nicht entrinnen, doch einen schmachvollen Tod 
              wehrt man durch Tapferkeit ab. Sie ist die Grundtugend des Römertums, 
              auf ihr beruht die Größe des imperium Romanum. |  
          |  (13 ) 
              Quamquam mortem quidem natura omnibus proposuit, crudelitatem mortis 
              et dedecus virtus propulsare solet, quae propria est Romani generis 
              et seminis. Hanc retinete, quaeso, quam vobis tamquam hereditatem 
              maiores vestri reliquerunt. Nam cum alia omnia falsa, incerta sint, 
              caduca, mobilia, virtus est una altissimis defixa radicibus; quae 
              numquam vi ulla labefactari potest, numquam demoveri loco. Hac virtute 
              maiores vestri primum universam Italiam devicerunt, deinde Karthaginem 
              exciderunt, Numantiam everterunt, potentissimos reges, bellicosissimas 
              gentes in dicionem huius imperii redegerunt. | Zwar hat 
              die Natur den Tod allen zum Ziel gesetzt, aber einen schmachvollen 
              und grausamen Tod pflegt die Tapferkeit von sich abzuwehren, die 
              jedem Römer als Eigentum in die Wiege gelegt ist. Diese behauptet, 
              ich beschwöre euch, Quiriten , 
              die euch eure Vorfahren als Erbteil hinterlassen haben. Freilich 
              ist alles andere ungewiss, hinfällig, veränderlich: die Tapferkeit 
              allein steht fest und wurzelt tief; sie lässt sich niemals durch 
              irgendeine Gewalt erschütterten, niemals aus ihrer Stellung treiben. 
              Mit dieser Tapferkeit haben eure Vorfahren zuerst ganz Italien überwunden, 
              dann Karthago vernichtet, Numantia zerstört und die mächtigsten 
              Könige und streitbarsten Volker unter die Macht dieses Reiches gebracht. |  
          | Die 
              Sonderstellung des Antonius im Vergleich mit den früheren Feinden 
              Roms (amplificatio ) |  
          | (14 ) 
              Ac maioribus quidem vestris, Quirites, cum eo hoste res erat, qui 
              haberet rem publicam, curiam, aerarium, consensum et concordiam 
              civium, rationem aliquam, si ita res tulisset, pacis et foederis; 
              hic vester hostis vestram rem publicam oppugnat, ipse habet nullam; 
              senatum, id est orbis terrae consilium, delere gestit, ipse consilium 
              publicum nullum habet; aerarium vestrum exhausit, suum non habet; 
              nam concordiam civium qui habere potest, nullam cum habet civitatem? 
              pacis vero quae potest esse cum eo ratio, in quo est incredibilis 
              crudelitas, fides nulla?  | Nun hatten 
              es aber eure Vorfahren, Quiriten , 
              mit einem Feind zu tun, der eine Staatsverfassung, ein Rathaus, 
              eine Staatskasse, Übereinstimmung und Eintracht unter seinen Mitbürgern 
              hatte und unter Umständen Frieden und Bündnis ermöglicht hätte. 
              Dieser euer Feind hingegen bekämpft eure Staatsverfassung: er erkennt 
              keine an. Er sucht den Senat , 
              das heißt die Ratsbehörde des Erdkreises zu vernichten: er selbst 
              erkennt keine staatliche Ratsbehörde an; er hat eure Staatskasse 
              erschöpft: er selbst hat keine eigene. Denn wie kann der Eintracht 
              unter den Bürgern erhalten, der keine Bürgerschaft anerkennt? Welche 
              Möglichkeit des Friedens könnte es vollends mit dem geben, in dem 
              eine unglaubliche Grausamkeit, nicht aber Treu und Glauben wohnt? |  
          |  |  
          | Zusammenfassende 
              Charakterisierung des Antonius im Vergleich mit Spartacus und Catilina |  
          | (15 ) 
              Est igitur, Quirites, populo Romano, victori omnium gentium, omne 
              certamen cum percussore, cum latrone, cum Spartaco. Nam quod se 
              similem esse Catilinae gloriari solet, scelere par est illi, industria 
              inferior. Ille cum exercitum nullum habuisset, repente conflavit; 
              hic eum exercitum, quem accepit, amisit. Ut igitur Catilinam diligentia 
              mea, senatus auctoritate, vestro studio et virtute fregistis, sic 
              Antoni nefarium latrocinium vestra cum senatu concordia tanta, quanta 
              numquam fuit, felicitate et virtute exercituum ducumque vestrorum 
              brevi tempore oppressum audietis. | Das römische 
              Volk also, das alle Nationen überwunden hat, kämpft, ihr Quiriten , 
              nur gegen einen Mörder, einen Räuber, einen Spartacus . 
              Denn wenn er sich seiner Ähnlichkeit mit Catilina  zu rühmen pflegt, so ist er jenem zwar an Verbrechen gleich, aber 
              an Tatkraft unterlegen. Jener hat, da er kein Heer unter sich hatte, 
              im Nu eines zusammengebracht; dieser aber hat das Heer, das er bekommen 
              hatte, verloren. Wie ihr also den Catilina  durch meine Achtsamkeit, durch die Beschlüsse des Senates , 
              durch euren Eifer und Mut gestürzt habt, so werdet ihr bald hören, 
              dass der verbrecherische Räuberplan des Antonius  durch eure und des Senats  Eintracht, die so groß ist, wie sie nie war, durch das Glück und 
              die Tapferkeit eurer Heere und Anführer in kurzer Zeit unterdrückt 
              worden ist. |  
          | Abschließende 
              Selbstverpflichtung des Redners zur Mithilfe (Rückbezug auf das exordium ) |  
          | (16 ) 
              Equidem quantum cura, labore, vigiliis, auctoritate, consilio eniti 
              atque efficere potero, nihil praetermittam, quod ad libertatem vestram 
              pertinere arbitrabor; neque enim id pro vestris amplissimis in me 
              beneficiis sine scelere facere possum. | Ich für 
              meinen Teil will, soweit es mir möglich ist, durch Fürsorge, Anstrengung, 
              Wachsamkeit, Einflussnahme und Umsicht krafvoll zu wirken, nichts 
              unterlassen, was meines Erachtens eurer Freiheit dient. Denn dies 
              könnte ich wegen eurer so ehrenvollen Gunstbezeugungen gegen mich, 
              ohne schwere Schuld nicht tun.  |  
          | Zum 
              Abschluss: Die Bedeutung des "hodiernus dies" (Rückbezug 
              auf die propositio ) |  
          | Hodierno 
              autem die primum referente viro fortissimo vobisque amicissimo, 
              hoc M. Servilio, collegisque eius, ornatissimis viris, optimis civibus, 
              longo intervallo me auctore et principe ad spem libertatis exarsimus. | Am heutigen 
              Tag aber hat uns nach langer Zeit zum ersten Mal wieder auf den 
              Antrag des mutigen und euch befreundeten, hier anwesenden Marcus 
              Servilius  und seiner hochachtbaren Amtsgenossen, dieser wohlgesinnten 
              Bürger, auf meine Initiative hin und unter meiner Leitung die Hoffnung 
              auf Freiheit flammend begeistert. |  
          |   |  |  
          | 
              
                | Übersetzung nach C.N.v.Osiander bearbeitet von E.Gottwein |  
              
                | Sententiae excerptae: Lat. zu  "Cic" und "Rede"
 1089 Cicerone non opus est, ubi fantur opes. Wo die Macht (der Reichtum) spricht, braucht es keinen Cicero. (Wo Gold redet, gilt alle übrige Rede nichts). 
 1823 Magistri nisi dixerint, quae adulescentuli probent, 'soli in scholis relinquentur' Wenn die Lehrer nicht den Jüngelchen nach dem Mund reden, bleiben sie, allein in der Schule zurück. Petron.3,2 (nach Cicero) 
 Literatur:
 zu "Cic" und "Phil.4"
 512 Axer, J. The Style and the Composition of Cicero's Speech "Pro S.Roscio com."  Warschau 1980 
 683 Büchner, K. Cicero. Bestand und Wandel seiner geistigen Welt  Heidelberg (Winter) 1964 
 4095 Cicero, Marcus Tullius Cicero, Philippika, die Macht des Wortes in der Politik. In Antonium (Oratio IV), hg. v. Mühl, Klaus Bamberg,Buchner, 1999 
 4102 Cicero, Marcus Tullius Ciceros Ausgewählte Reden, erklaert von Karl Halm. Bd. 8: Ciceros dritte, vierte, fünfte und sechste philippische Rede, erkl. von Wilhelm Sternkopf 
 Sammlung griechischer und lateinischer Schriftsteller 
 4105 Cicero, Marcus Tullius Tullius Ciceros erste, vierte und vierzehnte Philippische Rede / für den Schulgebrauch hg. von Ernst Reinhard Gast Leipzig, Teubner1891 
 496 Gelzer, M. Cicero. Ein biographischer Versuch 
 Wiebaden (Steiner) 1969 
 500 Giebel, M. Cicero  Reinbek (rm 261) 1989 
 520 Hartung, H.-J. Religio u. sapientia iudicum. ..Geschworerenspiegel in Ciceros Reden  in: Herm.102/1974, 556 
 544 Klingner, F. Cicero in: Röm.Geisteswelt, München 1965 
 565 Laughton, E. Cicero und die griechischen Redner  in: Kytzler: Cicero, WBG 1973 (WdF 240) 
 570 Mack, D. Stil der ciceronischen Senatsreden und Volksreden  in: Kytzler: Cicero, WBG 1973 (WdF 240) 
 4106 Maroscheck, B. Lektüre der 4. und 7. Philippica Ciceros. in: AU XIII 1,62 
 593 Plasberg, O. Cicero in seinen Werken und Briefen  Darmstadt (WBG) 1962 
 602 Rahn, H. Zur Struktur des ciceronisches Rede-Proömiums 
 in: AU XI 4,5 
 638 Seel, O. Cicero. Wort, Staat, Welt  Stuttgart (Klett) 1967 
 651 Thierfelder, A.  ...Wert der Bemerkungen zur eigenen Person in Ciceros Prozessreden  in: Gymn 72/1965; Kytzler: Cicero, WBG 1973 (WdF 240) 
 
  - Letzte Aktualisierung: 01.01.1970 - 01:00 |  |  |