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De rerum naturaLIBER I - lateinisch und deutsch |
1 |
Aeneadum genetrix, hominum divomque voluptas,
alma Venus, caeli subter labentia signa quae mare navigerum, quae terras frugiferentis concelebras, per te quoniam genus omne animantum |
Mutter der Aeneaden, o Wonne der Menschen und
Götter, Holde Venus! die unter den gleitenden Lichtern des Himmels Du das beschiffete Meer und die Früchte gebärende Erde Froh mit Lehen erfüllst; denn alle lebendigen Wesen Werden erzeuget durch dich und schauen die Strahlen der Sonne. |
5 |
concipitur visitque exortum lumina solis: te, dea, te fugiunt venti, te nubila caeli adventumque tuum, tibi suavis daedala tellus summittit flores, tibi rident aequora ponti placatumque nitet diffuso lumine caelum. |
Wann du, Göttin, erscheinst, entfliehen die Winde,
die Wolken Weichen vor dir; dir treibt die buntgeschmückete Erde Liebliche Blumen empor; dir lachen die Flächen des Meeres, Und es zerfließet in Glanz vor dir der beruhigte Himmel. Denn sobald sich die Frühlingsgestalt des Tages enthüllt hat |
10 |
nam simul ac species patefactast verna diei et reserata viget genitabilis aura favoni, aeriae primum volucris te, diva, tuumque significant initum perculsae corda tua vi. inde ferae pecudes persultant pabula laeta |
Und entfesselt der zeugende Hauch des Favonius
auflebt, Künden die Vögel der Luft dich zuerst an, Göttin, und deinen Eintritt; deine Gewalt durchschüttert ihnen die Herzen. Rüstige Herden springen alsdann durch fröhliche Matten, Setzen durch reißende Ströme: so mächtig fesselt die Anmut |
15 |
et rapidos tranant amnis: ita capta lepore te sequitur cupide quo quamque inducere pergis. denique per maria ac montis fluviosque rapacis frondiferasque domos avium camposque virentis omnibus incutiens blandum per pectora amorem |
Und dein zaubrischer Reiz die Natur der Lebenden
aller, Dass mit Begier dir jegliches folgt, wohin du es anlockst. Und so erregst du im Meer, auf Bergen, in reißenden Flüssen, Unter der Vögel belaubetem Haus, auf grünenden Auen, Allen tief in der Brust die schmeichelnde Liebe, wodurch sie |
20 |
efficis ut cupide generatim saecla propagent.
quae quoniam rerum naturam sola gubernas nec sine te quicquam dias in luminis oras exoritur neque fit laetum neque amabile quicquam, te sociam studeo scribendis versibus esse, |
Sich fortpflanzen mit brünstiger Lust in Art
und Geschlechtern. Weil denn du nur allein die Natur der Dinge regierest, Ohne dich nichts hervor an die Pforten des himmlischen Lichts tritt, Nichts den fröhlichen Trieb noch liebliches Wesen gewinnet, Wünsch' ich, o Göttliche, dich zur Gehilfin: zu schreiben die Verse, |
25 |
quos ego de rerum natura pangere conor Memmiadae nostro, quem tu, dea, tempore in omni omnibus ornatum voluisti excellere rebus. quo magis aeternum da dictis, diva, leporem. effice ut interea fera moenera militiai |
Die von der Dinge Natur an jetzt ich zu bilden
beginne Unseren Memmiussohn: ihm, den du, Göttin, vor allen Immer schmücken gewollt mit allen vortrefflichen Gaben. Um so mehr nun verleihe den Worten ewigen Liebreiz. Schaff auch, dass indessen das wilde Gewerbe des Krieges |
30 |
per maria ac terras omnis sopita quiescant; nam tu sola potes tranquilla pace iuvare mortalis, quoniam belli fera moenera Mavors armipotens regit, in gremium qui saepe tuum se reiicit aeterno devictus vulnere amoris, |
Mög' überall entschlummern in allen Landen und
Meeren. Denn du kannst nur allein mit süßem Frieden erfreuen Unser Menschengeschlecht, da die wilden Geschäfte des Krieges Mavors, der waffenmächtige, lenkt, der sich oft in den Schoß dir Hinwirft, niedergebeugt von ewiger Wunde der Liebe: |
35 |
atque ita suspiciens tereti cervice reposta pascit amore avidos inhians in te, dea, visus eque tuo pendet resupini spiritus ore. hunc tu, diva, tuo recubantem corpore sancto circum fusa super, suavis ex ore loquellas |
Und so schauend empor, mit zurückgebogenem Nacken,
Weidet mit Lieb' er den gierigen Blick, anlechzend dich, Göttin! Und der Liegende schöpft aus deinem Munde den Odem. Ruht er, Herrliche, nun auf deinem geheiligten Schöße, Neige dich über ihn hin und gieße die liebliche Rede |
40 |
funde petens placidam Romanis, incluta, pacem;
nam neque nos agere hoc patriai tempore iniquo possumus aequo animo nec Memmi clara propago talibus in rebus communi desse saluti. omnis enim per se divum natura necessest |
Nieder auf ihn, erflehend gefälligen Frieden
den Römern. Denn ich selber vermag dies Werk mit geruhigem Geist nicht Unter des Vaterlandes Gefahr und Stürmen zu fördern; Noch kann auch der herrliche Spross des Memmischen Stammes Sich dem gemeinsamen Wohl bei solchen Dingen entziehen. |
45 |
immortali aevo summa cum
pace fruatur semota ab nostris rebus seiunctaque longe; nam privata dolore omni, privata periclis, ipsa suis pollens opibus, nihil indiga nostri, nec bene promeritis capitur nec tangitur ira. |
Aber, o Memmius, du, verleih ein müßiges Ohr
mir; Lege die Sorgen zurück und merk auf die Lehre der Wahrheit: Wirf das Geschenk, das ich dir mit treuem Fleiße bereitet, Nicht verachtend hinweg, bevor du es gänzlich geprüft hast. Denn von der himmlischen Dinge Natur, vom Wesen der Götter |
50 |
Quod super est, vacuas auris animumque sagacem
semotum a curis adhibe veram ad rationem, ne mea dona tibi studio disposta fideli, intellecta prius quam sint, contempta relinquas. nam tibi de summa caeli ratione deumque |
Will ich dir reden, und dir eröffnen die Kenntnis
der Stoffe, Draus die Natur schafft jegliches Ding, es mehrt, und ernähret, Und worein es die selbe Natur auflöset im Tode. Diese nennen wir auch in unserer Lehre den Grundstoff, Allerzeugende Körper, die Samen und Stoffe der Dinge, |
55 |
disserere incipiam et rerum primordia pandam,
unde omnis natura creet res, auctet alatque, quove eadem rursum natura perempta resolvat, quae nos materiem et genitalia corpora rebus reddunda in ratione vocare et semina rerum |
Auch ursprüngliche Körper, weil alles aus ihnen
entstanden. Aber die Götter müssen durch sich, und ihrer Natur nach, In der seligsten Ruh' unsterbliches Leben genießen, Weit von unserem Tun und unseren Sorgen entfernet. Denn von jeglichem Schmerze befreit, und befreit von Gefahren, |
60 |
appellare suemus et haec eadem usurpare corpora prima, quod ex illis sunt omnia primis. Humana ante oculos foede cum vita iaceret in terris oppressa gravi sub religione, quae caput a caeli regionibus ostendebat |
Selbst sich in Fülle genug, nicht dürftig unseres
Beistands, Rührt sie nicht unser Verdienst, noch reizet sie unser Vergehen. Schmählichen Anblicks lag auf Erden das Leben der Menschen, Unter der Religion gewaltsam niedergetreten, Die vorstreckend das Haupt aus den himmlischen Regionen |
65 |
horribili super aspectu mortalibus instans, primum Graius homo mortalis tollere contra est oculos ausus primusque obsistere contra; quem neque fama deum nec fulmina nec minitanti murmure compressit caelum, sed eo magis acrem |
Mit entsetzlichem Blick herab auf die Sterblichen
drohte. Da trat auf ein grajischer Mann und wagte zuerst es, Aufzuheben dagegen das Äug' und entgegenzustreben: Nicht der Götter Ruf, noch Blitze, noch drohende Donner Schreckten ihn ab; sie reizten vielmehr nur schärfer des Geistes |
70 |
inritat animi virtutem, effringere ut arta naturae primus portarum claustra cupiret. ergo vivida vis animi pervicit et extra processit longe flammantia moenia mundi atque omne immensum peragravit mente animoque, |
Angestrengeten Mut, die Riegel nieder zu brechen
Und der erste zu sein, die Natur aus dem Kerker zu lösen. Also hat obgesiegt des Geistes Kraft, und er drang noch Über die Grenzen hinaus der Flammenwälle des Aethers, Forschte mit Geist und Sinn das unermessliche Weltall. |
75 |
unde refert nobis victor quid possit oriri, quid nequeat, finita potestas denique cuique qua nam sit ratione atque alte terminus haerens. quare religio pedibus subiecta vicissim opteritur, nos exaequat victoria caelo. |
Von da kam er als Sieger zurück und lehrte, was
sein kann Und was nicht; und wie, beschränkt durch die eigenen Kräfte, Jeglichem Ding ein Ziel, ein endliches Maß ihm gesteckt sei. Und so lieget die Religion nun wieder zur Erde, Unter die Füße getreten; der Sieg erhebt uns zum Himmel. |
80 |
Illud in his rebus vereor, ne forte rearis impia te rationis inire elementa viamque indugredi sceleris. quod contra saepius illa religio peperit scelerosa atque impia facta. Aulide quo pacto Triviai virginis aram |
Doch ich fürchte hierbei, du mögest glauben,
es könnten Solche Lehren vielleicht auf verwegene Sätze dich führen, Hin auf des Lasters Bahn. Mitnichten; öfter vielmehr war Jene Religion die Mutter gräulicher Taten. So wie in Aulis einst, am Altar der göttlichen Jungfrau, |
85 |
Iphianassai turparunt sanguine foede ductores Danaum delecti, prima virorum. cui simul infula virgineos circum data comptus ex utraque pari malarum parte profusast, et maestum simul ante aras adstare parentem |
Führer der Danaer, sie, die erwählten Häupter
der Helden, Iphianassas Blut abscheulicher Weise verspritzten. Als nun das Opferband, die zierlichen Locken umwindend, Ihr an der Wangen Paar in gleichen Enden herabfloss Und sie den Vater ersieht, der traurig an dem Altar steht, |
90 |
sensit et hunc propter ferrum celare ministros
aspectuque suo lacrimas effundere civis, muta metu terram genibus summissa petebat. nec miserae prodesse in tali tempore quibat, quod patrio princeps donarat nomine regem; |
Ihm zur Seite die Priester, die vor ihr verbergen
den Mordstahl, Und hinblickend auf sie mit tränendem Auge die Bürger, Da verstummt sie vor Furcht, ihr sanken die Knie zur Erde. Ach, da half der Unglücklichen nicht, dass einst sie mit süßem Vaternamen zuerst den grausamen König beschenkt hat! |
95 |
nam sublata virum manibus tremibundaque ad aras
deductast, non ut sollemni more sacrorum perfecto posset claro comitari Hymenaeo, sed casta inceste nubendi tempore in ipso hostia concideret mactatu maesta parentis, |
Aufgehoben von Händen der Männer, die Zitternde,
ward sie Hin zum Altare geführt; nicht dass, nach vollendeter Weihe, Festlich sie kehrte zurück, bei jauchzenden Hymenäen: Nein, blutschänderisch fiel das keusche Opfer, vom Vater Hingeschlachtet, da selbst nun eben sie reifte dem Brauttag: |
100 |
exitus ut classi felix faustusque daretur. tantum religio potuit suadere malorum. Tutemet a nobis iam quovis tempore vatum terriloquis victus dictis desciscere quaeres. quippe etenim quam multa tibi iam fingere possunt |
Nur dass ein günstiger Wind der Griechen Flotte
befördre. Solche Verbrechen rät dem Menschen die Religion an! Aber auch du, befangen von Schreckenbildern der Dichter, Wie du immer es warst, wirst suchen dich uns zu entziehen. Denn ich könnte ja selbst dir Träum' erbilden in Menge, |
105 |
somnia, quae vitae rationes vertere possint fortunasque tuas omnis turbare timore! et merito; nam si certam finem esse viderent aerumnarum homines, aliqua ratione valerent religionibus atque minis obsistere vatum. |
Umzustoßen damit die richtigen Gründe des Lebens
Und dir jegliches Glück mit Furcht und Schrecken zu trüben. Und in der Tat: denn wofern im Tode die Menschen ein sichres Ende der Mühsal sähen, so könnten mit einigem Grund sie Sich den Religionen und allem Drohen der Dichter |
110 |
nunc ratio nulla est restandi, nulla facultas,
aeternas quoniam poenas in morte timendum. ignoratur enim quae sit natura animai, nata sit an contra nascentibus insinuetur et simul intereat nobiscum morte dirempta |
Widersetzen: doch nun ist nirgends den Schrecken
des Todes Auszuweichen; es bleibt die Furcht vor ewigen Strafen. Und dies rühret daher, dass der Seele Natur nicht erkannt wird: Ob mit dem Körper sie ward, ob eingeflößt sie dem Körper, Ob sie mit diesem zugleich im Tode wieder vergehe; |
115 |
an tenebras Orci visat vastasque lacunas an pecudes alias divinitus insinuet se, Ennius ut noster cecinit, qui primus amoeno detulit ex Helicone perenni fronde coronam, per gentis Italas hominum quae clara clueret; |
Ob sie die Nächte des Orkus besucht, die gewaltigen
Sümpfe, Oder durch göttliche Macht in andere Tiere verpflanzt wird? Wie es mein Ennius sang; er, welcher zuerst von des Pindus Lieblichen Höhen den Kranz von immergrünendem Laube Niedergebracht, ihm Ruhm bei allem italischem Volke. |
120 |
etsi praeterea tamen esse Acherusia templa Ennius aeternis exponit versibus edens, quo neque permaneant animae neque corpora nostra, sed quaedam simulacra modis pallentia miris; unde sibi exortam semper florentis Homeri |
Dennoch gedenket auch er in seinen unsterblichen
Versen Acherusischer Räume, wohin nicht Körper noch Geist dringt; Sondern nur Schattengebilde, von bleichem, schaurigem Ansehn. Dorther sei, wie er sagt, des ewig blühnden Homerus |
125 |
commemorat speciem lacrimas effundere salsas
coepisse et rerum naturam expandere dictis. qua propter bene cum superis de rebus habenda nobis est ratio, solis lunaeque meatus qua fiant ratione, et qua vi quaeque gerantur |
Schattengestalt ihm erschienen, die heiße Tränen
vergossen Und ihm habe der Dinge Natur in Worten eröffnet. Darum wollen auch wir nicht allein der himmlischen Dinge Weise genau erforschen, den Lauf der Sonne, des Mondes, Und welch innere Kraft die irdischen Dinge regiere; |
130 |
in terris, tunc cum primis ratione sagaci unde anima atque animi constet natura videndum, et quae res nobis vigilantibus obvia mentes terrificet morbo adfectis somnoque sepultis, cernere uti videamur eos audireque coram, |
Sondern vor allem mit Fleiß nachspüren, woraus
denn die Seele Stamm' und des Geistes Natur; was das sei, das oft uns im Wachen Vorkommt, uns noch im Schlaf nachher und in Krankheit erschrecket, Dass wir glauben, zu sehen, ja gegenwärtig zu hören |
135 |
morte obita quorum tellus amplectitur ossa. Nec me animi fallit Graiorum obscura reperta difficile inlustrare Latinis versibus esse, multa novis verbis praesertim cum sit agendum propter egestatem linguae et rerum novitatem; |
Jene, deren Gebein schon längst die Erde bedeckt
hat. Zwar ich weiß es zu wohl, wie schwer es werde, der Griechen Dunkle Erforschungen klar in lateinischen Versen zu machen: Sonderlich da wir hierzu noch neuer Worte bedürfen, Weil die Sprache zu arm und die Gegenstände noch neu sind. |
140 |
sed tua me virtus tamen et sperata voluptas suavis amicitiae quemvis efferre laborem suadet et inducit noctes vigilare serenas quaerentem dictis quibus et quo carmine demum clara tuae possim praepandere lumina menti, |
Deine Vortrefflichkeit doch, das erhoffte Vergnügen
der süßen Freundschaft treibet mich an, nicht Fleiß noch Mühe zu scheuen, Heitere Nächte zu wachen und Wort und Verse zu suchen, Deinem Geiste die Dinge mit hellerer Fackel zu zeigen, |
145 |
res quibus occultas penitus convisere possis.
hunc igitur terrorem animi tenebrasque necessest non radii solis neque lucida tela diei discutiant, sed naturae species ratioque. Principium cuius hinc nobis exordia sumet, |
Und zu enthüllen ihm ganz den Grund verborgener
Dinge. Durchaus müssen daher des Geistes Schrecken und Dunkel Nicht durch die Strahlen der Sonne, des Tages leuchtende Pfeile, Sondern sich durch der Natur Anschaun und Erkenntnis zerstreuen. Diese gehet bei uns ursprünglich von folgendem Satz aus: |
150 |
nullam rem e nihilo gigni divinitus umquam. quippe ita formido mortalis continet omnis, quod multa in terris fieri caeloque tuentur, quorum operum causas nulla ratione videre possunt ac fieri divino numine rentur. |
Dass aus Nichts nichts wird, selbst nicht durch
Willen der Götter. Denn so enge beschränket die Furcht die Sterblichen alle, Da sie so viel der Erscheinungen sehn, am Himmel, auf Erden, Deren wirkenden Grund sie nicht zu erfassen vermögen, Dass sie glauben, durch göttliche Macht sei dieses entstanden. |
155 |
quas ob res ubi viderimus nil posse creari de nihilo, tum quod sequimur iam rectius inde perspiciemus, et unde queat res quaeque creari et quo quaeque modo fiant opera sine divom. Nam si de nihilo fierent, ex omnibus rebus |
Haben wir aber erkannt, dass aus Nichts nichts
könne hervorgehn, Werden wir richtiger sehn, wonach wir forschen; woraus denn, Und wie, alles entsteh', auch ohne die Hilfe der Götter. Könnten aber aus Nichts die Dinge werden, so könnt' auch |
160 |
omne genus nasci posset, nil semine egeret. e mare primum homines, e terra posset oriri squamigerum genus et volucres erumpere caelo; armenta atque aliae pecudes, genus omne ferarum, incerto partu culta ac deserta tenerent. |
Alles aus allem entstehn; nichts brauchte des
zeugenden Samens. Menschen könnte das Meer, die Erde die schuppigen Fische Zeugen und Vögel der Luft; dem Himmel entstürzten die Herden. Aller Tiere Geschlecht, die wilden sowohl als die zahmen, Würde, von ungewisser Geburt, bald Wüsten bewohnen, |
165 |
nec fructus idem arboribus constare solerent,
sed mutarentur, ferre omnes omnia possent. quippe ubi non essent genitalia corpora cuique, qui posset mater rebus consistere certa? at nunc seminibus quia certis quaeque creantur, |
Bald das bebauete Land; nicht immer dieselbigen
Früchte Trüge der Baum; es könnt' ein jeglicher jegliches bringen. Denn woferne die Dinge des eigenen zeugenden Grundstoffs Nicht bedürfen, wie rühmten sie sich doch sicherer Abkunft? Nun, da jegliches Ding aus eigenem Samen erzeugt wird, |
170 |
inde enascitur atque oras in luminis exit, materies ubi inest cuiusque et corpora prima; atque hac re nequeunt ex omnibus omnia gigni, quod certis in rebus inest secreta facultas. Praeterea cur vere rosam, frumenta calore, |
Wird es nur ausgeboren und tritt hervor in den
Lichtraum Da, wo der Grundstoff ihm, wo die ersten Körper vorhanden. Und so kann es nicht sein, dass alles aus allem entstehe, Weil inwohnt dem besondern Ding ein besondres Vermögen. Ferner, warum schafft Rosen der Lenz, die Ernten der Sommer, |
175 |
vites autumno fundi suadente videmus, si non, certa suo quia tempore semina rerum cum confluxerunt, patefit quod cumque creatur, dum tempestates adsunt et vivida tellus tuto res teneras effert in luminis oras? |
Und einladend der Herbst die süßen Früchte des
Weinstocks ? Warum anders, als weil, wenn zu richtiger Zeit die bestimmten Stoffe zusammengeflossen, sich dann das Erschaffene kundtut: Unter der Witterung Gunst, und wann der belebete Boden Sicher den zarten Keim zum Lichte der Sonne hervorbringt. |
180 |
quod si de nihilo fierent, subito exorerentur
incerto spatio atque alienis partibus anni, quippe ubi nulla forent primordia, quae genitali concilio possent arceri tempore iniquo. Nec porro augendis rebus spatio foret usus |
Käme das alles aus Nichts, so würden sie plötzlich
entstehen, Ohne bestimmete Folg', und nicht zur gehörigen Jahrszeit. Denn es wären die Stoffe nicht da, die an Zeugungsverbindung Hindern könnte des Jahrs ungünstig sich zeigender Einfluss. Auch zum Wachstum wäre die Zeit nicht nötig den Dingen |
185 |
seminis ad coitum, si e nilo crescere possent;
nam fierent iuvenes subito ex infantibus parvis e terraque exorta repente arbusta salirent. quorum nil fieri manifestum est, omnia quando paulatim crescunt, ut par est semine certo, |
Nach dem geschwängerten Keim, wofern aus Nichts
sie erwüchsen. Plötzlich würde zum Jüngling das Kind, es schöss' aus der Erde, Plötzlich entstanden, der Baum: dergleichen doch nimmer geschiehet, Wie es am Tage liegt; denn alles erwachset allmählich, Wie sich's gehört, aus eigenem Samen, erhält dann im Fortwuchs |
190 |
crescentesque genus servant; ut noscere possis
quicque sua de materia grandescere alique. Huc accedit uti sine certis imbribus anni laetificos nequeat fetus submittere tellus nec porro secreta cibo natura animantum |
Art und Geschlecht; so, dass du hieraus gar deutlich
erkennest. Alles erwachs' und nähre sich nur aus eigenem Grundstoff. Dazu kommt, dass ohne des Jahrs bestimmete Regen Nicht die erfreuliche Brut hervor kann treiben die Erde; Dass, der Nahrung beraubt, kein Tier sein Leben erhalten, |
195 |
propagare genus possit vitamque tueri; ut potius multis communia corpora rebus multa putes esse, ut verbis elementa videmus, quam sine principiis ullam rem existere posse. Denique cur homines tantos natura parare |
Oder auch sein Geschlecht fortpflanzen könnte:
so, dass wir Müssen in mehreren Dingen vielmehr gemeinsamen Urstoff Anerkennen, wie oft den Worten die Lettern gemein sind, Als dass wir könnten ein Ding annehmen ohne den Grundstoff. Ferner, wie konnte Natur nicht Menschen erschaffen von solcher |
200 |
non potuit, pedibus qui pontum per vada possent
transire et magnos manibus divellere montis multaque vivendo vitalia vincere saecla, si non, materies quia rebus reddita certast gignundis, e qua constat quid possit oriri? |
Größe, dass sie das Meer mit den Füßen könnten
durchwaten, Berge zerreißen mit Händen und ganze Säklen durchleben? Darum, weil den bestimmeten Stoff sie jeglichem Dinge Angewiesen, woraus sich erzeugt, was aus ihm entstehn kann. |
205 |
nil igitur fieri de nilo posse fatendumst, semine quando opus est rebus, quo quaeque creatae aeris in teneras possint proferrier auras. Postremo quoniam incultis praestare videmus culta loca et manibus melioris reddere fetus, |
Sicher bleibt es sonach: aus Nichts wird nichts;
denn die Dinge Haben zu ihrer Entstehung des Zeugungssamen vonnöten, Aufzusprießen durch ihn zum Anhauch milderer Lüfte. Endlich, dieweil wir sehen die angebaueten Felder Fruchtbarer als die wüsten, den Keim durch Fleiß sich verbessern, |
210 |
esse videlicet in terris primordia rerum quae nos fecundas vertentes vomere glebas terraique solum subigentes cimus ad ortus; quod si nulla forent, nostro sine quaeque labore sponte sua multo fieri meliora videres. |
Muss die Erde ja doch ursprüngliche Teile verbergen,
Die wir, indem mit dem Pfluge die fruchtbaren Schollen wir wenden Und aufwühlen den Boden der Erd', erwecken zum Auftrieb. Wären solche nicht da, so würd' auch jegliche Pflanze Besser von selber gedeihn als unter der Pflege des Menschen. |
215 |
Huc accedit uti quicque in sua corpora rursum
dissoluat natura neque ad nihilum interemat res. nam siquid mortale e cunctis partibus esset, ex oculis res quaeque repente erepta periret; nulla vi foret usus enim, quae partibus eius |
Diesem kommt noch hinzu, dass Natur in die eigenen
Stoffe Alles wieder zerlegt, dass nichts sie gänzlich vernichtet. Wäre vergänglich ein Ding in jedem der Teile, so würd' es, Schnell den Augen entrückt, sogleich auch völlig zugrund gehn; Kraft nicht wäre vonnöten, die Teile desselben zu trennen |
220 |
discidium parere et nexus exsolvere posset. quod nunc, aeterno quia constant semine quaeque, donec vis obiit, quae res diverberet ictu aut intus penetret per inania dissoluatque, nullius exitium patitur natura videri. |
Oder die innre Verbindung von ihm auflösen zu
können. Nun, da ein unvergänglicher Stoff den Dingen zum Grund liegt, Lässet, wofern nicht äußerer Schlag dieselben zertrümmert Oder innere Kraft durchs Leere schleicht und sie auflöst, Ihren Untergang die Natur nicht sichtbar uns werden. |
225 |
Praeterea quae cumque vetustate amovet aetas,
si penitus peremit consumens materiem omnem, unde animale genus generatim in lumina vitae redducit Venus, aut redductum daedala tellus unde alit atque auget generatim pabula praebens? |
Sollt' auch ferner die Zeit das, was allmählich
sie wegnimmt, Gänzlich verzehren, sogar vernichten im eigenen Grundstoff: Woher brächte denn Venus die Arten lebendiger Wesen Immer wieder ans Licht? die buntgestaltete Erde, Woher nähme sie Stoff, das Hervorgebrachte zu nähren, Wachstum ihm zu verleihn, zu bereiten jedem sein Futter? |
230 |
unde mare ingenuei fontes externaque longe flumina suppeditant? unde aether sidera pascit? omnia enim debet, mortali corpore quae sunt, infinita aetas consumpse ante acta diesque. quod si in eo spatio atque ante acta aetate fuere |
Woher nähmen das Meer und die lauteren Quellen
den Vorrat, Und die nie versiegenden Flüsse? Wie nährte der Aither Seine Gestirne? Was nur besteht aus sterblicher Masse, Hätten schon lange die Zeit und die vorigen Tage verzehret. Waren die Stoffe jedoch, woraus das Gesamte bestehet |
235 |
e quibus haec rerum consistit summa refecta,
inmortali sunt natura praedita certe. haud igitur possunt ad nilum quaeque reverti. Denique res omnis eadem vis causaque volgo conficeret, nisi materies aeterna teneret, |
Und noch stets sich erneut, schon da im vergangenen
Zeitraum, Nun, so sind sie gewiss begabt mit ewiger Dauer, Und es können zu Nichts nicht wiederkehren die Dinge. Endlich bedürft' es ja nur zu jegliches Dinges Vernichtung Ein und derselbigen Kraft, wofern nicht dauernder Grundstoff, |
240 |
inter se nexus minus aut magis indupedita; tactus enim leti satis esset causa profecto, quippe ubi nulla forent aeterno corpore, quorum contextum vis deberet dissolvere quaeque. at nunc, inter se quia nexus principiorum |
Mehr oder minder verknüpft, in engeren Banden
sich hielte: Schon die Berührung wäre des Tods hinlängliche Ursach. Denn woferne die Stoffe nicht ewig fester Natur sind, Könnte geringste Gewalt in ihrer Verbindung sie lösen. Doch nun, da die Verflechtung der uranfänglichen Teile |
245 |
dissimiles constant aeternaque materies est,
incolumi remanent res corpore, dum satis acris vis obeat pro textura cuiusque reperta. haud igitur redit ad nihilum res ulla, sed omnes discidio redeunt in corpora materiai. |
Selber verschieden ist und ewig die Dauer des
Grundstoffs, Bleiben die Dinge so lang im eigenen Wesen gesichert, Bis zu heftige Kraft, nach Maß des Gewebes, sie anfällt. Kein Ding kehret daher in Nichts zurück; ja getrennet Kehren sie alle zurück in die ersten Körper des Urstoffs. |
250 |
postremo pereunt imbres, ubi eos pater aether
in gremium matris terrai praecipitavit; at nitidae surgunt fruges ramique virescunt arboribus, crescunt ipsae fetuque gravantur. hinc alitur porro nostrum genus atque ferarum, |
Zwar der Regen vergeht, wann Vater Aether von
oben Niedergegossen ihn hat zum Mutterschoße der Erde: Aber die glänzende Saat steigt auf, mit grünenden Zweigen Schmückt sich der Baum und wächst und trägt die lastenden Früchte. Davon nährt sich der Menschen Geschlecht, die Geschlechter der Tiere; |
255 |
hinc laetas urbes pueris florere videmus frondiferasque novis avibus canere undique silvas, hinc fessae pecudes pinguis per pabula laeta corpora deponunt et candens lacteus umor uberibus manat distentis, hinc nova proles |
Fröhliche Städte blühn von Scharen munterer Knaben,
Und es ertönt überall von jungen Vögeln der Laubwald. Daher legt das gesättigte Vieh auf blumigen Auen Nieder den schweren Leib; aus seinem strotzenden Euter Quillt der glänzende milchige Saft. Das üppige Saugkalb |
260 |
artubus infirmis teneras lasciva per herbas ludit lacte mero mentes perculsa novellas. haud igitur penitus pereunt quaecumque videntur, quando alit ex alio reficit natura nec ullam rem gigni patitur nisi morte adiuta aliena. |
Scherzet auf junger Flur mit noch unsicherem
Schenkel, Von der lauteren Milch die zarten Sinne berauschet. Nichts geht unter demnach von allem, was wir erkennen; Eins stellt immer Natur aus dem andern her, und sie lässt nur Immer Neues entstehn aus anderer Dinge Verwesung. |
265 |
Nunc age, res quoniam docui non posse creari
de nihilo neque item genitas ad nil revocari, ne qua forte tamen coeptes diffidere dictis, quod nequeunt oculis rerum primordia cerni, accipe praeterea quae corpora tute necessest |
Auf denn! und da ich gelehrt, dass aus Nichts
nichts könne hervorgehn, Noch auch wieder in Nichts das Geborene könne zurückgehn: Dass kein Zweifel dich fasst an dieses Satzes Gewissheit, Weil du nicht siehst mit Augen die Uranfänge der Dinge, Höre von Körpern anjetzt, die ganz unleugbar in Dingen |
270 |
confiteare esse in rebus nec posse videri. Principio venti vis verberat incita corpus ingentisque ruit navis et nubila differt, inter dum rapido percurrens turbine campos arboribus magnis sternit montisque supremos |
Anerkennen du musst, obgleich
nicht sichtbar dem Auge. Erst: die erregte Gewalt des Windes peitschet das Meer auf; Mächtige Schiffe stürzt er dahin und jaget die Wolken. Unterweilen durchläuft sein reißender Wirbel die Felder, Strecket die hohen Bäume zu Boden und braust um den Bergwald, |
275 |
silvifragis vexat flabris: ita perfurit acri
cum fremitu saevitque minaci murmure pontus. sunt igitur venti ni mirum corpora caeca, quae mare, quae terras, quae denique nubila caeli verrunt ac subito vexantia turbine raptant, |
Krachend zersplittert er ihn;
so rast mit scharfem Geräusche Schäumend empor und tobt mit drohendem Donner die Meerflut. Winde demnach sind Körper, obgleich unsichtbar dem Auge: Diese durchstreichen Länder und Meer und Wolken des Himmels, Reißen im plötzlichen Wirbel mit sich, was ihnen entgegnet. |
280 |
nec ratione fluunt alia stragemque propagant
et cum mollis aquae fertur natura repente flumine abundanti, quam largis imbribus auget montibus ex altis magnus decursus aquai fragmina coniciens silvarum arbustaque tota, |
Nicht auf andere Art auch fluten
sie, alles verwüstend, Als wann der vollere Strom im eilenden Zuge dahinschießt, Den von den Bergen herab die häufigen Güsse der Regen Angeschwellet; er reißt die Trümmer des Waldes und Bäum' und Büsche mit sich hinfort; die Joche der Brücken vermögen |
285 |
nec validi possunt pontes venientis aquai vim subitam tolerare: ita magno turbidus imbri molibus incurrit validis cum viribus amnis, dat sonitu magno stragem volvitque sub undis grandia saxa, ruit qua quidquid fluctibus obstat. |
Nicht entgegenzuhalten dem
Stoß der drängenden Wogen. Und so setzt er zuletzt, von trübenden Wassern geschwollen, Gegen den Steindamm an, und unter gewalt'gem Geräusche Stürzt er diesen in Schutt: dann wälzet die brausende Woge Unter sich Felsen und Stein, nichts widerstehet dem Flutschwall. |
290 |
sic igitur debent venti quoque flamina ferri,
quae vel uti validum cum flumen procubuere quam libet in partem, trudunt res ante ruuntque impetibus crebris, inter dum vertice torto corripiunt rapidique rotanti turbine portant. |
Ebenso müssen sich auch forttreiben die Stöße
des Windes, Der wie ein mächtiger Strom nach allen Seiten sich hinwirft, Vor sich die Dinge drängt, durch häufige Stöße sie umstürzt, Bald im Kreise sie dreht und sie mit sich reißet im Wirbel. |
295 |
quare etiam atque etiam sunt venti corpora caeca,
quandoquidem factis et moribus aemula magnis amnibus inveniuntur, aperto corpore qui sunt. Tum porro varios rerum sentimus odores nec tamen ad naris venientis cernimus umquam |
Ganz unleugbar daher sind
Wind' unsichtbare Körper, Da sie an Eigenschaften und Kraft so ähnlich sich zeigen Strömen mächtiger Flut, die jeder für Körper erkennet. Ferner empfinden wir auch der Dinge verschiedne Gerüche, Sehen indessen nicht, dass solche die Nase berühren. |
300 |
nec calidos aestus tuimur nec frigora quimus
usurpare oculis nec voces cernere suemus; quae tamen omnia corporea constare necessest natura, quoniam sensus inpellere possunt; tangere enim et tangi, nisi corpus, nulla potest res. |
Auch die Hitze sehen wir nicht,
noch können die Kälte Wir mit dem Aug' erfassen, so wenig als Stimmen und Töne. Alles dieses jedoch muss körperlicher Natur sein; Denn wie könnten sie sonst den Sinn anstoßen und rühren? Nur der Körper berührt und lässet sich wieder berühren. |
305 |
Denique fluctifrago suspensae in litore vestis
uvescunt, eaedem dispansae in sole serescunt. at neque quo pacto persederit umor aquai visumst nec rursum quo pacto fugerit aestu. in parvas igitur partis dispergitur umor, |
Aufgehängte Gewänder am wellenbrechenden Ufer Feuchten sich an; sie trocknen der Sonn' entgegengespreitet: Dennoch sehen wir nicht, wie solche die Nässe des Wassers Einziehn, oder wie dieses am Strahl der Sonne verdunstet. Also löst sich das Nass in mindere flüchtige Teil' auf, |
310 |
quas oculi nulla possunt ratione videre. quin etiam multis solis redeuntibus annis anulus in digito subter tenuatur habendo, stilicidi casus lapidem cavat, uncus aratri ferreus occulte decrescit vomer in arvis, |
Die nicht fähig man ist, mit
der Schärfe des Auges zu fassen. Ring' am Finger verdünnt das Tragen mehrerer Jahre; Wasser, das niederfällt von der Traufe, höhlet den Stein aus; In der Furche zerreibt das Eisen sich endlich am Pfluge. |
315 |
strataque iam volgi pedibus detrita viarum saxea conspicimus; tum portas propter aena signa manus dextras ostendunt adtenuari saepe salutantum tactu praeterque meantum. haec igitur minui, cum sint detrita, videmus. |
Tritt nicht der Fuß der Menge
zuletzt den steinernen Pfad aus? Siehet man nicht die Hände von ehernen Bildern der Götter, Nächst den Toren der Stadt, vom Berühren der Wandrer geschmälert ? Augenscheinlich daher ist's, dass sich dieselben vermindern: |
320 |
sed quae corpora decedant in tempore quoque,
invida praeclusit speciem natura videndi. Postremo quae cumque dies naturaque rebus paulatim tribuit moderatim crescere cogens, nulla potest oculorum acies contenta tueri, |
Aber wie dieses geschieht, und welche Teilchen
von ihnen Jegliche Zeit ablöst, das hat die Natur uns verhehlet. Wiederum, was die Natur und Zeit den Dingen hinzusetzt, Ihren mächtigen Wuchs befördernd, erspüret das Auge |
325 |
nec porro quae cumque aevo macieque senescunt,
nec, mare quae impendent, vesco sale saxa peresa quid quoque amittant in tempore cernere possis. corporibus caecis igitur natura gerit res. Nec tamen undique corporea stipata tenentur |
Ebenso wenig als das, was Alter und Krankheit
hinwegnimmt. Was die Felsen des Meeres vom fressenden Salze verlieren, Wird in keinem Punkte der Zeit dem Auge bemerkbar: Und so führt die Natur durch verborgene Körper ihr Werk aus. Doch nicht alles ist dicht zusammengedränget im Ganzen |
330 |
omnia natura; namque est in rebus inane. quod tibi cognosse in multis erit utile rebus nec sinet errantem dubitare et quaerere semper de summa rerum et nostris diffidere dictis. qua propter locus est intactus inane vacansque. |
Durch der Körper Natur; denn es ist in den Dingen
ein Leeres. Das zu erkennen wird nützlich dir sein in mancherlei Rücksicht; Wird dich den schwankenden Zweifeln entziehn, der steten Verwirrung Über des Ganzen Natur, dem Misstraun unserer Worte. Unberührbar, ein lediger Ort ist aber das Leere. |
335 |
quod si non esset, nulla ratione moveri res possent; namque officium quod corporis exstat, officere atque obstare, id in omni tempore adesset omnibus; haud igitur quicquam procedere posset, principium quoniam cedendi nulla daret res. |
Wäre nicht solch ein Raum, wie könnten sich Dinge
bewegen? Immer wäre das Eigne der Körper, zu hemmen, zu hindern, Jedem im Wege, zu jeglicher Zeit; nichts rückte von dannen, Weil in der Dinge keinem der Grund zu weichen vorhanden. |
340 |
at nunc per maria ac terras sublimaque caeli
multa modis multis varia ratione moveri cernimus ante oculos, quae, si non esset inane, non tam sollicito motu privata carerent quam genita omnino nulla ratione fuissent, |
Aber nun sehen im Meer, am
Himmel, auf Erden wir manches Sich auf mancherlei Art, nach mancherlei Richtung bewegen; Welche Dinge jedoch, wofern kein Leeres vorhanden, Nicht der steten Bewegungen nur beraubet sich fänden, Sondern auch ganz und gar selbst nicht zur Entstehung gelangten, |
345 |
undique materies quoniam stipata quiesset. Praeterea quamvis solidae res esse putentur, hinc tamen esse licet raro cum corpore cernas. in saxis ac speluncis permanat aquarum liquidus umor et uberibus flent omnia guttis. |
Weil von allen Seiten gedrängt,
still stünde die Masse. Ferner, obgleich die Dinge für dicht wir pflegen zu halten, Magst du hieraus doch ersehn, dass dieselben lockrer Natur sind. Seihet in Höhlen sich nicht des Wassers lauteres Nass durch Und umtränet den Fels mit dickgeschwollenen Tropfen? |
350 |
dissipat in corpus sese cibus omne animantum;
crescunt arbusta et fetus in tempore fundunt, quod cibus in totas usque ab radicibus imis per truncos ac per ramos diffunditur omnis. inter saepta meant voces et clausa domorum |
Teilet die Speise sich nicht in den ganzen Körper
des Tiers aus? Bäume wachsen und schütten die Frucht zur schicklichen Jahrszeit, Weil der nährende Saft, durch Wurzeln und Fasern gesauget, Sich in dem ganzen Stamm durch Äst' und Zweige verbreitet. Wände durchdringet der Schall und fliegt durch verschlossene Türen, |
355 |
transvolitant, rigidum permanat frigus ad ossa.
quod nisi inania sint, qua possent corpora quaeque transire, haud ulla fieri ratione videres. Denique cur alias aliis praestare videmus pondere res rebus nihilo maiore figura? |
Und der erstarrende Frost durchschleichet das
Mark der Gebeine. Wäre der Raum nicht da, wodurch sich die Körperchen drängen, Wahrlich es würden sich nie dergleichen Erscheinungen zeigen. Endlich bemerken wir noch in Körpern ähnlicher Größe Ganz verschiednes Gewicht. Wär' eben dieselbige Masse |
360 |
nam si tantundemst in lanae glomere quantum corporis in plumbo est, tantundem pendere par est, corporis officiumst quoniam premere omnia deorsum, contra autem natura manet sine pondere inanis. ergo quod magnumst aeque leviusque videtur, |
Körper im Wollenknäul als im Blei, so müsste
die Schwere Beiden die nämliche sein: denn eigentümlich den Körpern Ist es, niederzudrücken; dagegen es aber dem Leeren Ganz am Gewichte fehlt. Was gleich ist also an Größe, |
365 |
ni mirum plus esse sibi declarat inanis; at contra gravius plus in se corporis esse dedicat et multo vacui minus intus habere. est igitur ni mirum id quod ratione sagaci quaerimus, admixtum rebus, quod inane vocamus. |
Minder schwer an Gewicht, scheint mehr von dem
Leeren zu haben; Dahingegen, was schwer, notwendig Teile des Festen Mehr besitzet und minder in sich des Leeren verschließet. Klar ist also, dass das, was mit dem Verstand wir erforschen, Sei mit den Dingen gemischt, und dieses benennen wir Leeres. |
370 |
Illud in his rebus ne te deducere vero possit, quod quidam fingunt, praecurrere cogor. cedere squamigeris latices nitentibus aiunt et liquidas aperire vias, quia post loca pisces linquant, quo possint cedentes confluere undae; |
Dass kein Irrtum dich hier abführe vom Wege der
Wahrheit, Muss ich, was einige falsch einwenden, bestreiten im voraus. Nämlich sie sagen: es weiche das Wasser den drängenden Fischen, Öffne denselben die flüssige Bahn, weil diese beim Fortgehn Hinter sich lassen den Raum, wo zusammenfließen die Flut kann. |
375 |
sic alias quoque res inter se posse moveri et mutare locum, quamvis sint omnia plena. scilicet id falsa totum ratione receptumst. nam quo squamigeri poterunt procedere tandem, ni spatium dederint latices? concedere porro |
Jede Bewegung finde nur statt
auf ähnliche Weise, Jede Verändrung des Orts, ob erfüllt gleich alles durchaus sei. Dies ist alles jedoch aus falschen Gründen genommen: Denn wo könnte der Fisch zuletzt hindringen, wofern ihm Raum nicht gäbe die Flut? und wohin nur sollte das Wasser |
380 |
quo poterunt undae, cum pisces ire nequibunt?
aut igitur motu privandumst corpora quaeque aut esse admixtum dicundumst rebus inane, unde initum primum capiat res quaeque movendi. Postremo duo de concursu corpora lata |
Weichen, wofern sich in ihm
der Fisch nicht könnte bewegen ? Schlechterdings ist daher zu leugnen der Körper Bewegung, Oder man muss zulassen der Dinge Gemisch mit dem Leeren, Aus dem jedes sich nimmt den Anfang seiner Bewegung. Wann zwei Körper von ebener Fläche, zusammengestoßen, |
385 |
si cita dissiliant, nempe aer omne necessest,
inter corpora quod fiat, possidat inane. is porro quamvis circum celerantibus auris confluat, haud poterit tamen uno tempore totum compleri spatium; nam primum quemque necessest |
Plötzlich wieder sich trennen, so muss das Leere,
das dadurch Zwischen ihnen entsteht, mit Luft sich wieder erfüllen. Strömte mit eilendem Hauche sogleich auch diese zusammen, Dennoch vermag sie es nicht, auf einmal sämtliche Räume Auszufüllen; sie muss den einen Ort nach dem ändern, |
390 |
occupet ille locum, deinde omnia possideantur.
quod si forte aliquis, cum corpora dissiluere, tum putat id fieri quia se condenseat aer, errat; nam vacuum tum fit quod non fuit ante et repletur item vacuum quod constitit ante, |
Immer den nächsten zuerst, in der Folge das Ganze
besetzen. Glaubt man vielleicht, es sprängen daher auseinander dieKörper, Weil sich dazwischen die Luft zuvor schon habe verdichtet, Irrt man; ein Leeres entsteht da, wo es zuvor nicht gewesen; Wieder auch füllet sich an, was zuerst ein lediger Raum war. |
395 |
nec tali ratione potest denserier aer nec, si iam posset, sine inani posset, opinor, ipse in se trahere et partis conducere in unum. Qua propter, quamvis causando multa moreris, esse in rebus inane tamen fateare necessest. |
Auch nicht lässt sich die Luft
auf solcherlei Weise verdichten. War' es, so könnte doch nicht sie ohne die Hülfe des Leeren In sich hinein sich ziehn, in eins zusammen sich drängen. Und so mag man sich auch noch manche der Zweifel ergrübeln; Immer doch muss man gestehn, es sei in den Dingen ein Leeres. |
400 |
multaque praeterea tibi possum commemorando argumenta fidem dictis conradere nostris. verum animo satis haec vestigia parva sagaci sunt, per quae possis cognoscere cetera tute. namque canes ut montivagae persaepe ferai |
Mehrere könnt' ich dir noch
von diesen Beweisen hinzutun, Überzeugende Kraft und Glauben den Worten zu schaffen: Aber Gemütern schärferen Sinns sind diese geringen Spuren der Wahrheit genug, das Weitere selber zu forschen. Gleich den Hunden — sobald auf die sichern Spuren des Weges |
405 |
naribus inveniunt intectas fronde quietes, cum semel institerunt vestigia certa viai, sic alid ex alio per te tute ipse videre talibus in rebus poteris caecasque latebras insinuare omnis et verum protrahere inde. |
Einmal geleitet sie sind, des bergumschweifenden
Wildes Lager sie leicht aufwittern und Laub und Büsche durchstöbern —, Also magst du auch selbst in diesen Dingen erforschen, Wie aus dem einen das andere kömmt; in versteckete Winkel Dringen, hervorzuziehn aus ihnen die Beute der Wahrheit. |
410 |
quod si pigraris paulumve recesseris ab re, hoc tibi de plano possum promittere, Memmi: usque adeo largos haustus e fontibus magnis lingua meo suavis diti de pectore fundet, ut verear ne tarda prius per membra senectus |
Säumst du jedoch und trittst du zurück vom Glauben der Sache, Kann ich, mein Memmius, dir mit geringer Mühe geloben, Einen so reichen Strom, aus den Quellen selber geschöpfet, Auszugießen aus voller Brust, mit lieblicher Zunge, Dass ich befürcht', es möcht' ein trägeres Alter sich eher |
415 |
serpat et in nobis vitai claustra resolvat, quam tibi de quavis una re versibus omnis argumentorum sit copia missa per auris. Sed nunc ut repetam coeptum pertexere dictis, omnis ut est igitur per se natura duabus |
Mir durch die Glieder schleichen und lösen die
Bande des Lebens, Ehe zuvor mein Vers von jeglichem einzelnen Satze Alle die Schar der Beweise zum Ohr dir ließe gelangen: Lass demnach das begonnene Werk uns weiter verfolgen. Also die ganze Natur, sie durch sich selber, bestehet |
420 |
constitit in rebus; nam corpora sunt et inane,
haec in quo sita sunt et qua diversa moventur. corpus enim per se communis dedicat esse sensus; cui nisi prima fides fundata valebit, haut erit occultis de rebus quo referentes |
Aus zwei Dingen allein, aus Körpern nämlich und
Leerem: Jene liegen in diesem; dies macht die Bewegungen möglich. Schon der gemeine Sinn beweist, dass Körper vorhanden: Könnt' auf diesen sich nicht der Glaube zuvörderst begründen, Auf was sollten wir denn in den Dingen, welche wir nicht sehn, |
425 |
confirmare animi quicquam ratione queamus. tum porro locus ac spatium, quod inane vocamus, si nullum foret, haut usquam sita corpora possent esse neque omnino quoquam diversa meare; id quod iam supera tibi paulo ostendimus ante. |
Stützen uns können, Beweis von ihnen zu fällen
und Urteil? Wär' auch, ferner, nicht Raum noch Ort, der Leeres benannt wird, Worin sollten sich denn die Körper befinden ? wie könnten Ihren verschiedenen Gang und Weg und Richtung sie nehmen ? Hievon hast du jedoch den Beweis schon oben gehöret. |
430 |
praeterea nihil est quod possis dicere ab omni
corpore seiunctum secretumque esse ab inani, quod quasi tertia sit numero natura reperta. nam quod cumque erit, esse aliquid debebit id ipsum augmine vel grandi vel parvo denique, dum sit; |
Wiederum gibt es auch nichts, das ganz von dem
Körper verschieden, Auch von dem Leeren getrennt und gleichsam dritter Natur sei. Sei, was immer es will, so ist es doch irgendein Etwas, Das, groß oder auch klein, zum mindesten wirklich doch da ist. |
435 |
cui si tactus erit quamvis levis exiguusque,
corporis augebit numerum summamque sequetur; sin intactile erit, nulla de parte quod ullam rem prohibere queat per se transire meantem, scilicet hoc id erit, vacuum quod inane vocamus. |
Lässt sich's berühren, so leicht und gering es
immer auch sein mag, Wird es gehören zur Zahl der Körper und mehren die Summe; Ist es doch unberührbar und so, dass es nirgends den Durchgang Einem der Körper verwehrt, so ist es der Raum und das Leere. |
440 |
Praeterea per se quod cumque erit, aut faciet
quid aut aliis fungi debebit agentibus ipsum aut erit ut possint in eo res esse gerique. at facere et fungi sine corpore nulla potest res nec praebere locum porro nisi inane vacansque. |
Übrigens, was nur für sich Bestand hat, wirket
entweder, Oder es wird gebraucht und von fremder Wirkung getrieben, Oder gestattet in sich der Dinge Verändrung und Dasein. Leiden aber und Tun ist ohne den Körper nicht möglich; Raum zu gewähren vermag allein das ledige Leere: |
445 |
ergo praeter inane et corpora tertia per se nulla potest rerum in numero natura relinqui, nec quae sub sensus cadat ullo tempore nostros nec ratione animi quam quisquam possit apisci. Nam quae cumque cluent, aut his coniuncta duabus |
Folglich lässt in der Zahl der selbst bestehenden
Dinge Außer Körper und Raum kein drittes Wesen sich denken; Eines, das mit dem Sinn jemals wahrnehmen wir könnten, Oder auch das der Verstand erreichen könnte durch Schlüsse. Alles, was Namen hat, das findst du vereinet in diesen |
450 |
rebus ea invenies aut horum eventa videbis. coniunctum est id quod nusquam sine permitiali discidio potis est seiungi seque gregari, pondus uti saxis, calor ignis, liquor aquai, tactus corporibus cunctis, intactus inani. |
Beiden, oder es ist, wie du siehst, von ihnen
Erfolg nur. Aber vereint ist das, was ohne Zerstörung des Ganzen Niemals trennen sich lässt, auf keinerlei Weise sich sondern; Wie von dem Stein die Schwere, vom Feuer die Wärme, vom Wasser Nässe, vom Körper Berührung und Nichtberührung vom Leeren. |
455 |
servitium contra paupertas divitiaeque, libertas bellum concordia cetera quorum adventu manet incolumis natura abituque, haec soliti sumus, ut par est, eventa vocare. tempus item per se non est, sed rebus ab ipsis |
Freiheit, Knechtschaft jedoch und Reichtum oder
auch Armut, Krieg und Frieden und was dem ähnlich ferner benannt wird, Das, ob es ist, ob nicht, das Wesen der Dinge nicht angreift, Pflegen wir, und mit Recht, Erfolg und Ereignis zu nennen. So auch bestehet für sich die Zeit nicht. Selber die Dinge |
460 |
consequitur sensus, transactum quid sit in aevo,
tum quae res instet, quid porro deinde sequatur; nec per se quemquam tempus sentire fatendumst semotum ab rerum motu placidaque quiete. denique Tyndaridem raptam belloque subactas |
Geben uns erst den Begriff von dem, was ehe geschehen,
Was jetzt wirklich geschieht und was in der Folge noch sein wird. Keiner hat an und für sich die Zeit jemals noch empfunden, Ganz von der Dinge Bewegung getrennt, in friedlicher Ruhe. Endlich, wenn irgend man sagt vom Raube der Tochter des Tyndars, |
465 |
Troiiugenas gentis cum dicunt esse, videndumst
ne forte haec per se cogant nos esse fateri, quando ea saecla hominum, quorum haec eventa fuerunt, inrevocabilis abstulerit iam praeterita aetas; namque aliud terris, aliud regionibus ipsis |
Von dem Troianischen Krieg als Dingen, die seien,
so lass dich Nicht bereden, dies Sein für wirklich bestehend zu halten. Denn die Geschlechter der Menschen, bei denen sich solches ereignet, Hat die vergangene Zeit unwiderruflich entführet. Einiges kann man hievon Ereignisse nennen des Landes, |
470 |
eventum dici poterit quod cumque erit actum.
denique materies si rerum nulla fuisset nec locus ac spatium, res in quo quaeque geruntur, numquam Tyndaridis forma conflatus amore ignis Alexandri Phrygio sub pectore gliscens |
Andres Ereignis des Heers, was irgend dergleichen
sich zutrug. War die Materie nicht, der Dinge dauernder Grundstoff, War nicht Ort noch Raum, worinnen sich alles ereignet: Hätte wohl je die schöne Gestalt der Tochter der Leda In des phrygischen Fremdlinges Herz den Funken geworfen, |
475 |
clara accendisset saevi certamina belli nec clam durateus Troiianis Pergama partu inflammasset equos nocturno Graiiugenarum; perspicere ut possis res gestas funditus omnis non ita uti corpus per se constare neque esse |
Welcher in Brand ausschlug und blutigen Schlachten
den Ruhm gab ? Auch nie hätten bei schweigender Nacht die Söhne der Graien, Aus dem Bauche geschüttet des balkengerippeten Rosses, Priamus' Burg in Flammen gesetzt. So, dass du aus diesem Deutlich erkennest, es seien geschehene Dinge durchaus nicht, |
480 |
nec ratione cluere eadem qua constet inane, sed magis ut merito possis eventa vocare corporis atque loci, res in quo quaeque gerantur. Corpora sunt porro partim primordia rerum, partim concilio quae constant principiorum. |
So wie die Körper, von eignem Bestand und eigenem
Wesen, Noch auch unter den Namen des leeren Raumes zu fassen; Sondern vielmehr von der Art, sie Ereignisse nennen zu müssen, Beides, der Körper, des Raums, in welchem sich jegliches zutrug. Ferner noch sind die Körper zum Teil Elemente des Urstoffs, Teils Zusammenverein von diesen Urelementen. |
485 |
sed quae sunt rerum primordia, nulla potest vis
stinguere; nam solido vincunt ea corpore demum. etsi difficile esse videtur credere quicquam in rebus solido reperiri corpore posse. transit enim fulmen caeli per saepta domorum |
Keine Gewalt kann je den uranfänglichen Teilen Etwas entreißen; sie siegen zuletzt durch Dichte des Körpers. Freilich scheinet es schwer, sich zu überzeugen, dass etwas Durchaus dichter Natur in den Körpern finden sich lasse. Dringt ja der himmlische Blitz durch Mauern und Wände der Häuser |
490 |
clamor ut ac voces, ferrum candescit in igni
dissiliuntque fero ferventi saxa vapore; cum labefactatus rigor auri solvitur aestu, tum glacies aeris flamma devicta liquescit; permanat calor argentum penetraleque frigus, |
Wie das Geschrei und der Schall;
das Eisen glühet im Feuer. Springen doch Felsen selbst durch glühenden Dunst auseinander; Starrendes Gold wird zum Fließen erweicht in flammender Hitze; Selber des Erzes Eis zerschmilzt durch die Flamme bewältigt. Glut durchströmet das Silber, so wie auch die stechende Kälte: |
495 |
quando utrumque manu retinentes pocula rite sensimus infuso lympharum rore superne. usque adeo in rebus solidi nihil esse videtur. sed quia vera tamen ratio naturaque rerum cogit, ades, paucis dum versibus expediamus |
Fühlen wir's doch, wenn nach
Zechergebrauch die Hand den Pokal fasst Und man von oben ihn füllt mit labendem Tau des Getränkes. So sehr scheint es, dass nichts ganz durchaus dichter Natur sei. Aber dieweil die Vernunft, ja selber der Dinge Natur uns Zwinget: wohlan, so lass in wenigen Versen dir zeigen, |
500 |
esse ea quae solido atque aeterno corpore constent,
semina quae rerum primordiaque esse docemus, unde omnis rerum nunc constet summa creata. Principio quoniam duplex natura duarum dissimilis rerum longe constare repertast, |
Dass dergleichen es gibt, die ewig fester Natur
sind; Welche wir Samen der Dinge, die Uranfänge benennen, Und aus welchem das All der jetzigen Dinge geschaffen. Erstlich hab' ich gezeigt, dass zwei verschiedne Naturen |
505 |
corporis atque loci, res in quo quaeque geruntur,
esse utramque sibi per se puramque necessest. nam qua cumque vacat spatium, quod inane vocamus, corpus ea non est; qua porro cumque tenet se corpus, ea vacuum nequaquam constat inane. |
Zweier Dinge vorhanden: die Körper, der fassende
Ortraum. Beide müssen durchaus für sich bestehen und rein sein. Denn wo sich öffnet der Raum und das, was wir Leeres benamen, Kann der Körper nicht sein; und da wo sich Körper befinden, Lässt sich der leere Raum auf keinerlei Weise gedenken. |
510 |
sunt igitur solida ac sine inani corpora prima.
Praeterea quoniam genitis in rebus inanest, materiem circum solidam constare necessest; nec res ulla potest vera ratione probari corpore inane suo celare atque intus habere, |
Drum sind dicht und des Leeren beraubt die Körper
des Urstoffs. Da in erzeugten Dingen sich nun das Leere befindet, Muσσ notwendig ein Stoff, der dicht ist, solches umgeben. Niemand kann mit Vernunft von einem der Dinge behaupten, Dass es Leeres enthalte, wenn nicht zugleich er das Dichte |
515 |
si non, quod cohibet, solidum constare relinquas.
id porro nihil esse potest nisi materiai concilium, quod inane queat rerum cohibere. materies igitur, solido quae corpore constat, esse aeterna potest, cum cetera dissoluantur. |
Zugibt, welches in sich das Leere begreifet
und einschließt. Außer dem festen Verein der Grundmaterie aber, Was könnt' irgend noch sein, das Leere zusammenzuhalten? Also kann die Materie nur, die dichter Natur ist, Ewiger Dauer sein, wenn das übrige alles sich auflöst. |
520 |
Tum porro si nil esset quod inane vocaret, omne foret solidum; nisi contra corpora certa essent quae loca complerent quae cumque tenerent omne quod est spatium, vacuum constaret inane. alternis igitur ni mirum corpus inani |
Gäb' es übrigens nicht ein ledigstehendes Leere,
Alles wäre dann dicht; und wären nicht Körper vorhanden, Welche den Raum ausfüllen, die freien Orte besetzen, Würde der sämtliche Raum nichts sein als ein lediges Leeres. Gegenseitig trennt sich demnach das Leere vom Körper; |
525 |
distinctum, quoniam nec plenum naviter extat
nec porro vacuum; sunt ergo corpora certa, quae spatium pleno possint distinguere inane. haec neque dissolui plagis extrinsecus icta possunt nec porro penitus penetrata retexi |
Volles herrscht nicht allein, und ebenso wenig
das Leere: Volles scheiden demnach begrenzte Körper vom Leeren. Diese können nun nicht durch Schläge von außen zertrümmert Werden noch aufgelöst, durchdrungen in innrer Verbindung, |
530 |
nec ratione queunt alia temptata labare; id quod iam supra tibi paulo ostendimus ante. nam neque conlidi sine inani posse videtur quicquam nec frangi nec findi in bina secando nec capere umorem neque item manabile frigus |
Oder durch Mittel anderer Art erweicht und geschwächet; Was ich eben zuvor dir oben erwiesen schon habe. Denn wie es scheint, kann nichts zerstoßen ohne das Leere Oder zerbrochen werden, noch auch zerleget in Teile; Feuchtigkeit nichts einsaugen, in nichts die Kälte sich schleichen, |
535 |
nec penetralem ignem, quibus omnia conficiuntur.
et quo quaeque magis cohibet res intus inane, tam magis his rebus penitus temptata labascit. ergo si solida ac sine inani corpora prima sunt ita uti docui, sint haec aeterna necessest. |
Noch eindringen das Feuer, das alle Dinge verzehret.
Ja, so mehr nur ein Ding des Leeren enthält und verschließet, Desto leichter auch wird's von jenen Kräften zerstöret. Sind nun dichter Natur die uranfänglichen Körper Und des Leeren beraubt, so sind notwendig sie ewig. |
540 |
Praeterea nisi materies aeterna fuisset, antehac ad nihilum penitus res quaeque redissent de nihiloque renata forent quae cumque videmus. at quoniam supra docui nil posse creari de nihilo neque quod genitumst ad nil revocari, |
Wäre der Grundstoff nicht von ewiger Dauer, so
wäre Jegliches Ding schon längst in Nichts versunken und alles Wäre, was irgend wir sehen, aus Nichts von neuem geboren. Doch da ich eben gezeigt, dass aus Nichts nichts könne hervorgehn, Auch das Erschaffene nicht in Nichts sich könne verkehren, |
545 |
esse inmortali primordia corpore debent, dissolui quo quaeque supremo tempore possint, materies ut subpeditet rebus reparandis. sunt igitur solida primordia simplicitate nec ratione queunt alia servata per aevom |
Müssen die Ursprungsteile von ewig fester Natur
sein, In die jegliches Ding im endlichen Wechsel sich auflöst, Dass hinlänglicher Stoff zur Wiedererneuerung da sei. Einfach dichter Natur sind also die Körper des Urstoffs; Denn wie könnten sie sonst, fortdauernd durch ewige Zeiten, |
550 |
ex infinito iam tempore res reparare. denique si nullam finem natura parasset frangendis rebus, iam corpora materiai usque redacta forent aevo frangente priore, ut nihil ex illis a certo tempore posset |
Seit undenklicher Frist noch immer die Wesen
erneuen? Endlich: hätte Natur der Zermalmung und Teilung der Dinge Keine Grenzen gesetzt, so wäre längst schon der Grundstoff Solcherweise vernichtet durch alle vergangene Zeiten, Dass nichts könnte von ihm von gewisser Zeit der Empfängnis |
555 |
conceptum summum aetatis pervadere finem. nam quidvis citius dissolvi posse videmus quam rursus refici; qua propter longa diei infinita aetas ante acti temporis omnis quod fregisset adhuc disturbans dissoluensque, |
Hin an das höchste Ziel der Lebensblüte gelangen.
Leichter wird jegliches Ding, wie man sieht, getrennt und zerstöret, Als von neuem erbaut; drum könnte, was voriger Tage Unermessliche Zeit, die langen vergangenen Jahre Haben in Teile zerstückt und aufgelöst und zerstreuet, |
560 |
numquam relicuo reparari tempore posset. at nunc ni mirum frangendi reddita finis certa manet, quoniam refici rem quamque videmus et finita simul generatim tempora rebus stare, quibus possint aevi contingere florem. |
Nimmer durch alle Folge der Zeit sich wieder
ergänzen. Aber nun ist ein sicheres Ziel der Zerstörung gesetzet; Und wir sehen daher, dass jegliches wieder sich herstellt, Jeglichem Dinge nach Art feststeht das bestimmete Zeitmaß, Um in gehöriger Frist zur Blüte des Alters zu kommen. |
565 |
Huc accedit uti, solidissima materiai corpora cum constant, possint tamen omnia reddi, mollia quae fiunt, aer aqua terra vapores, quo pacto fiant et qua vi quaeque gerantur, admixtum quoniam semel est in rebus inane. |
Über dieses: so fest auch immer die Körper des
Urstoffs, Kann aus allen sich doch das Weiche wiederum bilden, Luft und Wasser und Erd' und die feurigen Dünste; nach Art wie Solches geschieht und welcherlei Kraft sie zusammen verbindet: Da nun einmal gemischt in den Dingen sich findet das Leere. |
570 |
at contra si mollia sint primordia rerum, unde queant validi silices ferrumque creari, non poterit ratio reddi; nam funditus omnis principio fundamenti natura carebit. sunt igitur solida pollentia simplicitate, |
Wären hingegen \veich die uranfänglichen Stoffe:
Wie dann das Eisen entstünd' und woher die Kräfte des Kiesels, Ließe sich schwer ausforschen; denn durchaus fehlte noch immer Aller Dinge Natur die letzte festere Stütze. Kräftig sind sie daher, weil dicht ihr Wesen und einfach; |
575 |
quorum condenso magis omnia conciliatu artari possunt validasque ostendere viris. porro si nullast frangendis reddita finis corporibus, tamen ex aeterno tempore quaeque nunc etiam superare necessest corpora rebus, |
Und je gedrängter sie nur sich verbinden, halten
sie fester Alle Dinge zusamm und erweisen die mächtige Grundkraft. Sollt' auch ferner kein Ziel der Körper Zerstörung gesetzt sein, Müssen einige doch aus jenen unendlichen Zeiten, Übrig geblieben bis jetzt, in der Welt vorhanden sich finden, |
580 |
quae non dum clueant ullo temptata periclo. at quoniam fragili natura praedita constant, discrepat aeternum tempus potuisse manere innumerabilibus plagis vexata per aevom. Denique iam quoniam generatim reddita finis |
Welche der allgemeinen Gefahr entrissen sich
hätten. Aber wenn alle so schwach und gebrechlich in ihrer Natur sind, Leuchtet nicht ein, wie sie immer, geplagt von unzähligen Stößen, Konnten die ewige Zeit ausdauern und noch sich erhalten. Endlich: indem die Natur die Grenzen des Lebens und Wachstums |
585 |
crescendi rebus constat vitamque tenendi, et quid quaeque queant per foedera naturai, quid porro nequeant, sancitum quando quidem extat, nec commutatur quicquam, quin omnia constant usque adeo, variae volucres ut in ordine cunctae |
Jedem nach Art bestimmt und unverbrüchlich ihr
Bund steht, Was ein jegliches kann, was nicht erreichen es könne, Nichts sich verändert, ja alles durchaus sein Wesen so fest hält, Dass die Vögel sogar in den eigenen Gattungen immer |
590 |
ostendant maculas generalis corpore inesse, inmutabilis materiae quoque corpus habere debent ni mirum; nam si primordia rerum commutari aliqua possent ratione revicta, incertum quoque iam constet quid possit oriri, |
Eben dieselben Farben auf ihrem Gefieder uns
zeigen: So erhellet daraus, dass ein unzuverändernder Grundstoff Untergeleget sei: denn könnten nur einmal der Dinge Uranfänge wanken, auch diese besieget noch werden, Dann wär' es ungewiss, was werden könnte, was nicht kann |
595 |
quid nequeat, finita potestas denique cuique
qua nam sit ratione atque alte terminus haerens, nec totiens possent generatim saecla referre naturam mores victum motusque parentum. Tum porro quoniam est extremum quodque cacumen <.....> |
Werden, auf welcherlei Art die eigenen Kräfte
beschränkt sind Jegliches Dinges, das Ziel, das jedem am Ende gesteckt ist. Auch nicht immer würden der Tiere Geschlechter und Arten Lebensweis' und Instinkt und Natur der Eltern ererben. Da nun ferner ein äußerster Punkt in jeglichem Körper |
600 |
corporis illius, quod nostri cernere sensus iam nequeunt, id ni mirum sine partibus extat et minima constat natura nec fuit umquam per se secretum neque post hac esse valebit, alterius quoniamst ipsum pars primaque et una, |
Da ist, den mit dem Auge wir keinesweges erfassen, Muss unteilbar er sein, das Kleineste seiner Natur nach. Niemals hat er besonders für sich als Körper bestanden, Kann auch nie so bestehn, er ist ja selber des andern Erster und letzter Teil: es reihen dann ähnliche Teilchen |
605 |
inde aliae atque aliae similes ex ordine partes
agmine condenso naturam corporis explent; quae quoniam per se nequeunt constare, necessest haerere unde queant nulla ratione revelli. sunt igitur solida primordia simplicitate, |
Eins an das andre sich an und füllen, zusammen
in einen Dichten Haufen gedrängt, des Körpers ganze Natur aus. Da nun diese für sich nicht können bestehen, so müssen Fest sie zusammenhangen, dass nichts voneinander sie losreißt. Einfach dichter Natur sind also die ersten der Körper, |
610 |
quae minimis stipata cohaerent partibus arte.
non ex illorum conventu conciliata, sed magis aeterna pollentia simplicitate, unde neque avelli quicquam neque deminui iam concedit natura reservans semina rebus. |
Hängen dichte gedrängt in den kleinesten Teilen
zusammen; Nicht durch Zusammenkunft fremdartiger Teile verbunden, Sondern vielmehr durch die Kraft des ewig einfachen Wesens: Nichts lässt je die Natur abstreifen von ihnen noch mindern, Sondern bewahrt sie vielmehr zu ewigen Samen der Dinge. |
Praeterea nisi erit minimum, parvissima quaeque
corpora constabunt ex partibus infinitis, quippe ubi dimidiae partis pars semper habebit dimidiam partem nec res praefiniet ulla. ergo rerum inter summam minimamque quod escit, |
Nähme man übrigens nicht ein Kleinestes an, so
bestände Jeglicher Körper, so klein er auch ist, aus unendlichen Teilen. Immer ließe die Hälfte sich wiederum teilen zur Hälfte, Ins Unendliche fort; nichts setzete Schranken den Dingen. Wäre dann Unterschied vom kleinesten Dinge zum größten? |
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nil erit ut distet; nam quamvis funditus omnis
summa sit infinita, tamen, parvissima quae sunt, ex infinitis constabunt partibus aeque. quod quoniam ratio reclamat vera negatque credere posse animum, victus fateare necessest |
Keiner fürwahr; denn obschon die Summe der sämtlichen
Dinge Selber unendlich ist, so würde das kleineste Ding doch Gleich dem Gesamten selbst aus unendlichen Teilen bestehen. Aber dagegen sträubt sich Vernunft und verweigert den Glauben Zuzusagen; du musst daher durch Gründe besieget |
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esse ea quae nullis iam praedita partibus extent
et minima constent natura. quae quoniam sunt, illa quoque esse tibi solida atque aeterna fatendum. Denique si minimas in partis cuncta resolvi cogere consuesset rerum natura creatrix, |
Eingestehn, dass es gibt, die nicht mit Teilen
begabt sind Und von der kleinsten Natur: und ist dem also, so musst du Gleichermaßen gestehn, dass sie dicht und ewig zugleich sind. Endlich wofern die Natur, der Wesen Schöpferin, alles Nicht durch ihre Gewalt auflöst' in die kleinesten Teile, |
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iam nihil ex illis eadem reparare valeret propterea quia, quae nullis sunt partibus aucta, non possunt ea quae debet genitalis habere materies, varios conexus pondera plagas concursus motus, per quas res quaeque geruntur. |
Würde sie nichts daraus auch wiederum können
ersetzen. Denn wofern es gebricht an Zufluss mehrerer Teilchen, Fehlt die gehörige Kraft, durch welche der zeugende Stoff wirkt, Fehlen Verbindungen mancherlei Art, der Trieb und die Schwere Und der Zusammenstoß, die Bewegung, die alles hervor bringt. |
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Quapropter qui materiem rerum esse putarunt ignem atque ex igni summam consistere solo, magno opere a vera lapsi ratione videntur. Heraclitus init quorum dux proelia primus, clarus <ob> obscuram linguam magis inter inanis |
Deshalb scheinet es auch, dass die, die das Feuer
als Grundstoff Aller Dinge gewähnt, aus diesem, dem einzigen Feuer, Alles lassen entstehn, sich weit von dem Wahren entfernen. Unter ihnen voran, als Held und Führer des Haufens, Steht Heraklitus; mehr berühmt ob der dunkelen Sprache |
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quamde gravis inter Graios, qui vera requirunt;
omnia enim stolidi magis admirantur amantque, inversis quae sub verbis latitantia cernunt, veraque constituunt quae belle tangere possunt auris et lepido quae sunt fucata sonore. |
Unter den eiteln Köpfen als unter den ernsteren
Griechen, Welche nach Wahrheit forschen. Denn Toren lieben am meisten Und bewundern nur das, was unter verschrobenen Worten Sie zu entdecken meinen: für wahr gilt ihnen, was irgend Schön um die Ohren klingt, geschminket mit lieblichem Wortschall. |
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Nam cur tam variae res possent esse, requiro,
ex uno si sunt igni puroque creatae? nil prodesset enim calidum denserier ignem nec rare fieri, si partes ignis eandem naturam quam totus habet super ignis haberent. |
Fragen möcht' ich, woher der Dinge Verschiedenheit
käme, Wären sie all' allein wahrhaftig aus Feuer erschaffen. Sind die Teile derselben Natur wie das Ganze des Feuers, Mag man verdichten, verdünnen, sie bleiben doch immer dieselben: |
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acrior ardor enim conductis partibus esset, languidior porro disiectis <dis>que supatis. amplius hoc fieri nihil est quod posse rearis talibus in causis, ne dum variantia rerum tanta queat densis rarisque ex ignibus esse. |
Heißer würde die Kraft bei zusammengedrängeten
Teilen, Jene gelinder sein, wo diese getrennt und zerstreut sind. Dies ist alles, was kann entstehen aus solcherlei Ursach, Doch bei weitem noch nicht, dass solche Verschiedenheit könnte Unter den Dingen sein aus dichterm und dünnerem Feuer. |
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Id quoque: si faciant admixtum rebus inane, denseri poterunt ignes rarique relinqui; sed quia multa sibi cernunt contraria quae sint et fugitant in rebus inane relinquere purum, ardua dum metuunt, amittunt vera viai |
Nähmen sie ferner noch an, dass Leeres in Dingen
gemischt sei, Könnten das Feuer sie doch bald dicht, bald dünner sich denken; Doch weil ihnen zuviel hierin, wie sie sehen, entgegen Und sie des reinen Leeren Natur erkennen nicht wollen, Scheun sie den schwierigen Pfad und verlieren darüber den wahren: |
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nec rursum cernunt exempto rebus inane omnia denseri fierique ex omnibus unum corpus, nil ab se quod possit mittere raptim, aestifer ignis uti lumen iacit atque vaporem, ut videas non e stipatis partibus esse. |
Sehen auch wieder nicht ein, dass, fehlte das
Leere den Körpern, Alles zusammengepresst zu einem Klumpen sich setzte, Der nichts könnte von sich wegschleudern, wie brennendes Feuer Licht hinschießet und um sich verströmt die feurigen Dünste: Wo du es deutlich ersiehst, dies könne nicht dichter Natur sein. |
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Quod si forte alia credunt ratione potesse ignis in coetu stingui mutareque corpus, scilicet ex nulla facere id si parte reparcent, occidet ad nihilum ni mirum funditus ardor omnis et <e> nihilo fient quae cumque creantur; |
Bilden sie aber sich ein, das Feuer könne verlöschen,
Wann es zusammen sich drängt, und zu anderem Körper sich bilden, Und behaupten sie noch, dass durchaus solches geschehe: Nun, so sinket in Nichts die gänzliche Masse des Feuers, Und es entstehet aus Nichts ein neugeschaffenes Wesen. |
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nam quod cumque suis mutatum finibus exit, continuo hoc mors est illius quod fuit ante. proinde aliquid superare necesse est incolume ollis, ne tibi res redeant ad nilum funditus omnes de nihiloque renata vigescat copia rerum. |
Denn was einmal verändert aus seinem Wesen hinausgeht,
Stirbt in dem Augenblick als das, was es eben zuvor war. Etwas muss sich vom Feuer daher festbleibend erhalten, Dass nicht alles zuletzt in Nichts zerfalle von Grund aus, Wieder aus Nichts erzeugt aufgrüne die Fülle der Dinge. |
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Nunc igitur quoniam certissima corpora quaedam
sunt, quae conservant naturam semper eandem, quorum abitu aut aditu mutatoque ordine mutant naturam res et convertunt corpora sese, scire licet non esse haec ignea corpora rerum. |
Ist es nun ausgemacht, dass bestimmte Körper
der Art sind, Die sich in ihrer Natur stets unverändert erhalten, Aber durch Trennung, Verbindung, durch Wechsel des Orts und der Lage Ändern der Dinge Natur und andre Erscheinungen machen: Dann ist's allzugewiss, dass solche nicht feuriger Art sind. |
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nil referret enim quaedam decedere, abire atque alia adtribui mutarique ordine quaedam, si tamen ardoris naturam cuncta tenerent; ignis enim foret omnimodis quod cumque crearet. verum, ut opinor, itast: sunt quaedam corpora, quorum |
Denn was läge daran, ob Teilchen sich trennten,
entfernten, Andre sich wieder verbänden und wechselten Ordnung und Lage, Wann sich des Feuers Natur doch immer in allen erhielte: Feuer könnte nur sein, was irgend aus ihnen entstünde. Aber die Sache verhält nach meiner Meinung sich also: |
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concursus motus ordo positura figurae efficiunt ignis mutatoque ordine mutant naturam neque sunt igni simulata neque ulli praeterea rei quae corpora mittere possit sensibus et nostros adiectu tangere tactus. |
Ordnung, Zusammenfluss, Bewegung einiger Körper,
Ihre verschiedne Figur und Lage bewirken das Feuer: Ändern diese, so ändert damit der Sache Natur sich. Jene Körper jedoch sind keinesweges dem Feuer Ähnlich, noch Dingen der Art, die Teilchen könnten den Sinnen Senden und unser Gefühl durch Anstoß könnten berühren. |
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dicere porro ignem res omnis esse neque ullam
rem veram in numero rerum constare nisi ignem, quod facit hic idem, perdelirum esse videtur. nam contra sensus ab sensibus ipse repugnat et labefactat eos, unde omnia credita pendent, |
Aber zu sagen, es sei das Feuer alles in allem, Nichts sei wesentlich da von den Dingen allen als Feuer, Wie es doch jener tut: das scheinet mir völliger Unsinn. Sinnen ruft er zu Hülf und streitet doch wider die Sinne; Schwächet den Glauben an die, von denen der Glaube doch ausgeht, |
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unde hic cognitus est ipsi quem nominat ignem;
credit enim sensus ignem cognoscere vere, cetera non credit, quae nilo clara minus sunt. quod mihi cum vanum tum delirum esse videtur; quo referemus enim? quid nobis certius ipsis |
Durch die selbst, wie er sagt, was er Feuer nennet, erkannt wird. Feuer, vermeint er, erkennten allein die Sinne mit Wahrheit, Alles übrige nicht, so klar es auch immer nur sein mag; Welches mir eben so leer als albern und töricht zu sein scheint. Woran hielten wir uns ? was könnt' uns ferner gewiss sein, |
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sensibus esse potest, qui vera ac falsa notemus?
Praeterea quare quisquam magis omnia tollat et velit ardoris naturam linquere solam, quam neget esse ignis, <aliam> tamen esse relinquat? aequa videtur enim dementia dicere utrumque. |
Wären die Sinne es nicht? wie bezeichnen wir
Wahres vom Falschen? Könnte man nicht vielmehr, statt alles das andre zu leugnen Und das Feuer allein zum Wesen der Dinge zu machen, Diesem seine Natur absprechen, das übrige lassen? Beides wäre jedoch zu sagen ähnliche Torheit. |
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Quapropter qui materiem rerum esse putarunt ignem atque ex igni summam consistere posse, et qui principium gignundis aera rebus constituere aut umorem qui cumque putarunt fingere res ipsum per se terramve creare |
Daher scheinen sowohl die, welche das Feuer zum
Grundstoff Aller Dinge gemacht, aus Feuer erschaffen das Ganze, Als auch, welche die Luft angeben zur zeugenden Ursach Oder aus sich das Wasser allein die sämtlichen Dinge Bilden lassen, wie die, die alles erschaffen aus Erde, |
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omnia et in rerum naturas vertier omnis, magno opere a vero longe derrasse videntur. adde etiam qui conduplicant primordia rerum aera iungentes igni terramque liquori, et qui quattuor ex rebus posse omnia rentur |
Glauben, es könn' umwandeln in alle Naturen sich
diese: Alle scheinen mir weit vom Wahren entfernet zu irren. Gleich ist jenen der Fall, die die Urelemente verdoppeln, Paaren Feuer und Luft, verbinden Wasser und Erde: Auch mit jenen, die alles aus vier Elementen hervorgehn |
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ex igni terra atque anima procrescere et imbri.
quorum Acragantinus cum primis Empedocles est, insula quem triquetris terrarum gessit in oris, quam fluitans circum magnis anfractibus aequor Ionium glaucis aspargit virus ab undis |
Lassen: aus Feuer und Luft und Erd' und Wasser
das Ganze. Diesen stehet voran Empedokles aus Agrigentum, Welchen das Eiland trug an dreifach spitziger Küste, Das, vom Ionischen Meer in weiten Bogen umflutet, Rings anspritzt mit salzigem Schlamm die bläuliche Woge. |
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angustoque fretu rapidum mare dividit undis Aeoliae terrarum oras a finibus eius. hic est vasta Charybdis et hic Aetnaea minantur murmura flammarum rursum se colligere iras, faucibus eruptos iterum vis ut vomat ignis |
Der durch den schmalen Sund sich drängende reißende
Meerstrom Trennt es von Aeolus' Land. Hier ist der Schlund der Charybdis, Hier der Aetna, drohend mit unterirdischem Donner, Wieder zu sammeln die Wut der Flammen, die Rachen aufs neue Aufzureißen, herauszuspein den gewaltigen Glutstrom |
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ad caelumque ferat flammai fulgura rursum. quae cum magna modis multis miranda videtur gentibus humanis regio visendaque fertur rebus opima bonis, multa munita virum vi, nil tamen hoc habuisse viro praeclarius in se |
Und an des Himmels Gewölbe die leuchtenden Blitze
zu schießen. Ob aus mancherlei Gründen dies Land den Völkern der Erde Als ein Wunder erscheint und wert, dass sie solches besuchen, Reich an allerlei Gut und ausgerüstet mit Männern: Hat es doch nichts, wie es scheint, das herrlicher, heiliger, teurer, Wunderbarer auch sei, in dem eigenen Schoße getragen |
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nec sanctum magis et mirum carumque videtur.
carmina quin etiam divini pectoris eius vociferantur et exponunt praeclara reperta, ut vix humana videatur stirpe creatus. Hic tamen et supra quos diximus inferiores |
Als den einzigen Mann. Ja, selber die hohen
Gesänge Seiner göttlichen Brust, die Erforschungen, die er uns kund tat, Sprechen so laut es aus, dass in seinem Gemüte man ansteht, Ob auch wirklich der Mann erzeugt aus sterblichem Blut sei. Doch hat dieser und andre, von denen zuvor wir gesprochen, |
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partibus egregie multis multoque minores, quamquam multa bene ac divinitus invenientes ex adyto tam quam cordis responsa dedere sanctius et multo certa ratione magis quam Pythia quae tripodi a Phoebi lauroque profatur, |
Ihm in mehreren Stücken so ungleich, weit ihm
geringer — Ob sie auch manches ersonnen, das wohl und von göttlichem Anhauch, Wie aus des Herzens heiligem Sitz — weit würdigern Ausspruch. Sicherer solchen erteilt als herab vom Delphischen Dreifuß Und aus dem Lorbeer Apolls die pythische Priesterin: dennoch |
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principiis tamen in rerum fecere ruinas et graviter magni magno cecidere ibi casu. Primum quod motus exempto rebus inani constituunt et res mollis rarasque relinquunt aera solem ignem terras animalia frugis |
Sind gescheitert auch sie an den ersten Gründen
der Dinge, Haben durch großen Fall die eigene Größe bezeichnet. Erstlich nehmen sie an Bewegung ohne das Leere, Lassen auch Körper zu, die weich und lockrer Natur sind: Sonne, Feuer und Luft; und Erd' und Tier' und Gewächse, |
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nec tamen admiscent in eorum corpus inane; deinde quod omnino finem non esse secandis corporibus facient neque pausam stare fragori nec prorsum in rebus minimum consistere quicquam, cum videamus id extremum cuiusque cacumen |
Ohne das Leere jedoch denselben unterzumischen.
Dann auch, weil ins Unendliche fort die Teilung sie treiben, Durchaus leugnen den Punkt, wo der Körper Zerbrechlichkeit aufhört, Auch kein Kleinstes erkennen, — obschon uns das Auge belehret, Dass die äußerste Spitze des Dings das Kleinste von ihm sei: |
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esse quod ad sensus nostros minimum esse videtur,
conicere ut possis ex hoc, quae cernere non quis extremum quod habent, minimum consistere <in illis>. Huc accedit item, quoniam primordia rerum mollia constituunt, quae nos nativa videmus |
Leicht zu schließen hieraus, was ganz unsichtbar
dem Auge Sich an das Äußerste setzt, das sei in den Dingen das Kleinste. Weiter noch halten sie auch die Uranfänge der Dinge Weicher Natur; da uns doch die Ansicht lehret, das Weiche Muss' erst werden erzeugt und sei hinfälligen Wesens. |
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esse et mortali cum corpore, funditus ut qui
debeat ad nihilum iam rerum summa reverti de nihiloque renata vigescere copia rerum; quorum utrumque quid a vero iam distet habebis. Deinde inimica modis multis sunt atque veneno |
Und so müssten zurück die Dinge nun wieder in
Nichts gehn, Müsste wieder aus Nichts aufsprossen die Fülle der Wesen: Beides doch hast du gesehn, wie es weit abweiche vom Wahren. Auch sind jene sich selbst feindselig untereinander, Sind sich auf mancherlei Art verderblich und würden daher, |
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ipsa sibi inter se; quare aut congressa peribunt
aut ita diffugient, ut tempestate coacta fulmina diffugere atque imbris ventosque videmus. Denique quattuor ex rebus si cuncta creantur atque in eas rursum res omnia dissoluuntur, |
Wenn sie zusammentreffen, sich selbst auf reiben;
vielleicht auch Würden sie eilend zerfliegen, so wie bei gedrängtem Gewitter Blitze zerfliegen und Regen und Wind vom treibenden Sturme. Endlich, wenn alles, was ist, nur aus vier Dingen entstünde Und in solche zurück auch alles sich wiederum löste: |
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qui magis illa queunt rerum primordia dici quam contra res illorum retroque putari? alternis gignuntur enim mutantque colorem et totam inter se naturam tempore ab omni. [fulmina diffugere atque imbris ventosque videmus.] |
Wie sind diese denn doch Elemente der Dinge zu
nennen, Nicht die Dinge vielmehr Elemente von ihnen? da beide Wechselnd sie sich erzeugen, Gestalt und Farbe verändern, Ja, die ganze Natur, seit allen undenklichen Zeiten. |
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sin ita forte putas ignis terraeque coire corpus et aerias auras roremque liquoris, nil in concilio naturam ut mutet eorum, nulla tibi ex illis poterit res esse creata, non animans, non exanimo cum corpore, ut arbos; |
Solltest du glauben vielleicht, es vermischten
sich Feuer und Erde Und die himmlische Luft und der Tau der reinen Gewässer So, dass nichts beim Verein in ihrer Natur sich verändre: Sage, wie könnte sich doch ein Geschöpf aus ihnen erzeugen, Nicht ein beseeltes, auch nur ein unbeseeltes, ein Baum nur? |
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quippe suam quicque in coetu variantis acervi
naturam ostendet mixtusque videbitur aer cum terra simul et quodam cum rore manere. at primordia gignundis in rebus oportet naturam clandestinam caecamque adhibere, |
Jedes behauptete stets, obgleich in gemengeten
Haufen, Seine Natur; es würde gemischt auch neben der Erde Luft sich zeigen, auch unter der Flut sich Feuer befinden. Stoffe müssen jedoch bei Erzeugung und Schaffung der Dinge Bergen ihre Natur und nicht sie bemerkbar uns machen; |
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emineat ne quid, quod contra pugnet et obstet
quo minus esse queat proprie quodcumque creatur. Quin etiam repetunt a caelo atque ignibus eius et primum faciunt ignem se vertere in auras aeris, hinc imbrem gigni terramque creari |
Dass am Erschaffenen nichts hervorzustechen vermöge,
Welches im Gegenspruch mit des Dinges eigner Natur sei. Ja, vom Himmel fangen sie an und den Feuern des Himmels: Lassen zuerst in luftigen Hauch das Feuer sich wandeln, Draus sich Regen erzeugen, aus Regen aber die Erde: |
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ex imbri retroque a terra cuncta reverti, umorem primum, post aera, deinde calorem, nec cessare haec inter se mutare, meare a caelo ad terram, de terra ad sidera mundi. quod facere haud ullo debent primordia pacto. |
Lassen dann wieder zurück von der Erde sich jegliches
wenden, Wasser zuerst, dann Luft, zuletzt das Feuer entstehen. Also im ewigen Wechsel, vom Himmel zur Erde, von dieser Wieder empor zu Gestirnen der Welt. Unmöglicherweise Dürfte jedoch dies sein der Gang ursprünglicher Körper. |
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immutabile enim quiddam superare necessest, ne res ad nihilum redigantur funditus omnes; nam quod cumque suis mutatum finibus exit, continuo hoc mors est illius quod fuit ante. quapropter quoniam quae paulo diximus ante |
Immer ein Unveränderndes muss in Dingen hervorstehn,
Dass nicht alles zuletzt in Nichts versinke von Grund aus. Denn was einmal verändert aus seinen Grenzen heraustritt, Stirbt in dem Augenblick als das, was zuvor es gewesen. Aber da diese, wovon wir eben gesprochen, sich oftmals |
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in commutatum veniunt, constare necessest ex aliis ea, quae nequeant convertier usquam, ne tibi res redeant ad nilum funditus omnis; quin potius tali natura praedita quaedam corpora constituas, ignem si forte crearint, |
Umgestalten, so müssen auch sie notwendig aus
andern Körpern wieder bestehn, die keine Veränderung leiden: Dass nicht alles zuletzt in Nichts sich wieder verkehre. Füglicher könnte man so sich der Körper Eigenschaft denken: Dass, wenn einige nun das Feuer geschaffen, dieselben |
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posse eadem demptis paucis paucisque tributis,
ordine mutato et motu, facere aeris auras, sic alias aliis rebus mutarier omnis? 'At manifesta palam res indicat' inquis 'in auras aeris e terra res omnis crescere alique; |
Könnten, bei einiger Teile Verminderung, anderer
Zusatz, Bei veränderter Folge der Ordnung, Bewegung und Lage, Luft ausbilden, und so sich andre verwandeln in andres. Aber du sagest, es ist doch augenscheinlich, dass alles Aus der Erd' aufwächst in die Luft und so sich ernähret: |
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et nisi tempestas indulget tempore fausto imbribus, ut tabe nimborum arbusta vacillent, solque sua pro parte fovet tribuitque calorem, crescere non possint fruges arbusta animantis.' scilicet et nisi nos cibus aridus et tener umor |
Und woferne das Jahr versaget gedeihliche Wittrung,
Wann nicht schwanken die Büsche, beschwert vom träufelnden Regen, Nicht ein ergiebig Geschenk von Wärme die Sonne bereitet, Wachsen die Saaten nicht auf, nicht Bäume noch lebende Wesen. Wahr ist's: kämen auch nicht dem Körper trockene Nahrung, |
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adiuvet, amisso iam corpore vita quoque omnis
omnibus e nervis atque ossibus exsoluatur; adiutamur enim dubio procul atque alimur nos certis ab rebus, certis aliae atque aliae res. ni mirum quia multa modis communia multis |
Flüssiger Trank zu Hülfe, so würd' er schwinden,
es würde Aus Gebeinen und Nerven gar bald das Leben sich lösen. Und so nähren wir uns durch gewisse Dinge; so werden Andere wieder genährt durch Gebrauch von anderen Dingen. Aber woher? als weil in den vielen verschiedenen Dingen |
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multarum rerum in rebus primordia mixta sunt, ideo variis variae res rebus aluntur. atque eadem magni refert primordia saepe cum quibus et quali positura contineantur et quos inter se dent motus accipiantque; |
Vielerlei Grundstoff liegt, der mehreren Dingen
gemein ist; Und so mag das Verschiedene sich vom Verschiedenen nähren. Noch liegt mächtig daran, mit welchem die nämlichen Stoffe In der Verbindung stehn, die Lage, die wechselnde Wirkung; |
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namque eadem caelum mare terras flumina solem
constituunt, eadem fruges arbusta animantis, verum aliis alioque modo commixta moventur. quin etiam passim nostris in versibus ipsis multa elementa vides multis communia verbis, |
Denn aus ähnlichem Stoff sind Erd' und Himmel
gebildet, Und die Sonn' und das Meer; aus ähnlichem Pflanzen und Tiere: Nur der verschiedene Grad verschiedener Mischung bestimmt sie. Ja, du kannst es sogar in unsern Versen bemerken, Wo viel Lettern du siehst, die mehreren Worten gemein sind; |
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cum tamen inter se versus ac verba necessest
confiteare et re et sonitu distare sonanti. tantum elementa queunt permutato ordine solo; at rerum quae sunt primordia, plura adhibere possunt unde queant variae res quaeque creari. |
Und doch musst du gestehn, dass Worte sowohl
als die Verse Nicht sich gleichen im Ton, noch nach dem verschiedenen Inhalt. Solches vermögen allein durch veränderte Stellung die Lettern: Wie weit mehreres noch gewähren die Stoffe der Dinge, Durch der Verbindungen Zahl verschiedene Wesen zu schaffen. |
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Nunc et Anaxagorae scrutemur homoeomerian quam Grai memorant nec nostra dicere lingua concedit nobis patrii sermonis egestas, sed tamen ipsam rem facilest exponere verbis. principio, rerum quam dicit homoeomerian, |
Lass die Homöomerie des Anaxagoras jetzt uns Auch noch beleuchten! So nennt der Grieche sie; aber die Armut Unserer Sprache versaget das Wort, die Sache zu nennen, Fällt es auch gleich nicht schwer, sich auszulegen mit Worten Jene Homöomerie als Grundursache der Dinge. |
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ossa videlicet e pauxillis atque minutis ossibus hic et de pauxillis atque minutis visceribus viscus gigni sanguenque creari sanguinis inter se multis coeuntibus guttis ex aurique putat micis consistere posse |
Alles, so sagt er, sei in den kleinsten Teilen
sich ähnlich: Knochen nämlich entstünden aus kleinen winzigen Knöchlein, Und die innern Teil' aus den kleinsten inneren Teilen; So auch das Blut aus vielen zusammengeronnenen Tröpflein Blutes; die Luft aus Pünktchen der Luft; aus kleineren Schollen |
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aurum et de terris terram concrescere parvis,
ignibus ex ignis, umorem umoribus esse, cetera consimili fingit ratione putatque. nec tamen esse ulla de parte in rebus inane concedit neque corporibus finem esse secandis. |
Könnte die Erd' erwachsen; aus Fünkchen Feuers
das Feuer; Wasser aus Wassertröpfchen. So lässt er die übrigen Dinge Alle auf ähnliche Art in seinen Gedanken entstehen. Aber er leugnet durchaus die Natur des Leeren in Dingen, Noch gibt Grenzen er zu, die der Körper Teilung gesetzt sind. |
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quare in utraque mihi pariter ratione videtur
errare atque illi, supra quos diximus ante. Adde quod inbecilla nimis primordia fingit; si primordia sunt, simili quae praedita constant natura atque ipsae res sunt aequeque laborant |
Solchergestalt nun scheinet er mir in beidem
mit jenen, Die wir oben benannt, auf ähnliche Weise zu irren. Überdies denkt er sich auch die Grundelemente der Dinge Viel zu gebrechlich und schwach, wenn anders Stoffe sie heißen. Sie, die den Dingen selbst durchaus an Beschaffenheit gleich sind, |
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et pereunt, neque ab exitio res ulla refrenat.
nam quid in oppressu valido durabit eorum, ut mortem effugiat, leti sub dentibus ipsis? ignis an umor an aura? quid horum? sanguen an ossa? nil ut opinor, ubi ex aequo res funditus omnis |
Leiden wie diese, vergehn, dass nichts vom Verderben
sie abhält. Sprich, was möchte hiervon beim Drucke gewaltiger Kräfte Noch ausdauern, dem Tod zu entfliehn, ihm unter den Zähnen? Feuer? Wasser? die Luft? was sonst? das Blut? und die Knochen? Nichts, wie immer mich deucht; denn billig sind ja die Teile |
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tam mortalis erit quam quae manifesta videmus
ex oculis nostris aliqua vi victa perire. at neque reccidere ad nihilum res posse neque autem crescere de nihilo testor res ante probatas. Praeterea quoniam cibus auget corpus alitque, |
Eben vergänglich wie das, was überwiegende
Kräfte |
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scire licet nobis venas et sanguen et ossa <.....> sive cibos omnis commixto corpore dicent esse et habere in se nervorum corpora parva ossaque et omnino venas partisque cruoris, fiet uti cibus omnis et aridus et liquor ipse |
Ist es auch klar, dass Blut und Geäder und Knochen
und Nerven Aus fremdartigen Teilen bestehn: denn möchte man sagen, Dass die Speisen vielmehr vermischete Körper enthalten, Kleine Teile von Knochen, Geäder und Nerven und Blute: Würde nur folgen daraus, dass Trank und Speise nun selber |
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ex alienigenis rebus constare putetur, ossibus et nervis sanieque et sanguine mixto. Praeterea quae cumque e terra corpora crescunt, si sunt in terris, terram constare necessest ex alienigenis, quae terris exoriuntur. |
Aus fremdartigen Dingen zusammengesetzet erscheinen,
Nämlich aus Knochen und Nerven, gemischt mit Adern und Blute. Ebenso ist's mit dem übrigen auch, was wächst aus der Erde; Ist's in der Erde bereits, so muss die Erde bestehen Aus fremdartigen Teilen, die aus ihr selber hervorgehn. |
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transfer item, totidem verbis utare licebit:
in lignis si flamma latet fumusque cinisque, ex alienigenis consistant ligna necessest, praeterea tellus quae corpora cumque alit auget <.....> ex alienigenis, quae lignis exoriuntur. |
Wend es auf jegliches an, es gelten dieselbigen
Worte: Sind in dem Holze Flammen und Rauch und Asche verstecket, Nun, so bestehet das Holz aus ihm fremdartigen Teilen, Aus fremdartigen Teilen, die aus dem Holze hervorgehn. |
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Linquitur hic quaedam latitandi copia tenvis,
id quod Anaxagoras sibi sumit, ut omnibus omnis res putet inmixtas rebus latitare, sed illud apparere unum, cuius sint plurima mixta et magis in promptu primaque in fronte locata. |
Zwar zur Ausflucht bleibt ihm hier ein Winkel
noch offen, Dessen er auch sich bedient, indem er alles in allem Mischen sich lässt auf verborgene Art: doch zeige sich das nur, Was in der Mischung das mehreste sei, am meisten hervorsticht Und am leichtesten hin nach der Oberfläche sich wendet. |
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quod tamen a vera longe ratione repulsumst; conveniebat enim fruges quoque saepe, minaci robore cum in saxi franguntur, mittere signum sanguinis aut aliquid, nostro quae corpore aluntur. cum lapidi in lapidem terimus, manare cruorem |
Aber die Wahrheit stößet zurück auch diese Behauptung:
Müssten die Früchte nicht oft, von des Mühlsteins Kräften zermalmet, Zeichen geben des Bluts, vielleicht auch anderer Dinge, Die der Körper ernährt? Vom Stein am Steine gerieben Flösse wieder das Blut: auch würd' auf nämliche Art oft |
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consimili ratione herbis quoque saepe decebat,
et latices dulcis guttas similique sapore mittere, lanigerae quali sunt ubere lactis, scilicet et glebis terrarum saepe friatis herbarum genera et fruges frondesque videri |
Kräutern enttröpfeln der Saft, an Geschmack und
Süße vergleichbar Jenem, welchen im Euter verbirgt das wollige Schafvieh. Ja, oft würden sich auch in zerriebenen Schollen der Erde Kräuter verschiedener Art und Körner zeigen und Zweige, |
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dispertita inter terram latitare minute, postremo in lignis cinerem fumumque videri, cum praefracta forent, ignisque latere minutos. quorum nil fieri quoniam manifesta docet res, scire licet non esse in rebus res ita mixtas, |
Hin und wieder zerstreut, klein untergestecket
dem Erdreich. Und es wäre zuletzt selbst in dem gesplissenen Holze Rauch und Asche zu sehn und kleine verborgene Funken. Aber da augenscheinlich hievon sich nirgends nichts kund tut, Ist es begreiflich und klar, dass so nicht die Dinge gemischt sind: |
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verum semina multimodis inmixta latere multarum rerum in rebus communia debent. 'At saepe in magnis fit montibus' inquis 'ut altis arboribus vicina cacumina summa terantur inter se validis facere id cogentibus austris, |
Sondern es müssen vielmehr verschiedene Samen
der Dinge Vielen Dingen gemein verborgener Weise gemischt sein. Aber, sagst du, geschieht es nicht oft auf hohen Gebirgen, Dass die erhabenen Gipfel benachbarter Bäume, vom Südwind Angeregt, sich entzünden, indem mit Gewalt er sie anreibt, |
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donec flammai fulserunt flore coorto.' scilicet et non est lignis tamen insitus ignis, verum semina sunt ardoris multa, terendo quae cum confluxere, creant incendia silvis. quod si facta foret silvis abscondita flamma, |
Bis die Flamme zuletzt in lichter Lohe herausschlägt?
Wohl, das weiß ich: das Feuer jedoch wohnt selber im Holz nicht; Samen der Hitze sind's, die, durch das gewaltige Reiben Häufig zusammengeführt, den Brand erzeugen im Walde. Wär' in den Bäumen bereits versteckt die gebildete Flamme, |
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non possent ullum tempus celarier ignes, conficerent volgo silvas, arbusta cremarent. iamne vides igitur, paulo quod diximus ante, permagni referre eadem primordia saepe cum quibus et quali positura contineantur |
Könnte fürwahr sie sich nicht nur Augenblicke
verbergen, Sondern sie griff' umher, verzehrete Wald und Gebüsche. Also bemerkest du wohl, was eben zuvor ich berühret, Sehr viel liege daran, mit welchen die nämlichen Stoffe Seien verbunden und wie in der Lage zusammen sie treffen, |
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et quos inter se dent motus accipiantque, atque eadem paulo inter se mutata creare ignes et lignum? quo pacto verba quoque ipsa inter se paulo mutatis sunt elementis, cum ligna atque ignes distincta voce notemus. |
Welche Bewegung und Stoß sie wechselseitig sich
geben. Eine geringe Veränderung nur derselbigen Stoffe Schaffet Feuer aus Holz: beinah auf die nämliche Weise, Wie man aus ähnlichen Lettern, nur durch die geringe Versetzung, Worte bildet verschiedenen Lauts, verschiedner Bedeutung. |
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Denique iam quae cumque in rebus cernis apertis
si fieri non posse putas, quin materiai corpora consimili natura praedita fingas, hac ratione tibi pereunt primordia rerum: fiet uti risu tremulo concussa cachinnent |
Glaubest du endlich, die Dinge, die wir mit den
Augen erkennen, Könnten nicht anders entstehn, als wenn der Materie Körper Ähnlich mit ihnen und gleicher Natur und gleicher Gestalt sind, Nun, so tue Verzicht auf alles, was Stoffe wir nennen: Bald auch werden sie noch auflachen mit schütterndem Kichern |
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et lacrimis salsis umectent ora genasque. Nunc age, quod super est, cognosce et clarius audi. nec me animi fallit quam sint obscura; sed acri percussit thyrso laudis spes magna meum cor et simul incussit suavem mi in pectus amorem |
Oder mit salziger Flut Gesicht und Wange benetzen. Auf, und vernimm das übrige noch in hellerem Tone! Zwar, ich weiß es zu wohl, wie schwierig die Dinge: doch stechend Hat mit dem Thyrsus durchbohrt die Hoffnung des Lobes das Herz mir; Und sie hat mir zugleich in die Brust getrieben der Musen |
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Musarum, quo nunc instinctus mente vigenti avia Pieridum peragro loca nullius ante trita solo. iuvat integros accedere fontis atque haurire iuvatque novos decerpere flores insignemque meo capiti petere inde coronam, |
Süßes Verlangen, wovon ich angeregt und begeistert
Ungebahnte Gefilde der Pieriden durchwandre, Die kein Fuß noch betrat: die ungekosteten Quellen Will ich suchen und schöpfen und neue Blumen mir brechen, Meinem Scheitel daraus den herrlichen Kranz zu bereiten, |
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unde prius nulli velarint tempora Musae; primum quod magnis doceo de rebus et artis religionum animum nodis exsolvere pergo, deinde quod obscura de re tam lucida pango carmina musaeo contingens cuncta lepore. |
Womit keinem zuvor die Muse die Schläfe verhüllt
hat. Denn ich singe vorerst von erhabenen Dingen und suche Aus dem verstricketen Netz der Religionen die Seele Loszuwinden; und dann verbreit' ich noch über das Dunkle Lichten Gesang, mit dem Reiz der Musen alles besprengend; |
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id quoque enim non ab nulla ratione videtur;
sed vel uti pueris absinthia taetra medentes cum dare conantur, prius oras pocula circum contingunt mellis dulci flavoque liquore, ut puerorum aetas inprovida ludificetur |
Denn auch dieses ist nicht, wie es scheint, ohn'
alle Bedeutung: Sondern wie heilende Ärzte, wann Kindern sie widrigen Wermut Wagen zu reichen, zuvor den Rand des Bechers benetzen Mit dem gelblichen Safte des süßen Honigs, damit sie Täuschen den unvorsichtigen Sinn und die kindische Lippe, |
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labrorum tenus, interea perpotet amarum absinthi laticem deceptaque non capiatur, sed potius tali facto recreata valescat, sic ego nunc, quoniam haec ratio plerumque videtur tristior esse quibus non est tractata, retroque |
Die indessen verschlucket den Trank des bitteren
Wermuts Und durch solches Benehmen getäuscht und doch nicht betrogen, Sondern vielmehr erquickt Gesundheit und Leben empfanget. Also nunmehr auch ich, da den meisten widrig und herb scheint Diese Lehre, die nicht hinlänglich von ihnen erforscht ist, |
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volgus abhorret ab hac, volui tibi suaviloquenti
carmine Pierio rationem exponere nostram et quasi musaeo dulci contingere melle, si tibi forte animum tali ratione tenere versibus in nostris possem, dum perspicis omnem |
Und der Pöbel davor zurücke schaudert: so wollt'
ich Im süßredenden Liede der Pieriden die Gründe Dir auslegen und gleichsam besprengen mit Honig der Musen, Ob es auf diese Weise vielleicht mir möge gelingen, Fest dir zu halten den Geist in meinen Versen, bis ganz du |
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naturam rerum qua constet compta figura. Sed quoniam docui solidissima materiai corpora perpetuo volitare invicta per aevum, nunc age, summai quaedam sit finis eorum necne sit, evolvamus; item quod inane repertumst |
Schauest der Dinge Natur und ihre geschmückete
Bildung. Hab' ich dir also gezeigt, dass die dichten Körper des Urstoffs, Unüberwunden durch Zeit, in steter Bewegung sich treiben; Lass uns entwickeln an jetzt, ob die Summe derselben begrenzt sei Oder ob unbegrenzt? ob das Leere, das von uns erforscht ward, |
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seu locus ac spatium, res in quo quaeque gerantur,
pervideamus utrum finitum funditus omne constet an immensum pateat vasteque profundum. Omne quod est igitur nulla regione viarum finitumst; namque extremum debebat habere. |
Heiß' es Raum oder Ort, worinnen sich alles
ereignet, Ob durchaus es beschränkt und endlich in seiner Natur sei Oder sich ohne Maß aufschließt in grenzlosen Tiefen? Aber es ist das All von keiner Seite begrenzet: Wär' es, so müsst' ein Äußerstes sein; doch scheint es, dass nirgends |
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extremum porro nullius posse videtur esse, nisi ultra sit quod finiat, ut videatur quo non longius haec sensus natura sequatur. nunc extra summam quoniam nihil esse fatendum, non habet extremum, caret ergo fine modoque. |
Könn' ein Äußerstes sein, wo sich nicht ein endlicher
Punkt zeigt, Über welchen hinaus nicht weiter die Kräfte des Sinns gehn. Aber da außer dem All nichts ferner sich lasset gedenken, Ist kein Äußerstes da, kein Maß noch Ende der Dinge. |
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nec refert quibus adsistas regionibus eius; usque adeo, quem quisque locum possedit, in omnis tantundem partis infinitum omne relinquit. Praeterea si iam finitum constituatur omne quod est spatium, si quis procurrat ad oras |
Sei wo du willst in ihm, und in welchen Gegenden,
immer Wird von dem Ort, wo du bist, sich eben dieselbige Weite, Sich ein unendliches All nach allen Seiten erstrecken. Nimm, es wäre der Raum des Alls in Grenzen geschlossen: Würde, wer sich zum äußersten Rand desselben erhübe, |
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ultimus extremas iaciatque volatile telum, id validis utrum contortum viribus ire quo fuerit missum mavis longeque volare, an prohibere aliquid censes obstareque posse? alterutrum fatearis enim sumasque necessest. |
Einen beflügelten Pfeil von da zu werfen; obgleich er Diesen mit angestrengeter Kraft fortschleuderte; würd' er Solchen weiter hinaus, wohin er ihn sendete, treiben, Oder würde zuletzt ihn etwas hindern und obstehn? Eines oder das andere musst durchaus du bekennen: |
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quorum utrumque tibi effugium praecludit et omne cogit ut exempta concedas fine patere. nam sive est aliquid quod probeat efficiatque quo minus quo missum est veniat finique locet se, sive foras fertur, non est a fine profectum. |
Jegliches sperrt den Ausgang dir; und es zwingt zum Geständnis, Dass ein unendliches All ohn' alle Schranken sich öffne. Immer würde ja sonst der Wechsel bleiben: entweder, Dass so ein Etwas sei, das den Pfeil zu fliegen verhindre. Nicht zu gelangen dahin zu dem Ziel, nach dem er gesandt ward; Oder auch, flog er hinan, so kam er vom äußersten Rand nicht. |
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hoc pacto sequar atque, oras ubi cumque locaris extremas, quaeram: quid telo denique fiet? fiet uti nusquam possit consistere finis effugiumque fugae prolatet copia semper. Praeterea spatium summai totius omne |
Immer verfolg' ich dich so: wohin du das äußerste Ziel steckst,
Werd ich dich immer befragen, was sei aus dem Pfeile geworden ? Bis du erkennest zuletzt, dass nirgends ein Ende bestehn kann, Dass der unendliche Raum die Flucht nur immer erweitert. Wäre noch, ferner, der Raum des Ganzen in sichere Grenzen |
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undique si inclusum certis consisteret oris finitumque foret, iam copia materiai undique ponderibus solidis confluxet ad imum nec res ulla geri sub caeli tegmine posset nec foret omnino caelum neque lumina solis, |
Eingeschlossen, beschränkt von allen Seiten und endlich,
Dann so hätte die Masse des Stoffs durch eigene Last sich Längst zu Boden gesenkt und wäre zusammengeflossen; Nichts könnt' unter dem Dache des Himmels sich weiter ereignen; Ja, der Himmel wäre dann nicht, noch die leuchtende Sonne: |
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quippe ubi materies omnis cumulata iaceret ex infinito iam tempore subsidendo. at nunc ni mirum requies data principiorum corporibus nullast, quia nil est funditus imum, quo quasi confluere et sedes ubi ponere possint. |
Alle Materie lag' seit schon undenklichen Zeiten Fest im Klumpen vereint, in den sie sich niedergesenket. Aber anjetzt — da nirgends die Ruhe den zeugenden Körpern Zugestanden, indem durchaus kein Unterstes da ist, Wo sie zusammenfließen und Sitz erhalten sie könnten — |
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semper in adsiduo motu res quaeque geruntur partibus <in> cunctis, infernaque suppeditantur ex infinito cita corpora materiai. Postremo ante oculos res rem finire videtur; aer dissaepit collis atque aera montes, |
Werden in unaufhörlichem Trieb die sämtlichen Dinge Immer erregt von jeglicher Seite, die Körper des Urstoffs Auch von unten herauf, aus unendlichen Tiefen geführet. Letztlich sehen wir noch, wie eins vom andern begrenzt wird: Luft begrenzet die Berge, hinwieder die Berge den Luftraum; |
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terra mare et contra mare terras terminat omnis; omne quidem vero nihil est quod finiat extra. est igitur natura loci spatiumque profundi, quod neque clara suo percurrere fulmina cursu perpetuo possint aevi labentia tractu |
Erde begrenzet das Meer, das Meer umschließet die Erde. Aber was sollt' umgrenzen das All? — Die glänzenden Flüsse, Wann im beständigen Zuge sie Ewigkeiten durchströmten, Könnten sie nicht des Raums unendliche Tiefen durchlaufen; |
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nec prorsum facere ut restet minus ire meando; usque adeo passim patet ingens copia rebus finibus exemptis in cunctas undique partis. Ipsa modum porro sibi rerum summa parare ne possit, natura tenet, quae corpus inane |
Ja, es würden von ihnen des Fortschritts Spuren nicht merkbar. Also dehnt unermesslich sich aus die Fülle des Daseins, Aller Grenzen beraubt, und hin nach jeglicher Seite. Selbst der Dinge Natur versaget dem Ganzen Beschränktheit, |
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et quod inane autem est finiri corpore cogit, ut sic alternis infinita omnia reddat, aut etiam alterutrum, nisi terminet alterum eorum, simplice natura pateat tamen inmoderatum, nec mare nec tellus neque caeli lucida templa |
Da sie die Körper mit Leerem, das Leere wieder mit Körpern Einschließt, wechselnd dadurch sie beide der Grenzen beraubt hat. Setzte durch seine Natur nicht eines dem andern die Schranken, Und es täte sich doch unermesslich die Leere des Raums auf, Könnten dann Erd' und Meer und die leuchtenden Himmelsgewölbe, |
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nec mortale genus nec divum corpora sancta exiguum possent horai sistere tempus; nam dispulsa suo de coetu materiai copia ferretur magnum per inane soluta, sive adeo potius numquam concreta creasset |
Ja, der Menschen Geschlecht, die heiligen Leiber der Götter Nur die geringste Frist einer einzigen Stunde bestehen? Haufen des Stoffes würden von allgemeinerer Masse Abgestoßen, zerstreut in dem großen Leeren sich treiben; Oder es hätte vielmehr, zu Erschaffung der Dinge, der Urstoff |
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ullam rem, quoniam cogi disiecta nequisset. nam certe neque consilio primordia rerum ordine se suo quaeque sagaci mente locarunt nec quos quaeque <darent motus pepigere profecto> sed quia multa modis multis mutata per omne |
Nie sich zusammengefügt, weil nichts in Banden ihn festhielt.
Denn in der Tat, mit Bedacht und wohlüberlegeter Weise Haben die Stoffe sich nicht in gehörige Ordnung verfüget Noch den Vertrag gemacht zu Bewegungen untereinander: Sondern da viele davon auf mancherlei Weise verändert, |
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ex infinito vexantur percita plagis, omne genus motus et coetus experiundo tandem deveniunt in talis disposituras, qualibus haec rerum consistit summa creata, et multos etiam magnos servata per annos |
Im unendlichen All durch Stöße getrieben, sich banden, Jegliche Art des Vereins und jede Bewegung versuchend, Sind sie endlich dadurch in solcherlei Lage gekommen, Durch die jetzo besteht die Summe geschaffener Wesen. Da nun alles einmal zur schicklichen Ordnung gelangt war |
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ut semel in motus coniectast
convenientis, efficit ut largis avidum mare fluminis undis integrent amnes et solis terra vapore fota novet fetus summissaque gens animantum floreat et vivant labentis aetheris ignes. |
Und sich in dieser erhielt im Lauf unendlicher Jahre, Sehen die Flüsse wir nun mit reichlichem Strome der Wasser Nähren das unersättliche Meer; von der Sonne gebrütet Ihre Geburten die Erd' erneuen; der Tiere Geschlechter Froh aufblühn, und belebt hinwandeln die Lichter des Aethers. |
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quod nullo facerent pacto, nisi materiai ex infinito suboriri copia posset, unde amissa solent reparare in tempore quaeque. nam vel uti privata cibo natura animantum diffluit amittens corpus, sic omnia debent |
Nimmer vermöchten sie das, fänd nicht ein ewiger Zufluss
Neuer Materie statt, das Verlorene stets zu ergänzen. So wie der Nahrung beraubt hinschwindet das Leben der Tiere Und sich der Körper verzehrt, so müsste sich alles verzehren, |
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dissolui simul ac defecit suppeditare materies aliqua ratione aversa viai. nec plagae possunt extrinsecus undique summam conservare omnem, quae cumque est conciliata. cudere enim crebro possunt partemque morari, |
Wann der zeugende Stoff, vom richtigen Wege geleitet, Irgend aus einem Grund nicht immer die Nahrung gewährte. Selbst auch der äußere Stoß der Elemente vermag nicht Diese vereinete Masse der Dinge zusammenzuhalten: Könnte davon sich ein Teil, durch wiederholete Schläge |
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dum veniant aliae ac suppleri summa queatur; inter dum resilire tamen coguntur et una principiis rerum spatium tempusque fugai largiri, ut possint a coetu libera ferri. quare etiam atque etiam suboriri multa necessest, |
Aufgehalten, verweilen, bis andre sie wieder ersetzen, Würden zurückzuspringen sie doch zuweilen genötigt, Würden den Stößen zugleich sie Raum und Gelegenheit schaffen, Dass sie ergriffen die Flucht und los von der Masse sich trieben. Immer ist also vonnöten des Stoffes ergiebiger Zufluss: |
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et tamen ut plagae quoque possint suppetere ipsae, infinita opus est vis undique materiai. Illud in his rebus longe fuge credere, Memmi, in medium summae quod dicunt omnia niti atque ideo mundi naturam stare sine ullis |
Ja, damit es auch nicht an Zutrieb fehle von außen, Brauchet die Urmaterie stets unendlichen Vorrat. Hüte vor allem dich nur, in die Meinung jener zu fallen, Welche glauben, dass alles allein hinstrebe nach einem Mittelpunkte der Welt; und deshalb könne der Weltraum |
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ictibus externis neque quoquam posse resolvi summa atque ima, quod in medium sint omnia nixa, (ipsum si quicquam posse in se sistere credis): et quae pondera sunt sub terris omnia sursum nitier in terraque retro requiescere posta, |
Frei bestehen für sich, ohn' allen äußeren Antrieb: |
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ut per aquas quae nunc rerum simulacra videmus; et simili ratione animalia suppa vagari contendunt neque posse e terris in loca caeli reccidere inferiora magis quam corpora nostra sponte sua possint in caeli templa volare; |
Etwa so, wie in der Flut sich zeigen die Bilder der Dinge?
Auch auf männliche Art, behaupten sie, gingen die Tiere Aufrecht unten und fielen von da in den unteren Himmel Ebenso wenig hinab, als wir in den oberen Luftraum Aufzuschwingen uns selbst mit unserem Körper vermögen. |
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illi cum videant solem, nos sidera noctis cernere et alternis nobiscum tempora caeli dividere et noctes parilis agitare diebus. sed vanus stolidis haec <...> amplexi quod habent perv <...> |
Diesen scheine die Sonne, wann wir die Gestirne der Nacht
sehn, Und sie teilten mit uns abwechselnd die Zeiten des Himmels; Ihre Dauer der Nacht gleich' unserer Dauer des Tages. Aber ein eitler Wahn verführet die törichten Menschen, Weil anfänglich bereits verkehrt sie die Straße genommen. |
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nam medium nihil esse potest <...> infinita; neque omnino, si iam <medium sit>, possit ibi quicquam consistere <...> quam quavis alia longe ratione <...> omnis enim locus ac spatium, quod in<ane vocamus>, |
Ist bei unendlichem Raum noch irgend an Mitte zu denken? Fand' auch wirklich sie statt, wie sollte deswegen sich etwas Mehr ansetzen daselbst und dort auch lieber bekleiben Als an jeglichem Ort, der noch so entfernet von da ist? Denn es müssen der Raum und der Ort, den Leeres wir nennen, |
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per medium, per non medium, concedere <debet> aeque ponderibus, motus qua cumque feruntur. nec quisquam locus est, quo corpora cum venerunt, ponderis amissa vi possint stare <in> inani; nec quod inane autem est ulli subsistere debet, |
Sei es die Mitte, sei sie es nicht, auf ähnliche Weise Weichen jedem Gewicht, wo immer dasselbe sich hinträgt. Nirgends auch ist ein Punkt, wo die Körper, beraubet der Schwerkraft, Sind sie dahin gelangt, frei könnten sich halten im Leeren: Auch ist nirgends das Leere zur Unterstützung der Dinge, |
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quin, sua quod natura petit, concedere pergat. haud igitur possunt tali ratione teneri res in concilium medii cuppedine victae. Praeterea quoniam non omnia corpora fingunt in medium niti, sed terrarum atque liquoris |
Sondern dass seine Natur den Durchgang jedem gewähre. Nicht aus dem Grunde daher, als besiegt von Lust nach der Mitte, Werden in ihrer Verbindung zusammengehalten die Dinge. Übrigens sagen sie selbst, nicht sämtliche Stoffe besäßen Nach der Mitte den Trieb; nur Stoffe der Erde, des Wassers, |
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umorem ponti magnasque e montibus undas, et quasi terreno quae corpore contineantur, at contra tenuis exponunt aeris auras et calidos simul a medio differrier ignis, atque ideo totum circum tremere aethera signis |
Und die Wogen des Meers und die bergabströmenden Flüsse; Gleichsam alles nur das, was aus irdischem Körper bestehet. Aber die dünnere Luft und Feuer, sagen sie ferner, Strebe vom Mittelpunkte hinweg: drum flimmre der Aether Rings von leuchtenden Sternen, und darum nähre die Sonne |
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et solis flammam per caeli caerula pasci,
quod calor a medio fugiens se ibi conligat omnis, nec prorsum arboribus summos frondescere ramos posse, nisi a terris paulatim cuique cibatum <.....> |
Ihre Flammen im Himmelsblau: weil jegliche Hitze Auf von der Mitte fliehend sich dort als Feuer versammle. Also nährten sich auch aus der Erde die lebenden Wesen, Und es könnte der Baum nicht grünen empor zu der Spitze, Flöss' aus der Erd' ihm nicht allmählich der nährende Saft zu. |
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<.....> <.....> <.....> <.....> <.....> |
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<.....> <.....> ne volucri ritu flammarum moenia mundi diffugiant subito magnum per inane soluta et ne cetera consimili ratione sequantur |
Aber, sagen sie noch, das All umschließet der Himmel, Dass nicht die Feste der Welt, wie flüchtige Flammen mit einmal Aufgelöset, zerflieg' im großen unendlichen Leeren Und ihr folge das übrige noch auf ähnliche Weise, Oben herab einbrechen des Himmels Donnergewölbe |
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neve ruant caeli tonitralia templa superne terraque se pedibus raptim subducat et omnis inter permixtas rerum caelique ruinas corpora solventes abeat per inane profundum, temporis ut puncto nihil extet reliquiarum |
Und sich eilig entzieh' den Füßen die Erde, dass unter Allgemeinem Ruin der Erd' und des Himmels sich alles, Aufgelöst in die Stoffe, zerstreu' im unendlichen Weltraum: So, dass im Augenblicke der Zeit nichts ferner zurückbleibt |
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desertum praeter spatium et primordia caeca. nam qua cumque prius de parti corpora desse constitues, haec rebus erit pars ianua leti, hac se turba foras dabit omnis materiai. Haec sic pernosces parva perductus opella; |
Als ein verödeter Raum und die blinden Körper des Urstoffs.
Denn wo irgend zuerst die Grundmaterie nachlässt, Da eröffnet sich auch den Dingen die Pforte des Todes, Und es drängt sich hinaus der ganze versammelte Urstoff. Hast du, mein Memmius, dies, von geringem Bemühen geleitet, |
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namque alid ex alio clarescet nec tibi caeca nox iter eripiet, quin ultima naturai pervideas: ita res accendent lumina rebus. |
Völlig erkannt — denn eins wird heller dir werden durchs
andre —, Dann wird finstere Nacht dir nicht die Wege bedecken, Dass zum Verborgensten nicht der Natur du solltest gelangen: Also zündet ein Ding dem andern Dinge das Licht an. |
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