9. Raub der Proserpina (5,385-424) | ||
Haud procul Hennaeis
lacus est a moenibus altae, nomine Pergus, aquae: non illo plura Caystros carmina cycnorum labentibus audit in undis. silva coronat aquas cingens latus omne suisque frondibus ut velo Phoebeos submovet ictus; |
Mit tiefgehender Flut
liegt nahe den Mauern von Henna, Pergus genannt, ein See. Mehr Sänge von Schwänen als dieser Hört selbst nicht in dem Strom hingleitender Wellen Kaystros. Rings das Ufer entlang kränzt Wald die Gewässer und wehret Phoibos' glühendem Stich mit dem Laub wie mit schützendem Vorhang. |
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frigora dant rami, Tyrios
humus umida flores: perpetuum ver est. quo dum Proserpina luco ludit et aut violas aut candida lilia carpit, dumque puellari studio calathosque sinumque inplet et aequales certat superare legendo, |
Kühlung beut das
Gezweig, und die Au nährt purpurne Blumen. Ständiger Frühling herrscht. Wie Proserpina dort in dem Haine Spielt' und Violen sich bald, bald silberne Lilien pflückte, Und sich in kindlicher Lust anfüllte den Korb und den Busen Und es im Sammeln zuvortun wollte den anderen Mädchen, |
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paene simul visa est
dilectaque raptaque Diti: usque adeo est properatus amor. dea territa maesto et matrem et comites, sed matrem saepius, ore clamat, et ut summa vestem laniarat ab ora, collecti flores tunicis cecidere remissis, |
Schaut und begehrt und
entführt sie Dis, fast alles auf einmal. So ist die Liebe beeilt. Bang ruft die erschrockene Göttin Mutter und Freundinnen an um Schutz, doch öfter die Mutter; Und wie sie klagend das Kleid von dem oberen Saume zerrissen, Fielen herab aus dem losen Gewand die gesammelten Blumen, |
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tantaque simplicitas
puerilibus adfuit annis, haec quoque virgineum movit iactura dolorem. raptor agit currus et nomine quemque vocando exhortatur equos, quorum per colla iubasque excutit obscura tinctas ferrugine habenas, |
Und so zeigte sich noch
in dem kindlichen Alter die Einfalt: Dieser Verlust auch füllte mit Schmerz die Seele der Jungfrau. Rasch hin jagte der Dieb, und jegliches rufend mit Namen Trieb er die Rosse zur Hast und schüttelte kräftig die Zügel Dunkel wie Eisen gefärbt auf Hälsen und Mähnen der Renner. |
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perque lacus altos et
olentia sulphure fertur stagna Palicorum rupta ferventia terra et qua Bacchiadae, bimari gens orta Corintho, inter inaequales posuerunt moenia portus. |
Durch tiefgründende Seen
hin eilt er und durch der Paliken Schwefeldünstigen Pfuhl, der kocht aus geborstenem Boden, Und wo Bacchis' Geschlecht, von der doppelumwogten Corinthus. Stammend, erbaute die Stadt in der Mitt unähnlicher Häfen. |
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10. Cyane (409-437) | ||
Est medium Cyanes et
Pisaeae Arethusae, |
Zwischen Cyane liegt
und Pisas Quell Arethusa, |
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quod coit angustis inclusum
cornibus aequor: hic fuit, a cuius stagnum quoque nomine dictum est, inter Sicelidas Cyane celeberrima nymphas. gurgite quae medio summa tenus exstitit alvo adgnovitque deam 'ne' c 'longius ibitis!' inquit; |
Eine geschlossene Bucht,
die ragende Hörner verengen. Dort war jene, von der den Namen empfangen der Weiher, Kyane, hochberühmt vor allen sizilischen Nymphen. Die, aus der Mitte der Flut sich bis an die Hüften erhebend, Hatte die Göttin erkannt und rief: 'Nicht weiter des Weges! |
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'non potes invitae Cereris
gener esse: roganda, non rapienda fuit. quodsi conponere magnis parva mihi fas est, et me dilexit Anapis; exorata tamen, nec, ut haec, exterrita nupsi.' dixit et in partes diversas bracchia tendens |
Darfst du Ceres zum Trotz
ihr Eidam werden? Nur Bitten Standen dir zu, nicht Raub. Wofern mit Großem Geringes Mir zu vergleichen vergönnt: um mich auch freiet' Anapis; Aber ich folgt' ihm gebeten und nicht, wie diese, geängstigt.' Kyane sprach's, und die Arme gestreckt nach verschiedener Seite |
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obstitit. haud ultra
tenuit Saturnius iram terribilesque hortatus equos in gurgitis ima contortum valido sceptrum regale lacerto condidit; icta viam tellus in Tartara fecit et pronos currus medio cratere recepit. |
Sperrt sie den Weg. Da
hielt der Saturnier länger den Zorn nicht, Sondern er trieb sein grauses Gespann, und das Königsszepter Schwang er mit kräftigem Arm und schleudert' es tief in den Strudel. Siehe, zum Tartaros öffnete sich die getroffene Erde Und gab mitten im Schlund Aufnahme dem stürzenden Wagen. |
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At Cyane, raptamque
deam contemptaque fontis iura sui maerens, inconsolabile vulnus mente gerit tacita lacrimisque absumitur omnis et, quarum fuerat magnum modo numen, in illas extenuatur aquas: molliri membra videres, |
Kyane nun trug Leid
um der Göttin Raub und der Quelle So missachtetes Recht, und sie trägt untröstliche Wunde Still in verschwiegener Brust und verzehrt sich völlig in Zähren, Und in die rinnende Flut, darinnen sie eben als Gottheit Waltete, wird sie verdünnt. Man sah, wie der Leib sich erweichte, |
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ossa pati flexus, ungues
posuisse rigorem; primaque de tota tenuissima quaeque liquescunt, caerulei crines digitique et crura pedesque (nam brevis in gelidas membris exilibus undas transitus est); post haec umeri tergusque latusque |
Biegsam ward das Gebein,
und die Nägel die Härte verloren; Und von der ganzen Gestalt wird flüssig zuerst, was am dünnsten, Erst ihr bläuliches Haar, dann Finger und Schenkel und Füße - Gliedern von schmächtiger Art ist ja leicht, in kaltes Gewässer Uberzugehn. Die Schultern darauf und Rücken und Seite |
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pectoraque in tenues
abeunt evanida rivos; denique pro vivo vitiatas sanguine venas lympha subit, restatque nihil, quod prendere possis. |
Schwinden hinweg und
die Brust zu rieselnden Bächen geschmolzen. Endlich ersetzt das lebendige Blut im versehrten Geäder Wasser, und übrig ist nichts, was wäre mit Händen zu greifen. |
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11. Stellio (438-461) | ||
Interea pavidae nequiquam
filia matri omnibus est terris, omni quaesita profundo. |
Rings in jeglichem Land
inzwischen und jeglicher Tiefe Wurde vergeblich gesucht von der ängstlichen Mutter die Tochter. |
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illam non udis veniens
Aurora capillis cessantem vidit, non Hesperus; illa duabus flammiferas pinus manibus succendit ab Aetna perque pruinosas tulit inrequieta tenebras; rursus ubi alma dies hebetarat sidera, natam |
Niemals sah, mit befeuchtetem
Haar aufsteigend, Aurora, Dass sie gerastet vom Weg, nie Hesperos. Leuchtende Fichten Nahm sie in jegliche Hand, an den Gluten des Aitna entzündet, Und trug ohne zu ruhn sie hin durch die tauenden Nachte. Wenn vor dem heiteren Tag hinwieder verblichen die Sterne, |
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solis ab occasu solis
quaerebat ad ortus. fessa labore sitim conceperat, oraque nulli conluerant fontes, cum tectam stramine vidit forte casam parvasque fores pulsavit; at inde prodit anus divamque videt lymphamque roganti |
Suchte vom Morgen sie
an bis spät zum Abend die Tochter. Matt nun war sie vom Weg und lechzte vor Durst, und die Lippen Hatte genetzt kein Quell: da sieht sie ein niedriges Häuschen Strohbedeckt und klopft an die Tür. Ein Mütterchen zeigt sich Öffnend und sieht die Göttin und reicht ihr, um Wasser gebeten, |
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dulce dedit, tosta
quod texerat ante polenta. dum bibit illa datum, duri puer oris et audax constitit ante deam risitque avidamque vocavit. offensa est neque adhuc epota parte loquentem cum liquido mixta perfudit diva polenta: |
Süßes Getränk,
das sie hatte bestreut mit gerösteter Gerste. Während sie schlürfte den Trank, trat hin vor die Göttin ein Bube Dreisten Gesichts und frech und lachte und nannte sie gierig. Zorn ist Ceres erregt, und sie gießt, da Neige geblieben, Über den Sprechenden aus das Klare gemischt mit der Hefe. |
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conbibit os maculas
et, quae modo bracchia gessit, crura gerit; cauda est mutatis addita membris, inque brevem formam, ne sit vis magna nocendi, contrahitur, parvaque minor mensura lacerta est. mirantem flentemque et tangere monstra parantem |
Flecken beziehn das
Gesicht; was eben als Arm er bewegte, Regt er als Bein; anfügt sich ein Schwanz den gewandelten Gliedern, Und zu kleiner Gestalt, dass Macht zum Schaden gebreche, Schrumpft er ein, noch kleiner im Maß wie die winzige Echse. Während das Mütterchen staunt und weint und greift nach dem Tierchen, |
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fugit anum latebramque
petit aptumque pudori nomen habet variis stellatus corpora guttis. |
Nimmt er die Flucht
und sucht ein Versteck, und entsprechend dem Aussehn Wird er genannt, am Leibe besternt mit gesprenkelten Tropfen. |
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12. Ceres' weitere Suche und Arethusas Bericht (462-532) | ||
Quas dea per terras
et quas erraverit undas, dicere longa mora est; quaerenti defuit orbis; Sicaniam repetit, dumque omnia lustrat eundo, |
Was für Lande durchirrt
und was für Gewässer die Göttin, Wäre zu sagen zu lang. Nichts blieb zu durchsuchen auf Erden. Nach Sikanien kehrt sie, und ringsum forschend im Gehen |
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venit et ad Cyanen.
ea ni mutata fuisset, omnia narrasset; sed et os et lingua volenti dicere non aderant, nec, quo loqueretur, habebat; signa tamen manifesta dedit notamque parenti, illo forte loco delapsam in gurgite sacro |
Kam sie zu Kyane auch.
Wenn die nicht wäre gewandelt, Hätte sie alles erzählt; doch Mund und Zunge gebrachen, Wenn sie zu reden gedacht, und es war kein Mittel zum Sprechen. Aber sie ließ ein Zeichen sich zeigen: Proserpinas Gürtel, Der an der Stätte gerad' in den heiligen Weiher gefallen, |
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Persephones zonam summis
ostendit in undis. quam simul agnovit, tamquam tum denique raptam scisset, inornatos laniavit diva capillos et repetita suis percussit pectora palmis. nescit adhuc, ubi sit; terras tamen increpat omnes |
Wohl der Mutter bekannt,
ließ oben im Wasser sie schwimmen. Wie ihn die Göttin erkannt, da rauft sie, als wüsste sie nun erst, Dass ihr die Tochter geraubt, das kunstlos hangende Haupthaar Und schlägt wieder und wieder die Brust mit offenen Händen. Fremd ist die Gegend ihr noch; doch alle die Länder verwünscht sie, |
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ingratasque vocat nec
frugum munere dignas, Trinacriam ante alias, in qua vestigia damni repperit. ergo illic saeva vertentia glaebas fregit aratra manu, parilique irata colonos ruricolasque boves leto dedit arvaque iussit |
Nennt sie undankbar,
unwürdig der Gabe der Feldfrucht, Und das trinakrische Land vor anderen, wo sie die Spuren Fand vom Verlust. Drum brach sie die schollumkehrendenden Pflüge Dort mit zerstörender Hand und gab im Zorne den Landmann Samt dem bestellenden Stier in den Tod und ließ die Gefilde |
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fallere depositum vitiataque
semina fecit. fertilitas terrae latum vulgata per orbem falsa iacet: primis segetes moriuntur in herbis, et modo sol nimius, nimius modo corripit imber; sideraque ventique nocent, avidaeque volucres |
Vorenthalten das Gut
und machte verdorben den Samen. All der Segen der Flur, des Ruhm ging über den Erdkreis, Bleibt nun aus. Es erstirbt in den sprießenden Halmen die Aussaat. Bald rafft heftige Glut sie hinweg, bald heftiger Regen; Sterne zugleich sind schädlich und Wind, und die gierigen Vögel |
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semina iacta legunt;
lolium tribulique fatigant triticeas messes et inexpugnabile gramen. Tum caput Eleis Alpheias extulit undis rorantesque comas a fronte removit ad aures atque ait 'o toto quaesitae virginis orbe |
Picken gestreute Saat,
und wuchernd umdrängen den Weizen Lolch und Disteln im Feld und nicht zu vertilgendes Unkraut. Da aus der elischen Flut hob sich die alpheische Nymphe, Und von der Stirn zum Ohr hinstreichend die triefenden Haare, Sagte sie: 'Mutter der rings auf Erden gesuchten Jungfrau |
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et frugum genetrix,
inmensos siste labores neve tibi fidae violenta irascere terrae. terra nihil meruit patuitque invita rapinae, nec sum pro patria supplex: huc hospita veni. Pisa mihi patria est et ab Elide ducimus ortus, |
Und der ernährenden
Frucht, stell ab die unendliche Drangsal Und nicht zürne so hart der treu dir ergebenen Erde. Sie ja verschuldete nichts, und dem Raub erschloss sie sich ungern. Nicht für die Heimat fleh' ich: von fern her bin ich gekommen. Pisa ist Heimat mir, und ich leite von Elis den Ursprung. |
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Sicaniam peregrina
colo, sed gratior omni haec mihi terra solo est: hos nunc Arethusa penates, hanc habeo sedem. quam tu, mitissima, serva. mota loco cur sim tantique per aequoris undas advehar Ortygiam, veniet narratibus hora |
Übergesiedelt bewohn'
ich Sikanien, aber vor allen Halt' ich wert dies Land. Hier hat Arethusa Penaten, Hier jetzt häuslichen Sitz. Den schone, du gütigste Göttin! Aber warum ich von dort durch die Wogen des Meers mich entfernte Und mich begab weit weg nach Ortygia, dies zu erzählen |
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tempestiva meis, cum
tu curaque levata et vultus melioris eris. mihi pervia tellus praebet iter, subterque imas ablata cavernas hic caput attollo desuetaque sidera cerno. ergo dum Stygio sub terris gurgite labor, |
Übergesiedelt bewohn'
ich Sikanien, aber vor allen Halt' ich wert dies Land. Hier hat Arethusa Penaten, Hier jetzt häuslichen Sitz. Den schone, du gütigste Göttin! Aber warum ich von dort durch die Wogen des Meers mich entfernte Und mich begab weit weg nach Ortygia, dies zu erzählen |
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visa tua est oculis
illic Proserpina nostris: illa quidem tristis neque adhuc interrita vultu, sed regina tamen, sed opaci maxima mundi, sed tamen inferni pollens matrona tyranni!' Mater ad auditas stupuit ceu saxea voces |
Sah ich Proserpina dort,
dein Kind, mit eigenen Augen. Zwar ist traurig sie noch und von Angst nicht frei in den Zügen, Aber doch Königin jetzt, die höchste des finsteren Reiches, Aber die waltende Frau doch jetzt bei dem Totenbeherrscher.' Wie sie die Kunde vernahm, stand da wie versteinert die Mutter |
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attonitaeque diu similis
fuit, utque dolore pulsa gravi gravis est amentia, curribus oras exit in aetherias: ibi toto nubila vultu ante Iovem passis stetit invidiosa capillis 'pro' que 'meo veni supplex tibi, Iuppiter,' inquit |
Und war lang wie vom
Donner gerührt. Doch die Macht der Betäubung Wich vor der Macht des Schmerzes zuletzt, und sie stieg mit dem Wagen In die aitherische Luft. Dort ganz in Wolken das Antlitz Trat sie vor Iupiter hin mit fliegenden Haaren im Unmut: ,Für mein Blut und zugleich für das deinige, Iupiter', sprach sie, |
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'sanguine proque tuo:
si nulla est gratia matris, nata patrem moveat, neu sit tibi cura, precamur, vilior illius, quod nostro est edita partu. en quaesita diu tandem mihi nata reperta est, si reperire vocas amittere certius, aut si |
Komm' ich dich anzuflehn.
Wenn nichts du achtest die Mutter, Rühre den Vater das Kind, und nicht sei minder um jene Darum etwa besorgt, weil ich sie getragen im Schoße. Siehe, die Tochter, die lang ich gesucht, ist endlich gefunden, Wenn ja finden du nennst nur sicherer noch zu verlieren |
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scire, ubi sit, reperire
vocas. quod rapta, feremus, dummodo reddat eam! neque enim praedone marito filia digna tua est, si iam mea filia non est.' Iuppiter excepit 'commune est pignus onusque nata mihi tecum; sed si modo nomina rebus |
Oder zu wissen den Ort,
wo sie ist. Die Entführung verzeih' ich, Gibt er sie nur mir zurück. Denn Iupiters Tochter geziemet Doch kein Räuber zum Mann, wenn auch er geziemet der meinen.' Drauf hob Iupiter an: 'Pfand ist und Beschwerde gemeinsam Mir die Tochter wie dir. Doch wenn wir mit richtigem Namen |
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addere vera placet,
non hoc iniuria factum, verum amor est; neque erit nobis gener ille pudori, tu modo, diva, velis. ut desint cetera, quantum est esse Iovis fratrem! quid, quod nec cetera desunt nec cedit nisi sorte mihi? sed tanta cupido |
Wollen benennen die
Tat, so war's mitnichten Beschimpfung, Liebe vielmehr. Auch haben wir nicht uns zu schämen des Eidams, Wolltest du, Göttin, ihn nur. Lass anderes fehlen: wie viel schon, Iupiters Bruder zu sein! Doch auch das andere fehlt nicht; Denn in dem Los nur steht er mir nach. Doch wenn du nach Scheidung |
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si tibi discidii est,
repetet Proserpina caelum, lege tamen certa, si nullos contigit illic ore cibos; nam sic Parcarum foedere cautum est.' |
Also verlangst, so soll
Proserpina kehren zum Himmel, Nur mit dem festen Beding, wenn nichts anrührte von Speise Drunten ihr Mund. Denn so ist's verhängt im Rate der Parzen.' |
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13. Ascalaphus (533-550) | ||
Dixerat, at Cereri
certum est educere natam; non ita fata sinunt, quoniam ieiunia virgo |
Iupiter sprach's. Doch
Ceres entschließt sich, die Tochter zu holen. Nicht so will's das Geschick, weil nicht mehr drunten die Jungfrau |
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solverat et, cultis
dum simplex errat in hortis, puniceum curva decerpserat arbore pomum sumptaque pallenti septem de cortice grana presserat ore suo, solusque ex omnibus illud Ascalaphus vidit, quem quondam dicitur Orphne, |
Fastete. Während
sie ging ohn' Arg im gewarteten Garten, Hatte vom hangenden Baum sie gepflückt den rotwangigen Apfel; Sieben Kerne sodann, entnommen der gelben Umhüllung, Hatte zerdrückt ihr Mund, und allein zugegen von allen Nahm es Askalaphos wahr, den weiland - sagen sie - Orphne, |
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inter Avernales haud
ignotissima nymphas, ex Acheronte suo silvis peperisse sub atris; vidit et indicio reditum crudelis ademit. ingemuit regina Erebi testemque profanam fecit avem sparsumque caput Phlegethontide lympha |
Nicht die geringste
an Ruf von der Schar der avernischen Nymphen, Unter dem schwarzen Geklüft aus Acherons Liebe geboren. Dieser erblickt's und benahm durch Verrat ihr schnöde die Rückkehr. Erebos' Königin seufzt und gibt dem gehässigen Zeugen Vogelgestalt, und das Haupt, das Phlegethons Wellen bespritzen, |
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in rostrum et plumas
et grandia lumina vertit. ille sibi ablatus fulvis amicitur in alis inque caput crescit longosque reflectitur ungues vixque movet natas per inertia bracchia pennas foedaque fit volucris, venturi nuntia luctus, |
Bildet zum Schnabel
sie um, zu Federn und glotzenden Augen. Er, sich selber entrückt, wird braun mit Flügeln bekleidet Und wird dicker am Kopf und krümmt weitgreifende Krallen, Und das Gefieder bewegt er kaum an den lässigen Armen. Also ein hässlich Geschöpf, annahende Trauer verkündend, |
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ignavus bubo, dirum
mortalibus omen. |
Hockt er als Uhu nun,
für die Menschen ein grausiges Schreckbild. |
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14. Sirenen (551-563) | ||
Hic tamen indicio poenam
linguaque videri commeruisse potest; vobis, Acheloides, unde pluma pedesque avium, cum virginis ora geratis? an quia, cum legeret vernos Proserpina flores, |
Doch der hatte gleichwohl
für seine verratende Zunge Strafe verdient. Woher habt ihr, acheloische Mädchen, Füße wie Vögel und Flaum, da ihr tragt ein jungfräuliches Antlitz? Wohl, weil da, als Blumen im Lenz Proserpina pflückte, |
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in comitum numero,
doctae Sirenes, eratis? quam postquam toto frustra quaesistis in orbe, protinus, et vestram sentirent aequora curam, posse super fluctus alarum insistere remis optastis facilesque deos habuistis et artus |
In der Gefährtinnen
Zahl ihr wäret, sangreiche Sirenen? Als ihr die Lande gesamt umsonst durchsucht nach der Göttin, Wünschtet ihr auch alsbald, dass euere Sorge den Meeren Kund sei, über der Flut zu stehn mit dem Ruder der Flügel. Götter vernahmen den Wunsch willfährig, und euere Glieder |
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vidistis vestros subitis
flavescere pennis. ne tamen ille canor mulcendas natus ad aures tantaque dos oris linguae deperderet usum, virginei vultus et vox humana remansit. |
Saht ihr plötzlich
gefärbt von gelbumhüllenden Federn. Doch dass jener Gesang, die köstliche Gabe des Mundes, Lockend das Ohr zu fesseln bestimmt, nicht misse die Zunge, Ist jungfräulich Gesicht und menschliche Stimme geblieben. |
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15. Iupiters Entscheidung (564-571) | ||
At medius fratrisque
sui maestaeque sororis |
Zwischen dem Bruder
geteilt im Wunsch und der trauernden Schwester |
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Iuppiter ex aequo volventem
dividit annum: nunc dea, regnorum numen commune duorum, cum matre est totidem, totidem cum coniuge menses. vertitur extemplo facies et mentis et oris; nam modo quae poterat Diti quoque maesta videri, |
Gibt von dem rollenden
Jahr nun Iupiter jedem die Hälfte. Jene verweilt, zwei Reichen gesellt als gemeinsame Gottheit, Bei dem Gemahl fortan sechs Monde und sechs bei der Mutter. Umgewandelt sogleich ist ihr das Gemüt und das Antlitz; Die selbst konnte dem Dis jüngst traurig erscheinen, der Göttin |
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laeta deae frons est,
ut sol, qui tectus aquosis nubibus ante fuit, victis e nubibus exit. |
Stirn ist heiter und
frei, wie die Sonne, die wässrige Wolken Vorher hatten verdeckt, siegreich aus den Wolken hervortritt. |