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21,1,1-4:
Die Wichtigkeit und die Ursachen des Krieges. |
[Polyb.3,66ff.; Nep.Hann.2,2f.;
App.Ib.4,6; Zonar.8,21] |
(21,1,1)
In parte operis mei licet mihi praefari, quod in principio summae
totius professi plerique sunt rerum scriptores, bellum maxime omnium
memorabile quae unquam gesta sint me scripturum, quod Hannibale duce
Carthaginienses cum populo Romano gessere. (21,1,2) nam neque validiores
opibus ullae inter se civitates gentesque contulerunt arma neque his
ipsis tantum unquam virium aut roboris fuit; et haud ignotas belli
artes inter sese sed expertas primo Punico conferebant bello, et adeo
varia fortuna belli ancepsque Mars fuit, ut propius periculum fuerint,
qui vicerunt. (21,1,3) odiis etiam prope maioribus certarunt quam
viribus, Romanis indignantibus quod victoribus victi ultro inferrent
arma, Poenis quod superbe avareque crederent imperitatum victis esse.
(21,1,4) fama est etiam Hannibalem annorum ferme novem, pueriliter
blandientem patri Hamilcari ut duceretur in Hispaniam, cum perfecto
Africo bello exercitum eo traiecturus sacrificaret, altaribus admotum
tactis sacris iure iurando adactum se cum primum posset hostem fore
populo Romano. |
1. Die Erklärung, die
so viele Geschichtsschreiber an die Spitze ihres ganzen Werkes gestellt
haben, kann ich diesem Teil meines Werkes voranschicken, dass ich
den merkwürdigsten aller Kriege, die je geführt wurden,
beschreiten werde, den nämlich, den die Karthager unter Hannibals Oberbefehl mit dem römischen Volk geführt haben. Denn teils
richteten niemals mächtigere Staaten und Völker die Waffen
gegeneinander, teils hatten selbst diese nie so viel Stärke und
Kraft. Auch waren sie sich in den Künsten des Krieges, mit denen
sie gegeneinander antraten, nicht unbekannt, sondern hatten sich schon
im ersten punischen Krieg kennen gelernt. Das Kriegsglück war
so abwechselnd und der Kampf so misslich, dass die Gefahr auf Seiten
derer größer war, die siegten. Ja, sie kämpften mit
fast größerer Erbitterung als mit Kräften: die Römer
aus Unmut, dass sie als Sieger von ihren Besiegten angegriffen wurden,
die Punier, weil sie glaubten, dass man gegen sie als Besiegte oft
den übermütigen und habsüchtigen Gebieter gespielt
habe. Auch erzählt man, Hamilkar habe, als er nach Beendigung
des afrikanischen Krieges schon im Begriff war, ein Heer nach Spanien überzusetzen, und den Göttern opferte, den beinahe neunjährigen Hannibal, der den Vater
kindlich schmeichelnd bat, ihn mitzunehmen, zum Altar treten lassen,
und ihn unter Berührung des Opfers eidlich verpflichtet, sobald
er könne, als Feind der Römer aufzutreten. |
1,5-2,7: Hamilkars
und Hasdrubals Eroberungen in Spanien |
[Pol.2,1ff.;
Pol.3,10ff.; Diod.25,6ff.; App.Ib.3ff.App.Hann.2; Zon.8,17-19; Nep.Ham.4,1] |
(21,1,5) angebant ingentis spiritus virum Sicilia Sardiniaque
amissae: nam et Siciliam nimis celeri desperatione rerum concessam
et Sardiniam inter motum Africae fraude Romanorum, stipendio etiam
insuper imposito, interceptam. |
Der hohe Geist des Helden konnte Siziliens
und Sardiniens Verlust nicht verschmerzen; denn Sizilien habe man
aus Mutlosigkeit viel zu schnell verloren gegeben und Sardinien während
der afrikanischen Wirren durch römische List eingebüßt,
die ihnen sogar noch eine Kriegssteuer auferlegt habe. |
(21,2,1)
his anxius curis ita se Africo bello quod fuit sub recentem Romanam
pacem per quinque annos, ita deinde novem annis in Hispania augendo
Punico imperio gessit (21,2,2) ut appareret maius eum quam quod
gereret agitare in animo bellum et, si diutius vixisset, Hamilcare
duce Poenos arma Italiae inlaturos fuisse qui Hannibalis ductu intulerunt.
(21,2,3) mors Hamilcaris peropportuna et pueritia Hannibalis distulerunt
bellum. medius Hasdrubal inter patrem ac filium octo ferme annos
imperium obtinuit, flore aetatis, uti ferunt, primo Hamilcari conciliatus,
(21,2,4) gener inde ob aliam indolem profecto animi adscitus et,
quia gener erat, factionis Barcinae opibus, quae apud milites plebemque
plus quam modicae erant, haud sane voluntate principum, in imperio
positus. (21,2,5) is plura consilio quam vi gerens, hospitiis magis regulorum conciliandisque per amicitiam principum novis gentibus quam bello
aut armis rem Carthaginiensem auxit. (21,2,6) ceterum nihilo ei
pax tutior fuit; barbarus eum quidam palam ob iram interfecti ab
eo domini obtruncat; comprensusque ab circumstantibus haud alio
quam si evasisset voltu, tormentis quoque cum laceraretur, eo fuit
habitu oris ut superante laetitia dolores ridentis etiam speciem
praebuerit. (21,2,7) cum hoc Hasdrubale, quia mirae artis in sollicitandis
gentibus imperioque suo iungendis fuerat, foedus renovaverat populus
Romanus ut finis utriusque imperii esset amnis Hiberus Saguntinisque
mediis inter imperia duorum populorum libertas servaretur. |
2. In der Spannung, die ihm
dieser Kummer machte, benahm er sich während der fünf Jahre
des afrikanischen Krieges, der gleich nach dem Friedensschluss mit
den Römern ausbrach, und in den folgenden neun Jahren bei der
Erweiterung der punischen Oberherrschaft in Spanien offenbar so, dass man sah, er denke auf einen wichtigeren Krieg, als
der war, der ihn jetzt beschäftigte, und die Punier würden,
wenn er länger gelebt hätte, den Angriff auf Italien, den
sie unter Hannibals Führung
unternahmen, schon unter Hamilkar gemacht haben. Hamilkars jetzt eintretender
Tod und Hannibals Jugend
verschoben den Krieg. Zwischen Vater und Sohn hatte beinahe acht Jahre
lang Hasdrubal den Heeresbefehl, dem, wie man sagt, die Reize seiner
Jugend zuerst Hamilkars Gunst gewann, dann seine großen Anlagen
den Bejahrteren zum Schwiegersohn empfahlen und der sich gerade als
dieser Schwiegersohn durch den Einfluss der Barkinischen Partei, der
bei dem Heer und Volk überwiegend war, gegen den Willen der Großen
den Oberbefehl erwarb. Als ein Mann, der öfter den Weg der Klugheit
als den der Gewalt einschlug, verschaffte er der Sache Karthagos größere Vorteile durch seine Gastfreundschaften mit den
Fürsten und dadurch, dass er sich bei dem Wohlwollen der Großen
immer neue Völker gewann, als durch Krieg und Waffen. Und dennoch
schützte ihn der Friede ebenso wenig. Ein Spanier ermordete ihn,
um die Hinrichtung seines Herrn zu rächen, ganz öffentlich;
machte, von den Umstehenden ergriffen, ein Gesicht, als wäre
er entkommen; ja als er unter Foltern zerfleischt wurde, behielt er
in der alle Schmerzen überwiegenden Freude einen Zug des Lachens.
Mit diesem Hasdrubal hatten die Römer, weil er die Kunst verstand,
Völker anzulocken und sie an seiner Oberherrschaft zu fesseln,
das Bündnis mit der Bestimmung erneuert, dass der Fluss Ebro
die Grenze zwischen beiden Gebieten sein und den zwischen den Gebieten
beider Völker wohnenden Saguntinern ihre Freiheit gelassen werden
solle. |
3-4:
Hannibals Wahl zum Feldherrn. Sein Charakter. |
[Pol.3,12,f.; Pol.9,22f.;
Diod.26,2; App.Ib.8, App.Hann.3, Cass.Dio fr.54,1ff.; Nep.Hann.3,2] |
(21,3,1) in Hasdrubalis locum haud dubia res fuit
quin[am successurus esset;] praerogativam militarem qua extemplo
iuvenis Hannibal in praetorium delatus imperatorque ingenti omnium
clamore atque adsensu appellatus erat favor etiam plebis sequebatur.
(21,3,2) hunc vixdum puberem Hasdrubal litteris ad se accersierat,
actaque res etiam in senatu fuerat. Barcinis nitentibus ut adsuesceret
militiae Hannibal atque in paternas succederet opes (21,3,3) Hanno,
alterius factionis princeps, 'et aequum postulare videtur' inquit,
'Hasdrubal, et ego tamen non censeo quod petit tribuendum.' (21,3,4)
cum admiratione tam ancipitis sententiae in se omnes convertisset,
'florem aetatis' inquit, 'Hasdrubal, quem ipse patri Hannibalis
fruendum praebuit, iusto iure eum a filio repeti censet; nos tamen
minime decet iuventutem nostram pro militari rudimento adsuefacere
libidini praetorum. (21,3,5) an hoc timemus ne Hamilcaris filius
nimis sero imperia immodica et regni paterni speciem videat et,
cuius regis genero hereditarii sint relicti exercitus nostri, eius
filio parum mature serviamus? (21,3,6) ego istum iuvenem domi tenendum
sub legibus, sub magistratibus, docendum vivere aequo iure cum ceteris
censeo, ne quandoque parvus hic ignis incendium ingens exsuscitet.' |
3. Bei der Wiederbesetzung seiner Feldherrnstelle
war es keinen Zweifel unterworfen dass auf die vorläufige Wahl
von Seiten der Soldaten, infolge deren der junge Hannibal sogleich in das Feld ein Zelt getragen und unter dem einstimmigen
Geschrei und Beifall aller zum Feldherrn ausgerufen worden war, auch
die Genehmigung des Volkes folgen würde. Hasdrubal hatte ihn
kaum als werdenden Mann durch einen Brief zu sich entboten, und die
Sache war selbst im Senat zur Sprache gekommen, da die Barciner es
zu bewirken suchten, dass Hannibal sich als Soldat anlernen und den ganzen Einfluss seines Vaters erben
möchte. Hanno, das Haupt der Gegenpartei, sagte: Hasdrubal scheint
etwas sehr Billiges zu fordern, dennoch bin ich der Meinung, man dürfe
ihm seinen Wunsch nicht erfüllen. Da alle vor Verwunderung über
eine so rätselhaft Erklärung die Augen auf ihn errichteten,
sprach er: "Hasdrubal glaubt mit vollem Recht, die Blüte
der Jugend, deren Genuss er selbst dem Vater Hannibals gestattete, wieder am Sohn ernten zu dürfen. Für uns aber
ist es durchaus unpassend, unsere Jugend, als gehöre dies zu
den Lehrjahren des Kriegsdienstes, mit der Zügellosigkeit ihrer
Vorgesetzten vertraut zu machen. Oder fürchten wir etwa, dass
einem Sohn Hamilkars die uneingeschränkten Befehlshaberstellen
und das Bild des väterlichen Königtums zu spät vor
Augen stehen werden, und dass wird dem Sohn jenes Königs, dessen
Schwiegersohn unsere Heere erblich hinterlassene wurden, nicht früh
genug dienstbar sein werden? Ich gebe meine Stimme dahin ab, dass
man den jungen Mann zu Hause behalte und ihn unter Gesetzen und Obrigkeiten
mit anderen auf gleichem Fuß leben lehre, damit nicht früh
oder spät dieser kleine Brand zu einer großen Flamme aufschlage." |
(21,4,1)
pauci ac ferme optimus quisque Hannoni adsentiebantur; sed, ut plerumque
fit, maior pars meliorem vicit. missus Hannibal in Hispaniam primo
statim adventu omnem exercitum in se convertit; (21,4,2) Hamilcarem
iuvenem redditum sibi veteres milites credere; eundem vigorem in voltu
vimque in oculis, habitum oris lineamentaque intueri. dein brevi effecit
ut pater in se minimum momentum ad favorem conciliandum esset. (21,4,3)
nunquam ingenium idem ad res diversissimas, parendum atque imparandum,
habilius fuit. itaque haud facile discerneres utrum imperatori an
exercitui carior esset; (21,4,4) neque Hasdrubal alium quemquam praeficere
malle ubi quid fortiter ac strenue agendum esset, neque milites alio
duce plus confidere aut audere. (21,4,5) plurimum audaciae ad pericula
capessenda, plurimum consilii inter ipsa pericula erat. nullo labore
aut corpus fatigari aut animus vinci poterat. (21,4,6) caloris ac
frigoris patientia par; cibi potionisque desiderio naturali, non voluptate
modus finitus; vigiliarum somnique nec die nec nocte discriminata
tempora; (21,4,7) id quod gerendis rebus superesset quieti datum;
ea neque molli strato neque silentio accersita; multi saepe militari
sagulo opertum humi iacentem inter custodias stationesque militum
conspexerunt. (21,4,8) vestitus nihil inter aequales excellens: arma
atque equi conspiciebantur. equitum peditumque idem longe primus erat;
princeps in proelium ibat, ultimus conserto proelio excedebat. (21,4,9)
has tantas viri virtutes ingentia vitia aequabant, inhumana crudelitas,
perfidia plus quam Punica, nihil ueri, nihil sancti, nullus deum metus,
nullum ius iurandum, nulla religio. (21,4,10) cum hac indole virtutum
atque vitiorum triennio sub Hasdrubale imperatore meruit, nulla re
quae agenda videndaque magno futuro duci esset praetermissa. |
4. Wenige, und fast alle Rechtlichsten,
stimmten Hanno bei; allein, wie gewöhnlich, siegte die größere
Partei über die bessere. Hannibal wurden nach Spanien geschickt
und zog gleich bei seiner ersten Ankunft die Blicke des ganzen Heeres
auf sich. Die alten Soldaten glaubten, Hamilkar sei ihnen verjüngt
wiedergegeben worden. Sie sahen ihm dieselbe Lebhaftigkeit des Blicks
an, eben das Feuer in den Augen, die Gesichtsbildung, die Züge.
Bald aber brachte er es dahin, dass sein Vater für ihn nur die
kleinste Empfehlung war. Nie war der selbe Kopf zu den zwei entgegengesetztesten
Dingen, zum Gehorchen und Befehlen geschickter. Darum war es schwer
zu entscheiden, ob er dem Feldherrn oder dem Heer lieber war; und
so wie Hasdrubal, wenn ein Wagnis Mut und Pünktlichkeit erforderte,
die Leitung keinem anderen lieber gab, so hatte auch der Soldat unter
keinem anderen Führer mehr Zutrauen oder Mut. Er zeigte beim
Übernehmen der Gefahren die höchster Kühnheit, während
der Gefahren selbst die höchste Besonnenheit. Durch keine Beschwerde
wurde sein Körper erschöpft, sein Mut besiegt. Gegen Hitze
und Kälte war seine Ausdauer gleich. Das Maß seiner Speisen
und Getränke wurde vom Bedürfnis der Natur, nicht vom Vergnügen
bestimmt. Seine Zeit zum Wachen und Schlafen wurde nie durch Tag und
Nacht geschieden, was ihm die Geschäfte übrig ließen,
wurde der Ruhe gegönnt; aber auch sie wurde weder durch ein weiches
Lager noch durch Stille herbeigerufenen: vielmehr haben ihn viele
oft mit einem Soldatenmantel zugedeckt zwischen den Wachen und Posten
der Soldaten liegen sehen. Seine Kleidung war vor seinesgleichen nie
hervorstechend, aber seine Waffen und Pferde zeichneten sich aus.
Er war bei weitem sowohl der beste Soldat zu Pferd als zu Fuß.
In das Treffen ging er voran, hatte es einmal begonnen, dann schied
er als der letzte. Diesen so großen Tugenden des Mannes hielten
übergroße Fehler das Gleichgewicht, eine unmenschliche
Grausamkeit, mehr als punischen Treulosigkeit: Wahrheit war ihm fremd,
nichts ihm heilig, ihn band keine Furcht vor Gott, kein Eid, kein
Gewissen. Mit dieser Ausstattung von Tugenden und Fehlern diente er
drei Jahre unter Hasdrubal Oberbefehl, ohne das mindeste, was ein
künftiger Feldherr von Bedeutung tun oder sehen muss, außer
Acht zu lassen. |
5-6: Hannibals Kriege in Spanien.
Vorbereitung zur Belagerung Sagunts. |
[Pol.3,13f.; App.Ib.9ff.,
App.Hann.3; Zon.8,21] |
(21,5,1) ceterum ex quo die dux est declaratus, velut
Italia ei provincia decreta bellumque Romanum mandatum esset, (21,5,2)
nihil prolatandum ratus ne se quoque, ut patrem Hamilcarem, deinde
Hasdrubalem, cunctantem casus aliquis opprimeret, Saguntinis inferre
bellum statuit. (21,5,3) quibus oppugnandis quia haud dubie Romana
arma movebantur, in Olcadum prius fines - ultra Hiberum ea gens in
parte magis quam in dicione Carthaginiensium erat - induxit exercitum,
ut non petisse Saguntinos sed rerum serie finitimis domitis gentibus
iungendoque tractus ad id bellum videri posset. (21,5,4) Cartalam,
urbem opulentam, caput gentis eius, expugnat diripitque; quo metu
perculsae minores civitates stipendio imposito imperium accepere.
victor exercitus opulentusque praeda Carthaginem novam in hiberna
est deductus. (21,5,5) ibi large partiendo praedam stipendioque praeterito
cum fide exsolvendo cunctis civium sociorumque animis in se firmatis
vere primo in Vaccaeos promotum bellum. (21,5,6) Hermandica et Arbocala,
eorum urbes, vi captae. Arbocala et virtute et multitudine oppidanorum
diu defensa; (21,5,7) ab Hermandica profugi exsulibus Olcadum, priore
aestate domitae gentis, (21,5,8) cum se iunxissent, concitant Carpetanos
adortique Hannibalem regressum ex Vaccaeis haud procul Tago flumine
agmen grave praeda turbavere. (21,5,9) Hannibal proelio abstinuit
castrisque super ripam positis, cum prima quies silentiumque ab hostibus
fuit, amnem vado traiecit valloque ita praeducto ut locum ad transgrediendum
hostes haberent invadere eos transeuntes statuit. (21,5,10) equitibus
praecepit ut, cum ingressos aquam viderent, adorirentur impeditum
agmen; in ripa elephantos - quadraginta autem erant - disponit. (21,5,11) Carpetanorum cum appendicibus Olcadum Vaccaeorumque centum milia fuere,
invicta acies si aequo dimicaretur campo. (21,5,12) itaque et ingenio
feroces et multitudine freti et, quod metu cessisse credebant hostem,
id morari victoriam rati quod interesset amnis, clamore sublato passim
sine ullius imperio qua cuique proximum est in amnem ruunt. (21,5,13)
et ex parte altera ripae vis ingens equitum in flumen immissa, medioque alveo haudquaquam pari certamine concursum, (21,5,14) quippe ubi pedes instabilis
ac vix vado fidens uel ab inermi equite, equo temere acto, peruerti
posset, eques corpore armisque liber, equo uel per medios gurgites
stabili, comminus eminusque rem gereret. (21,5,15) pars magna flumine
absumpta; quidam verticoso amni delati in hostes ab elephantis obtriti
sunt. (21,5,16) postremi, quibus regressus in suam ripam tutior fuit,
ex varia trepidatione cum in unum colligerentur, priusquam in tanto
pavore reciperent animos, Hannibal agmine quadrato amnem ingressus
fugam ex ripa fecit vastatisque agris intra paucos dies Carpetanos
quoque in deditionem accepit; (21,5,17) et iam omnia trans Hiberum
praeter Saguntinos Carthaginiensium erant. |
5. Von dem Tag an aber, da er zum Feldherrn
erklärt war, beschloss er, - gleich als wäre ihm zum Ort
seiner Bestimmung Italien angewiesen und der Krieg gegen Rom schon
aufgetragen, ohne sich einen Aufschub zu erlauben, damit nicht auch
ihn, wie seinen Vater Hamilkar und nachher den Hasdrubal, ein Umstand
abberufe, - die Saguntinern zu bekriegen. Da nun ein Angriff auf sie
unfehlbar Rom zum Krieg reizen musste, rückte er mit seinem Heer
zuvor in das Gebiet der Olkaden; - dies Volk wohnte auf jener Seite
des Ebro, die den Karthagern zwar noch nicht unterworfen, aber doch
überlassen war, - um sich den Schein zu geben, als habe er es
nicht auf die Saguntiner abgesehen, sondern sei durch den Gang der
Dinge, da er nach der Bezwingung ihrer Nachbarn sie selbst seinen
Besitzungen habe einreihen müssen, in diesen Krieg hineingezogen
worden. Er erstürmte Althaea, die reiche Hauptstadt jenes Volkes,
und plünderte sie. Hierdurch erschreckt unterwarfen sich die
kleineren Städte und wurden zinsbar. Siegreich und mit Beute
beladen wurde das Heer nach Neu-Karthago in die Winterquartiere geführt.
Nachdem er sich hier durch freigebige Verteilung der Beute und pünktliche
Auszahlung des rückständigen Soldes in der Liebe sämtlicher
Untertanen und Bundesgenossen befestigt hatte, zog er mit dem Anfang
des Frühlings in fortschreitenden Angriff gegen die Vaccaeer,
Hermandica und Arbocala, die Städte der Vaccaeer, wurden im Sturm
genommen. Arbocala verteidigte sich durch die Tapferkeit und Volkszahl
seiner Bewohner lange. Die Flüchtlinge von Hermandica, die sich
mit den olkadischen Vertriebenen, des im vorigen Sommer unterjochten
Volkes, vereinigten, wiegelten die Carpetaner auf und brachten, da
sie den Hannibal auf
seinem Rückzug aus dem Vaccaeerland nicht weit vom Fluss Tagus
angriffen, seinen mit Beute belasteten Zug in Unordnung. Hannibal ließ sich auf ein Treffen nicht ein. Da er sein Lager am Ufer
genommen hatte, ging er, sobald die Feinde ruhig und still wurden,
an einer seichten Stelle durch den Strom, und beschloss, nachdem er
mit seinem Wall so weit gegen die Feinde vorgerückt war, dass
er ihnen Raum ließ, durch den Fluss zu setzen, sie bei ihrem
Übergang anzugreifen. Seiner Reich gab er Befehl zum Angriff,
sobald sie den Feind in das Wasser gehen sähen. Sein Fußvolk
stellte er am Ufer auf und vor diesem 40 Elefanten. Die Carpetaner
mit den vereinigten Olkaden und Vaccaeern beliefen sich auf 100.000
Mann, ein unüberwindliches Heer, hätte man auf freiem Feld
gefochten. Da sie also, von Natur aus trotzig, sich auf ihre Männer
verlassend und in der Einbildung, der Feind habe sich aus Furcht zurückgezogen,
nur darin einen Aufschub ihres Sieges fanden, dass der Strom sie trenne,
stürzen sie sich mit lautem Geschrei ohne Ordnung und Befehl,
wo jeder am nächsten zukam, in den Strom. Allein auch von der
anderen Seite des Ufers rückte die Reiterei in bedeutender Menge
in den Fluss und man traf mitten in seinem Bett in einem sehr ungleichen
Kampf zusammen, weil eben da, wo der Fußsoldaten ohne festen
Stand und kaum auf dem Boden ordentlich Fuß fassend selbst von
einem unbewaffneten Reiter, wenn dieser sein Pferd nur geradezu gehen
ließ, umgeworfen werden konnte, der Reiter, seines Körpers
und seiner Waffen Meister, auf seinem selbst mitten in den Tiefen
standfesten Pferd sich im Stande sah, in der Nähe so gut wie
aus der Ferne zu fechten. Also wurde ein großer Teil vom Fluss
verschlungen, andere, die der Strom in seinen Strudeln unter die Feinde
trieb, wurden von den Elefanten zertreten; und als die letzten, die
sich durch die Umkehr nach ihrem Ufer retteten, aus einer so großen
Verwirrung sich wieder zusammenfanden, jagte sie Hannibal,
bevor sie sich von dem großen Schrecken wieder erholen konnten,
durch einen Angriff mit geschlossenen Gliedern vom Ufer in die Flucht.
So mussten sich also auch die Carpetaner nach der Vernichtung ihres
Gebietes in wenigen Tagen ergeben. Und schon gehörte alles jenseits
des Ebro, die Saguntiner ausgenommen, den Karthagern. |
(21,6,1)
cum Saguntinis bellum nondum erat; ceterum iam belli causa certamina
cum finitimis serebantur, maxime Turdetanis. (21,6,2) quibus cum adesset
idem qui litis erat sator, nec certamen iuris sed vim quaeri appareret,
legati a Saguntinis Romam missi auxilium ad bellum iam haud dubie
imminens orantes. (21,6,3) consules tunc Romae erant P. Cornelius
Scipio et Ti. Sempronius Longus. qui cum legatis in senatum introductis
de re publica rettulissent placuissetque mitti legatos in Hispaniam
ad res sociorum inspiciendas, (21,6,4) quibus si videretur digna causa,
et Hannibali denuntiarent, ut ab Saguntinis, sociis populi Romani,
abstineret et Carthaginem in Africam traicerent ac sociorum populi
Romani querimonias deferrent (21,6,5) - hac legatione decreta necdum
missa, omnium spe celerius Saguntum oppugnari allatum est. (21,6,6)
tunc relata de integro res ad senatum est; alii provincias consulibus
Hispaniam atque Africam decernentes terra marique rem gerendam censebant,
alii totum in Hispaniam Hannibalemque intenderant bellum; (21,6,7)
erant qui non temere movendam rem tantam exspectandosque ex Hispania
legatos censerent. (21,6,8) haec sententia, quae tutissima videbatur,
vicit legatique eo maturius missi, P. Valerius Flaccus et Q. Baebius
Tampilus, Saguntum ad Hannibalem atque inde Carthaginem si non absisteretur
bello ad ducem ipsum in poenam foederis rupti deposcendum. |
6. Noch hatte Hannibal mit den Saguntinern keinen Krieg. Indessen wurden schon, um Krieg
mit ihnen zu haben, allerlei Streitigkeiten zwischen ihnen und ihrer
Nachbarn eingeleitet, hauptsächlich mit den Tardetanern. Da nun
diese gerade bei dem, der den Streit veranlasst hatte, Unterstützung
fanden und aus allem hervorging, dass es nicht auf rechtliche Verhandlung,
sondern auf Gewalt angelegt sei, schickten die Saguntiner Gesandte
nach Rom, um sich für einen Krieg, der offenbar schon im Anzug
war, Beistand zu erbitten. Konsuln waren damals zu Rom Publius Cornelius
Scipio und Tiberius Sempronius Longus. Als sie nach der Vorführung
der Gesandtschaft in dem Senat über die Angelegenheiten des Staates
gesprochen und es die Väter für gut befunden hatten, Gesandte
nach Spanien zu schicken,
um die Lage der Bundesgenossen zu untersuchen und, wenn sie begründete
Ursachen fänden, teils dem Hannibal anzudeuten, sich nicht an den Saguntinern als den Bundesgenossen Roms
zu vergreifen, teils auch nach Karthago in Afrika überzusetzen, um dort die Beschwerden der römischen
Bundesstadt vorzutragen, da kam unterdes, als die Gesandtschaft schon
beschlossen, aber doch nicht abgefertigt war, die Nachricht von der
Belagerung Sagunts der Erwartung aller zuvor. Nun wurde die Sache
von neuen im Senat zur Sprache gebracht. Einige, nach deren Meinung
die Konsuln in Spanien und Afrika auftreten sollten, stimmten dafür, den Krieg zu Land
und zu Wasser zu führen. Andere wollten den Krieg ganz gegen Spanien und gegen den Hannibal gerichtet wissen.
Auch fehlte es nicht an solchen, die den Rat gaben, sich nicht so
geradezu auf eine Sache von dieser Wichtigkeit einzulassen, sondern
die Rückkehr der Gesandten aus Spanien abzuwarten. Diese Meinung, die die sicherste schien, behielt die Oberhand.
Um so eiliger ließ man als Gesandte den Publius Valerius Flaccus
und Quintus Baebius Tamphilus zu Hannibal nach Sagunt abgehen und, falls er vom Krieg nicht ablasse, von dort
nach Karthago, um zur
Genugtuung für den Vertragsbruch die Auslieferung des Feldherrn
selbst zu verlangen. |
7-15:
Belagerung und Eroberung Sagunts. Verhandlungen in Karthago.
Hannos Rede. |
[Pol.3,17; App.Ib.12; Diod.25,15; Zon.8,21;
Flor.1,22,6; Sil.It.1,273ff.] |
(21,7,1) dum ea Romani parant consultantque,
iam Saguntum summa vi oppugnabatur. (21,7,2) civitas ea longe opulentissima
ultra Hiberum fuit, sita passus mille ferme a mari. oriundi a Zacyntho
insula dicuntur mixtique etiam ab Ardea Rutulorum quidam generis;
(21,7,3) ceterum in tantas brevi creverant opes seu maritimis seu
terrestribus fructibus seu multitudinis incremento seu disciplinae
sanctitate qua fidem socialem usque ad perniciem suam coluerunt.
(21,7,4) Hannibal infesto exercitu ingressus fines, pervastatis
passim agris urbem tripertito adgreditur. (21,7,5) angulus muri
erat in planiorem patentioremque quam cetera circa vallem vergens;
adversus eum vineas agere instituit per quas aries moenibus admoveri
posset. (21,7,6) sed ut locus procul muro satis aequus agendis vineis
fuit, ita haudquaquam prospere, postquam ad effectum operis ventum
est, coeptis succedebat. (21,7,7) et turris ingens imminebat et
murus, ut in suspecto loco, supra ceterae modum altitudinis emunitus
erat, et iuventus delecta ubi plurimum periculi ac timoris ostendebatur
ibi vi maiore obsistebant. (21,7,8) ac primo missilibus summovere
hostem nec quicquam satis tutum munientibus pati; deinde iam non
pro moenibus modo atque turri tela micare, sed ad erumpendum etiam
in stationes operaque hostium animus erat; (21,7,9) quibus tumultuariis
certaminibus haud ferme plures Saguntini cadebant quam Poeni. (21,7,10)
ut vero Hannibal ipse, dum murum incautius subit, adversum femur
tragula graviter ictus cecidit, tanta circa fuga ac trepidatio fuit
ut non multum abesset quin opera ac vineae desererentur. |
7. Während dieser Vorbereitungen und
Verhandlung in Rom wurde Sagunt schon mit aller Macht bestürmt.
Diese Stadt, bei weitem die wohlhabendste jenseits des Ebro, lag nicht
ganz 1000 Schritte vom Meer entfernt. Ihre Einwohner sollen von der
Insel Zakynthos stammen und einige aus Ardea von rutulischer Abkunft
sich mit ihnen vermischt haben. Zu ihrer so großen Macht waren
sie in kurzem aufgestiegen, entweder durch ihren Erwerb zur See oder
zu Land, oder durch ihre zunehmende Volksmenge, ohne durch jene ehrwürdige
Sittlichkeit, mit der sie ihrer Bundespflicht stets bis zu ihrem eigenen
Verderben treu blieben.
Hannibal,
der mit seinem Heer feindlich ihnen ins Land rückte, verwüstete
alles weit und breit und griff die Stadt von drei Seiten an. Eine
Ecke der Mauer trat in ein Tal hervor, das flacher und freier war
es löschen als die übrigen Umgebungen. Gegen diese Ecke
ließ Hannibal die
Annäherungshütten anlegen, um unter diesen den Sturmbock
an die Mauer bringen zu können. So wie aber die Gegend in der
Ferne von der Mauer eben genug war, die Annäherungshütten
fortzuführen, so wenig glücklich ging das Werk vonstatten,
als es seine Wirkung tun sollte. Teils ragte hier ein gewaltiger Turm,
teils war die Mauer hier, als an einer bedenklichen Stelle, zu einer
vorzüglichen Höhe aufgeführt; teils leistete eine auserlesene
Mannschaft gerade da, wo sich die meiste Gefahr und Arbeit zeigte,
auch den kräftigsten Widerstand. Anfangs trieben sie den Feind
mit Pfeilen ab und ließen die Schanzenden nirgends ein sicheres
Plätzchen finden. Bald aber blitzten ihre Waffen nicht bloß
zum Schutz der Mauer und des Turms, sondern sie hatten Mut genug,
auf die feindlichen Posten und Werke Ausfälle zu machen. In diesen
überraschenden Gefechten hatten die Saguntiner fast nie größeren
Verlust als die Punier. Als aber Hannibal selbst, wie er sich zu vorsichtig an die Mauer wagte, mit einem Wurfspieß
vorn an der Hüfte schwer verwundet zu Boden sank, wurde die Flucht
und Bestürzung um ihn her so allgemein, dass beinahe die Werke
und Annäherungshütten preisgegeben worden wären. |
(21,8,1)
obsidio deinde per paucos dies magis quam oppugnatio fuit dum volnus
ducis curaretur; per quod tempus ut quies certaminum erat ita ab apparatu
operum ac munitionum nihil cessatum. (21,8,2) itaque acrius de integro
coortum est bellum pluribusque partibus, vix accipientibus quibusdam
opera locis, vineae coeptae agi admoverique aries. (21,8,3) abundabat
multitudine hominum Poenus - ad centum enim quinquaginta milia habuisse
in armis satis creditur - : (21,8,4) oppidani ad omnia tuenda atque
obeunda multifariam distineri coepti non sufficiebant. (21,8,5) itaque
iam feriebantur arietibus muri quassataeque multae partes erant; una
continentibus ruinis nudaverat urbem; tres deinceps turres quantumque
inter eas muri erat cum fragore ingenti prociderant. (21,8,6) captum
oppidum ea ruina crediderant Poeni, qua, velut si pariter utrosque
murus texisset, ita utrimque in pugnam procursum est. (21,8,7) nihil
tumultuariae pugnae simile erat, quales in oppugnationibus urbium
per occasionem partis alterius conseri solent, sed iustae acies, velut
patenti campo, inter ruinas muri tectaque urbis modico distantia intervallo
constiterant. (21,8,8) hinc spes, hinc desperatio animos inritat,
Poeno cepisse iam se urbem si paulum adnitatur credente, Saguntinis
pro nudata moenibus patria corpora opponentibus nec ullo pedem referente
ne in relictum a se locum hostem immitteret. (21,8,9) itaque quo acrius
et confertim magis utrimque pugnabatur, eo plures volnerabantur nullo
inter arma corporaque vano intercidente telo. (21,8,10) phalarica
erat Saguntinis missile telum hastili abiegno et cetera tereti praeterquam
ad extremum unde ferrum exstabat; id, sicut in pilo, quadratum stuppa
circumligabant linebantque pice; (21,8,11) ferrum autem tres longum
habebat pedes ut cum armis transfigere corpus posset. sed id maxime,
etiamsi haesisset in scuto nec penetrasset in corpus, (21,8,12) pavorem
faciebat quod, cum medium accensum mitteretur conceptumque ipso motu
multo maiorem ignem ferret, arma omitti cogebat nudumque militem ad
insequentes ictus praebebat. |
8. Hierauf wurde die Stadt einige Tage
hindurch, solange die Wunde des Feldherrn geheilt wurde, mehr eingeschlossen
als bestürmt. So wie man während dieser Zeit von allen Gefechten
ruhte, so fuhr man mit der Fertigung der Sturmmaschinen und mit den
Schanzarbeiten ununterbrochen fort. Folglich erhob sich der erneuerte
Sturm viel heftiger und an mehreren Stellen, von denen manche die
Anlegung von Werken kaum gestattete, wurden Annäherungshütten
aufgeführt und Mauerbrecher angebracht. Hannibal hatte einen Überfluss an Truppen, denn man schätzt seine
Starke mit ziemlicher Gewissheit auf 150.000 Mann. Die Belagerten
hingegen mussten sich, wenn sie alles decken und erreichen wollten,
auf zu viele Punkte verteilen. Auch hielten die Mauern nicht länger
aus; denn sie wurden schon mit Sturmböcken bearbeitet und hatten
viele schadhafte Stellen bekommen. An einer Stelle, wo eine ganze
Strecke eingeschlossen war, stand die Stadt schon offen: dann waren
drei Türme nach der Reihe und das ganze Zwischenstück der
Mauer mit großem Krachen niedergestürzt. Schon versprachen
sich die Punier von ihrem Fall die Eroberung der Stadt, als man von
beiden Teilen, gleich als hätten beide bisher die Mauer zur Schutzwehr
gehabt, zum Kampf hervorbrach. Dieser hatte nicht die geringste Ähnlichkeit
mit jenen unvorbereiteten Gefechten, wie sie bei Bestürmung der
Städte die dem anderen Teil sich darbietende Gelegenheit zu veranlassen
pflegt, sondern vollständige Schlachtreihen hatten sich wie auf
einem freien Feld zwischen den Trümmern der Mauer und den nicht
weit davon entfernten Häusern der Stadt aufgestellt. Hier spornte
den Mut die Hoffnung, dort die Verzweiflung, da die Punier, wenn sie
sich nur einigermaßen anstrengten, die Stadt schon erobert zu
haben glaubten, die Saguntiner hingegen für ihre von Mauern entblößte
Vaterstadt sich hinstellten und keiner von ihnen einen Fuß breit
wich, um nicht in die von ihm verlassene Stadt den Feind einrücken
zu lassen. Je hitziger also und gedrängter sie von beiden Seiten
fochten, desto mehr wurden verwundet, weil es unmöglich war,
dass auch ein einziger Pfeil, ohne zu treffen, zwischen Waffen und
Männern niederfiel. Die Saguntiner bedienten sich der Falarica,
eines Wurfspießes mit tannenem, übrigens rundem Schaft,
außer am Ende, aus dem das Eisen hervorstand. Hier war sie,
wie unser Wurfpfeil, viereckig, wurde hier mit Werg umwunden und mit
Pech bestrichen. Das Eisen hatte drei Fuß Länge, so dass
es den Mann samt den Waffen durchbohren konnte. Wenn sie aber auch,
ohne in den Körper einzudringen, im Schild hängen blieb,
so war sie doch hauptsächlich dadurch fürchterlich, dass
sie mit brennender Mitte abgeschossen wurde und, wenn sie einmal Feuer
gefangen hatte, mit einer selbst durch die Bewegung angefachten Flamme
geflogen kam, wodurch sie den Feind nötigte, die Waffen von sich
zu werfen und sich ohne Deckung jedem folgenden Schuss bloßzustellen. |
(21,9,1)
cum diu anceps fuisset certamen et Saguntinis quia praeter spem resisterent
crevissent animi, Poenus quia non vicisset pro victo esset, (21,9,2)
clamorem repente oppidani tollunt hostemque in ruinas muri expellunt,
inde impeditum trepidantemque exturbant, postremo fusum fugatumque
in castra redigunt. (21,9,3)
interim ab Roma legatos venisse nuntiatum est; quibus obviam ad mare
missi ab Hannibale qui dicerent nec tuto eos adituros inter tot tam
effrenatarum gentium arma nec Hannibali in tanto discrimine rerum
operae esse legationes audire. (21,9,4) apparebat non admissos protinus Carthaginem ituros. litteras igitur nuntiosque ad principes factionis
Barcinae praemittit ut praepararent suorum animos ne quid pars altera
gratificari populo Romano posset. |
9. Als der Streit lange unentschieden geblieben
war und den Saguntinern, weil sie gegen alle Erwartung Widerstand
leisteten, der Mut wuchs, der Punier hingegen, eben weil er nicht
gesiegt hatte, für besiegt galt, erhoben die Belagerten plötzlich
ein Geschrei und trieben den Feind auf die Trümmer der Mauer;
da ihm diese im Weg lagen und er in Verwirrung geriet, jagten sie
ihn auch über diese hinaus und endlich völlig geschlagen
in sein Lager zurück. Unterdessen kommt die Botschaft, dass römische
Gesandte angekommen seien; diesen schickte Hannibal Leute ans Meer entgegen, um ihnen zu sagen, sie könnten
sich unter dem Schlachtgetümmel so vieler wilder Völker
kaum sicher nähern, auch habe Hannibal keine Zeit, in einem so entscheidenden Augenblick Gesandtschaften
anzuhören. Es war klar, dass die nicht zugelassenen Gesandten
sogleich weiter nach Karthago gehen würden. Er sendet also im voraus Boten mit Briefen an die
Häupter der Barkinischen Partei, sie sollten ihre Leute vorbereiten,
damit sich die Gegenpartei den Römern nicht gefällig erweisen
könne. |
(21,10,1)
itaque, praeterquam quod admissi auditique sunt, ea quoque vana atque
inrita legatio fuit. (21,10,2) Hanno unus adversus senatum causam
foederis magno silentio propter auctoritatem suam, (21,10,3) non cum
adsensu audientium egit, per deos foederum arbitros ac testes obtestans
ne Romanum cum Saguntino suscitarent bellum; monuisse, praedixisse
se ne Hamilcaris progeniem ad exercitum mitterent; non manes, non
stirpem eius conquiescere viri, nec unquam donec sanguinis nominisque
Barcini quisquam supersit quietura Romana foedera. (21,10,4) 'iuvenem
flagrantem cupidine regni viamque unam ad id cernentem si ex bellis
bella serendo succinctus armis legionibusque vivat, velut materiam
igni praebentes, ad exercitus misistis. aluistis ergo hoc incendium
quo nunc ardetis. (21,10,5) Saguntum vestri circumsedent exercitus
unde arcentur foedere; mox Carthaginem circumsedebunt Romanae legiones
ducibus iisdem dis per quos priore bello rupta foedera sunt ulti.
(21,10,6) utrum hostem an vos an fortunam utriusque populi ignoratis?
legatos ab sociis et pro sociis venientes bonus imperator vester in
castra non admisit; ius gentium sustulit; hi tamen, unde ne hostium
quidem legati arcentur, pulsi, ad vos venerunt. res ex foedere repetuntur;
publica fraus absit: auctorem culpae et reum criminis deposcunt. (21,10,7)
quo lenius agunt, segnius incipiunt, eo cum coeperint vereor ne perseverantius
saeviant. Aegates insulas Erycemque ante oculos proponite, quae terra
marique per quattuor et viginti annos passi sitis. (21,10,8) nec puer
hic dux erat sed pater ipse Hamilcar, Mars alter, ut isti volunt.
sed Tarento, id est Italia, non abstinueramus ex foedere, sicut nunc
Sagunto non abstinemus; (21,10,9) vicerunt ergo di hominesque et,
id de quo verbis ambigebatur uter populus foedus rupisset, eventus
belli velut aequus iudex, unde ius stabat, ei victoriam dedit. (21,10,10)
Carthagini nunc Hannibal vineas turresque admovet: Carthaginis moenia
quatit ariete. Sagunti ruinae - falsus utinam vates sim - nostris
capitibus incident, susceptumque cum Saguntinis bellum habendum cum
Romanis est. (21,10,11) dedemus ergo Hannibalem? dicet aliquis. scio
meam levem esse in eo auctoritatem propter paternas inimicitias; sed
et Hamilcarem eo perisse laetatus sum quod, si ille viveret, bellum
iam haberemus cum Romanis, et hunc iuvenem tamquam furiam facemque
huius belli odi ac detestor; (21,10,12) nec dedendum solum id piaculum
rupti foederis, sed si nemo deposcit, devehendum in ultimas maris
terrarumque oras, ablegandum eo unde nec ad nos nomen famaque eius
accedere neque ille sollicitare quietae civitatis statum possit, (21,10,13)
ego ita censeo. legatos extemplo Romam mittendos qui senatui satisfaciant,
alios qui Hannibali nuntient ut exercitum ab Sagunto abducat ipsumque
Hannibalem ex foedere Romanis dedant, tertiam legationem ad res Saguntinis reddendas decerno.' |
10. Daher war auch diese Gesandtschaft
eitel und vergebens, wenn sie auch vorgelassen und angehört wurde.
Hanno allein verteidigte vor dem ganzen Senat das Bündnis und
wurde wegen seines Ansehens mit tiefer Stille angehört; aber
Beifall fand er nicht. Bei den Göttern, den Richtern und Zeugen
der Bündnisse, habe er sie ermahnt und es ihnen vorhergesagt,
sie sollten keinen Nachkommen des Barkas zum Heer senden. Weder die
Seele noch die Nachkommenschaft dieses Mannes würden je zur Ruhe
kommen; und so lange noch einer von dem Blute und dem Namen des Barkas
übrig sei, werde das Bündnis mit Rom immer verletzt werden:
"Ihr habt einen Jüngling von glühender Herrschsucht,
der nur einen Weg zur Erreichung seines Zieles sah, wenn er Krieg
an Krieg reihend unter den Waffen und mit Legionen umgeben leben könnte,
zum Heer geschickt und das Feuer geschürt. Ihr habt also die
Flamme genährt, die euch jetzt verzehrt. Euere Heere umlagern
Sagunt, was das Bündnis verbietet; bald werden die römischen
Legionen Karthago umlagern,
unter er Führung der selben Götter, die im vorigen Krieg
den Bundeskrieg gerächt haben. Kennt ihr euch oder den Feind
oder das Schicksal beider Völker nicht? Gesandte, die von Bundesgenossen
und für Bundesgenossen kamen, hat euer trefflicher Feldherr den
Zutritt ins Lager nicht gestattet und das Völkerrecht aufgehoben.
Diese aber kommen, von da vertrieben, wo selbst die Gesandten von
Feinden nicht abgewiesen werden, zu euch und begehren bundesgemäß
Genugtuung. Auf dem Staat soll kein Unrecht haften; sie verlangen
die Auslieferung des Urhebers der Schuld, der für das Verbrechen
verantwortlich ist. Je milder sie auftreten, je zurückhaltender
sie anfangen, desto beharrlicher, fürchte ich, dürften sie
ihren Grimm äußern. Stellt euch die Ägatischen Inseln,
stellt euch Eryx vor Augen, was ihr zu Land und zu Wasser seit 24
Jahren erlitten habt. Und nicht war ein Knabe da Anführer, sondern
der Vater Hamilkar selbst, der zweite Mars, wie jene meinen. Aber
damals waren wir nicht von Tarent weggeblieben, d.h. von Italien,
wie wir jetzt Sagunt nicht in Ruhe lassen. Es haben also Götter
und Menschen gesiegt und das, worüber mit Worten gestritten wurde,
welches von beiden Völkern das Bündnis gebrochen habe, das
hat der Ausgang des Krieges entschieden und hat, wie ein gerechter
Richter, dem den Sieg gegeben, auf dessen Seite das Recht war. Gegen
die Mauern Karthagos richtet jetzt Hannibal Sturmdächer und Türme, Karthagos Mauern erschüttert er mit dem Sturmbock. Die Trümmer von
Sagunt werden über unseren Häuptern zusammenstürzen;
möchte ich doch ein falscher Prophet sein! Der mit den Saguntinern
begonnene Krieg muss mit den Römern ausgefochten werden. Es wird
einer sagen: Werden wir Hannibal also ausliefern? Ich weiß, dass wegen der Feindschaft unserer
Väter meine Ansicht keine große Bedeutung hat. Aber ich
habe mich deswegen gefreut, dass Hamilkar gestorben ist, weil wir,
wenn er noch lebte, längst Krieg mit den Römern hätten;
und diesen jungen Menschen hasse und verabscheue ich als die Furie
und die Brandfackel des Kriegs; und nicht nur soll man ihn zur Sühne
für den Bundesbruch ausliefern, sondern man soll ihn, wenn niemand
seine Auslieferung begehren würde, nach den fernsten Gegenden
des Meeres und der Erde führen und dahin verweisen, von wo nicht
einmal seine Name und Ruf zu uns dringen oder den Zustand eines friedlichen
Staates beunruhigen kann. Ich stimme dafür, dass man sofort Gesandte
nach Rom schicket, um dem Senat Genugtuung zu leisten; andere, um Hannibal zu melden, dass
er das Heer von Sagunt abziehen soll, und um Hannibal selbst bundesgemäß den Römern auszuliefern; eine dritte
Gesandtschaft beantrag ich, um den Saguntinern Erstattung zu leisten." |
(21,11,1)
cum Hanno perorasset, nemini omnium certare oratione cum eo necesse
fuit; adeo prope omnis senatus Hannibalis erat, infestiusque locutum
arguebant Hannonem quam Flaccum Valerium, legatum Romanum. (21,11,2)
responsum inde legatis Romanis est bellum ortum ab Saguntinis, non
ab Hannibale esse; populum Romanum iniuste facere, si Saguntinos vetustissimae
Carthaginiensium societati praeponat. (21,11,3) dum Romani tempus
terunt legationibus mittendis, Hannibal, quia fessum militem proeliis
operibusque habebat, paucorum iis dierum quietem dedit stationibus
ad custodiam vinearum aliorumque operum dispositis. interim animos
eorum nunc ira in hostes stimulando, nunc spe praemiorum accendit;
(21,11,4) ut vero pro contione praedam captae urbis edixit militum
fore, adeo accensi omnes sunt ut, si extemplo signum datum esset,
nulla vi resisti videretur posse. (21,11,5) Saguntini ut a proeliis
quietem habuerant nec lacessentes nec lacessiti per aliquot dies,
ita non nocte, non die unquam cessaverant ab opere, ut novum murum
ab ea parte qua patefactum oppidum ruinis erat reficerent. (21,11,6)
inde oppugnatio eos aliquanto atrocior quam ante adorta est, nec qua
primum aut potissimum parte ferrent opem, cum omnia variis clamoribus
streperent, satis scire poterant. (21,11,7) ipse Hannibal qua turris
mobilis, omnia munimenta urbis superans altitudine, agebatur hortator
aderat. quae cum admota catapultis ballistisque per omnia tabulata
dispositis muros defensoribus nudasset, (21,11,8) tum Hannibal occasionem
ratus, quingentos ferme Afros cum dolabris ad subruendum ab imo murum
mittit; nec erat difficile opus, quod caementa non calce durata erant
sed interlita luto, structurae antiquae genere. (21,11,9) itaque latius
quam qua caederetur ruebat perque patentia ruinis agmina armatorum
in urbem vadebant. (21,11,10) locum quoque editum capiunt, conlatisque
eo catapultis ballistisque ut castellum in ipsa urbe velut arcem imminentem
haberent muro circumdant; et Saguntini murum interiorem ab nondum
capta parte urbis ducunt. (21,11,11) utrimque summa vi et muniunt
et pugnant; sed interiora tuendo minorem in dies urbem Saguntini faciunt.
(21,11,12) simul crescit inopia omnium longa obsidione et minuitur
exspectatio externae opis, cum tam procul Romani, unica spes, circa
omnia hostium essent. (21,11,13) paulisper tamen adfectos animos recreavit
repentina profectio Hannibalis in Oretanos Carpetanosque, qui duo
populi, dilectus acerbitate consternati, retentis conquisitoribus
metum defectionis cum praebuissent, oppressi celeritate Hannibalis
omiserunt mota arma. |
11. Als Hanno zu Ende geredet hatte, brauchte
ihn niemand zu widerlegen, so sehr war beinahe der ganze Senat auf
der Seite Hannibals,
und sie meinten, Hanno habe feindseliger geredet als der römische
Gesandte Valerius Flaccus. Darauf erhielten die römischen Gesandten
die Antwort, die Saguntiner hätten den Krieg angefangen, nicht Hannibal. Das römische
Volk tue Unrecht, wenn es den Saguntinern vor dem alten Bündnis
mit den Karthagern den Vorzug gebe. Während die Römer mit
der Absendung von Gesandtschaften die Zeit verloren, gab Hannibal seinen durch Gefechte und Arbeiten ermüdeten Soldaten, nachdem
er bei den Annäherungshütten und anderen Werken Bedeckung
ausgestellt hatte, einige Tage Ruhe. Währenddessen befeuerte
er ihren Mut dadurch, dass er bald ihre Erbitterung gegen den Feind
anspornte, sie bald auf Belohnung hoffen ließ. Und als er nun
vor der Versammlung die Beute der eroberten Stadt für ein Eigentum
der Soldaten erklärte, wurden dadurch alle so begeistert, dass
ihnen dem Anschein nach, hätte er sogleich das Zeichen gegeben,
nichts würde haben widerstehen können.
Hatten die Saguntiner von Gefechten Ruhe gehabt, insofern sie in mehreren
Tagen wieder angriffen noch angegriffen wurden, so hatten sie auch
weder bei Tag noch bei Nacht die Arbeit unterlassen, um auf der Seite,
wo die Stadt durch die Lücke in der Mauer geöffnet war,
eine neue Mauer aufzuführen. Darauf wurden sie in einem weit
heftigeren Sturm als vorher angegriffen und blieben, da alles von
mancherlei Geschrei ertönte, in Ungewissheit, wo die schnellste
oder nachdrücklichste Hilfe nötig sei. Hannibal selbst war als Ermunterer da zugegen, wo er den Rollturm anrücken
ließ, der an Höhe sämtliche Festungswerke der Stadt
übertraf. Als dieser näher gebracht wurde und durch die
auf alle seine Stockwerke verteilten kleineren und größeren
Wurfgeschütze die Mauern von Verteidigern entblößt
hatte, schickte Hannibal,
um diesen Augenblick zu benutzen, gegen 500 Afrikaner mit Brecheisen
gegen die Mauer, um sie von unten zu durchbrechen; sie hatten keine
schwere Arbeit, weil die Steine nicht durch Mörder verbunden,
sondern nach der alten Bauweise mit Lehm eingestrichen waren. Folglich
stürzten die Steine in weiterem Umfang, als gebrochen wurde,
und durch die weiten Lücken schritten Züge von Bewaffneten
in die Stadt. Ja, sie erreichten auch eine Höhe, die sie, als
sie hier die kleineren und größeren Wurfgeschütze
zusammengefahren hatten, mit einer Mauer umschlossen, um an diesem
Bollwerke in der Stadt eine alles beherrschende Festung zu haben.
Die Saguntiner aber zogen vor den noch nicht eroberten Teil der Stadt
eine innere Mauer. Von beiden Seiten mauerte und focht man mit der
höchsten Anstrengung; allein die Saguntiner machten dadurch,
dass sie nur das Innere zu behaupten suchten, die Stadt mit jedem
Tag kleiner. Zugleich wuchs bei der langen Einschließung der
Mangel an allem und die Erwartung einer Hilfe von außen schwand
immer mehr, da die Römer, ihre einzige Hoffnung, so fern und
alles umher in den Händen der Feinde war. Doch auf eine kurze
Zeit erholte sich er gesunkene Mut durch den Zug, den Hannibal unvermutet gegen die Oretaner und Carpetaner unternahm, zwei Völkerschaften,
die über die strenge Werbung empört waren und durch die
Festnahme der Werber einen Aufstand befürchten ließen;
allein durch Hannibals Geschwindigkeit wurden sie überrascht und gaben die schon ergriffenen
Waffen wieder auf. |
(21,12,1)
nec Sagunti oppugnatio segnior erat Maharbale Himilconis filio - eum
praefecerat Hannibal - ita impigre rem agente ut ducem abesse nec
cives nec hostes sentirent. (21,12,2) is et proelia aliquot secunda
fecit et tribus arietibus aliquantum muri discussit strataque omnia
recentibus ruinis advenienti Hannibali ostendit. (21,12,3) itaque
ad ipsam arcem extemplo ductus exercitus atroxque proelium cum multorum
utrimque caede initum et pars arcis capta est. temptata deinde per
duos est exigua pacis spes, Alconem Saguntinum et Alorcum Hispanum.
(21,12,4) Alco insciis Saguntinis, precibus aliquid moturum ratus,
cum ad Hannibalem noctu transisset, postquam nihil lacrimae movebant
condicionesque tristes, ut ab irato victore, ferebantur, transfuga
ex oratore factus apud hostem mansit, moriturum adfirmans qui sub
condicionibus iis de pace ageret. (21,12,5) postulabatur autem, redderent
res Turdetanis traditoque omni auro atque argento egressi urbe cum
singulis vestimentis ibi habitarent ubi Poenus iussisset. (21,12,6)
has pacis leges abnuente Alcone accepturos Saguntinos, Alorcus, vinci
animos ubi alia vincantur adfirmans, se pacis eius interpretem fore
pollicetur; erat autem tum miles Hannibalis, ceterum publice Saguntinis
amicus atque hospes. (21,12,7) traditio palam telo custodibus hostium
transgressus munimenta ad praetorem Saguntinum - et ipse ita iubebat
- est deductus. (21,12,8) quo cum extemplo concursus omnis generis
hominum esset factus, submota cetera multitudine senatus Alorco datus
est, cuius talis oratio fuit: |
12. In der Bestürmung Sagunts wurde
dadurch nichts versäumt, weil Maharbal, Himilkons Sohn, dem sie Hannibalübertragen
hatte, so tätig dabei zu Werke ging, dass die Abwesenheit des
Feldherrn weder von den Soldaten noch den Feinden bemerkt wurde. Er
lieferte mehrere glückliche Gefechte, warf mit drei Sturmböcken
einen beträchtlichen Teil der Mauer nieder und zeigte dem Hannibal bei seiner Ankunft lauter mit neuen Trümmern bedeckte Strecken.
Also wurde das Heer sogleich vor die Burg selbst geführt: ein
fürchterlicher Kampf begann unter großen Verlusten auf
beiden Seiten und ein Teil der Burg wurde erobert.
Jetzt ließen sich zwei Männer, freilich mit schwacher Hoffnung,
auf Friedensversuche ein: Alkon, ein Saguntiner, und Alorcus, ein
Spanier. Nachdem Alkon, der durch Bitten etwas auszurichten glaubte,
ohne Wissen der Saguntiner bei Nacht zu Hannibal gegangen war, wurde er, als seine Tränen nicht vermochten und
lauter harte, von einem erbitterten Sieger zu erwartende Bedingungen
gemacht wurden, aus einem Fürsprecher zu einem Überläufer
und blieb bei dem Feind, indem er versicherte, der wäre des Todes,
der einen Frieden unter solchen Bedingungen vorschlagen würde.
Man verlangte aber, sie sollten den Turdetanern Ersatz leisten, nach
Ablieferung alles Goldes und Silbers in einem einzigen Rock aus der
Stadt wandern und an dem Ort sich niederlassen, den ihnen Hannibal anweisen würde.
Als Alkon dabei blieb, dass die Saguntiner diese Friedensbedingungen
nicht annehmen würden, erbot sich Alorcus mit der Behauptung,
dass da, wo alles bräche, auch der Mut breche, zum Vermittler
dieses Friedens. Er diente damals unter Hannibal,
hatte aber von Seiten seines Staats mit den Saguntinern Freundschaft
und Gastrecht. Er gab seine Waffen vor aller Augen an die feindliche
Wache ab, wurde in die Festung gelassen und, wie er es selbst verlangte,
vor den saguntinischen Prätor geführt. Da sich hier sogleich
Leute von allen Ständen sammelten, ließ der Senat die übrigen
Männer abtreten und den Alorcus einführen, der folgende
Rede hielt: |
(21,13,1)
'si civis vester Alco, sicut ad pacem petendam ad Hannibalem venit,
ita pacis condiciones ab Hannibale ad vos rettulisset, supervacaneum
hoc mihi fuisset iter, quo nec orator Hannibalis nec transfuga ad
vos veni; (21,13,2) sed cum ille aut vestra aut sua culpa manserit
apud hostem - sua, si metum simulavit: vestra, si periculum est apud
vos vera referentibus - ego, ne ignoraretis esse et salutis aliquas
et pacis vobis condiciones, pro vetusto hospitio quod mihi vobiscum
est ad vos veni. (21,13,3) vestra autem causa me nec ullius alterius
loqui quae loquor apud vos vel ea fides sit quod neque dum vestris
viribus restitistis neque dum auxilia ab Romanis sperastis pacis unquam
apud vos mentionem feci. (21,13,4) postquam nec ab Romanis vobis ulla
est spes nec vestra vos iam aut arma aut moenia satis defendunt, pacem
adfero ad vos magis necessariam quam aequam. (21,13,5) cuius ita aliqua
spes est, si eam, quemadmodum ut victor fert Hannibal, sic vos ut
victi audiatis; si non id quod amittitur in damno, cum omnia victoris
sint, sed quidquid relinquitur pro munere habituri estis. (21,13,6)
urbem vobis, quam ex magna parte dirutam, captam fere totam habet,
adimit: agros relinquit, locum adsignaturus in quo novum oppidum aedificetis.
aurum et argentum omne, publicum prvatumque, ad se iubet deferri:
(21,13,7) corpora vestra coniugum ac liberorum vestrorum servat inviolata,
si inermes cum binis vestimentis velitis ab Sagunto exire. (21,13,8)
haec victor hostis imperat; haec quamquam sunt gravia atque acerba,
fortuna vestra vobis suadet. equidem haud despero, cum omnium potestas
ei facta sit, aliquid ex his rebus remissurum; (21,13,9) sed vel haec
patienda censeo potius quam trucidari corpora vestra, rapi trahique
ante ora vestra coniuges ac liberos belli iure sinatis.' |
13. "Wenn euer Mitbürger Alkon,
so wie er, den Frieden zu erbitten, zu Hannibal kam, auch mit den Bedingungen des Friedens von Hannibal zu euch zurückgekehrt wäre, so würde dieser Gang von
meiner Seite sehr zwecklos gewesen sein, insofern er mich weder als Hannibals Abgeordneten
noch als Überläufer zu euch geführt hätte. Da
er aber entweder durch eure oder durch seine Schuld bei dem Feind
geblieben ist, - durch seine eigene, wenn er Besorgnis heuchelte,
durch eure, wenn man mit der Angabe der Wahrheit bei euch Gefahr läuft,
- so bin ich, damit es euch nicht unbekannt bleibe, das es für
euch doch noch Bedingungen der Rettung und des Friedens gebe, vermöge
des alten Gastrechts, worin ich mit euch stehe, zu euch gekommen.
Dass sich aber das, was ich jetzt zu euch rede, bloß in Rücksicht
auf euch und auf keinen anderen rede, muss euch schon daraus klar
sein, dass ich weder, solange ihr mit eigenen Kräften Widerstand
leistetet, noch, während ihr von den Römern Hilfe erhofftet,
den Frieden je bei euch erwähnt habe. Da ihr aber von den Römern
nicht das mindeste zu erhoffen habt und euch weder eure Waffen noch
eure Mauern länger schützen, so trage ich euch einen Frieden
an, der mehr notwendig als billig ist, den ihr nur dann vielleicht
erhoffen könnt, wenn ihr, so wie Hannibal als Sieger ihn vorschreibt, als Besiegte ihm Gehör gebt, wenn
ihr nicht das, was ihr einbüßt, als Verlust, - da doch
alles dem Sieger gehört - sondern was euch noch gelassen wird,
als Geschenk ansehen wollt. Die Stadt, die er größtenteils
zertrümmert, fast ganz erobert hat, nimmt er euch. Eure Ländereien
lässt er euch, weil er euch einen Platz anweisen will, wo ihr
eine neue Stadt bauen könnt. Alles Gold und Silber, Staatsschatz
und eigenes Vermögen befiehlt er euch abzuliefern, lässt
euch aber euer Leben, eure Gattinnen und Kinder unangetastet, wenn
ihr unbewaffnet, jeder nur mit zwei Kleidungsstücken aus Sagunt
abziehen wollt. Dies sind die Forderungen, auf die der Feind als Sieger
besteht. So drückend und hart sie sind, so rät euch doch
eure Lage, sie anzunehmen. Ich gebe zwar nicht alle Hoffnung auf,
dass er bei gänzlicher Hingebung von eurer Seite das eine und
das andere erlassen werde. Allein ich würde euch lieber raten,
selbst dies zu erdulden, als euch selbst niederhauen zu lassen und
eure Gattinnen und Kinder nach Kriegsrecht geraubt und weggeschleppt
zu sehen." |
(21,14,1)
ad haec audienda cum circumfusa paulatim multitudine permixtum senatui
esset populi concilium, repente primores secessione facta priusquam
responsum daretur argentum aurumque omne ex publico prvatoque in forum
conlatum in ignem ad id raptim factum conicientes eodem plerique semet
ipsi praecipitaverunt. (21,14,2) cum ex eo pavor ac trepidatio totam
urbem pervasisset, alius insuper tumultus ex arce auditur. turris
diu quassata prociderat, perque ruinam eius cohors Poenorum impetu
facto cum signum imperatori dedisset nudatam stationibus custodiisque
solitis hostium esse urbem, (21,14,3) non cunctandum in tali occasione
ratus Hannibal, totis viribus adgressus urbem momento cepit, signo
dato ut omnes puberes interficerentur. quod imperium crudele, ceterum
prope necessarium cognitum ipso eventu est; (21,14,4) cui enim parci
potuit ex iis qui aut inclusi cum coniugibus ac liberis domos super
se ipsos concremaverunt aut armati nullum ante finem pugnae quam morientes
fecerunt? |
14.. Als durch die nach und nach herbeigeströmte
Menge, die diese Eröffnungen hatte anhören wollen, eine
Volksversammlung sich mit dem Senat gemischt hatte, traten plötzlich
die Angesehensten noch vor Erteilung der Antwort ab, brachten alles
Silber und Gold aus dem Schatz und eigenem Vermögen auf den Markt,
warfen es in ein zu diesem Zweck schnell angelegtes Feuer und stürzen
sich meistenteils selbst ihm nach. Schrecken und Bestürzung hierüber
verbreitete sich durch die ganze Stadt, als man von der Burg her einen
neuen Lärm hörte. Ein Turm, der dem Mauerbrecher lange Widerstand
geleistet hatte, war gefallen, und da die punische Kohorte, die durch
die Lücke eindrang, ihren Feldherrn wissen ließ, dass die
Stadt von den gewöhnlichen feindlichen Posten und Wachen entblößt
sei, so eroberte sie Hannibal,
der bei einer solchen Gelegenheit nicht säumen zu dürfen
glaubte, durch einen Angriff mit seiner ganzen Macht sofort und befahl,
alle Erwachsenen niederzuhauen. Dass dieser grausame Befehl gleichwohl
beinahe notwendig war, zeigte der wirkliche Erfolg. Denn wen konnte
man von solchen Feinden schonen, die sich entweder mit Weib und Kind
in ihren Häusern verschlossen und sich mit ihnen verbrannten
oder bewaffnet den Kampf nur mit ihrem Leben endeten? |
(21,15,1)
captum oppidum est cum ingenti praeda. quamquam pleraque ab dominis
de industria corrupta erant et in caedibus vix ullum discrimen aetatis
ira fecerat et captivi militum praeda fuerant, (21,15,2) tamen et
ex pretio rerum venditarum aliquantum pecuniae redactum esse constat
et multam pretiosam supellectilem vestemque missam Carthaginem. (21,15,3)
octavo mense quam coeptum oppugnari captum Saguntum quidam scripsere;
inde Carthaginem novam in hiberna Hannibalem concessisse; quinto deinde
mense quam ab Carthagine profectus sit in Italiam pervenisse. (21,15,4)
quae si ita sunt, fieri non potuit ut P. Cornelius Ti. Sempronius
consules fuerint, ad quos et principio oppugnationis legati Saguntini
missi sint et qui in suo magistratu cum Hannibale, alter ad Ticinum
amnem, ambo aliquanto post ad Trebiam pugnaverint. (21,15,5) aut omnia
breviora aliquanto fuere aut Saguntum principio anni, quo P. Cornelius
Ti. Sempronius consules fuerunt, non coeptum oppugnari est sed captum.
(21,15,6) nam excessisse pugna ad Trebiam in annum Cn. Servili et
C. Flamini non potest, quia C. Flaminius Arimini consulatum iniit,
creatus a Ti. Sempronio consule, qui post pugnam ad Trebiam ad creandos
consules Romam cum venisset comitiis perfectis ad exercitum in hiberna
rediit |
15. In der Stadt gewannen die Sieger eine
ansehnliche Beute. Zwar hatten die Eigentümer vieles absichtlich
verdorben, bei dem Gemetzel hatte die Erbitterung kaum einige Rücksicht
auf irgend ein Alter genommen, und die Gefangenen wurden den Soldaten
als Beute überlassen, aber dennoch ergibt sich, dass der Wert
der verkauften Sachen eine bedeutende Geldsumme einbrachte und viele
kostbare Geräte und Kleidungsstücke nach Karthago geschickt wurden.
Nach einigen Schriftstellern wurde Sagunt im achten Monat nach Eröffnung
der Belagerung erobert. Von da an soll sich Hannibal nach Neu-Karthago in
die Winterquartiere begeben haben und dann erst im fünften Monat
nach seinem Aufbruch von Neu-Karthago in Italien angekommen sein.
Verhält sich dies so, so können Publius Cornelius und Tiberius
Sempronius nicht die selben Konsul gewesen sein, zu denen am Anfang
der Belagerung die Saguntiner geschickt wurden und die noch in ihrem
Amt dem Hannibal, der
eine am Fluss Ticinus und beide eine ganze Weile nachher an der Trebia
die Schlacht lieferten. Entweder rückt dies alles auf weit kürzerer
Zeit zusammen oder die Belagerung Sagunts wurde mit dem Anfang des
Jahres, in dem Publius Cornelius und Tiberius Sempronius Konsuln waren,
nicht eröffnet, sondern beendet. Denn die Schlacht an der Trebia
lässt sich nicht in das Jahr des Gnaeus Servilius und Gaius Flaminius
verlegen, da Flaminius sein Konsulat zu Ariminum antrat, nachdem er
es unter dem Vorsitz des Konsuls Tiberius Sempronius erhalten hatte.
Dieser war erst nach der Schlacht an der Trebia zur Konsulwahl nach
Rom gegangen und nach Beendigung des Wahlgeschäftes zu seinem
Heer in die Winterquartiere zurückgekehrt.
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Gliederung und Quellenangaben nach Weissenborn
/ Müller |
(Üb. nach Heusinger
/ Güthling und Gerlach,
bearbeitet v. E.Gottwein) |
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