Blick auf die Terrasse des
M.Nonius
Balbus und den Aufgang zur Stadt; links daneben die sogenannte "Zona sacra", rechts daneben: Die Suburbane Thermen.
- Hafenstadt am Golf von Neapel, die der Sage nach Herakles auf seinem Rückweg aus Spanien gründete. Ihr griechischer Name war Ἡρακλεῖον. Vielleicht war auch ihre Gründung griechisch, von Neapel her beeinflusst, obleich die Stadt nach Strabon ursprünglich oskisch, dann der Reihe nach etruskisch, pelasgisch und samnitisch war.
- Infolge seines Engagements für die Italiker im Bundesgenossenkrieg wurde Herculaneum 89 v. Chr. von Titus Didius, einem Legaten Sullas, erobert und römisches municipium.
- Herculaneum lag etwa 15 km von Pompeii entfernt an einem steilen Abhang westlich vom Vesuvs unmittelbar am Meer (angeblich mit dem schönsten Meerespanorama aller Städte im Goilf von Neapel, vergleichbar mit dem heutigen Sorrent), zu beiden Seiten durch tief eingeschnittene Flusstäler begrenzt. Dem Straßenverlauf liegt eine gezielte Stadtplanung zugrunde. Auf das Meer zu (also in nord-westlicher Richtung) verliefen 5 cardines, von denen der cardo tertius, quartus und quintus ausgegraben sind. Im rechten Winkel dazu (also in nord-östlicher Richtung) verlaufen der decumanus maximus und der decumanus inferior. Der decumanus inferior untergliedert die drei genannten cardines jeweile in einen unteren und oberen Bereich (cardo inferior zum Meer hin und cardo superior).
Nach schweren Beschädigungen durch das Erdbeben 62 n. Chr. wurde Herculaneum schließlich 79 n.Chr. beim Ausbruch des
Vesuvs (zusammen mit Pompeii) verschüttet. Pompeii wurde von Aschenregen, Herculaneum aber von einem bis 20 m tiefen Lavastrom zugedeckt, der zu Tuff (Pappamonte-Tuff) verhärtete. Dadurch haben sich hier im Gegensatz zu
Pompeii auch organische Stoffe wie Holz erhalten (Treppen, Türen, Möbel, eine Kinderwiege). Die beidseitigen Flusstäler wurden durch den Lavastrom aufgefüllt. Daraus resultieren für die Gegenwart zwei negative Folgen: Wasserarmut an der Oberfläche und Wasserschäden für die tiefliegenden Ausgrabungen (besonders die "Suburbanen Thermen"). Die Meeresküste wurde durch den Lavastrom um etwa 400 m hinausgeschoben. 1631 bildete sich eine weitere Lavaschicht.
Blick in das Atrium des Hauses der Hirsche
- Die abwechslungsreiche Ausgräbertätigkeit begann 1738 und dauert unter Pausen an. Eine Erschwernis ist, dass das heutige Erculano (bis 1970 Resina) anders als das heutige Pompeii über den alten Ruinen erbaut wurde. Zuletzt (1980) wurden die Hafenkammern mit den sterblichen Überresten vieler Menschen ausgegraben, die vergeblich versucht hatten, sich und ihre Kostbarkeiten über das Meer zu retten. Höchstens 25% der alten Stadt sind bisher ausgegraben. Durch Erkundungsstollen hat man Hinweise auf noch Verschüttetes (Forum, Basilica) gewonnen.
- Vgl. Stabiae, Oplontis.
- Einzelne Häuser:
- Haus des Telephosreliefs
- Das zweite Haus auf der rechten Seite, wenn man über der Terrasse des M.Nonius Balbus durch das Stadttor auf dem cardo quintus inferior die Stadt betritt. Ein sehr großes Anwesen, vielleicht des Balbus.
- Haus der Hirsche
- An der selben Stelle links der Straße das relativ kleine Haus der Hirsche aus neronischer Zeit. Im Garten fanden sich neben anderen Marmorplastiken vier Plastiken von Hirschen, die von Hunden angefallen werden.
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Haus des großen Portals
- Das namengebende Portal ist nach dem Erdbeben von 62 mit Ziegelsteinen erbaut worden. Die Tuffkapitelle stellen Siegesgöttinnen dar.
- Haus des korinthischen Atriums
- Haus des Schwarzen Saals
- Haus des tuskanischen Säulengangs
- Haus der zwei Atrien
- Haus mit schönem Hof
- Haus des Neptunus und der Amphitrite
- Haus des Alkovens
- Haus des Mosaikatriums
- Craticiumhaus
- Haus mit Holzzwischenwand
- Haus des Genius
- Argushaus
- Aristideshaus
- Haus des Skeletts
- Haus der Herberge
- Casa dei Papiri
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Eine Villa suburbana, etwa 250 qm groß, als deren Besitzer man L.Calpurnius Piso vermutet hat, einen Literaturliebhaber und Caesars Schwiegervater; heute in einer 28 m tiefen Grube und in einem besorgniserregenden Zustand. 1770 von dem Schweizer Bergbauingenieur Karl Weber durch Stollen untersucht, wobei er bedeutende Skulpturen entdeckte und eine griechische Bibliothek mit angekohlten Papyri, die sich überwiegend als Texte des Epikureers Philodemos von Gadara erwiesen. Bei neuzeitlichen Grabungen (unter Antonio de Simone) fand man zwar weitere Skulpturen, aber nicht die erhoffte Entsprechung einer lateinische Bibliothek; ihre Ausgrabung soll in den kommenden Jahren erfolgen. Bedeutend ist auch der jüngste Fund eines hölzernen Thrones oder Tragaltars. Ob man die erhofften Sensationsfunde wirklich machen kann, bleibt abzuwarten. (Quelle u.a.: D.Bartetzko: Warten auf Tacitus, in: FAZ 183/2002, S.40; Marcus Nonius Balbus lebt hier nicht mehr, in: FAZ 127/2008, S.40)
- Theater: 1709 ausgegraben.
zu "Herculaneum"3954
Kirsten, Ernst
Süditalienkunde. Ein Führer zu klassischen Stätten. I: Campanien und seine Nachbarlandschaften.
Heidelberg, Winter, 1975
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