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Griechische Tempelarchitektur
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Inhalt | Einleitung | Vorzeit | Tempeltypen | Peripteros | Dor.Ordnung | Ion.Ordnung | Vergleich | Anhang

DIE IONISCHE SÄULENORDNUNG

Im Bereich des kleinasiatischen Festlandes, der Ägäis und Attikas, also dort, wo sich die Protogriechen gegen die Dorer hatten behaupten können, entwickelte sich die ionische Säulenordnung. Sie ist in ihrer Gesamtheit vielschichtiger; es bildeten sich im Gegensatz zur dorischen Ordnung auch innerhalb des ionischen Stils deutlich unterscheidbare Varianten; besonders zu erwähnen sind hier die kleinasiatische und die attisch - ionische. Dies lag wohl auch daran, dass der Volksstamm der Ioner verschiedenen äußeren Einflüssen ausgesetzt war - den dorischen in Attika, den orientalischen in Kleinasien.

Auch in der ionischen Ordnung war der Ringhallentempel das Hauptmotiv. Allerdings traten an.die Stelle des Peripteros, besonders bei den kleinasiatischen Großtempeln, häufig Dipteroi und Pseudodipteroi. Dies änderte jedoch am prinzipiellen Aufbau nichts. Die Abfolge Säule - Gebälk wiederholte sich dann zweimal. Der Unterbau ist meist ebenso gestaltet, wie bei den dorischen Tempeln. Allerdings treten an die Stelle der Stufen, besonders in Kleinasien, des öfteren ein Podium mit vorgelagerter Freitreppe oder ein vielstufiger Unterbau mit Podium (z.B. Ephesos - Jüngeres Artemision) oder auch ohne (z.B. Didyma bei Milet - Apollontempel). Die schlanken Säulen mit einer Höhe von 8 - 9 U.D (in der Frühzeit bis zu 12 U.D), die sich über dem Stylobat erheben, besitzen anders als die dorischen eine Basis. Die attisch - ionische Basis besticht durch ihre einfache Dreigliederung in einen breiten, oft kannelierten Wulst, der die Säulenschwere scheinbar abfedert, den Torus, eine Hohlkehle den Trochilus und einen weiteren Torus (s. Abb.16). Die samische Basis verzichtet auf den Trochilus, führt dafür aber mit der Spira ein neues Element ein. Über der Spira, einem Steinzylinder mit vielen waagrechten Kanneluren und Stegen liegt ein Torus auf (s. Abb.15). Die ephesische Basis verwendet die Spira in einer anderen Variante: In ihr wechseln zwei Hohlkehlen mit drei flachen Wülsten ab (doppelter Trochilus). Der unterste Wulst kann anstatt auf dem Stylobat auch auf einem Quader, der Plinthe aufliegen (s. Abb.15 rechts). Auf diese Spira folgt wieder ein Torus. Diese ephesische Basis fand beim Bau des Artemisions zu Ephesos Verwendung, einem der sieben Weltwunder der Antike, und breitete sich am weitesten aus. Die Abfolge Plinthe - doppelter Trochilus - Torus wurde zum klassischen kleinasiatischen Typ. Häufig finden sich an den ionischen Säulen über den Basen auch Reliefs. Der Naos besitzt dieselben Eigenheiten, wie der dorische Kernbau. Das Gebälk über seinen Anten ist natürlich in ionischem Stil (s.unten) gehalten. Die Säulenschäfte sind ebenso wie die dorischen bearbeitet. Sie besitzen eine Entasis, verjüngen sich nach oben und sind kanneliert. Die Kannelierung erfolgt anfangs durch 48, nach Einführung der Stege durch 24 Kanneluren, wodurch das Licht - Schattenspiel verstärkt wird. Ohne den durch feine Kerben und Anuli abgetrennten Hypotrachelion liegt auf dem Schaft direkt das ionische Volutenkapitell (s. Abb. 17) auf. Ein mit einem Blattkranz (Kyma - s. unten) versehener Echinus greift die runde Form der Säule auf. Über ihm folgt ein flaches Polster, welches sich auf beiden Seiten schneckenförmig zu den Voluten einrollt. Die Palmette, welche sich in den Frühbauten zwischen den Valuten erhob, hängt seit der Archaik zwischen dem verzierten Echinus und den Valuten herab. Jetzt erst folgt der eigentliche Abakus, verziert mit einem ionischen oder lesbischen Kyma (s. unten). Zwischen den parallelen Voluten bildet ein gerolltes Verbindungsstück, die Kanalis den Zusammenhalt. Am ionischen Kapitell führt die Forderung nach Allseitigkeit zum sogennannten ionischen Eckkonflikt. Die Voluten des Kapitells sollen stets nach außen zeigen. Dazu müssen an den Ecksäulen die Voluten rechtwinklig aufeinader stoßen. Die Voluten werden in einem diagonal herausgezogenem Eckkapitell zusammengefasst (s. Abb.18). Für die Verschneidung an der Innenseite konnten die Griechen keine Lösung anbieten; sie bleibt kantig und hart.

Der Abakus der Frühzeit wird in der Archaik und Klassik niedriger und durch ein Kyma verziert, die Palmette zwischen den Voluten verändert ihre Stellung. Die in archaischer Zeit weit über die betont schlanken Säulen hinausragenden Kapitelle rücken in der Klassik näher an die jetzt breiteren Säulen. Dadurch wird eine Straffung bewirkt (s. Abb. 18).

Über den Kapitellen der Säulen lastet das ionische Gebälk. Der Architrav verliert jedoch seine Masse und Größe, indem er in drei, jeweils leicht vorspringende Schichten, die Faszien, aufgegliedert wird. Im folgenden muss wieder zwischen der attisch - ionischen und der kleinasiatisch - ionischen Ordnung unterschieden werden. Die kleinasiatische Variante (s. Abb.19) besitzt den Zahnschnitt, eine Reihe dicht aufeinander folgender Balkenköpfe. Zwischen diesem Zahnschnitt und dem Architrav und ebenso zwischen Zahnschnitt und vorkragendem Geison (Dachgesims) vermittelt ein ionisches Kyma auf einer Dekorationsleiste.

Die attische Variante, die auch auf den ionischen Inseln Verbreitung fand, besitzt anstelle des Zahnschnittes einen durchlaufenden, skulpturgeschmückten Fries (s. Abb. 20).

Der Fries kann mit dem Zahnschnitt kombiniert werden. Eine solche Mischform findet sich z.B. am Apollontempel im Heiligtum des Apollon Didymaios bei Milet dem Delphi Kariens. Besonders das kleinasiatische Gebälk passt sich den schlanken Säulen an. Es ist relativ niedrig, der lastende Architrav ist dazu noch in die Faszien zerlegt.

Das Dach ist gleich dem der dorischen Tempel aufgebaut und gedeckt. Eine Besonderheit bildet die S-förmige Sima (Karnieskontur), die wieder reich dekoriert und in regelmäßigen Abständen durch Wasserspeier gegliedert ist. Die Simalängsseite kann wieder durch eine Reihe von Antefixen ersetzt werden. Das Giebeldach kann besonders bei den kleinasiatischen Großtempeln wegfallen (Apollontempel in Didyma - s. Abb.21). Der Tempel schließt dann mit der ringsum laufenden Sima. Die Bauelemente des Daches, wie Akrotere und Giebelantefixe entfallen in diesem Fall. Dadurch verliert der Bau etwas an Richtungscharakter, dafür sind die lastenden Teile insgesamt niedriger und erscheinen daher leichter.

Der ionische Tempel zeichnet sich weit mehr als der einfache dorische Bau durch eine Vielfalt an Dekorationselementen aus. Auch hier beschränkt sich das schmückende Beiwerk nicht nur auf die Teile, die keine

 konstruktiven Aufgaben haben, sondern durchdringt die gesamte Konstruktion. Die Ornamentik setzt besonders an überleitenden Zwischengliedern, wie Kapitellen, Abakus Basen und Gesimsen an. Die Schmuckmotive, die sich auch am dorischen Tempel finden, und zum allgemeingriechischen Formengut gehören, wie z.B. Mäander, Spiralen, Flechtbänder, Palmetten, Akanthusranken schmücken als umlaufende Bänder oder einzelne Flächen Fries, Sima und Mauerstirnen, wie das Antenkapitell, das auch am ionischen Tempel ein wichtiger Träger ornamentaler Verzierungen ist. Neben diesen Schmuckmotiven sind besonders die Dekorationselemente von lesbischem und ionischem Kyma und Astragal für die ionischen Tempel typisch (s. Abb. 22). Das ionische Kyma, im Querschnitt ein Viertelkreis, alterniert zwischen ovalen, gewölbten Körpern und pfeilartig zulaufenden Stegen. Seine Wirkung beruht auf dem Spiel von Licht und Schatten. Eine Variation des gleichen Themas bildet das lesbische Kyma. Anstelle der ovalen Körper treten herzförmige und spitz zulaufende. Ionisches und lesbisches Kyma werden oft, getrennt durch ein Astragal, das ist eine Leiste mit einer Folge einander abwechselnder Perlen und kantiger Rundscheiben, zu einer Schmuckleiste zusammengefasst. Die schmalen Stege werden dann wechselseitig zueinander verschoben. Die beiden Kymatien können auch übereinander vorkragen und damit eine kapitellähnliche Wirkung hervorrufen. Der Astragal, auch Perlstab genannt, grenzt zudem meist die dekorativen Leisten von den konstruktiven Elementen ab.

In den Giebelfeldern und, falls vorhanden, an dem umlaufenden Fries schmücken Werke der Plastik den Tempel. Ihr Themenbereich ist die Welt des Mythos. Farbe wird außer an den Ornamenten kaum verwendet. Der Tempel bleibt an den meisten Stellen weiß.

Das dreifach unterteilte tektonische Schema des dorischen Tempels lässt sich für den ionischen übernehmen. Der Gegensatz von Vertikale zu Horizontale bestimmt das Erscheinungsbild. Über dem lastenden Unterbau, der schon eine schräge Aufwärtsbewegung einleitet, folgen die vertikalen Säulen und abschließend das Dach. Das tektonische Schema des ionischen Tempels betont jedoch durch die Schlankheit und Höhe der Säulen das relativ niedrige Gebälk und manchmal sogar durch das Fehlen des Daches die tragende, aufwärtsstrebende Vertikale. Die ionischen Eckkapitelle zeigen, wie sehr auf die allseitige Symmetrie geachtet wurde. Das Gegensatzpaar zwischen geschlossenem, ausgerichtetem Kernbau und offenem, allseitigem Säulenbaldachin kommt besonders bei den Pseudodipteroi mit zwei Joch breiter Peristasis und der damit verbundenen Betonung des Raumes zum Tragen. Auch die ionische Säulenordnung weist die charakteristischen Elemente des Holzbaus auf. Auf die Holzkonstruktion verweisen, wie am dorischen Tempel, die Kapitelle, der Architrav, der allerdings aufgegliedert ist (s. oben) und der Zahnschnitt. Der Zahnschnitt hat, wie der Triglyphenfries, seinen Ursprung in den Längsbalken des Daches. Neben dem ionischen Kapitell existieren noch das aiolische und das korinthische Kapitell. Der Baustil der Aioler konnte jedoch keine Bedeutung gewinnen und wurde von der ionischen Ordnung verdrängt. Die aiolische Kapitellform fand sich in Neandria und auf Lesbos, stellt eine Vorform des ionischen Kapitells dar und ist gegen 700 v.Chr. zu datieren. Die Ähnlichkeit ist in der Tat auffallend. Nimmt man den seltsamen, gleichsam umbundenen Blattkranz weg und verkürzt die aufsteigende Doppelvolute an ihrem Ansatz, so erhält man tatsächlich das ionische Kapitell der Frühzeit (s. Abb. 23/24).

Anders als die aiolische Ordnung gewann die korinthische Ordnung nach der Klassik große Bedeutung. Einige Altertumsforscher unterscheiden daher nicht nur zwischen dorischer und ionischer Ordnung, sondern zählen die korinthische Ordnung als eigenen Stil. Im Rahmen der Behandlung der griechischen Tempelarchitektur bis zur Klassik ist dies jedoch nicht notwendig. Das korinthische Kapitell tritt erstmals im 5. Jhdt. vereinzelt auf (Bassai - Apollontempel). Es vermeidet durch seine Allseitigkeit den Konflikt des ionischen Kapitells und tritt anfangs nur an Stellen, an denen das ionische Kapitell Probleme bereiten würde, da es nicht allseitig wirkt und an denen die dorische Säule, die zwar allseitig wirkt, wegen ihrer Proportionen nicht treten kann. Genauso aufgebaut wie die ionische Säule, ist die korinthische mit ihrem hohen Kapitell noch eine Spur schlanker. Vitruv vergleicht ihr Äußeres mit der Erscheinung einer anmutigen Jungfrau (Vitruv IV, Kap.1, 8). Das beherrschende Motiv des kelchförmigen Kapitells sind Akanthusranken, welche sich in einem oder zwei Kränzen anordnen und aus denen Voluten gleichsam hervorwachsen. Zusätzlich treten oft symmetrische Rankenwerke hinzu, die kunstvoll mit den Voluten und den Akanthusblättern verwoben werden. Das korinthische Kapitell ist wesentlich flexibler als das dorische oder ionische und zeigt sich daher in unterschiedlichsten Varianten (s. Abb. 25).

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