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κῆνος = κεῖνος
(ἐκεῖνος) | ἔμμεν
= ἔμμεναι = εἶναι
| ὤνηρ = ὁ ἀνήρ
| ὄττις = ὅστις
| ἰσδάνω = ἱζάνω
- setze mich, sitze | πλάσιον
= πλήσιον | ἆδυ
= ἡδύ | ἰμερόεις
- sehnsuchtsvoll, reizend | τό - sc. <τὸ
ἡδὺ φωνεῖν καὶ...>
| μάν = μήν | πτοιάω
(= πτοέω) - scheuche auf, erschrecke |
ὤς - wie, sooft (= ὅτε, ὅταν)
korrelativ dazu das zweite ὤς | βρόχεα
= βραχέως | φώνας
= φωνῆς, Gen. abh. v. οὐδέν
| εἴκει = ἥκεο (?)
(ἵκνει = ἱκνεῖται)
| κατέαγε (κατάγνυμι
- zerbreche) - ist zerbrochen, ist (wie) gelähmt | χρῶ
= χρόα - Akk. (des Ziels) zu ἡ χρώς
- die Haut | ὐπαδεδρόμακεν
= ὑποδεδράμηκεν
| ὀππάτεσσι = ὄμμασι
(τὸ ὄππα = τὸ ὄμμα)
| ὄρρημι = ὁράω
| ἐπιρρόμβεισι
= ἐπιρρομβοῦσι
- sie rauschen heran, sausen | ἡ ἴδρως
- im allg. ὁ ἴδρως | κακχέεται
= καταχεῖται
- ergießt sich darüber, fließt herab | παῖσαν
= πᾶσαν | αἱ ἄκουαι
= τὰ ὦτα | ἄγρει
= αἱρεῖ | ἔμμι =
εἰμί | τεθνάκην
= τεθνηκέναι
| ὀλίγω ‘πιδεύης
= ὀλίγου δεῖν
(ich scheine mir geradezu tot zu sein) | Ἄγαλλις
- der Name ist konjiziert | τόλματον
= τολμητόν <ἐστιν>
- ist erträglich | ἐπεί κεν
ᾖ τά - wenn es damit (mit der Vermählung)
soweit ist
Schadewaldt
I, S. 178: "Das Lied ist literarisch überliefert,
leider nicht ganz, der Schluss ist weggelassen. Wieder können
wir es nur richtig verstehen, wenn wir uns die Situation vergegenwärtigen,
aus der es herausgewachsen ist: jenes erste Gegenüber von Braut
und Bräutigam nach der Entschleierung. Also keine intime, sondern
eine repräsentative Situation, und Sappho - so müssen
wir uns vorstellen - steht dabei und sieht das. [Übersetzung
...] Ich will nicht darauf eingehen, was für ein Gefühl
das ist. Nur eins bestimmt nicht, was man auch gemeint hat: Eifersucht.
[...] Wir müssen uns vielleicht vorstellen, dass dies Lied
auch bei der Hochzeit vorgetragen wurde - irgendwo muss es ja vorgetragen
werden, es gibt noch keine völlig private Dichtung in jener
Zeit - [...] Wir mögen uns den Schluss vielleicht so ergänzen:
»Alles ist zu ertragen, da der Mensch an der Seligkeit der Götter
ja nicht teilhaben kann, außer selten einmal, und dann nur
ein wenig.«"
Franyó
/ Snell III S. 8: Der persönliche Charakter ihrer (Sapphos)
Gedichte zeigt sich vollends darin, dass sie immer wieder von der
leidenschaftlichen Liebe zu einzelnen Mädchen ihres Kreises
spricht. Wie dadurch die konventionellen Formen ihres Dichtens sich
verschieben, zeigt am eindringlichsten unser [...] Gedicht. Sie
beginnt damit, einen Mann selig zu preisen, ein übliches Motiv
der Hochzeitslieder. [...] Zur Hochzeit gehört ferner, dass
der gottähnliche Mann nahe bei dem Mädchen sitzt. Überraschenderweise
folgt nun aber statt des herkömmlichen Segenswunsches an das
Brautpaar [...] Sapphos Klage über ihre eigene Hilflosigkeit.
Heißt es am Anfang konventionell "er erscheint mit den
Göttern gleich", so setzt sie ganz unkonventionell am
Ende des Gedichtes dem Glück des Bräutigams ihr eigenes
Unglück entgegen: "Ich erscheine mir fast als eine, die
stirbt."
Auch in anderen Gedichten erweckt die Hochzeit einer Geliebten in
Sappho die Trauer des Abschieds - vgl. etwas Fr. 96 -, oder sie
ermahnt sich, ihr Schicksal zu tragen. Mit diesem Gedanken endet
das Gedicht 2 (31LP). Sein eigentlicher Inhalt aber ist das sachliche
Aufzählen der körperlichen Symptome ihrer Leidenschaft.
Wird das Gedicht so getragen von ihrem starken Gefühl, verhindern
der konventionelle Rahmen und die nüchterne Beschreibung dennoch,
dass es sich im Vagen verliert.
Vergleichspunkte zur Catull-Übersetzung:
Schadewaldt
I, S. 141, Anm. 26: "Das Pathos, das Sappho hier an sich
selbst mit unerhörter Wachheit nach innen erlebt, ist nicht
eigentlich Liebesleidenschaft (das wird es erst in Catulls Nachdichtung),
sondern jenes zur Lähmung der Organe und zur Ohnmacht führende
staunende Ergriffensein, das bei Homer θάμβος
oder τάφος heißt. Es packt den
Menschen vor der Erscheinung des Göttlichen [...]" (mit
Belegstellen zu Homer)
Einzelbeobachtungen bei Syndikus (Catull I, Darmstadt 1984,
S. 255ff):
Catull wählt in Vs. 3 anstelle von Sapphos parataktischer
Reihung die Unterordnung sedens adversus;
in Vs. 5: wirkungsvolle Antithese von dulce ridentem und misero (fremdes Glück - eigenes Unglück);
Strukturierende Ordnung in der Pathosschilderung bei Catull
(generelles Pathos - konkrete Symptome) statt archaischer
Reihung bei Sappho (allmähliches Erfassen der Gesamtperson);
Catull wählt aus Sapphos Einzelsymptomen aus (veränderte
Ästhetik): Weglassen drastischer Realismen: kalter Schweiß,
Zittern des ganzen Körpers, Vergleich der Blässe
mit Gras. Reduktion auf Entscheidendes: Sehen, Hören,
Sprechen
Stärkere Konzinnität bei der Formung der Einzelsymptome
als bei Sappho (Subjektswechsel: ich, nichts, Zunge,...)
Catulls wirkungsvolle Schluss-Antithese lumina - nocte hat
bei Sappho keine Entsprechung.
Zur letzten Strophe:
"Ist schon [in der Verschiedenheit der Situation] der
Sinn des Originals umgebogen, so so noch mehr durch die von
Catull zugedichtete, richtiger als Ersatz für den Schluss
des Originales gedichtete Schlussstrophe, die einem in hellenistischer
Zeit verbreiteten Gedanken Ausdruck gibt. [...] Man
darf nicht vergessen, dass erst durch diesen selbständigen
Zusatz das Gedicht zum Eigentum Catulls wird." [W. Kroll
im Catull-Kommentar zur Stelle]
"Der Dichter [...] will der Leidenschaft mit Vernunft
begegnen und an die Stelle dumpfer Verwirrung Klarheit setzen."
(Syndikus, S. 260)
Kurzprotokoll der Interpretation in Kl. 10b (1999/2000): Dem
Interpreten des Catullgedichts stellen sich besonders dringlich
die beiden Fragen, was mit "quod" (5) und mit
"otium" (13-16) gemeint ist:
"quod" (5)
Ist es die Tatsache, dass nicht er, sondern ein anderer
Mann der geliebten Lesbia (in persona) gegenüber
sitzt (Dreierszene mit eifersüchtiger
Grundstimmung - ähnlich wie bei Sappho)?
Ist es die Tatsache, dass es dem Dichter nicht
gelingt (periphrastische Übersetzung von
"sedens... spectat et audit"!), so "cool"
und gelassen der geliebten Lesbia gegenüber zu sitzen
wie ein (beliebiger) anderer? [ille..., qui... =
si quis.., ille...] Ein (mögliches, nicht reales)
tête à tête, das für einen (denkbaren) Dritten zwar
anregend sein könnte, ohne ihn jedoch leidenschaftlich
zu überwältigen. (Zweierszene)
Wir entscheiden uns für die zweite Möglichkeit.
Hauptgrund:
Die körperlichen Dysfunktionen passen nicht
zur Eifersucht. Sie kennzeichnen keine nach außen
gekehrte, aggressive Grundhaltung, wie sie als Reaktion
gegenüber dem aemulus oder der untreuen Geliebten
zu erwarten wäre. (Extrovertiert sind nur "exultare"
und "gestire" - in der Übertreibung
("nimium") verkehren sie sich ins Gegenteil).
Sie kennzeichnen den introvertierten Lähmungszustand
dessen, der von Leidenschaft so überwältigt
wird, dass er zu keinen zielgerichteten Aktionen mehr
fähig ist. Es wird ihm "schwarz" vor
den Augen, er sieht nicht "rot".
"otium" (13-16)
Der Hinweis auf mächtige Könige und wohlhabende
Städte, deren "otium" sie zu Grunde gerichtet
hat, zeigt, dass mit "otium" die schuldhafte
Unterlassung einer zum Erhalt existentieller Bedürfnisse
erforderlichen Leistung ("negotium")
gemeint ist (Machtsicherung, Verteidigung).
Entsprechend meint unseres Erachtens "otium"
hier die Passivität, das Nichtstun, die "Dienstunfähigkeit",
in die ihn seine lähmende Erstarrung drängt.
Die appellative Nötigung dieser Strophe (Selbstanrede
in der objektiven 3. Person) soll es ihm ermöglichen,
aus dem Zuviel an Lethargie aus Leidenschaft zu einem
zielgerichteten Handeln ("negotium" im Sinne
der Liebessprache) zurückzukehren.
Catull ist nicht (nach einem Alptraum) eingeschlafen,
so dass ihm nun Außenstehende diese Strophe zusingen
(wie etwa dem "Schlafenden Faun" in München).
Diese Vorstellung liegt offenbar Orffs Vertonung ("Catulli
carmina") zu Grunde.
Weitere Aspekte:
man sollte das "videtur" (1) ernster nehmen:
der Schein trügt nämlich: Natürlich ist
der "ille" gegenüber dem Ist-Zustand Catulls
in der besseren Lage. Wenn Catull aber sein Soll erreicht,
seine Machstellung bei Lesbia zurückgewinnt und sich
als "König" ihres Herzens erweist, wird
er nicht nur den Göttern gleich scheinen, sondern
sie wirklich übertreffen.
Ergiebig ist auch der Vergleich mit der Nachbildung des Horaz
(Hor.c.1,13)