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Sappho
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16LP/27a,bD
(Üb.: H.
Fränkel DuP. 211) οἰ μὲν...
οἰ δὲ... ἐγὼ δἐ...
- Figur der Priamel (Beispielreihung) | ὀ στρότος
= ὁ στρατός | ὀ
πέσδος = ὁ πεζός
- Fußsoldat | νάων = νεῶν
(Gen.Pl.v. ἡ ναῦς) | φαῖσι
= φασί | ὄττω = ὅτου
| ἔραται· ἐρᾶσθαι
setzt nicht die intim erotische Welt der Frau der kriegerischen
Männerwelt entgegen, sondern stellt die Subjektivität
jeder denkbaren menschlicher Wertschätzung heraus. (Vgl. unten
O. Seel) | εὐμαρής, εὐμαρές
- leicht, bequem (zu handhaben) | ὑπερέχω
τινός - übertreffe, überstrahle
jdn. (hom Aor. u.a. ἐσκεθῆν)
| κάλλος - Acc. Graec. | εὔκαμπτος,
ον - gut zu biegen, leicht lenkbar | κούφως
- leicht(fertig) leicht zu betören | βολλοίμαν
= βουλοίμην | τὸ
βᾶμα = τὸ βῆμα
- Schritt | τὸ ἀμάρυχμα
(ἀμάρυγμα) - Glanz, Strahlen (μαρμαίρω)
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Vergleichen Sie damit Demokrits Auffassung: ἀνθρώποις
πᾶσιν τωὐτὸν
ἀγαθὸν καὶ ἀληθές·
ἡδὺ δὲ ἄλλῳ ἄλλο.
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H.
Fränkel DuP. (210f): "So kurz <das Gedicht>
ist, enthält es doch seinem Inhalt nach alle Elemente der großen
Chorlyrik; Meditation dominiert über den Ausdruck des momentanen
Gefühls. Die Form ist nicht anders wie sonst; [...]. Die Frage
nach dem Schönsten auf dieser Welt wird in dem Gedicht zweimal
beantwortet: grundsätzlich am Schluß der ersten Strophe,
und in Anwendung auf die Sprecherin in der letzten Strophe. Sappho
findet die höchste Schönheit nicht in der imposanten Entfaltung
der prangenden Macht, sondern im intimen Reiz eines geliebten Menschen;
und nicht in dem, was alle Menschen gleichermaßen bewundern,
sondern in dem, was jeder für sich liebt und wünscht.
Sapphos gesamte Dichtung gründet sich auf diese Stellungnahme;
und ebenso hatte sich Archilochos dahin ausgesprochen, dass es ihm auf den subjektiven und persönlichen
Wert (oder Unwert) mehr ankommt als auf den objektiven und allgemeinen.
Eben diese Stellungnahme war die Voraussetzung dafür, dass
die Epik von der Lyrik abgelöst wurde.
Schön ist für sie, so sagt Sappho, was wir jeweils lieben und begehren; aber es steht nicht bei uns, was wir lieben wollen. Die Natur des Menschen [212] ist ephemer, und unser Denken ist Wachs in der Hand des Schicksals und der Götter. Helena besaß, was sich eine Frau nur irgend wünschen kann, und doch gab sie alles hin um einem fremden Mann zu folgen, weil die Leidenschaft sie dazu zwang. Dieselbe Aphrodite, die Helena in der Ferne ihr Glück suchen ließ, hat Sappho soeben an die ferne Anaktoria erinnert und sie mit heißem Verlangen nach dem Anblick des geliebten Mädchens durchschauert. Ohne Zweifel war dies Erlebnis der Anlass des Gedichts. Sappho war von einer Welle der Sehnsucht überflutet worden; dann hat sie über das reflektiert, was ihr widerfahren war, und es auf das Prinzip zurückgeführt, das ihm zu Grunde liegt. Nach der Weise der Chorlyrik beginnt sie ihr Lied mit der Aufstellung eines allgemeinen Satzes, um dann diesen Satz mit einem mythischen Beispiel zu belegen; als zweiter Beleg folgt später Sapphos persönliche Erfahrung. Zwischen dem Mythos und dem gegenwärtigen Ereignis vermitteln, wiederum wie in der Chorlyrik, neue Gnomen, in denen in Frömmigkeit der Götter gedacht wird. Im Gegensatz zu den anderen Gedichten distanziert sich dieses Lied vom Erlebnis und redet von ihm erst an letzter Stelle. Die Tragweite von Sapphos erstaunlicher These war sehr groß; sie hat die Kraft in sich, jeden absoluten Wert zu stürzen. Denn alles Erstrebenswerte fiel unter den Begriff des Schönen, so dass "das Schöne" zur Richtschnur für das praktische Handeln wurde. Nach Sappho hat Helena, selbst die schönste und begehrteste aller Frauen, ein Leben mit Paris schöner gefunden als das, was sie vorher führte; und sie dachte und handelte so, weil sie von Liebe ergriffen war. Wir begehren nicht das, was an sich schön ist, sondern wir finden schön, was wir begehren. Damit ist halb schon die These des Sophisten Protagoras vorweggenommen, nach welcher der Mensch das Maß aller Dinge ist. Die Dichtung geht in dieser Epoche nicht selten der Philosophie voran und bereitet ihr die Wege. Dies ist das einzige mehrschichtige Gedicht, das wir von Sappho kennen. Alle anderen stehen unter dem Zeichen der absoluten und direkten Gegenwärtigkeit. So hat denn auch für ihre Bedeutung, wie für die des Archilochos, die Kategorie des Hier, mit ihrem Gegenteil: derjenigen der [213] Ferne, eine besondere Wichtigkeit. Wieder und wieder hören wir von Berührung und Anblick, von Rufen und Kommen, von vertrautem Beisammensein und Gespräch; von Suchen und Meiden, von Abschied und Trennung, von Sehnsucht, Gedenken und Vergessen. Innerhalb dieser einen und selben Schicht verschmelzen auch Poesie und Wirklichkeit ohne Rest und Schlacke." Walther
Killy (Elemente, S88f.) ist dieses Gedicht Beispiel für die
elementare lyrische Funktion der Mythologie: "Wenn es gilt
abzuwägen, was das Schönste sei auf dieser Welt (zweifellos kein
ethischer, auch kein hedonistischer, sondern ein sinnlich-ästhetischer
Wert), so gilt der Preis nicht den mächtigen Werken der Menschen.
Niemand wird den Schiffen mit blähenden Segeln, dem Heerzug mit
lebhaften Rossen Eindruckskraft absprechen; aber die Dichterin hat
anderes gewählt, weil sie die Wahrheit einer allgemeinen Regel erfahren
hat: das Schöne ist, was man liebt. Allerdings ist dieser Satz keineswegs
so tröstlich, wie man angesichts von Anaktorias Anmut denken und
angesichts des Vergleichs mit den Instrumenten zerstörerischer Kriegsmacht
hoffen könnte. Viel mächtiger als diese ist die Macht, die das Menschenherz
angesichts des Schönen rührt, und viel zerstörerischer. Das wird
nicht als Gnome allgemein formuliert, sondern auf weit überzeugendere
Weise durch den mythologischen Vorgang bewahrheitet. Wenn das Schöne
das ist, was man liebt, so ist die Kraft, welche die Schönheit bewirkt
und ihren Glanz auch über Anaktorias Antlitz strahlen lässt, alles
andere als nur schön, bloß anmutig. Sie ist stärker als jede Bindung,
mächtiger als die Vernunft; die gleiche Gewalt verursachte die Vernichtung
Troias, die jetzt das scheinbar zarte Verlangen in der Dichterin
hervorruft. [...] Anaktorias Anmut wird Kräften verdankt, die auch
tödlich sein können."
O.Seel (Eiresione, Komm. 61f): "Rückblickend ist nun freilich
doch zu bemerken, dass, auch wenn das ἐρᾶσθαι,
V. 4, nicht programmatisch-polemisch das Liebesleben den Scheinwerten
der Männerwelt entgegenstellt und überordnet, doch tatsächlich
das sehnende Begehren, das Heimweh nach der fernen Freundin alles
konventionell Werthafte auf- und überwiegt; das könnte
fast dasselbe scheinen, aber gerade dieses nicht aggressive, sondern
gelassene Sich-Hineinstellen ins Eigene, in Leid und Glück,
dieses indifferente Geltenlassen des anderen als eines ebenfalls
Möglichen, aber sie nicht Betreffenden, dieses Nicht-Anfechten
und Nicht-Angefochtenwerden angesichts der gängigen Konventionen,
macht wohl das eigentlich Sapphische und, wie man empfinden wird,
das Noble und Großgeartete ihres Dichtens aus."
Iris Kammerer: Fr.16V.
- Priamelode |
17LP/28D
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27LP/38D
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