Aeneis3. Buch - deutschDie Erzählung der Irrfahrten |
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"Seit es den Göttern gefiel, dass schuldlos Asias Herrschaft Sinke dahin und Priamos' Volk; seit Ilions stolze Feste gestürzt und in Schutt rings dampft das neptunische Troia, Treibt uns Götterbefehl, in entfernte Verbannung und öde |
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Länder zu ziehn. So zimmern wir denn dicht unter Antandros, Unter des Ida phrygischen Höhn uns die Flotte; wir wissen Selbst nicht, wohin das Geschick uns führt, wo Sitze bestimmt hat. Mannschaft sammeln wir auch. Kaum hatte der Sommer begonnen Und Anchises gemahnt, dem Geschick zu vertrauen die Segel, |
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Als ich der Heimat Strand und den Hafen mit Tränen verlasse
Und das Gefilde, wo Troia stand. Landflüchtig entschiff ich Mit den Genossen, dem Sohn, den Penaten und obersten Göttern. Fern ist ein Land, von Thrakern bebaut, mit weiten Gefilden, Mavors' Sitz; vor Zeiten beherrscht vom wilden Lykurgos, |
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Längst mit Troia in gastlichem Bund und Penatengemeinschaft, Weil noch blühte das Glück. Hier land ich und gründe die ersten Mauern am buchtigen Strand - ich betrat ihn mit feindlichem Schicksal-: Aineiaden benenn ich das Volk nach dem eigenen Namen. Opfer der Mutter Dione sodann und den Göttern beschick ich, |
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Die bei des Werkes Beginn mich geschützt. Der Unsterblichen hohem Könige wird ein glänzender Stier am Strande geschlachtet. Nahe dabei war ein Hügel, der hoch von Erlengebüschen Und von Myrtengestrüpp mit starrenden Schäften umragt war. Zu ihm trat ich hinan, um grünes Gesträuch aus dem Boden |
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Auszuziehn, den Altar mit laubigen Zweigen zu decken.
Da zeigt graunhaft mir sich ein Wunder und seltsam zu melden. Denn an dem Baum, den zuerst mit zerrissener Wurzel ich auszog, Perlt es von schwärzlichem Blut in Tropfen herab, dass den Boden Schwärzt der geronnene Schmutz. Mir schüttelt die Glieder das kalte |
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Grausen; es starrt vor Schreck mir das eisige Blut in den Adern. Wieder versuch ich ein anderes jetzt von den schmächtigen Reisern Auszuziehn und genau den verborgenen Grund zu erforschen: Und schwarz sprudelt das Blut sofort auch hier aus der Rinde. Mancherlei sinnend im Geist, fleht' ich zu den ländlichen Nymphen |
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Und zu der getischen Flur Schutzgott, zum Vater Gradivus,
Mir zum Heil das Gesicht und das Omen zum Guten zu wenden. Aber sobald ich mit schärferem Zug an dem dritten der Stämme Hand anlege, die Knie gestemmt auf den sandigen Boden - Sag ich's oder verschweig ich's? - da schallt aus der Tiefe der Erde |
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Kläglich Gewinsel empor und es dringt dies Wort mir zu Ohren: "Was zerreißt du mich Armen, Aineias? Lass mich im Grab ruhn. Hüt, o Frömmster, die Hand vor Befleckung; Troia gebar mich, Dir nicht fremd. Kein Holzstamm ist's, aus welchem das Blut quillt. Flieh dies grausame Land, o flieh das Gestade der Habsucht: |
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Wiss, ich bin Polydoros. Hier hat mich die eiserne Speersaat
Einst durchbohrt und bedeckt und mit spitzigen Schäften durchwuchert.“ Da, von zweifelnder Furcht im Herzen gepresst und beängstigt, Starr ich empor; es sträubt sich mein Haar; es stockt mir die Stimme. Priamos' Sohn Polydoros war's, den beladen mit Gold einst |
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Sein unglücklicher Vater geheim zum thrakischen König,
Ihn bei sich zu erziehen, gesandt, als er, Pergamons Waffen Schon misstrauend, die Stadt vom Heer der Belagrer umringt sah. Der, als gewichen das Glück und die Kraft der Troianer gebrochen, Schließt Agamemnons Macht sich an und den siegenden Waffen, |
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Frevelt am heiligen Recht, erschlägt Polydoros und nimmt ihm Räubrisch den Schatz. Wozu nicht zwingst du der Sterblichen Herzen, Scheußlicher Hunger nach Gold! - Als der Schreck aus den Gliedern gewichen. Meld ich der Fürsten erlesener Schar und vor allen dem Vater, Was für ein Wunder geschehn, und bitte mir Rat zu erteilen. |
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Alle sind einig darin, dem verruchten Gebiet und des Gastrechts Grausem Verrat zu entfliehn und dem Süd zu vertrauen die Flotte. So erneuern wir denn Polydoros' Bestattung: wir häufen Hoch auf Erd' um den Hügel und baun für die Manen Altäre, Trauernd mit blauem Gewind umhängt und schwarzen Zypressen. |
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Rings stehn llions Fraun nach dem Brauch mit entfesselten Haaren. Schäumende Näpfe dann weihn voll laulicher Milch wir zum Opfer, Schalen mit heiligem Blut; wir befehlen die Seele dem Grabe, Und laut rufen wir sie mit erhobener Stimme zum Abschied. Drauf, sobald wir vertraun auf die See und die Winde die Meerflut |
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Glätten und uns sanft säuselnd der Süd auf die Höhe hinausruft, Ziehn die Genossen die Schiffe hinab und erfüllen das Ufer. Vorwärts geht's aus dem Hafen, und Städte und Länder entweichen. Mitten im Meer ist ein heiliges Land, dir teuer vor allen, Mutter der Nereiden, und dir, Neptunus Aigaios, |
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Das, da es rings sich trieb um die Küsten, der Bogengewaltge Dankbaren Sinns an Mykonos' Höhn und Gyaros festband, Dass es den Winden nun trotzt, unregbar ein ruhiger Wohnplatz. Dorthin schiff ich; es nimmt in sicherem Hafen erschöpft uns Freundlichst auf. Wir ziehn andächtig zur Stadt des Apollon. |
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König Anios, König zugleich und Priester des Phoibos, Eilt auf uns zu, mit Binden gekränzt und heiligem Lorbeer, Als langjährigen Freund sofort den Aineias begrüßend. Gastlich schlagen die Rechte wir ein und betreten die Schwelle. Andachtsvoll dort grüß ich das alte Gemäuer des Tempels: |
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"Gib, Thymbraier, ein Haus auch uns; gib Mauern den Müden, Dauernde Stätt' und ein blühend Geschlecht, und erhalte das neue Troia, soweit es den Griechen entging und dem grimmen Achilleus! Sag, wer uns führt? Wo winkt uns das Ziel? Wo bauen wir Hütten? Send' ein Zeichen und zieh, o Vater, in unseren Geist ein!“ |
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Und kaum hatt' ich's gesagt, als plötzlich alles erbebte, Lorbeerhain und Schwelle des Gotts; es schüttert der ganze Berg ringsum, und der Dreifuß dröhnt aus geöffneter Zelle. Demutsvoll auf den Boden gestreckt, vernehmen das Wort wir: "Dardanos' hartes Geschlecht, das Land, das euch von der Ahnherrn |
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Frühestem Stamm her trug, das soll in fruchtbarem Schoße
Euch heimkehrend empfangen; so sucht denn die älteste Mutter! Von hier wird des Aineias Haus an allen Gestaden Herrschen, die Söhne der Söhn' und die von diesen entsprossen.“ Also Phoibos; da brach ein gewaltiger Jubel und Lärm aus. |
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Was für Mauern das sind, fragt jeder, von denen Apollon Rede, wohin er das irrende Volk aufrufe zur Heimkehr. Aber mein Vater durchsann vorzeitlicher Männer Berichte Und: ,Hört Fürsten', versetzt er, ,was euch zu hoffen vergönnt ist! Mitten im Meer liegt Kreta, des Iupiter Eiland, des großen, |
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Wo der idäische Berg und die Wiege des Troergeschlechtes.
Stattliche Reiche sind dort in hundert bedeutenden Städten; Dorther kam auch zuerst, wenn ich recht des Berichts mich entsinne, Teukros, der älteste Ahn zu unserm rhoiteischen Strande, Wo er den Platz sich zum Reiche gewählt. Denn Ilions Feste, |
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Pergamon, stand noch nicht; noch wohnten sie tief in den Tälern. Dorther stammt die im Wald des Kybelos hausende Mutter, Idas Hain, korybantisches Erz, beim Opfer das tiefe Schweigen, das Löwengespann, das den Wagen der Herrscherin ziehet. Auf denn und lasst uns folgen, wohin uns der Götter Befehl ruft, |
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Sühnen der Winde Gewalt und zu Gnossos' Reichen uns ziehen! Und nicht weit ist die Fahrt. Sofern uns Iupiter beisteht, Sind drei Tage genug, um an Kretas Strand uns zu tragen.“ Sprach's - und es sank vom Beil am Altar als schuldige Ehre Für den Neptunus ein Stier, ein Stier für den schönen Apollon; |
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Lämmer, ein schwarzes dem Sturm und den glücklichen Zephyrn ein weißes. |
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Naxos' Gebirg, von Bacchanten durchtobt, und das grüne Donusa, Paros' schneeigen Strand, Olearos und die Kykladen, Rings durch die Fluten verstreut, die an wimmelnden Küsten sich brechen. Und nun hebt sich der Schiffer Geschrei in wechselndem Wettstreit; Mahnender Zuruf schallt: "Nach Kreta hin, zu den Ahnherrn!“ |
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Hinter uns hebt sich der Wind und folgt uns mit günstigem Fluge, Und wir entgleiten zuletzt zu dem alten Kuretengestade. Eifrig betreib ich sofort die Umwallung der Stadt, der ersehnten. Pergamon nenn ich den Ort und ermahne das Volk, das des Namens Froh, sich um Herde zu reihn und die Burg mit Bauten zu türmen. |
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Und schon standen die Kiele gereiht auf trockenem Ufer,
Schon denkt ernstlich die Jugend ans Frein und der Felder Stellung, Häuser verteil ich bereits und gebe Gesetze; da plötzlich Kommt durch verdorbene Luft, gleich kläglich für Saaten und Bäume, Mark und Glieder verzehrend, mit tödlichen Seuchen ein Pestjahr. |
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Wer aus dem Leben nicht schied, dem geliebten, der schleppte den Körper Siechend dahin. Von Sirius' Brand lag öde die Feldflur. Dürr war das Kraut, und die krankende Saat versagte die Nahrung. Nach Ortygias Strand und zu Phoibos' Orakel ermahnt uns Wieder der Vater, das Meer zu durchziehn und um Gnade zu flehen, |
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Was für ein Ziel er bestimme der Not, welch Mittel zur Abwehr Er vorschreibe, wohin er den Lauf uns zu nehmen gebiete. Nacht war's und umfangen von Schlaf, was lebet auf Erden, Als mir der Götter geheiligtes Bild, der Phryger Penaten, Die durch der Stadt rings tobenden Brand ich aus Troia gerettet, |
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Vor dem Gesicht dastanden im Schlaf. Ich sah vor dem Lager Deutlich sie stehn in reichlichem Licht, dort, wo von der Fenster Öffnung durchbrochen die Wand und hell einströmte der Vollmond. Und sie sprachen mich an und beschwichtigten meine Betrübnis: "Was in Ortygia dir Apollon würde verkünden, |
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Sagt er dir hier. Selbst sendet er uns in deine Behausung.
Wir, die durch Ilions Brand dir gefolgt im Waffengetümmel, Wir, die das schäumende Meer mit dir zu Schiffe durchmessen, Ja, wir werden dereinst zu den Sternen die Enkel erheben Und zur Herrschaft die Stadt. Du rüste dich, Mauern zu gründen, |
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Groß wie dein Volk, und stehe nicht ab von den Mühen der Irrfahrt! Ändre noch einmal den Sitz! Nicht meinte der delische Phoibos Dieses Gestad, er gebot dir nicht, in Kreta zu bleiben. Wiss', es gibt ein Gebiet - Hesperien nennen's die Griechen - Alt ist das Land und stark durch Waffen und üppigen Boden, |
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Von oinotrischen Männern bebaut; jetzt sagt man, die Enkel Hätten Italien es nach dem Namen des Fürsten geheißen. Das ist der Sitz, der uns eigen gehört. Mit Dardanos wuchs dort Vater Iasios auf, Urahnherr unsers Geschlechtes. Auf und melde vergnügt dies Wort dem bejahrten Erzeuger: |
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Ganz unzweifelhaft ist's; er muss im Ausonierlande
Corythus suchen, da Zeus die diktäische Flur dir verweigert.“ Durch solch Göttergesicht und -wort wie vom Donner getroffen (Sicher, es war kein Traum; ganz deutlich erkannt ich die Mienen, Sah das umschleierte Haar und sah leibhaftig das Antlitz; |
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Und dann quoll ein eisiger Schweiß mir rings aus dem Körper), Raff ich vom Lager mich auf; ich strecke die Hände gen Himmel, Rücklings gebeugt zum Gebet empor, und gieße die lautre Spend' auf den Herd. Dann, als vollendet die Ehren des Opfers, Künd ich froh, was geschehn, in treuem Bericht dem Anchises. |
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Dieser entsann sich des Doppelgeschlechts und der zwiefachen Ahnen Und dass ihn seltsam getäuscht die Verwechslung der alten Gebiete. Weiter dann sagt' er: ,O du, der geprüft durch Troias Geschicke, Wisse, mein Sohn, Kassandra allein hat mir solches geweissagt Und, ich erinnre mich jetzt, dies unserm Geschlechte verheißen, |
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Oft Hesperien genannt und oft die italischen Reiche.
Doch wer hätte gedacht, dass Hesperiens Küste die Teukrer Jemals sähen, und wer sich gekehrt an Kassandras Gesichte? Geben wir Phoibos nach und folgen wir besserem Rate!“ Also er; und alles gehorcht laut jubelnd dem Worte. |
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Auch die Sitze verlassen wir denn; nur wenige bleiben,
Da im hohlen Gebälk wir des Meers Einöde durchfliegen. Als auf die Höhe die Flotte gelangt und nirgend ein Land mehr Sichtbar bleibt, als alles umher nur Himmel und Meer ist, Hebt sich ein Regengewölk mit bläulichem Schein mir zu Häupten, |
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Schwanger mit Sturm und Nacht, und schwarz auf schaudert die Woge. Und nun wühlen die Wind' im Meer, und es bäumt sich die hohe Brandung empor; wir schleudern zerstreut auf der strudelnden Wüste. Wetter verhüllen den Tag; nasstriefende Nacht hat des Himmels Licht uns geraubt; Blitz zucket auf Blitz aus zerrissenen Wolken. |
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Wir, aus den Bahnen entrafft, durchirren im Dunkel die Wogen. Selbst Palinuros erklärt, nicht Tag und Nacht an dem Himmel Mehr zu erkennen, den Weg nicht mehr durch die Fluten zu finden. So von Finsternis blind, irrt drei unsichere Tage, Irrt drei Nächte, der Sterne beraubt, im Meere die Flotte. |
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Erst als zum vierten es tagt, da erhebt sich vor unseren Blicken Land. - Es zeigte sich fernes Gebirg und wirbelte Rauch auf. Rasch sind die Segel gerafft, wir ergreifen die Ruder, die Schiffer Stemmen sich drauf und fegen die Flut und wühlen den Schaum auf. Hier aus den Fluten erlöst, empfängt mich zuerst der Strophaden |
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Ufer. Es sind die Strophaden - denn also nennt sie der Grieche – Inseln im großen ionischen Meer, wo Kelaino, das Scheusal, Haust mit der ändern Harpyien Schar, da die Wohnung des Phineus Ihnen sich schloss und aus Furcht sie die früheren Tische verließen. Grässlicher hat kein Untier je und grimmiger keine |
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Geißel der Götter und Pest aus der stygischen Flut sich erhoben: Jungfraunartig der Vögel Gesicht; doch scheußlich des Bauches Auswurf; Hände mit Krallen bewehrt, und ewig von Hunger Bleich das Gesicht. Als hierher wir geschifft in die Bucht einrudern, da siehe, |
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Weideten rings im Grase der Flur viel muntere Herden
Rinder- und Ziegengeschlechts, doch war kein Hirt, der sie führte. Wir mit den Schwertern hinein und rufen die Götter und Zeus selbst, Teil mit uns zu nehmen am Raub. Am gebogenen Strande Richten wir Pfähle dann auf und schwelgen im leckeren Schmause. |
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Plötzlich, in grauenerregendem Flug von den Bergen geschwungen, Sind die Harpyien da, laut kreischend, die Fittiche klatschend, Und sie zerreißen das Mahl und beschmutzen mit ekler Betastung Alles; es kommt zu dem scheußlichen Duft noch die grausige Stimme. Wiederum aber, versteckt und fern in felsiger Grotte, |
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Rings umschlossen von Wald und umhegt von schaurigen Schatten,
Richten die Tische wir auf und erneun auf den Herden das Feuer. Wieder aus anderen Räumen der Luft und geheimen Verstecken Stürzt laut schreiend der Schwarm, umschwebt mit den Krallen die Beute Und speit Schmutz auf das Mahl. Da heiß ich zur Wehr die Genossen |
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Greifen und gebe Befehl zur Bekriegung des grausen Geschlechtes.
Wie ich gebot, so geschah's. Sie legen bedeckt durch das Gras hin Alle die Schwerter bereit und verstecken die Schilde den Blicken. Als mit Geschrei sie sich nieder gesetzt am gebogenen Strande, Gibt, vom ragenden Fels ausschauend, Misenus mit ehrnem |
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Horn das Signal. Eindringen die Freund' und versuchen den neuen Kampf, mit dem Stahl zu zerhaun die entsetzlichen Vögel des Meeres. Keine Gewalt durchdringt das Gefieder jedoch, und der Rücken Trotzt der Verwundung: in eiliger Flucht zu den Sternen entgleitend, Lassen den Raub sie benagt zurück und die scheußlichen Spuren. |
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Einzig Kelaino setzt sich nieder auf ragender Felshöh,
Wo aus unheilkündender Brust die Worte sie ausstößt: "Krieg auch noch für ermordetes Vieh und erschlagene Farren, Krieg auch wollet ihr noch, Laomedontiden, uns bringen Und aus der Väter Besitz schuldlos die Harpyien vertreiben? |
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Höret mein Wort drum an und prägt es euch tief in den Geist ein. Was der allmächtige Zeus dem Apoll, mir Phoibos Apollon Einst weissagte, vernehmt ihr durch mich, der Erinnyen größte. Nach Italien nehmt ihr den Lauf. Mit günstigen Winden Werdet Italien ihr und offene Häfen gewinnen. |
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Doch nicht eher umgebt die verliehene Stadt ihr mit Mauern, Bis euch des Hungers Gewalt und das Unrecht unsrer Verletzung Antreibt anzunagen und aufzuzehren - die Tische.“ Sprach's und floh, von den Schwingen entrafft, zurück in die Waldung. Doch den Gefährten erstarrt vom plötzlichen Schreck in den Adern |
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Eisig das Blut; es verzagt ihr Herz; nicht länger mit Waffen Wollen sie, nein, mit Gebet und Gelübden den Frieden gewinnen, Seien es Göttinnen, sei es die Brut von graunhaften Vögeln. Vater Anchises nun, vom Gestad ausstreckend die Arme, Fleht zu den Göttern empor und verheißt dankbare Gelübde: |
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"Götter, verhindert den Fluch! Wehrt ab solch grauses Verhängnis, Nehmet die Frommen in gnädigen Schutz!“ Dann heißt er, vom Ufer Hurtig zu reißen das Seil und der Taue Verschlingung zu lösen. Frisch nun blähet die Segel der Süd; auf schäumenden Wogen Fliehn wir die Pfade dahin, die Wind' und Steuer uns weisen. |
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Und schon hebt aus der Flut sich das waldumkränzte Zakynthos,
Same, Dulichion nun und Neritos' ragender Felsgrat. Ithakas klippigem Strand, den laertischen Reichen, entfliehn wir, Und wir verfluchen das Land, das den grimmen Odysseus genährt hat. Bald auch öffnen dem Blick sich Leukates wolkige Gipfel, |
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Weiter der Tempel Apolls, vor welchem die Schiffer erbeben.
Dorthin gehn wir erschöpft und legen uns unter das Städtchen, Werfen den Anker vom Bug und wenden den Spiegel zum Strand hin. Als so endlich ans Land wir gelangt ganz wider Verhoffen, Bringen wir Zeus Sühnopfer; es flammt sein Altar von Gelübden, |
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Und wir beleben den aktischen Strand mit troischen Spielen.
Nackt mit schlüpfrigem Öl im heimischen Kampf der Palaistra Übt sich die Jugend, erfreut, so vielen argolischen Städten Glücklich entkommen zu sein auf der Flucht durch die Mitte der Feinde. Aber des Jahrs Kreislauf durchrollt inzwischen die Sonne, |
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Und mit dem Nordwind jagt eisstarrend der Winter die Flut auf, Als des gewaltigen Abas Schild mit eherner Wölbung Ich an den Pfosten der Tür aufhänge mit folgender Inschrift: "Wehr, von Aineias geweiht, der den siegenden Griechen sie abnahm.“ Jetzt aus dem Hafen zu ziehn und zum Ruder zu greifen gebiet' ich. |
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Schlag auf Schlag nun peitschen das Meer und fegen die Flut sie. Eilends verbergen dem Blick sich die luftigen Höhn der Phaiaken, Und Epirus' Gestade vorbei zum chaonischen Hafen Segeln wir ein und nahn Buthrotums ragender Feste. Hier kommt uns ein Gerücht von unglaublichen Dingen zu Ohren: |
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Helenos, Priamos' Sohn, sei Herrscher in graiischen Städten,
Als Nachfolger in Reich und Ehe des Aiakosenkels Pyrrhos; ein Landsmann sei von neuem Andromaches Gatte. Staunen ergreift mich, und seltsam brennt mein Herz vor Begierde, Anzusprechen den Mann und die Schicksalswunder zu hören. |
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Als, aus dem Hafen gewandt, ich Flott' und Schiffe verlasse,
Seh ich im Hain vor der Stadt Andromache, die an des falschen Simoïs Wogen ein festliches Mahl und trauernde Spenden Grade dem Staub des Verstorbenen weiht und die Manen herbeiruft Am Grabhügel des Hektor, den leer sie aus grünendem Rasen |
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Dort nebst zwei Altären geweiht, um an ihnen zu weinen. Als sie mich sah, wie ich rings von troischen Waffen umgeben Ankam, außer sich da und erschreckt von der Wundererscheinung, Wurde sie starr bei der Schau, es entschwand den Gebeinen die Wärme, Und hinsank sie und kaum und spät erst fand sie die Worte: |
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"Trittst du in Wirklichkeit mir als wirklicher Bote vor Augen? Lebst du, Göttingeborner? Und, schwand das belebende Licht dir, Sprich, wo ist Hektor?“ Sie sagt's, und in Tränen zerfließend, erfüllt sie Rings mit Jammer den Ort. Kaum kann der Verzweifelten wenig Ich drauf sagen und stammle verwirrt nur einzelne Worte: |
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"Freilich, ich leb und durch jegliche Not hin schlepp ich mein Leben. Zweifle nicht dran; was du siehst, ist wahr. Weh, und welchem Geschick nach solchen Gemahles Verluste Fielst du anheim? Wie fand sich ein Glück, das deiner noch würdig? Hektors Andromache teilt mit Pyrrhos das ehliche Lager?“ |
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Niedergeschlagenen Blicks mit gesunkener Stimme versetzt sie: "O glückseligste du, jungfräuliche Priamostochter, Die sie am feindlichen Grab, vor Troias ragenden Mauern, Schlachteten, die nicht mehr der Verlosung Schmach mit erduldet, Nicht als Sklavin das Bett des siegenden Herren berührt hat! |
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Ich, nach dem Brande der Stadt fernhin entführt durch die Meere, Musste den Trotz des achillischen Stamms ausstehen. Dem stolzen Jüngling gebar ich als Magd ein Kind; doch später, da Ledas Enklin Hermionen er, die Lakedaimonierin, freite, Gab er dem Helenos mich zum Besitz, dem Sklaven die Sklavin. |
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Da. von unsäglicher Lieb entflammt zur entrissnen Gemahlin
Und von der Rache Erinnyen gehetzt, stellt jenem Orestes Nach und erschlägt ihn, der nichts ahnt, am Altare des Vaters. Nach Neoptolemos' Tod fiel drauf ein Teil des Gebietes Helenos zu, der die Flur, die chaonische, dann und das ganze |
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Land Chaonia, nach dem troianischen Chaon geheißen,
Pergamon auch und die ilische Burg auf den Höhen gebaut hat. Doch was hat für ein Wind und welches Geschick dich geleitet? Was für ein Gott, dass du unwissend an unsre Gestade Kamst? Was macht dein Askanios? Ist er am Leben geblieben? |
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Den dir in Troia schon.... Sehnt sich der Knab auch wohl nach seiner verlorenen Mutter? Spornt zu männlichem Sinn und zu rühmlicher Tugend der Ahnherrn Wohl sein Vater Aineias ihn an und Hektor sein Oheim?“ Also sprach sie und weinte dazu, mit vergeblichen Tränen |
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Lange noch jammernd. Da naht' aus der Stadt mit vielen Begleitern Priamos' Sohn, Held Helenos, sich; er erkannte der Seinen Scharen sofort und führte sie froh zur gastlichen Schwelle, Sprach manch freundliches Wort und vergoss viel Tränen dazwischen. Weiter dann schritt ich und sah ein kleineres Troia, dem großen |
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Pergamon ähnlich gebaut, ein trockenes Bächlein nach Xanthos' Namen benannt, ich umarme die Schwelle des skaiischen Tores. Mit mir erfreun der verbrüderten Stadt sich die anderen Teukrer. Gastlich empfängt sie der Fürst in des Schlosses geräumigen Hallen. Mitten im Hof nun weihn Trankopfer aus Bakchos' Pokal sie, |
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Speisen aus goldnem Geschirr und halten die heiligen Schalen.
Schon ein Tag und der folgende Tag war verstrichen; die Lüfte Riefen die Segel, der Süd blies voll in die schwellende Leinwand, Als ich, zum Seher gewandt, mit folgenden Worten ihn frage: "Troiageborener Deuter der Himmlischen, der du des Phoibos |
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Wink, der den Dreifuß du, die Gestirn' und des Klariers Lorbeer Wahrnimmst, der Vögel Geschrei und die Zeichen der flüchtigen Schwinge, Sage mir du - denn himmlische Huld weissagte die ganze Fahrt mir bis jetzt, und der Rat einstimmiger Götter gebot mir, Nach Italiens Strand zu ziehn in entlegene Länder. |
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Nur Kelaino allein, die Harpyie, kündet ein neues Und unsägliches Wundergesicht: von grausamem Zorne Singt und grässlichem Hunger sie mir. Was meid ich zuerst nun? Schreibe mir vor, wodurch so furchtbare Not ich bestehe.“ Helenos schlachtet zuerst nach dem Brauch zum Opfer die Farren, |
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Flehet die Götter um Huld, und als von heiligem Haupte
Dann er die Binden gelöst, so führt er, o Phoibos, zu deiner Schwelle mich; tief durchbebt mich Erwartung der nahenden Gottheit. Und nun singt aus göttlichem Mund die Worte der Priester: "Göttingeborner, du gehst durch das Meer in stärkerer Zeichen |
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Schutz und Geleit; das ist sicher verbürgt; so verteilet der Götter König das Los und verhängt das Geschick; so ist es geordnet. Weniges künd ich dir nur, damit durch gastliche Meere Sichrer du schiffst zum Ziel des ausonischen Hafens - von vielem Weniges nur, da dem Helenos mehr zu wissen die Parzen, |
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Mehr zu sagen der Wille versagt's der saturnischen Iuno.
Erstlich, das Italerland, das schon so nahe du wähnest, Dass du im Nachbarhafen getäuscht zu ankern dich rüstest, Trennt unwegsamer Weg noch weit durch weite Gebiete. Noch muss erst in trinakrischer Flut dein Ruder sich krümmen, |
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Muss erst schweifen dein Schiff durch Ausoniens salzige Wogen, Durch die avernischen Seen, um den Strand der aiaiischen Kirke, Eh in sicherem Land dir die Stadt zu erbauen vergönnt ist. Zeichen verkünd ich dir jetzt, du halte sie sicher im Herzen: Wenn du bekümmerten Sinns an der Woge des einsamen Stromes |
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Irrest und unter des Strands Steineichen ein riesiges Schwein triffst, Das auf dem Boden sich streckt mit eben geworfenen dreißig Frischlingen - weiß ist die Mutter und weiß ist die Brut um die Euter -: Da ist der Ort für die Stadt, da sichere Rast nach den Mühen. Ferner entsetze dich nicht so sehr vor der Tische Benagung. |
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Flehenden nahet Apoll; das Verhängnis findet die Wege. Aber den Teil des italischen Lands, den Saum des Gestades, Welcher zunächst an uns von der Meerflut Brandung bespült wird, Flieh ihn! die Mauern gesamt sind von feindlichen Griechen bevölkert. Hier sind Mauern gebaut durch das Volk der narykischen Lokrer; |
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Dort hat Idomeneus jüngst in die Sallentinergefilde
Kriegrische Scharen geführt, Meliboias Fürst Philoktetes Dort mit Gemäuer gestützt des kleinen Petelia Höhen. Ja, hast über das Meer du die Flotte geführt und geankert, Hast du Altäre gebaut und erfüllst du am Strand die Gelübde, |
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Dann umhülle dein Haar mit dem purpurnen Obergewande, Dass bei dem heiligen Feuer dir nicht und der Götterverehrung Irgendein feindlich Gesicht sich nah' und die Zeichen dir störe. Dies sei Opfergebrauch bei dir und deinen Gefährten; So soll rein sich der heilige Dienst auf die Enkel vererben. |
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Doch wenn der Wind von hier dich fort zum sikulischen Strand treibt Und sich der Felsenverschluss auftut am engen Peloron, Halt am Lande dich links, linkshin in weiter Umkreisung Schneide das Meer und fliehe den Strand und die Wogen zur Rechten. Hier ist das Land, wie man sagt, vordem durch gewaltsamen Einsturz |
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- So viel können im Zeitenverlauf Jahrhunderte ändern - Weit auseinandergespellt, da ein Ganzes die beiden Gestade Bildeten; aber das Meer drang ein mit Gewalt, und die Wogen Rissen Hesperiens Strand vom sikulischen; Fluren und Städte, Jetzt durch die Küsten getrennt, durchwoget die Brandung des Sundes. |
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Rechts hält Skylla den Strand, zur Linken die wilde Charybdis Trotzig besetzt; dreimal aus dem untersten Wirbel des Abgrunds Schlürft sie die Flut jäh ein in die Schlucht und sprudelt sie wechselnd Wieder empor in die Luft und schlägt mit der Gischt die Gestirne. Skylla dagegen, versteckt in der Höhle verborgenen Klüften, |
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Streckt heraus das Gesicht und zieht auf die Klippen die Schiffe. Vorn hat sie Menschengestalt, und schön ist der Busen der Jungfrau Bis zu der Scham, doch das Ende des Leibs ein grausiges Seetier Mit Wolfsbäuchen, die rings mit Walfischschweifen verwachsen. Besser darum, du umschiffst die trinakrische Spitze Pachynums |
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Zögernden Laufs und schwenkst dich herum in längerem Bogen, Als dass ein einziger Blick in dem wüsten Geklüft dir die grause Skylla zeigt und den Fels, umhallt von den bläulichen Hunden. Ferner, wenn Helenos' Geist in der Tat durchspähet die Zukunft, Wenn er Vertrauen verdient und Apoll ihn mit Wahrheit erfüllt hat, |
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Will ich eines dir jetzt, statt alle des andern das eine, Kündigen, stets an dies von neuem und neuem dich mahnen: Iunos erhabenen Geist verehre zuerst mit Gebeten: Iuno, der mächtigen Frau, ihr bringe mit Freude Gelübde, Mit demütigen Gaben ihr Herz dir gewinnend; denn so nur |
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Wirst aus Trinakrien du siegreich nach Italien kommen.
Wenn dorthin du gelangt und Kymes Stadt du genaht bist Mit den geweiheten Seen und dem waldumrauschten Avernus, Wirst du die Seherin schaun, die verzückte, die tief in der Felskluft Zukunft singt und Namen und Schrift auf Blätter verzeichnet. |
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Jeglichen Spruch, den die Jungfrau hier auf Blätter geschrieben,
Bringt sie in Ordnung sofort und lässt in der Kluft ihn verschlossen. Ruhig auch bleibt dort alles am Platz in gehöriger Ordnung. Doch, wenn die Angel man dreht und der Wind nur leise die Blätter Rührt und die offene Tür in Verwirrung das flüchtige Laub bringt, |
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Kümmert sie weiter sich nicht, ob die Wölbung der Kluft sie durchflattern, Greift sie nicht, ordnet sie nicht und vereint nicht wieder die Sprüche. Ratlos ziehet man fort und verwünscht das Geklüft der Sibylle. Lass die Verzögerung hier so sehr dich nimmer verdrießen - Schelten die Deinigen auch, ruft dringend die Fahrt auf die Höhe |
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Auch dein Schiff und kannst du mit Vorteil spannen die Segel - Dass du die Seherin nicht angehst und Orakel erbittest. Lass freiwillig den Mund zu Gesang und Spruch sie erschließen. Von den Bewohnern des Italerlands und den kommenden Kriegen, Und wie jegliche Not du bestehn kannst oder vermeiden, |
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Wird sie dir melden und, flehst du sie an, dir glückliche Fahrt leihn. So viel ward mir vergönnt, dir mit eigenem Mund zu berichten. Geh nun, erhebe mit Glanz dein Troia durch Taten zum Aither.“ Also redet zu ihm mit freundlichem Munde der Seher. Gaben von wuchtigem Gold und aus libyschem Zahne gemeißelt |
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Heißt zu den Schiffen alsdann er bringen; es wird in die Räume Silber in Massen gestaut und dodonäische Kessel. Ferner aus Maschen gewirkt, dreidrähtig, ein goldener Panzer Und mit Kegel und haarigem Busch ein prächtiger Helmschmuck, Einst Neoptolemos' Wehr; auch dem Vater erteilt er Geschenke; |
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Rosse auch fügt er und Führer hinzu, Macht vollzählig der Ruderer Schar und versieht mit Gerät sie. Aber Anchises befiehlt inzwischen die Segel der Flotte Aufzuhissen, damit er den günstigen Wind nicht versäume. Da hochehrend begrüßt Apollons Seher ihn also: |
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"O Anchises, den Venus erkor zu erhabenem Bunde,
Liebling der Götter, dem Sturz von Pergamon zweimal Entrissner, Sieh, dort liegt das ausonische Land. Dort segle hinüber! Und doch musst du zur See vorbei erst gleiten dem Strande. Fern ist der Teil Ausoniens noch, den Apollon verheißen. |
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Geh, o du durch die Liebe des Sohns glückseliger Vater!
Doch was red ich noch mehr und verzögre den wachsenden Südwind?“ Auch Andromache bringt, von Trauer erfüllt ob des letzten Abschieds, Kleider herbei, durchwirkt mit goldenen Bildern, Für Askanios ein phrygisch Gewand und ehrt ihn nicht minder, |
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Gibt ihm reiches Geschenk an Geweben und redet die Worte: "Nimm auch dieses von mir zur Erinnrung, Knabe, an meine Hände, als Zeugnis zugleich für die dauernde Liebe der Gattin Hektors, Andromache. Nimm dies letzte Geschenk von den Deinen, O du einziges Bild, das von meinem Astyanax übrig. |
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Dies ist sein Blick, so hielt er die Hand, so trug er das Antlitz; Ja, jetzt würd' er mit dir gleichaltrig zum Jüngling heranblühn.“ Ich nun sagte darauf mit quellenden Tränen zum Abschied: "Lebet denn wohl und beglückt, ihr, deren Geschicke zum Ziel schon Kamen; uns ruft es hinweg von einem Verhängnis zum andern. |
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Euch ward Ruhe zuteil. Ihr habt kein Meer zu durchfurchen,
Nicht die ausonische Flur zu suchen, die stets sich zurückzieht. Vor euch seht ihr des Xanthos Bild und Troia, das eure Hände gebaut - ich wünsch es, im Schutz von besseren Zeichen, So dass weniger es in der feindlichen Griechen Bereich sei. |
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Komm ich zum Thybris dereinst und der Flur, die dem Thybris benachbart, Seh ich die Mauern alsdann, die meinem Geschlechte verliehen, Wollen die Städte des selbigen Stamms, die verbrüderten Völker, Beide von Dardanos' Blut und gleichen Geschickes, Epirus Und Hesperien, wir zu einem gemeinsamen Troia |
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Geistig vereinigen. Mag die Sorge den Enkeln verbleiben.“
Und nun geht's in die See, vorbei am keraunischen Felsen, Da wo der kürzeste Weg von Italien über das Meer führt. Aber die Sonne versinkt, und Schatten umhüllt das Gebirge. Wir, an das Ufer gestreckt im Schoß des befreundeten Landes, |
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Als wir die Wachen an Bord verlost, wir pflegen auf trocknem Strande den Leib, und Schlaf durchrieselt die müden Gebeine. Nicht bis zur Mitte des Wegs war die Nacht von den Horen geleitet, Als rastlos von der Streu Palinuros sich hebt und die Winde Rings ausforscht und dem Zuge der Luft mit horchendem Ohr lauscht, |
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Jedes Gestirn sich merkt, das von schweigendem Himmel entgleitet, Nach Arktur sich, dem doppelten Bär und den feuchten Hyaden Umschaut und nach dem Riesen in goldener Wehr, Orion. Als in Ordnung er alles erblickt am heiteren Himmel, Gibt er vom Bord ein helles Signal. Wir räumen das Lager, |
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Schicken zur Fahrt uns an und entfalten die Flügel der Segel. Schon sind die Sterne geflohn vor Auroras rötlichem Glänze, Da von fern mit dämmernden Höhn ganz niedrig erblicken Wir Italien. ,Ha, Italien!' jubelt Achates, Und Italien grüßt laut jauchzend die Schar der Genossen. |
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Vater Anchises erhebt sofort den gewaltigen Mischkrug, Kränzt ihn und füllt ihn mit Wein, und vom ragenden Spiegel des Schiffes Ruft er die Himmlischen an: "Götter des Landes und Meers, die in Sturm und Wetter ihr waltet, Macht durch die Winde die Fahrt uns leicht und wehet uns günstig!“ |
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Frisch springt auf die erbetene Luft, und der Hafen eröffnet Näher sich schon; es erscheint auf Minervas Höhe der Tempel; Rasch sind die Segel gerefft und die Steven zum Ufer gewendet. Weit im Bogen gekrümmt ist die Bucht von der östlichen Flut her, Salzige Gischt umschäumt ein Wehr vorragender Riffe; |
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Selbst ist versteckt sie. Geklipp, turmartig, in doppeltem Walle, Senkt zwei Arme zum Meer. Weit flieht vom Gestade der Tempel. Hier nun sah ich im Ried vier Rosse, die weit durch die Felder Grasten, von schneeigem Glanz - die erste Verkündigung war es. Vater Anchises rief: "Krieg bringst du, gastliches Land, uns. |
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Krieg heischt Rosse zum Dienst; Krieg drohen die weidenden Tiere. Aber dasselbe Geschöpf lässt fügsam sich an den Wagen Spannen und duldet am Joch einträchtig mit andern den Zügel. Hoffet auf Frieden denn auch.“ Wir erflehen der waffenumklirrten Pallas heiligen Schutz, die zuerst uns Jubelnde aufnahm, |
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Und umhüllen das Haupt am Altar mit phrygischem Mantel.
Dann auf Helenos' Rat und dringendste Weisung entzünden Wir Brandopfer nach Brauch, der argivischen Iuno zu Ehren. Ohne Verzug und sobald die Gelübd' in Ordnung erledigt, Drehen die Enden wir um der segelumflatterten Rahen, |
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Um den verdächtigen Aun zu entfliehn und den Häusern der Graier. Bald ist der Busen Tarents zu schaun, das, trügt uns der Ruf nicht, Herkules baute. Von drüben erhebt sich Laciniums Göttin, Kaulons Burg und, der Schiffe Verderb, das Geklipp Skylakeions; Fernher ragt aus der Flut alsdann Trinakriens Aitna. |
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Furchtbares Ächzen des Meers und der Brandung Schlag an die Felsen Hören von weitem wir schon und am Ufer sich brechende Stimmen. Hoch auf sprudelt das Meer; es wirbelt der Sand in den Wogen. Vater Anchises sprach: "Dies ist fürwahr die Charybdis; Dies sind die Riffe, das grause Geklipp, das uns Helenos nannte. |
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Eilig, Gefährten, davon! Gleichmäßig gestemmt auf die Ruder!“ Wie er befiehlt, so geschieht's. Palinuros schwenkt als der erste Hastig den knarrenden Bug und schießt linkshin durch die Wogen; Linkshin hält nun die Flotte gesamt mit Rudern und Segeln. Hoch zum Himmel auf wogendem Strudel erst geht es; Dann wieder |
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Schwindet die Wog', und wir sinken hinab zu den Manen des Abgrunds. Dreimal brüllt das Geklipp durch der Felswand Wölbungen, dreimal Sahn wir den spritzenden Schaum, der von den Gestirnen herabtroff. Doch den Ermüdeten ging mit sinkender Sonne der Wind aus, Und wir nahn, unkundig des Wegs, dem Kyklopengestade. |
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Still ist die Bucht, vor den Winden geschützt und riesig sie selber; Aber mit grausem Gekrach tobt donnernd daneben der Aitna, Stößt von Zeit zu Zeit zum Aither ein schwarzes Gewölk auf, Wirbel von rußigem Dampf und Asche mit sprühenden Funken, Wälzt Glutknäuel empor und leckt die Gestirne des Himmels. |
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Felsen zuweilen sogar und des Bergs zerrissnes Gekröse
Speit er mit Zuckungen aus und rollt die geschmolzenen Steine Ächzend hinauf in die Luft und tobt vom untersten Grund auf. Wie man erzählt, ist die Last auf Enkelados' Leib, den der Blitzstrahl Sengte, gehäuft: jetzt liegt auf ihm der gewaltige Aitna |
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Und haucht flammende Glut aus dem Schlund der zerklüfteten Essen. Legt er ermüdet sich nun auf die andere Seite, so zittert Grollend Trinakrien rings und verhüllt mit Dämpfen den Himmel. Angstvoll trugen die Nacht hindurch wir das grausige Wunder, Da uns, vom Walde bedeckt, kein Grund des Getöses sich zeigte. |
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Nirgends auch flammt' ein Gestirn, noch strahlte von himmlischen Lichtern Glänzend der Pol; mit Gewölk umhüllt war der düstere Himmel Und unfreundlich die Nacht, die den Mond im Nebel versteckt hielt. Doch als der folgende Tag sich erhob mit Lucifers Aufgang, Und Aurora des Pols feucht schattenden Schleier gelüftet, |
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Tritt aus dem Wald urplötzlich, verzehrt vom äußersten Hunger, Traurig zu schaun an Gestalt und Tracht, ein Mann, der uns gänzlich Fremd und neu, und streckt schutzflehend die Hände zum Strande. Hinter uns sehn wir: Entsetzlicher Schmutz, langzottiges Barthaar, Kleider mit Dornen zusammengesteckt. Sonst war er ein Grieche |
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Und nach Troia entsandt vordem in den Waffen der Heimat. Als die dardanische Tracht er von fern und die troischen Waffen Sah, so stutzt' er zuerst ein wenig, erschreckt durch den Anblick, Und hielt inne beim Gehn. Bald stürzt' er sich schleunigen Laufes Weinend und bittend zum Strand: "Ich beschwör euch bei den Gestirnen, |
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Bei der Unsterblichen Huld, bei dem himmlischen Licht, das wir atmen, Nehmt, o Teukrer, mich fort! entführt in irgendein Land mich! Dies ist genug. Ich weiß, ich bin von der Danaerflotte, Und ich bekriegte, ich will es gestehn, der Troianer Penaten. Dafür, wenn wirklich die Schuld so groß ist, die ich begangen, |
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Werft mich zerstückt in die Flut und versenkt ins unendliche Meer mich. Sterb ich dann, bin ich doch froh von menschlichen Händen zu sterben.“ Sprach's und umarmte die Knie und warf sich zu Boden und hielt sich Fest an den Knien. Wer er sei, von welchem Geschlecht er entsprossen, Mahnen wir ihn zu gestehn und welches Geschick ihn verfolge. |
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Vater Anchises reicht - nicht erst viel zaudernd - die Rechte Selber dem Jünglinge dar, dem das Pfand gleich besseren Mut leiht. Dann, als er ganz von der Furcht sich erholt hat, redet er also: "Ithaker bin ich von Stamm, des geplagten Odysseus Begleiter, Achaimenides, Sohn Adamastos'; da ärmlich mein Vater |
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War (o wär' in dem Stand ich verharrt!), so zog ich nach Troia. Hier, bei der eiligen Flucht von der grausamen Schwelle, vergaßen Mich die Gefährten und ließen zurück mich in des Kyklopen Riesiger Höhle. Das Haus - voll Eiters und blutigen Fraßes, Maßlos, finster im Innern; er selbst - ein Ries', an die Sterne |
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Ragend (o Götter, befreit von solchem Verderben die Erde!), Fast unerträglich zu schaun und unnahbar freundlicher Rede. Dunkeles Blut und Gedärm unglücklicher Opfer verschmaust er. Selbst ja sah ich, wie zwei von der Unsrigen Zahl mit der großen Faust er ergriff und, rücklings gestreckt in der Mitte der Höhle, |
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Gegen den Felsen zerschlug, dass von Eiter besudelt die Schwellen Schwammen; ich sah ihn die Glieder zerkaun, von geronnenem schwarzem Blut umtrieft, die warm ihm noch zappelten zwischen den Zähnen. Straflos nicht, in der Tat; nicht duldete solches Odysseus. Ithakas Held vergaß sich sogar in dieser Gefahr nicht. |
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Denn da, erfüllt von Wein und Schmaus, er in Schlummer begraben, Rücklings gebeugt das Genick, unermesslich lang durch die Höhle Da lag, als Fleischstücke vermischt mit blutigem Weine, Als er den Eiter im Schlaf ausspie, - da flehn zu den großen Göttern wir, ziehen das Los, und auf einmal stürzen wir ringsum |
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Über ihn her und bohren mit spitzigem Pfahl ihm das Aug' aus, Das von riesigem Maß ihm allein in der finsteren Stirn saß, Wie ein argolischer Schild, wie Phoibos' flammende Leuchte. Und so rächen wir froh zuletzt noch die Schatten der Freunde. Aber entflieht, Unselige, flieht, und kappt von dem Strande |
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Eilig das Tau! Ebenso grässlich und groß wie dort Polyphem in gewölbter Höhle sein wolliges Vieh einschließt und die Euter ihm auspresst, Wohnen noch Hunderte mehr von grausen Kyklopen der ganzen Krümmung des Strandes entlang und irren im hohen Gebirge. |
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Dreimal füllen bereits mit Licht sich die Hörner des Mondes, Dass ich im Wald und zwischen des Wilds Schlupfwinkeln mein Leben Schleppe dahin; das ist mein Haus; ich sehe vom Felsen Fern nach den Riesen, mich schreckt das Gebrüll und das Stampfen der Schritte. Klägliche Nahrung nur, Waldbeeren und steinge Kornellen, |
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Bieten die Zweig', auch reiß ich mir Kraut aus der Erde zur Speise. Stets sah rings ich mich um, bis zuerst ich gewahrte, wie diese Flotte dem Strand zufuhr. Ihr gab ich, wen immer sie trüge, Mich zu eigen; genug, wenn dem schändlichen Volk ich entfliehe. Gebt mir lieber den Tod und nehmt, wie ihr wollt, mir das Leben.“ |
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Kaum war gesprochen das Wort, da sahn wir vom Gipfel des Berges Zwischen den Herden ihn selbst in gewaltiger Masse sich regen, Ihn, Polyphem, der als Hirt zum bekannten Gestade hinabtrieb, Wüst und riesig, des Auges beraubt, ein grausiges Scheusal. Also lenkt er die Hand und den Schritt mit einer gestutzten |
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Fichte; die wolligen Schafe begleiten ihn; sie nur allein sind Lust ihm und Tröstung im Schmerz. Als er dem Meer sich genaht und die Fluten der Tiefe berührt hat, Wusch er darin sich das triefende Blut des geblendeten Auges, Ächzend, mit Zähnegeknirsch; und schon inmitten des Meeres |
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Schritt er, doch netzte die Flut noch nicht ihm die ragenden Hüften. Hastig enteilen zur Flucht in die Ferne wir; nehmen den Flehnden, Der es verdient hat, auf und kappen das Tau in der Stille. Vorwärtsgebeugt, durchschneiden die Flut wetteifernd die Rudrer, Und er bemerkt' es und wandte den Schritt nach dem Schalle der Stimme. |
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Doch da unmöglich es war, mit der Rechten den Raub zu erfassen Und die ionische Flut mit verfolgendem Schritt zu erreichen, Hebt ein Geschrei er an, unermesslich, dass jegliche Woge Bebt' in der See und das Italerland im Innersten aufschrak Und durch der Höhlen gewundene Kluft dumpf brüllte der Aitna. |
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Siehe, da stürzt auf den Ruf das Kyklopengeschlecht aus den hohen Bergen und Wäldern hervor zu der Bucht und füllt das Gestade. Und wir sehen sie stehn, die aitnäischen Brüder, vergeblich Drohenden Blicks und hoch zum Himmel die Häupter erhebend - Schaudererregende Schar! So stehn auf erhabenem Gipfel |
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Luftige Eichen gereiht und mit zapfigen Früchten Zypressen,
Iupiters ragender Wald, ein heiliger Hain der Diana. Vorwärts jagt uns der heftige Schreck, zu lockern die Taue, Und wohin uns auch treibe der Wind, ihm die Segel zu bieten. Doch mahnt Helenos' Spruch, dass zwischen Charybdis und Skylla |
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Hier wie dort sich der Weg um ein Haar nur scheide vom Tode, Halte die Fahrt man nicht ein. Fest steht's, wir wenden die Segel. Siehe, da bläst uns der Nord aus dem engen Geklüft von Peloron Grad auf das Schiff. Ich fahre vorbei an Pantagias Mündung Zwischen den Klippen, an Megaras Bucht, am niedrigen Thapsos. |
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Also bedeutete mich, da zurück er die Pfade der Irrfahrt Zog, Achaimenides jetzt, des geplagten Odysseus Begleiter. Quer vor Sikaniens Bucht, gegenüber Plemyrions Brandung, Liegt ein Eiland, das man vor Alters Ortygia nannte. Elis' Fluss, so geht das Gerücht, hat unter dem Meere |
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Einen verborgenen Pfad hierher sich gebahnt, der in deinem Quell, Arethusa, sich jetzt mit sikulischen Fluten vereinigt. Folgsam verehren wir hier die erhabenen Götter des Ortes. Dann vorbei an dem üppigen Grund der helorischen Marschen Biegen wir scharf um das hohe Geklipp und die drohenden Riffe |
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Von Pachynum; wir sehn Camarina, das göttlicher Ausspruch
Nimmer zu rühren gebot, von fern, die geloïschen Felder, Gela, das grausige, selbst, das den Namen empfing von dem Flusse. Akragas zeigt hochragend darauf von fern die gewaltgen Mauern - berühmt dereinst als Erzeuger von feurigen Rossen. |
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Dir auch mit günstigem Wind, o palmenumwogtes Selinus,
Segl' ich vorbei und dem blinden Geklipp in der Furt Lilybaions. Dann nimmt Drepanons Hafen mich auf und die freudenentblößte Küste, wo, durch so viel Unwetter des Meeres getrieben, Ich den Erzeuger, den Trost in jeglichem Kummer und Unfall, |
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Ach, den Anchises verlor. Du, teuerster Vater, verlässt mich Müden, o du, umsonst so großen Gefahren entrissen! Helenos nicht, der Prophet, da er so viel Grauses mir kundtat, Hat die Trauer vorher mir gesagt noch die grimme Kelaino. Dies war die letzte der Mühn und das Ziel weitschweifender Fahrten. |
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Von hier trieb mich ein Gott, da ich schied, zu euern Gestaden." Also erzählte, da alle gespannt zulauschten dem einen, Vater Aineias die Wunder der Fahrt und der Götter Verheißung. Still schwieg endlich er jetzt und ging, so schließend, zur Ruhe. |
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Übersetzung nach W.Hertzberg bearbeitet von E.Gottwein |
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