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At regina gravi iamdudum saucia cura vulnus alit venis et caeco carpitur igni. multa viri virtus animo multusque recursat gentis honos; haerent infixi pectore vultus |
Aber die Königin, längst schon wund von quälender Sehnsucht, Nährt in den Adern den Schmerz und verzehrt in heimlicher Glut sich.
Vielfach tritt ihr die Tugend des Manns, vielfach des Geschlechtes Ruhm vor den Geist. Tief sind in das Herz ihr die Mienen und Worte |
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verbaque nec placidam membris dat cura quietem.
postera Phoebea lustrabat lampade terras umentemque Aurora polo dimoverat umbram, cum sic unanimam adloquitur male sana sororem: "Anna soror, quae me suspensam insomnia terrent! |
Dauernd geprägt. Nicht gönnt ihr die Pein den erquickenden Schlummer. Und Aurora durchzog mit Phoibos' Leuchte die Länder Wieder und hatte des Pols feucht schattenden Schleier gelüftet, Als sie verstörten Gemüts so sprach zur liebenden Schwester: "Anna, wie ängstigen mich, o Schwester, so quälende Träume!
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quis novus hic nostris successit sedibus hospes,
quem sese ore ferens, quam forti pectore et armis! credo equidem, nec vana fides, genus esse deorum. degeneres animos timor arguit. heu, quibus ille iactatus fatis! quae bella exhausta canebat! |
Was für ein Gast ist dies, der unsre Behausung betreten! Ha, wie trägt er das Haupt! Wie stark sein Herz und sein Kriegsmut! Ja, mich dünkt, und es ist kein Wahn, er ist göttlichen Ursprungs.
Einen entarteten Sinn gibt Furcht kund. Wie das Geschick ihn Trieb umher! Wie erzählt' er von all den durchstrittenen Kriegen! |
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si mihi non animo fixum immotumque sederet ne cui me vinclo vellem sociare iugali, postquam primus amor deceptam morte fefellit; si non pertaesum thalami taedaeque fuisset, huic uni forsan potui succumbere culpae. |
Stünd' es nicht fest bei mir und unumstößlich im Herzen, An niemanden hinfort mich durch ehliche Bande zu fesseln, Seit er, welchen zuerst ich geliebt, durch den Tod mich getäuscht hat,
Wären mir nicht seitdem Brautkammer und Fackeln zuwider, Ja, dann könnt ich vielleicht diesmal der Versuchung erliegen. |
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Anna, fatebor enim, miseri post fata Sychaei coniugis et sparsos fraterna caede penatis solus hic inflexit sensus animumque labantem impulit. agnosco veteris vestigia flammae. sed mihi vel tellus optem prius ima dehiscat |
Anna, ich will es gestehn, nach dem Tode des armen Sychaeus, Der, vom Bruder erwürgt, mit Blut die Penaten bespritzte, Hat der Mann allein mir die Seele gebeugt und den Geist mir Schwankend gemacht. Ich erkenne die Spur ehmaliger Gluten. Doch eh' soll bis zum untersten Schlund sich die Erde mir spalten |
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vel pater omnipotens adigat me fulmine ad umbras, pallentis umbras Erebo noctemque profundam, ante, pudor, quam te violo aut tua iura resolvo. ille meos, primus qui me sibi iunxit, amores abstulit; ille habeat secum servetque sepulcro." |
Und zu den Schatten hinab mich dein Blitz, allmächtiger Vater, Schleudern, zu Erebos' nebligem Reich und den nächtlichen Tiefen -
Eh' ich, o Scham, an dir und deinem Gesetz mich vergehe. Er, der zuerst mit mir sich verband, hat alle mein Lieben Mit sich genommen; er mag bei sich in der Gruft es bewahren." |
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sic effata sinum lacrimis implevit obortis. Anna refert: "o luce magis dilecta sorori, solane perpetua maerens carpere iuventa nec dulcis natos Veneris nec praemia noris? id cinerem aut manis credis curare sepultos? |
Also sprach sie und netzte die Brust mit quellenden Tränen. Anna versetzt: "O du, die mehr als das Leben ich liebe, Willst du die Jugend denn ganz in einsamer Trauer verzehren? Nie an Kindern dein Herz und Venus' Geschenken ergötzen? Glaubst du, es kümmern darum sich der Staub und die Manen im Grabe?
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esto: aegram nulli quondam flexere mariti, non Libyae, non ante Tyro; despectus Iarbas ductoresque alii, quos Africa terra triumphis dives alit: placitone etiam pugnabis amori? nec venit in mentem quorum consederis arvis? |
Sei es: so hat kein Mann in deiner Bekümmernis jemals
Dich in Tyros gerührt noch in Libyen. Wie den Iarbas Hast du die übrigen Fürsten verschmäht, die, reich an Triumphen, Afrika nährt. Doch bekämpfst du nun auch die erfreuliche Liebe?
Kommt es dir nicht in den Sinn, wes Land du zum Sitz dir erkoren? |
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hinc Gaetulae urbes, genus insuperabile bello,
et Numidae infreni cingunt et inhospita Syrtis; hinc deserta siti regio lateque furentes Barcaei. quid bella Tyro surgentia dicam germanique minas? |
Hier in Gätuliens Städten ein Volk unbesiegbar im Kriege; Hier zaumlose Numider und hier ungastlich die Syrte. Dort das vom Durst verwüstete Land und wilde Barkäer Weit umher. Was erwähn ich den Krieg, der von Tyros heranrückt, Wo dich dein Bruder bedroht? |
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dis equidem auspicibus reor et Iunone secunda hunc cursum Iliacas vento tenuisse carinas. quam tu urbem, soror, hanc cernes, quae surgere regna coniugio tali! Teucrum comitantibus armis Punica se quantis attollet gloria rebus! |
Ja, durch göttlichen Rat und Schutz, durch Iunos Begnadung, Lenkte der Wind hierher auf der Fahrt die dardanischen Kiele. Wie wird, Schwester, die Stadt, wie wird dein Reich sich erheben Durch ein Bündnis wie dies! Zu was für Höhen noch wird sich
Schwingen der punische Ruhm, wenn die Waffen der Teukrer dir beistehn! |
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tu modo posce deos veniam, sacrisque litatis indulge hospitio causasque innecte morandi, dum pelago desaevit hiems et aquosus Orion, quassataeque rates, dum non tractabile caelum." His dictis impenso animum flammavit amore |
Fleh um die Gnade der Götter du nur! Nach vollendetem Opfer Pflege der Gastfreundschaft und such Vorwände des Zögerns, Während der Sturm noch rast auf der See und der Regner Orion, Während dem Himmel noch nicht zu traun und die Schiffe noch leck sind."
Also redend, entflammt und durchglüht ihr Herz sie mit Liebe, |
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spemque dedit dubiae menti solvitque pudorem. principio delubra adeunt pacemque per aras exquirunt; mactant lectas de more bidentis legiferae Cereri Phoeboque patrique Lyaeo, Iunoni ante omnis, cui vincla iugalia curae. |
Füllt mit Hoffnung den schwankenden Geist und befreit von der Scham sie. Und sie gehn zu den Tempeln zuerst und erflehn am Altare Frieden; sie schlachten daselbst nach dem Brauch erlesene Lämmer Ceres, der Gründerin menschlichen Rechts, dem Phoibos und Bacchus, Aber der Iuno zuerst, die der ehlichen Bande sich annimmt. |
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ipsa tenens dextra pateram pulcherrima Dido
candentis vaccae media inter cornua fundit, aut ante ora deum pinguis spatiatur ad aras, instauratque diem donis, pecudumque reclusis pectoribus inhians spirantia consulit exta. |
Dido, die strahlende, selbst, sie hielt in der Rechten die Schale, Die sie der schneeigen Kuh auf das Haupt goss zwischen die Hörner; Oder sie schritt vor den Göttern daher an den fetten Altären, Weihte mit Opfern den Tag, durchspähte mit Eifer der Tiere Offene Brust und holte sich Rat bei den zuckenden Fibern. |
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heu, vatum ignarae mentes! quid vota furentem, quid delubra iuvant? est mollis flamma medullas interea et tacitum vivit sub pectore vulnus. uritur infelix Dido totaque vagatur urbe furens, qualis coniecta cerva sagitta, |
Ach unwissender Geist der Propheten! Was nützt der Betörten Tempel und Weihegeschenk! Es verzehrt indessen die weiche Flamme das Mark, es quillt in der Brust still blutend die Wunde. Glühend nun irrt in der Stadt die erbarmungswürdige Dido Rasend umher, wie vom Pfeilschuss wund die geängstigte Hindin, |
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quam procul incautam nemora inter Cresia fixit
pastor agens telis liquitque volatile ferrum nescius: illa fuga silvas saltusque peragrat Dictaeos; haeret lateri letalis harundo. nunc media Aenean secum per moenia ducit |
Die, im kretischen Wald arglos von des jagenden Hirten Fernem Geschoss durchbohrt, jetzt ohne sein Wissen den flüchtgen Stahl mitschleppt und in Hast die diktäischen Wälder und Berghöhn
Rings durchschweift; es hängt ihr das tödliche Rohr in der Seite.
Mit sich führt den Aineias sie jetzt durch die Straßen der Feste, |
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Sidoniasque ostentat opes urbemque paratam, incipit effari mediaque in voce resistit; Nunc eadem labente die convivia quaerit, Iliacosque iterum demens audire labores exposcit pendetque iterum narrantis ab ore. |
Zeigt die sidonische Pracht und die reichlich versehene Stadt ihm, Fängt zu sprechen auch an - und stockt inmitten der Rede. Dann, wenn der Tag sich neigt, lädt wieder den Gast sie zum Mahle, Will, unsinnig, des ilischen Volks Drangsale von neuem Hören und hängt von neuem gespannt am Mund des Erzählers. |
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post ubi digressi, lumenque obscura vicissim luna premit suadentque cadentia sidera somnos, sola domo maeret vacua stratisque relictis incubat. illum absens absentem auditque videtque, aut gremio Ascanium genitoris imagine capta |
Wenn sie sich trennen zuletzt und der Mond den erbleichenden Schimmer Wieder verbirgt und zum Schlaf einladen die scheidenden Sterne, Trauert sie einsam im öden Palast und streckt auf den Pfühl sich,
Den er verließ. Er schwebt, abwesend, vor Ohr und Gesicht ihr. Auch den Askanios hält, durch das Bildnis des Vaters gefesselt, |
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detinet, infandum si fallere possit amorem. non coeptae adsurgunt turres, non arma iuventus exercet portusve aut propugnacula bello tuta parant: pendent opera interrupta minaeque murorum ingentes aequataque machina caelo. |
Sie in dem Schoß, um vielleicht die unsägliche Liebe zu täuschen. Nicht mehr steigen empor die begonnenen Türme, die Jugend Übt sich in Waffen nicht mehr, noch rüstet sie Hafen und Zinnen
Gegen den Krieg. Die Arbeit stockt und der riesigen Mauern Drohender Bau und die hoch zum Himmel erhobnen Gerüste. |
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Quam simul ac tali persensit peste teneri cara Iovis coniunx nec famam obstare furori, talibus adgreditur Venerem Saturnia dictis: "egregiam vero laudem et spolia ampla refertis tuque puerque tuus;magnum et memorabile numen, |
Als nun die liebe Gemahlin des Zeus so sehr von der argen Krankheit ergriffen sie sieht, dass sie selbst nicht achtet des Leumunds, Wendet Saturnia sich an Venus mit folgender Rede: "Ja, vortreffliches Lob und rühmliche Beute gewinnt ihr, Du und dein Knabe fürwahr! Recht glorreich göttlich die Großtat,
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una dolo divum si femina victa duorum est. nec me adeo fallit veritam te moenia nostra suspectas habuisse domos Karthaginis altae. sed quis erit modus, aut quo nunc certamine tanto? quin potius pacem aeternam pactosque hymenaeos |
Wenn ein Weib durch Betrug von zwei Gottheiten besiegt wird! Ja, ich täuschte mich nicht, dass du unsere Feste gefürchtet, Dass Karthagos erhabene Stadt dir verdächtig erschienen. Doch wann endet der Streit? Wozu noch all dieser Hader? Ist es nicht besser, wenn Hymens Bund und ewigen Frieden |
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exercemus? habes tota quod mente petisti: ardet amans Dido traxitque per ossa furorem. communem hunc ergo populum paribusque regamus auspiciis; liceat Phrygio servire marito dotalisque tuae Tyrios permittere dextrae." |
Jetzt wir vermitteln? Du hast, was mit ganzem Gemüt du erstrebtest: Dido entbrennt in Lieb, es tobt im Gebein ihr der Wahnsinn. Lenken wir drum dies Volk als gemeinsames Gut mit vereintem Göttlichem Schutz. Sie weihe dem Dienst sich des phrygischen Gatten, Und dir will in die Hand ich die Tyrier geben als Mitgift." |
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Olli - sensit enim simulata mente locutam, quo regnum Italiae Libycas averteret oras - sic contra est ingressa Venus: "quis talia demens abnuat aut tecum malit contendere bello? si modo quod memoras factum fortuna sequatur. |
Venus - sie hatte bemerkt, dass mit heuchelnden Worten sie rede, Um Italiens Reich nach Libyens Küsten zu wenden -, Venus erwidert darauf: "Wer möchte betörten Gemütes Dies dir verweigern und lieber mit dir im Kampfe sich messen? Wenn das Geschick nur dem, was du sagst, Bestätigung liehe! |
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sed fatis incerta feror, si Iuppiter unam esse velit Tyriis urbem Troiaque profectis, miscerive probet populos aut foedera iungi. tu coniunx, tibi fas animum temptare precando. perge, sequar." tum sic excepit regia Iuno: |
Doch ich bin nicht gewiss der Verheißung, ob Iupiter eine Stadt für das tyrische Volk und die Flüchtlinge Troias ersehn hat,
Ob ihm die Völker zu mischen gefällt und durch Bündnis zu einen. Du bist die Gattin, du darfst sein Herz mit Bitten versuchen. Auf nur, ich folge!" Da sprach zur Erwidrung die Herrscherin Iuno:
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"mecum erit iste labor. nunc qua ratione quod instat confieri possit, paucis, adverte, docebo. venatum Aeneas unaque miserrima Dido in nemus ire parant, ubi primos crastinus ortus extulerit Titan radiisque retexerit orbem. |
"Mein sei dieses Geschäft. Jetzt werd ich in Kürze dir sagen (Merke mir auf), wie am leichtesten wir das Beschlossne vollenden. Früh auf die Jagd zu gehn mit der unglückseligen Dido Ist Aineias bereit, sobald zum Himmel sich Titan Morgen erhebt und sein strahlendes Licht ausgießt um den Erdkreis. |
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his ego nigrantem commixta grandine nimbum, dum trepidant alae saltusque indagine cingunt, desuper infundam et tonitru caelum omne ciebo. diffugient comites et nocte tegentur opaca: speluncam Dido dux et Troianus eandem |
Während die Treiber den Wald durchziehn und die Fittiche schwirren, Gieße mit Hagel vermengt ein schwarzes Gewitter ich ihnen Über das Haupt, und mit Donnergeroll umtob ich den Himmel. Alle Gefährten entfliehn, umhüllt von nächtlichem Dunkel. Dido kommt alsdann und Troias Fürst in die selbe |
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devenient. adero et, tua si mihi certa voluntas,
conubio iungam stabili propriamque dicabo. hic hymenaeus erit." non adversata petenti adnuit atque dolis risit Cytherea repertis. Oceanum interea surgens Aurora reliquit. |
Höhle. Dann nah auch ich, und ist mir sicher dein Beistand, Will ich in ehlichem Bund sie für immer zu eigen ihm geben. Dies sei das Hochzeitsfest." Kytherea, nicht feindlich der Bitte, Sagte sie zu und lächelte still ob des listigen Einfalls. Aus Okeanos' Flut entstieg inzwischen Aurora, |
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it portis iubare exorto delecta iuventus, retia rara, plagae, lato venabula ferro, Massylique ruunt equites et odora canum vis. reginam thalamo cunctantem ad limina primi Poenorum exspectant, ostroque insignis et auro |
Und mit dem Frührot zog aus der Stadt die erlesene Jugend. Maschige Netze, der Fallen Gestrick, breitschneidige Spieße Wimmeln vorbei, Massyler zu Roσσ, scharf witternde Hunde. Noch ist die Fürstin zurück im Gemach. Es harren am Eingang Ihrer die punischen Großen. Von Gold umstrahlt und von Purpur |
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stat sonipes ac frena ferox spumantia mandit. tandem progreditur magna stipante caterva Sidoniam picto chlamydem circumdata limbo; cui pharetra ex auro, crines nodantur in aurum, aurea purpuream subnectit fibula vestem. |
Stehet der Renner und kaut mutschnaubend die schäumenden Zügel Endlich tritt sie hervor, umdrängt von großem Geleite, In den sidonischen Mantel gehüllt mit gestickter Verbrämung. Golden ihr Köcher; ihr Haar mit Gold in Knoten gebunden. Auch ihr purpurnes Kleid ist geschürzt mit goldener Spange. |
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nec non et Phrygii comites et laetus Iulus incedunt. ipse ante alios pulcherrimus omnis infert se socium Aeneas atque agmina iungit. qualis ubi hibernam Lyciam Xanthique fluenta deserit ac Delum maternam invisit Apollo |
Und nun zieht im Geleit der phrygischen Scharen Iulus Lustig einher. Er selbst, Aineias, vor allen der Schönste, Bietet alsdann zum Gefährten sich dar und schließt sich dem Zug an. Wie wenn Apollon sein winterlich Haus an den Wogen des Xanthos, Lykien, wieder verlässt und nach Delos, der Mutter Besitz, eilt, |
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instauratque choros, mixtique altaria circum Cretesque Dryopesque fremunt pictique Agathyrsi; ipse iugis Cynthi graditur mollique fluentem fronde premit crinem fingens atque implicat auro, tela sonant umeris: haud illo segnior ibat |
Wenn er die Reigen erneut und um die Altäre sich Kreter Tummeln und Dryopervolk und, scheckig bemalt, Agathyrsen; Aber er selbst, auf des Kynthos' Joch herschreitend, mit weichem Laube sein wallendes Haar umkränzt, es formt und mit Gold schürzt, Wenn auf der Schulter der Köcher ihm klirrt - nicht träger als dieser |
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Aeneas, tantum egregio decus enitet ore. postquam altos ventum in montis atque invia lustra, ecce ferae saxi deiectae vertice caprae decurrere iugis; alia de parte patentis transmittunt cursu campos atque agmina cervi |
Eilt Aineias; so strahlt er hervor mit herrlichem Antlitz. Als man im hohen Gebirg bei den unwegsamen Geklüften Anlangt, sieh, da rennen vom Fels sich stürzende wilde Ziegen die Höhen hinab; von der anderen Seite durchsetzen Hirsche das offene Feld im Lauf; in stäubende Rudel |
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pulverulenta fuga glomerant montisque relinquunt. at puer Ascanius mediis in vallibus acri gaudet equo iamque hos cursu, iam praeterit illos, spumantemque dari pecora inter inertia votis optat aprum, aut fulvum descendere monte leonem. |
Rotten zusammen sie sich auf der Flucht und verlassen die Berge. Aber inmitten des Tals erfreut sich des mutigen Rosses Knab Askanios, eilt bald dem, bald jenem vorüber, Fleht, dass unter dem feigen Getier ein schäumender Eber Sich ihm stelle, ein rötlicher Leu aus den Bergen sich nahe. |
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Interea magno misceri murmure caelum incipit, insequitur commixta grandine nimbus, et Tyrii comites passim et Troiana iuventus Dardaniusque nepos Veneris diversa per agros tecta metu petiere; ruunt de montibus amnes. |
Doch allmählich beginnt dumpf polterndes Grollen den Himmel Wirr zu umziehn; dann folgt ein Schauer von Regen und Schloßen. Aber der Tyrer Gefolg, die troianische Jugend und Venus' Enkel, der Dardanerspross, im Schreck zersprengt durch die Äcker, Suchen verschiedenen Schutz; von den Berghöhn stürzen sich Ströme.
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speluncam Dido dux et Troianus eandem deveniunt. prima et Tellus et pronuba Iuno dant signum; fulsere ignes et conscius aether conubiis summoque ulularunt vertice Nymphae. ille dies primus leti primusque malorum |
Sieh, und Dido kommt und Troias Fürst in dieselbe Höhle. Das Zeichen zuerst gibt Tellus und Iuno, die Brautfrau; Blitze durchzucken die Luft, und der Aither, als Zeuge der Hochzeit, Flammt ringsum; laut jauchzen vom Gipfel des Berges die Nymphen. Dies war der Tag, der zuerst zum Tod, der zuerst zu dem Unheil |
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causa fuit; neque enim specie famave movetur nec iam furtivum Dido meditatur amorem: coniugium vocat, hoc praetexit nomine culpam. Extemplo Libyae magnas it Fama per urbes, Fama, malum qua non aliud velocius ullum: |
Anlass gab. Nicht wird durch den Ruf hinfort und den Anstand Dido bestimmt, sie denkt nicht mehr an verstohlene Liebe; Ehe benennt sie die Schuld und verbrämt sie mit ehrbarem Namen. Fama schreitet sofort durch Libyens mächtige Städte, Fama, ein Übel, das nie von andern im Laufe besiegt ward, |
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mobilitate viget virisque adquirit eundo, parva metu primo, mox sese attollit in auras ingrediturque solo et caput inter nubila condit. illam Terra parens ira inritata deorum extremam, ut perhibent, Coeo Enceladoque sororem |
Sich der Beweglichkeit freut und an Kraft zunimmt, wie es forteilt. Klein im Beginn aus Scheu, hebt bald sie sich hoch in die Lüfte, Schreitet einher auf dem Grund und birgt ihr Haupt in den Wolken. Tellus, die Mutter, gebar, den Unsterblichen grollend, zuletzt sie, Wie man erzählt, nach Enkelados und nach Koios, den Brüdern. |
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progenuit pedibus celerem et pernicibus alis,
monstrum horrendum, ingens, cui quot sunt corpore plumae, tot vigiles oculi subter - mirabile dictu -, tot linguae, totidem ora sonant, tot subrigit auris. nocte volat caeli medio terraeque per umbram |
Aber behend ist die Schwester zu Fuß, von flüchtigen Schwingen, Riesin, ein Greul von Gestalt; denn so viel Federn ihr Leib trägt, - Wunderbar klingt's - so viel sind wachsame Augen darunter, Lärmende Zungen und Mäuler dazu und horchende Ohren. Nachts fliegt zwischen der Erd' und dem Himmel sie hin durch die Schatten, |
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stridens, nec dulci declinat lumina somno; luce sedet custos aut summi culmine tecti turribus aut altis, et magnas territat urbes, tam ficti pravique tenax quam nuntia veri. haec tum multiplici populos sermone replebat |
Kreischend, und niemals neigt dem erquickenden Schlaf sie die Augen, Sitzt als Wache bei Tag auf dem obersten Giebel der Häuser Oder auf ragendem Turm und füllt mit Schrecken die Städte, Hält an Lug und Trug so fest, wie sie Wahrheit verkündet. Sie nun verbreitete jetzt vielfaches Gespräch durch die Völker |
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gaudens, et pariter facta atque infecta canebat:
venisse Aenean Troiano sanguine cretum, cui se pulchra viro dignetur iungere Dido; nunc hiemem inter se luxu, quam longa, fovere regnorum immemores turpique cupidine captos. |
Recht mit Lust und sang Tatsachen zugleich und Erlognes, Wie, aus troischem Blut entstammt, Aineias gekommen, Den zum Ehegemahl sich Dido erkoren, die Schöne. Üppigem Tun jetzt würden den Winter hindurch sie sich weihen, Nimmer des Reiches gedenk, von schnöder Begierde gefesselt. |
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haec passim dea foeda virum diffundit in ora.
protinus ad regem cursus detorquet Iarban incenditque animum dictis atque aggerat iras. Hic Hammone satus rapta Garamantide nympha templa Iovi centum latis immania regnis, |
Solches verbreitet von Mund zu Mund die entsetzliche Göttin, Lenkt dann den Lauf sofort abseits zum König Iarbas, Setzt ihm in Flammen den Geist mit der Red' und schürt ihm den Zorn an. Er, Garamantis' Sohn, der Nymphe, die Ammon entführte, Richtete hundert Altäre dem Zeus und hundert gewaltge |
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centum aras posuit vigilemque sacraverat ignem,
excubias divum aeternas, pecudumque cruore pingue solum et variis florentia limina sertis. isque amens animi et rumore accensus amaro dicitur ante aras media inter numina divum |
Tempel ihm auf durch sein weites Gebiet - ein ewiges Feuer Weiht' er und ewige Wachen dabei und vom Blute der Opfer Triefenden Grund und Schwellen, bekränzt mit bunten Gewinden. Er nun, außer sich ganz und entflammt von der bitteren Kunde, Flehte, so sagt man, zu Zeus, am Altar inmitten der Götter, |
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multa Iovem manibus supplex orasse supinis: "Iuppiter omnipotens, cui nunc Maurusia pictis gens epulata toris Lenaeum libat honorem, aspicis haec? an te, genitor, cum fulmina torques nequiquam horremus, caecique in nubibus ignes |
Demutsvoll auf den Knien, mit zum Himmel erhobenen Händen: "Zeus, allmächtiger Gott, dem jetzt, auf gemusterten Pfühlen Speisend, Maurusias Volk den lenaiischen ehrenden Trunk weiht, Siehst du das an? Und fürchten wir dich, wenn die Blitze du schleuderst, Vater, umsonst? Sind blind vielleicht in den Wolken die Flammen, |
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terrificant animos et inania murmura miscent? femina, quae nostris errans in finibus urbem exiguam pretio posuit, cui litus arandum cuique loci leges dedimus, conubia nostra reppulit ac dominum Aenean in regna recepit. |
Die uns erschrecken? Ist eiteler Lärm ihr grollend Gepolter? Siehe das Weib, das flüchtig in unserm Gebiet sich ein kleines Städtchen gebaut für Geld, dem den Strand wir verliehn zum Bepflügen,
Dem die Bedingungen wir für den Wohnplatz stellten, verschmäht jetzt
Mich als Gemahl und nimmt den Aineias als Herrn in das Reich auf. |
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et nunc ille Paris cum semiviro comitatu, Maeonia mentum mitra crinemque madentem subnexus, rapto potitur: nos munera templis quippe tuis ferimus famamque fovemus inanem." Talibus orantem dictis arasque tenentem |
Und nun kommt mit dem weibischen Volk der Paris, der zweite, Der um das triefende Haar und das Kinn die maionische Mitra Nestelt, und nimmt sich den Raub! Wir freilich bringen Geschenke Dir in dein heiliges Haus und mehren den nichtigen Ruhm dir." Also betet' er laut, den Altar umfassend; es hörte |
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audiit Omnipotens, oculosque ad moenia torsit
regia et oblitos famae melioris amantis. tum sic Mercurium adloquitur ac talia mandat: "vade age, nate, voca Zephyros et labere pennis Dardaniumque ducem, Tyria Karthagine qui nunc |
Ihn der allmächtige Gott und wandte den Blick auf die Hofburg Und auf das liebende Paar, das des besseren Rufes vergessen. Drauf zu Mercurius redet er so und gibt ihm den Auftrag: "Auf, mein Sohn, geh, rufe den West, und im Fluge dich schwingend, Rede den Fürsten mir an, den Dardanier, der in Karthagos
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exspectat fatisque datas non respicit urbes, adloquere et celeris defer mea dicta per auras. non illum nobis genetrix pulcherrima talem promisit Graiumque ideo bis vindicat armis; sed fore qui gravidam imperiis belloque frementem |
Tyrischer Burg Rast hält und der vom Geschick ihm bestimmten Städte vergisst, und bring ihm mein Wort durch die flüchtigen Lüfte:
Dies ist der Mann nicht mehr, den die schönste der Mütter verheißen,
Den zweimal sie darum aus den Waffen der Griechen errettet; Nein, der sollte das Italerland, das von Kriegen durchtobte, |
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Italiam regeret, genus alto a sanguine Teucri
proderet, ac totum sub leges mitteret orbem. si nulla accendit tantarum gloria rerum nec super ipse sua molitur laude laborem, Ascanione pater Romanas invidet arces? |
Herrschaftsschwangre, regieren; ein Volk vom erhabenen Blute Teukers erzeugen; Gesetz und Recht vorschreiben dem Weltall. Wird er selbst nicht entflammt von dem Ruhm so herrlicher Zukunft, Will er zu eigenem Preis nicht selbst durchkämpfen die Mühen: Gönnt er als Vater denn nicht dem Iulus die römischen Burgen? |
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quid struit? aut qua spe inimica in gente moratur
nec prolem Ausoniam et Lavinia respicit arva? naviget! haec summa est, hic nostri nuntius esto." Dixerat. ille patris magni parere parabat imperio; et primum pedibus talaria nectit |
Was ist sein Plan? Was hofft von der Rast er im feindlichen Lande? Denkt der lavinischen Flur er nicht und der Ausonerenkel? Fort zu Schiff! Dies ist mein Geheiß; dies sollst du ihm melden.“ Sprach's; und jener, bereit, dem Befehl zu gehorchen des großen Vaters, befestigt zuerst an die Füße die goldenen Schuhe, |
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aurea, quae sublimem alis sive aequora supra
seu terram rapido pariter cum flamine portant. tum virgam capit: hac animas ille evocat Orco pallentis, alias sub Tartara tristia mittit, dat somnos adimitque, et lumina morte resignat. |
Die auf Flügeln ihn hoch in die Luft weit über die Meere, Über die Länder dahin mit der Windsbraut Schnelligkeit tragen. Und dann greift er zum Stab, mit dem aus dem Orkus die bleichen Seelen er ruft, in des Tartarus Graus manch andre hinabschickt, Schlaf einflößt und raubt und das Siegel des Todes vom Blick nimmt. |
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illa fretus agit ventos et turbida tranat nubila. iamque volans apicem et latera ardua cernit Atlantis duri caelum qui vertice fulcit, Atlantis, cinctum adsidue cui nubibus atris piniferum caput et vento pulsatur et imbri, |
Auf ihn trauend, durchzieht er den Wind und schwimmt durch die trüben Wolken und sieht im Flug schon Seiten und Spitze des hohen Atlas, welcher das Himmelsgewölb auf dem felsigen Haupt trägt, Atlas, welchem die Stirn mit Fichten bekränzt und in schwarze Wolken beständig gehüllt, von Sturm und Regen gepeitscht wird.
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nix umeros infusa tegit, tum flumina mento praecipitant senis, et glacie riget horrida barba. hic primum paribus nitens Cyllenius alis constitit; hinc toto praeceps se corpore ad undas misit avi similis, quae circum litora, circum |
Schnee deckt rings ihm die Schultern; es stürzt vom Kinne des Greises Wasser in Strömen hinab; von Eis starrt grausig der Bart ihm. Auf gleich schwebenden Fittichen eilt der kyllenische Jüngling Dorthin zuerst zur Rast. Dann jäh hinab zu den Wogen Stürzt er, dem Vogel vergleichbar, der tief rings um die Gestade, |
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piscosos scopulos humilis volat aequora iuxta.
haud aliter terras inter caelumque volabat litus harenosum ad Libyae, ventosque secabat materno veniens ab avo Cyllenia proles. Ut primum alatis tetigit magalia plantis, |
Um fischreiches Geklipp am Rande des Meeres dahinfliegt. Also flog auch jetzt inmitten von Himmel und Erde Hin an Libyens sandigem Strand und schritt durch die Winde Maias Sohn, der kyllenische Spross, da vom Ahn er herabkam. Wie das Nomadengezelt er berührt mit geflügelten Sohlen, |
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Aenean fundantem arces ac tecta novantem conspicit. atque illi stellatus iaspide fulva ensis erat Tyrioque ardebat murice laena demissa ex umeris, dives quae munera Dido fecerat, et tenui telas discreverat auro. |
Sieht er Aineias, der Burgen erbaut und Häuser erneuert. Gelb mit Jaspissternen besät war das Schwert; von den Schultern Wallte der Mantel herab von brennendem tyrischem Purpur, Didos, der Reichen, Geschenk. Sie hatt' es ihm selber bereitet Und mit zierlichem Gold durchwoben die Fäden des Aufzugs. |
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continuo invadit: "tu nunc Karthaginis altae
fundamenta locas pulchramque uxorius urbem exstruis? heu, regni rerumque oblite tuarum! ipse deum tibi me claro demittit Olympo regnator, caelum et terras qui numine torquet, |
Und gleich geht er ihn an: "Du legst für die hohe Karthago Jetzo den Grund? Als Knecht der Gemahlin baust du die schöne Stadt? Hast gänzlich dein Reich und die eigene Macht du vergessen? Er, der Unsterblichen Herr, des Gottheit Himmel und Länder Kreisend bewegt, schickt selbst mich herab vom hellen Olympos; |
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ipse haec ferre iubet celeris mandata per auras:
quid struis? aut qua spe Libycis teris otia terris? si te nulla movet tantarum gloria rerum [nec super ipse tua moliris laude laborem,] Ascanium surgentem et spes heredis Iuli |
Selber befiehlt er, den Spruch durch die flüchtige Luft dir zu bringen: Was ist dein Plan? Was hoffst von der Rast du im libyschen Lande? Wirst du selbst nicht entflammt vom Ruhm so herrlicher Zukunft, Willst du zu eigenem Preis nicht selbst durchkämpfen die Mühen, Denk an den wachsenden Sohn, an die Hoffnung des Erben Iulus, |
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respice, cui regnum Italiae Romanaque tellus debetur." tali Cyllenius ore locutus mortalis visus medio sermone reliquit et procul in tenuem ex oculis evanuit auram. At vero Aeneas aspectu obmutuit amens, |
Dem das Geschick Italiens Reich und die römischen Lande Schuldet." Und als des Kylleniers Mund vollendet die Rede, Schwand er, inmitten des Worts sich den sterblichen Blicken entziehend, Fern aus den Augen dahin und verschwamm in duftigen Nebel. Aber Aineias, der Sinne beraubt, steht stumm bei dem Anblick, |
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arrectaeque horrore comae et vox faucibus haesit.
ardet abire fuga dulcisque relinquere terras, attonitus tanto monitu imperioque deorum. heu quid agat? quo nunc reginam ambire furentem audeat adfatu? quae prima exordia sumat? |
Grausen erhebt sein Haar; ihm stockt in der Kehle die Stimme. Heiß wünscht jetzt er zu fliehn, von dem süßen Gestade zu scheiden, Wie vom Donner gerührt bei dem strengen Befehle der Götter. Weh, was tun? Wie darf er im Umschweif nur der empörten Königin nahn mit dem Wort? Wie soll er die Rede beginnen? |
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atque animum nunc huc celerem nunc dividit illuc
in partisque rapit varias perque omnia versat. haec alternanti potior sententia visa est: Mnesthea Sergestumque vocat fortemque Serestum, classem aptent taciti sociosque ad litora cogant, |
Hier- und dorthin teilt er den Geist in hastigem Wechsel, Wendet ihn rasch auf jeglichen Fall nach verschiedenen Seiten. Aber dem Zweifelnden schien zuletzt die Meinung die beste: Mnestheus ruft er herbei, Sergestus, den tapferen Serestus, Dass sie die Flotte geheim ausrüsten, am Strand die Gefährten |
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arma parent et quae rebus sit causa novandis dissimulent; sese interea, quando optima Dido nesciat et tantos rumpi non speret amores, temptaturum aditus et quae mollissima fandi tempora, quis rebus dexter modus. ocius omnes |
Sammeln, die Waffen bereiten, den Grund für die Neuerung aber Sorglich verbergen. Er werd indes, da die redliche Dido Gar nichts ahn und den Bruch so inniger Liebe nicht fürchte, Selbst ihr versuchen zu nahn, sich die passendste Zeit zum Gespräche Und die geschickteste Art aussehn. - Dem Befehle gehorsam, |
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imperio laeti parent et iussa facessunt. At regina dolos - quis fallere possit amantem? - praesensit, motusque excepit prima futuros omnia tuta timens. eadem impia Fama furenti detulit armari classem cursumque parari. |
Machen sie froh sich alle sofort an Beschickung des Auftrags. Aber die Königin merkt (denn wer kann Liebende täuschen?) Zeitig die List und erlauscht die Bewegung, noch ehe sie da war, Selbst in der Sicherheit bang. Der Empörten verrät es dieselbe Schändliche Fama, man setze zur Fahrt in Stande die Flotte. |
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saevit inops animi totamque incensa per urbem
bacchatur, qualis commotis excita sacris Thyias, ubi audito stimulant trieterica Baccho orgia nocturnusque vocat clamore Cithaeron. tandem his Aenean compellat vocibus ultro: |
Ratlos tobt sie und schweift mit entflammtem Gemüt durch die ganze Stadt, der Bakchantin gleich bei Eröffnung der heiligen Lade, Wenn sie der Evoiruf zu des Fests dreijähriger Feier Wild durchzuckt und der nächtliche Lärm sie ruft zum Kithairon. Endlich nimmt sie das Wort von selbst und spricht zum Aineias: |
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"dissimulare etiam sperasti, perfide, tantum
posse nefas tacitusque mea decedere terra? nec te noster amor nec te data dextera quondam nec moritura tenet crudeli funere Dido? quin etiam hiberno moliri sidere classem |
"Hast du es möglich geglaubt, Treuloser, ein solches Verbrechen Auch zu verheimlichen und dich still aus dem Lande zu schleichen? Hält dich die Liebe nicht fest und die einst mir gebotene Rechte? Hält dich Dido nicht fest, die dem grausamsten Tode zum Raub wird?
Ja, du beginnest die Fahrt zur See bei den Wintergestirnen, |
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et mediis properas Aquilonibus ire per altum,
crudelis? quid, si non arva aliena domosque ignotas peteres, et Troia antiqua maneret, Troia per undosum peteretur classibus aequor? mene fugis? per ego has lacrimas dextramque tuam te, |
Mitten in Boreas' Wehn willst über die Tiefen du eilen. Grausamer! Wie, wenn die Flut dir nicht fremd, wenn bekannt dir die Sitze
Wären, zu welchen du ziehst, wenn das frühere Troia noch stände,
Würdest nach Troia du wohl hinziehn durch die stürmende Meerflut?
Fliehest du mich? Bei den Tränen, die hier mir entrollen, bei deiner
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quando aliud mihi iam miserae nihil ipsa reliqui,
per conubia nostra, per inceptos hymenaeos, si bene quid de te merui, fuit aut tibi quicquam dulce meum, miserere domus labentis et istam, oro, si quis adhuc precibus locus, exue mentem. |
Eigenen Rechten - da sonst nichts übriggeblieben mir Armen - Ja, bei dem ehlichen Bund und der halbvollzogenen Hochzeit, Hab ich das kleinste Verdienst nur um dich und war ich in irgend Etwas dir lieb, so erbarme dich jetzt des versinkenden Hauses, Und - ich bitte, wenn Bitten noch hilft - entsage der Absicht. |
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te propter Libycae gentes Nomadumque tyranni odere, infensi Tyrii; te propter eundem
exstinctus pudor et, qua sola sidera adibam, fama prior. cui me moribundam deseris hospes, hoc solum nomen quoniam de coniuge restat? |
Um dich hasst mich das libysche Volk und die Herrn der Nomaden, Um dich sind mir die Tyrier gram; um dich, ja um dich nur Habe der Scham ich entsagt und dem Ruf, der allein zu den Sternen Früher mich hob. Wem lässt du zum Raub mich Sterbende, Gastfreund - Da der Name ja nur allein noch bleibt von dem Gatten -? |
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quid moror? an mea Pygmalion dum moenia frater
destruat aut captam ducat Gaetulus Iarbas? saltem si qua mihi de te suscepta fuisset ante fugam suboles, si quis mihi parvulus aula luderet Aeneas, qui te tamen ore referret, |
Wozu weil' ich? Bis erst mein Bruder Pygmalion meine
Mauern zerstört? Mich als Sklavin entführt der Gätuler Iarbas?
Hättest du wenigstens noch ein lebendes Pfand mir gelassen, Ehe du flohst, und möchte' im Hof mir ein kleiner Aineias Spielen, in dessen Gestalt ich die deinige wieder erblickte, |
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non equidem omnino capta ac deserta viderer." Dixerat. ille Iovis monitis immota tenebat lumina et obnixus curam sub corde premebat. tandem pauca refert: "ego te, quae plurima fando enumerare vales, numquam, regina, negabo |
Würd' ich so völlig doch nicht als verlassene Magd mir erscheinen." Sprach's. Doch Iupiters Mahnung gedenk, hielt jener die Augen Regungslos und verschloss mit Kraft im Herzen den Kummer. Weniges sagt' er zuletzt: "Nie werd ich die vielen Verdienste, Die du um mich dir erwarbst, o Königin, leugnen; du rühmst dich
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promeritam, nec me meminisse pigebit Elissae dum memor ipse mei, dum spiritus hos regit artus. pro re pauca loquar. neque ego hanc abscondere furto speravi - ne finge - fugam, nec coniugis umquam praetendi taedas aut haec in foedera veni. |
Ihrer mit Recht. Nie werd ich, solang ich mir meiner bewusst bin Und mein Geist noch die Glieder mir lenkt, Elissas vergessen. Höre zur Sache nur dies: Nicht hofft' ich, die Flucht durch Verstellung (Glaube es nicht!) zu verbergen, noch sprach von ehlichen Fackeln Je ich ein Wort; nicht kam ich hierher zu solcher Verbindung. |
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me si fata meis paterentur ducere vitam auspiciis et sponte mea componere curas, urbem Troianam primum dulcisque meorum reliquias colerem, Priami tecta alta manerent, et recidiva manu posuissem Pergama victis. |
Hätte das Schicksal mir nach eignen Beschlüssen mein Leben Durchzuführen erlaubt und mein Tun selbständig zu ordnen, Nähm' ich in Troia zuerst und unter der Meinigen teuren Resten den Sitz; ich wohnt in Priamos' hoher Behausung. Pergamon hätt' aufs neu den Besiegten durch mich sich erhoben. |
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sed nunc Italiam magnam Gryneus Apollo, Italiam Lyciae iussere capessere sortes; hic amor, haec patria est. si te Karthaginis arces Phoenissam Libycaeque aspectus detinet urbis, quae tandem Ausonia Teucros considere terra |
Doch nach dem großen Italien hieß der Gryneer Apollon, Nach Italien mich das Orakel des Lykiers ziehen. Dort ist mir Liebe bestimmt und Heimat. Fesselt Karthagos Burg als Phoinikerin dich und der Blick auf die libysche Feste, Was missgönnst du Ausonien dann den Troianern als Wohnsitz? |
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invidia est? et nos fas extera quaerere regna.
me patris Anchisae, quotiens umentibus umbris nox operit terras, quotiens astra ignea surgunt, admonet in somnis et turbida terret imago; me puer Ascanius capitisque iniuria cari, |
Uns auch stehet es frei, im Ausland Reiche zu gründen. Wenn um die Länder die Nacht ausbreitet die tauigen Schatten, Wenn das Gestirn sich feurig erhebt, dann mahnt mich des Vaters Bild, des Anchises, im Traum und schreckt mit verstörtem Gesicht mich.
Auch Askanios, mein Kind, und das Unrecht, dass ich den Teuren |
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quem regno Hesperiae fraudo et fatalibus arvis.
nunc etiam interpres divum Iove missus ab ipso - testor utrumque caput - celeris mandata per auras detulit: ipse deum manifesto in lumine vidi intrantem muros vocemque his auribus hausi. |
Um des hesperischen Reichs verheißene Fluren betrüge. Von Zeus selber gesandt, bringt jetzt auch der Bote der Götter Mir durch die flüchtige Luft - ich schwör es bei meinem und deinem Haupt - das Geheiß. Selbst sah ich den Gott im hellesten Lichte, Wie er die Mauern betrat, und hört ihn mit eigenen Ohren. |
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desine meque tuis incendere teque querelis; Italiam non sponte sequor." Talia dicentem iamdudum aversa tuetur huc illuc volvens oculos totumque pererrat luminibus tacitis et sic accensa profatur: |
Lass drum ab, mit Klagen dich selbst und mich zu erhitzen; Eigener Trieb führt nicht nach Italien mich." Während er so noch sprach, sah längst sie ihn an von der Seite,
Wälzte die Augen umher und umirrte mit schweigenden Blicken Ihn von Haupt bis zu Fuß; dann brach sie erhitzt in das Wort aus:
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"nec tibi diva parens generis nec Dardanus auctor, perfide, sed duris genuit te cautibus horrens Caucasus Hyrcanaeque admorunt ubera tigres. nam quid dissimulo aut quae me ad maiora reservo? num fletu ingemuit nostro? num lumina flexit? |
"Nicht ein göttliches Weib hat dich, Treuloser, geboren, Nicht aus Dardanos' Stamm; von des Kaukasus starrenden Felsen Bist du erzeugt. Dich nährte die Milch hyrkanischer Tiger. Denn was verhehl' ich es noch? Was soll ich noch Schlimmres erwarten? Hat mein Weinen ihm Seufzer entlockt? Hat den Blick er gewendet? |
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num lacrimas victus dedit aut miseratus amantem est? quae quibus anteferam? iam iam nec maxima Iuno nec Saturnius haec oculis pater aspicit aequis. nusquam tuta fides. eiectum litore, egentem excepi et regni demens in parte locavi. |
Ward er zu Tränen gerührt, und schenkt' er der Liebenden Mitleid? Was? Was sag ich zuerst? Nicht sieht die erhabene Iuno, Nicht der Saturnier mehr auf die Welt mit billigem Blicke. Nirgend ist sichrer Verlass. Den Gestrandeten, Dürftigen nahm ich
Bei mir auf und teilte mit ihm - ich Betörte! - die Herrschaft, |
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amissam classem, socios a morte reduxi. heu furiis incensa feror!: nunc augur Apollo, nunc Lyciae sortes, nunc et Iove missus ab ipso interpres divum fert horrida iussa per auras. scilicet is superis labor est, ea cura quietos |
Stellte die Flotte ihm her und erhielt die Gefährten vom Tode. Ha! ich brenne vor Wut! Jetzt kommt denn der Seher Apollon, Jetzo der lykische Spruch, und jetzt von Iupiter selber Kommt mit grausem Befehl durch die Lüfte der göttliche Herold! Dies ist also der Götter Geschäft; mit solcherlei Sorgen |
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sollicitat. neque te teneo neque dicta refello:
i, sequere Italiam ventis, pete regna per undas. spero equidem mediis, si quid pia numina possunt, supplicia hausurum scopulis et nomine Dido saepe vocaturum. sequar atris ignibus absens |
Plagen sie sich! Ich halte dich nicht, ich bestreitc dein Wort nicht. Geh! Nach Italien geh und such dir ein Reich durch die Wogen! Hoffentlich wirst du jedoch - wenn noch Göttergerechtigkeit waltet -
Zwischen den Felsen den Tod als Vergeltung finden und Didos Namen noch oft anrufen. Ich folge von fern dir mit dunkeln |
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et, cum frigida mors anima seduxerit artus, omnibus umbra locis adero. dabis, improbe, poenas. audiam et haec Manis veniet mihi fama sub imos." his medium dictis sermonem abrumpit et auras aegra fugit seque ex oculis avertit et aufert, |
Flammen, und wenn dann der eisige Tod von der Seele den Leib trennt, Stets ist mein Schatten dir nah. Du sollst es mir büßen, Verräter.
Bis zu den Manen herab wird der Ruf mir bringen die Kunde." Rasch mit dem Wort das Gespräch abbrechend, verließ sie das Freie, Siech in der Brust, und wandte den Schritt und enteilte den Blicken, |
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linquens multa metu cunctantem et multa parantem
dicere. suscipiunt famulae conlapsaque membra marmoreo referunt thalamo stratisque reponunt. At pius Aeneas, quamquam lenire dolentem solando cupit et dictis avertere curas, |
Während er zaudert und zagt und noch vieles zu reden sich anschickt. Und nun tragen die dienenden Fraun den zusammengesunknen Leib in das Marmorgemach und legen ihn sanft auf das Lager. Aber Aineias, wiewohl er gern durch Trost der Gekränkten Schmerzen beschwichtigte, gern vom Gram sie befreite durch |
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multa gemens magnoque animum labefactus amore
iussa tamen divum exsequitur classemque revisit. tum vero Teucri incumbunt et litore celsas deducunt toto navis. natat uncta carina, frondentisque ferunt remos et robora silvis |
Zuspruch, Folgt, wenn er oft auch seufzt und der Liebe Gewalt ihn erschüttert, Dennoch der Götter Befehl und kehrt zurück zu der Flotte. Und nun strengen die Teukrer sich an; rings ziehn sie die hohen Schiffe vom Ufer herab. Da schwimmt der gefettete Kiel hin. Ruder, von Laub umgrünt, und Eichen, nicht fertig gezimmert, |
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infabricata fugae studio. migrantis cernas totaque ex urbe ruentis: ac velut ingentem formicae farris acervum cum populant hiemis memores tectoque reponunt, it nigrum campis agmen praedamque per herbas |
Tragen sie her im Eifer der Flucht. Sieh, wie sie wandern und rings aus den Straßen der Stadt sich ergießen,
Wie wenn, bedacht auf den Winter, ein Schwarm Ameisen auf einen Mächtigen Haufen von Korn sich wirft und zur Wohnung ihn fortträgt. Schwarz dann wimmelt der Zug durch das Feld; sie tragen auf schmalem |
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convectant calle angusto; pars grandia trudunt
obnixae frumenta umeris, pars agmina cogunt castigantque moras, opere omnis semita fervet. quis tibi tum, Dido, cernenti talia sensus, quosve dabas gemitus, cum litora fervere late |
Pfad durch den Rasen den Raub. Die wälzen die riesigen Körner Kräftig heran mit den Schultern; ein Teil, der das Ende des Zugs macht,
Feuert die Lässigen an. Hart geht auf dem Weg das Geschäft her.
Wie, da solches du sahst, o Dido, ward dir zu Sinne? Oh, wie schwoll dir das Herz, da du hoch von der Zinne des Schlosses |
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prospiceres arce ex summa, totumque videres misceri ante oculos tantis clamoribus aequor! improbe Amor, quid non mortalia pectora cogis! ire iterum in lacrimas, iterum temptare precando cogitur et supplex animos summittere amori, |
Schautest und weithin wogte der Strand und die Fläche des ganzen Meers vor den Blicken dir lag, durchtobt von wildem Tumulte! Grausame Liebe, wozu zwingst nicht du die sterblichen Herzen! Tränen nun muss sie aufs neu und Bitten aufs neue versuchen, Muss demütig den Geist dem Gebot nun beugen der Liebe, |
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ne quid inexpertum frustra moritura relinquat. "Anna, vides toto properari litore circum: undique convenere; vocat iam carbasus auras, puppibus et laeti nautae imposuere coronas. hunc ego si potui tantum sperare dolorem, |
Keinen Versuch mehr scheun, um nicht vergeblich zu sterben. "Anna, du siehst, man eilt ringsum am ganzen Gestade;
Alles versammelt sich schon; es rufen die Segel den Winden. Fröhlich den Spiegel des Schiffs umschlingt mit Kränzen der Seemann. Wenn den Schmerz im Gemüt vorherzusehn ich vermochte, |
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et perferre, soror, potero. miserae hoc tamen unum exsequere, Anna, mihi; solam nam perfidus ille te colere, arcanos etiam tibi credere sensus; sola viri mollis aditus et tempora noras. i, soror, atque hostem supplex adfare superbum: |
Schwester, ertrag ich ihn auch. Doch richte das eine mir Armen, Anna, noch aus. Denn ich weiß, dass dich allein der Verräter Achtete, dir sogar die geheimsten Gefühle vertraute. Du nur wusstest die Zeit und die Art ihm am besten zu nahen. Geh denn, Schwester, und sprich demütig den höhnenden Feind an:
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non ego cum Danais Troianam exscindere gentem
Aulide iuravi classemve ad Pergama misi, nec patris Anchisae cinerem manisve revelli: cur mea dicta negat duras demittere in auris? quo ruit? extremum hoc miserae det munus amanti: |
Nicht mit den Griechen beschwor die Vernichtung des troischen Volkes Ich am aulischen Strand, noch sandt' ich gen Pergamon Schiffe, Riss nicht den Staub aus der Gruft und die Manen des Vaters Anchises. Weshalb weigert er sich hartherzig, sein Ohr mir zu leihen? Wozu eilt er? Das eine Geschenk nur erbittet die arme |
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exspectet facilemque fugam ventosque ferentis. non iam coniugium antiquum, quod prodidit, oro, nec pulchro ut Latio careat regnumque relinquat: tempus inane peto, requiem spatiumque furori, dum mea me victam doceat fortuna dolere. |
Liebende, dass er auf bessere Fahrt und günstigen Wind harrt. Nicht um den ehlichen Bund, den jüngst er verraten hat, fleh ich,
Nicht, dass dem Reich er entsag und dem schönen latinischen Lande: Eitele Zeit nur und Rast und Frist für die tobenden Gluten Bitt ich, bis erst das Geschick mich lehrt, in den Schmerz mich zu fügen.
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extremam hanc oro veniam - miserere sororis -,
quam mihi cum dederit cumulatam morte remittam." Talibus orabat, talisque miserrima fletus fertque refertque soror. sed nullis ille movetur fletibus aut voces ullas tractabilis audit; |
Dies sei sein letztes Geschenk - o Schwester, erbarme dich meiner- Gibt er es mir, so vergelt' ich es ihm mit dem Wucher des Todes." Also bat sie die Schwester, und also bracht' ihm die Arme Wieder und wieder den Jammerbericht. Doch wird er von keinen Tränen bewegt; es macht kein Wort ihn fügsam; das Schicksal |
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fata obstant placidasque viri deus obstruit auris.
ac velut annoso validam cum robore quercum Alpini Boreae nunc hinc nunc flatibus illinc eruere inter se certant; it stridor, et altae consternunt terram concusso stipite frondes; |
Hindert es, und es verschließt ein Gott sein empfindendes Ohr ihm. Und wie wenn Boreas' Wehn von den Alpen herab des bejahrten Eichbaums kräftigen Stamm von hier und dort zu entwurzeln Mit wetteifernden Stößen sich müht: er saust in den Zweigen,
Schüttelt den Stamm und bedeckt mit Haufen von Blättern den Boden; |
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ipsa haeret scopulis et quantum vertice ad auras aetherias, tantum radice in Tartara tendit: haud secus adsiduis hinc atque hinc vocibus heros tunditur, et magno persentit pectore curas; mens immota manet, lacrimae volvuntur inanes. |
Doch fest haftet der Baum im Geklipp, und so hoch in des Aithers Lüfte der Wipfel, so tief zum Tartarus streckt sich die Wurzel. So von hier und dort wird der Held durch beständige Reden Dringend bestürmt und fühlt im erhabenen Busen den Kummer; Aber der Geist bleibt fest, und es rollen die Tränen vergebens. |
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Tum vero infelix fatis exterrita Dido mortem orat; taedet caeli convexa tueri. quo magis inceptum peragat lucemque relinquat, vidit, turicremis cum dona imponeret aris, - horrendum dictu - latices nigrescere sacros |
Jetzt vom Verhängnis geschreckt, vom Jammer bewältigt, erflehet Dido den Tod; ihr graut, zum Himmelsgewölbe zu schauen. Da - was noch mehr sie zum Vorsatz drängt, dies Licht zu verlassen -
Sieht sie, als Opfer sie bringt auf weihrauchflammendem Herde - Graunvoll klingt der Bericht - die geheiligte Spende sich schwärzen |
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fusaque in obscenum se vertere vina cruorem; hoc visum nulli, non ipsi effata sorori. praeterea fuit in tectis de marmore templum coniugis antiqui, miro quod honore colebat, velleribus niveis et festa fronde revinctum: |
Und den vergossenen Wein in grässliches Blut sich verwandeln. Dieses Gesicht hat sie nie, auch selbst nicht der Schwester, verraten. Ferner, es war im Palast ein marmorner Tempel des ersten Gatten; sie zeichnete stets ihn aus durch besondre Verehrung. Festliches Laub umwand und schneeige Wolle die Säulen. |
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hinc exaudiri voces et verba vocantis visa viri, nox cum terras obscura teneret, solaque culminibus ferali carmine bubo saepe queri et longas in fletum ducere voces; multaque praeterea vatum praedicta priorum |
Dorther, vermeint sie, klang ihr der Ruf und die Stimme des Gatten Deutlich ins Ohr, als die Nacht mit Dunkel die Länder bedeckte. Oftmals ließ von dem Dach sein Klagegestöhn ein verlassner Uhu hören und zog in ein langes Gewimmer den Ton aus. Endlich erschüttern ihr jetzt Weissagungen früherer Seher |
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terribili monitu horrificant. agit ipse furentem
in somnis ferus Aeneas, semperque relinqui sola sibi, semper longam incomitata videtur ire viam et Tyrios deserta quaerere terra, Eumenidum veluti demens videt agmina Pentheus |
Schreckhaft mahnend den Geist. Ja selbst vom wilden Aineias Wird sie im Traum noch zum Rasen gebracht; sieht stets sich verstoßen, Einsam, allein; sieht stets, wie sie ohne Begleitung auf weitem Weg hinzieht und die Tyrier sucht im verlassenen Lande; Wie den Erinnyenschwarm und der Sonne verdoppelte Scheibe |
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et solem geminum et duplices se ostendere Thebas,
aut Agamemnonius scaenis agitatus Orestes, armatam facibus matrem et serpentibus atris cum fugit ultricesque sedent in limine Dirae. Ergo ubi concepit furias evicta dolore |
Pentheus sieht im rasenden Wahn und ein zwiefaches Theben; Wie Agamemnons Sohn, Orest, auf der Bühne die Mutter Angstvoll flieht, die mit schwarzem Gewürm und Fackeln sich waffnet, Während die Unholdinnen die Tür rachgierig umlagern. Als sie nun endlich dem Schmerz erliegt und im Wahn der Verzweiflung |
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decrevitque mori, tempus secum ipsa modumque exigit, et maestam dictis adgressa sororem consilium vultu tegit ac spem fronte serenat: "inveni, germana, viam - gratare sorori - quae mihi reddat eum vel eo me solvat amantem. |
Sich zum Tod anschickt, da wählt sie die Zeit und die Weise Ganz nach eigenem Sinn und spricht zur bekümmerten Schwester, Der den Entschluss sie verhehlt und Hoffnung mit heiterer Stirn weckt: "Wünsche mir Glück, o Schwester, ich habe das Mittel gefunden,
Das ihn zurück mir bringt, wo nicht - mich befreit von der Liebe. |
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Oceani finem iuxta solemque cadentem ultimus Aethiopum locus est, ubi maximus Atlas axem umero torquet stellis ardentibus aptum: hinc mihi Massylae gentis monstrata sacerdos, Hesperidum templi custos, epulasque draconi |
An des Okeanos Rand und nahe der sinkenden Sonne Ist Äthiopiens letztes Gebiet, wo des ragenden Atlas Schulter die Achse bewegt, die mit funkelnden Sternen besetzt ist. Von dorther aus massylischem Stamm ist ein Weib mir bezeichnet, Im hesperidischen Hain einst Priesterin, welche dem Drachen |
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quae dabat et sacros servabat in arbore ramos,
spargens umida mella soporiferumque papaver. haec se carminibus promittit solvere mentes quas velit, ast aliis duras immittere curas, sistere aquam fluviis et vertere sidera retro, |
Reichte das Mahl, an dem Baum die geweiheten Zweige bewachte Und schlafbringenden Mohn ausgoss und flüssigen Honig. Diese verheißt, durch Spruch und Gesang ein Herz zu erlösen, Wie ihr beliebt, und in marternde Pein ein andres zu bannen, Wasser zu fesseln im Strom und zurück die Gestirne zu wenden. |
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nocturnosque movet Manis: mugire videbis sub pedibus terram et descendere montibus ornos. testor, cara, deos et te, germana, tuumque dulce caput, magicas invitam accingier artis. tu secreta pyram tecto interiore sub auras |
Geister auch bannt sie bei Nacht: du hörst, wie dir unter den Füßen Donnert der Grund und siehst vom Gebirg herschreiten die Eschen. Teuerste Schwester, ich schwör's bei den Göttern und deinem geliebten
Haupt, dass gezwungen ich nur zu den magischen Künsten mich rüste. Türme du heimlich im innersten Haus und unter dem freien Himmel |
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erige, et arma viri thalamo quae fixa reliquit impius exuviasque omnis lectumque iugalem, quo perii, super imponas: abolere nefandi cuncta viri monimenta iuvat monstratque sacerdos." haec effata silet, pallor simul occupat ora. |
ein Leichengerüst, und die Waffen des Manns, die der böse Ließ im Gemach, was sonst am Leib er getragen, das Ehbett, Das mich verdarb - das häufe darauf. Mich freut's, und die Priestrin Will es, dass jede Erinnerung man an den Frevler vertilge." Also sprach sie und schwieg, und Blässe bedeckt' ihr das Antlitz. |
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non tamen Anna novis praetexere funera sacris
germanam credit, nec tantos mente furores concipit aut graviora timet quam morte Sychaei. ergo iussa parat. At regina, pyra penetrali in sede sub auras |
Anna jedoch ahnt nicht, dass die Schwester die eigne Bestattung Unter den neuen Gebräuchen versteckt; sie ermisst nicht des Wahnsinns Höhe; sie denkt an Schlimmeres nicht als beim Tod des Sychaeus Und vollbringt das Geheiß. Und als der Holzstoß nun im innersten Hof zu den Lüften |
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erecta ingenti taedis atque ilice secta, intenditque locum sertis et fronde coronat funerea; super exuvias ensemque relictum effigiemque toro locat haud ignara futuri. stant arae circum et crinis effusa sacerdos |
Hoch aufragt, aus Kiefern getürmt und zerschnittenen Eichen, Kränzt mit Gewinden die Fürstin den Ort und mit düsterem Laube,
Legt aufs Lager die Kleider, das Schwert, das Aineias zurückließ, Und sein Bildnis darauf, wohl kundig der kommenden Stunde. Ringsum stehen Altäre; die Priesterin, flatternden Haares, |
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ter centum tonat ore deos, Erebumque Chaosque tergeminamque Hecaten, tria virginis ora Dianae. sparserat et latices simulatos fontis Averni, falcibus et messae ad lunam quaeruntur aënis pubentes herbae nigri cum lacte veneni; |
Ruft mit donnerndem Mund dreihundert Unsterbliche: Chaos,
Erebos, Hekate, dich, dreihäuptige keusche Diana. Auch mit dem Nass, aus Avernus' Quell angeblich entnommen, Sprengt sie, und sprossendes Kraut, von eherner Sichel im Mondschein Nächtlich gemäht, wird gesucht und die Milch schwarz triefenden Giftes. |
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quaeritur et nascentis equi de fronte revulsus et matri praereptus amor. ipsa mola manibusque piis altaria iuxta unum exuta pedem vinclis, in veste recincta, testatur moritura deos et conscia fati |
Ferner das Liebesgewächs, von des eben geborenen Fohlens Stirne der Mutter entwandt. Sie, mit geschrotenem Korn am Altar und geweiheten Händen, Einen der Füße befreit vom Schuh, im entgürteten Kleide, Ruft, zum Tode geweiht, noch die Götter und Sterne zu Zeugen |
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sidera; tum, si quod non aequo foedere amantis
curae numen habet iustumque memorque, precatur. Nox erat et placidum carpebant fessa soporem corpora per terras, silvaeque et saeva quierant aequora, cum medio volvuntur sidera lapsu, |
Ihres Geschicks und fleht zu der Macht, die gerecht und besonnen Noch auf Liebende schaut, die ungleich halten ihr Bündnis. Nacht war's und auf der Welt ringsum im erquickenden Schlummer Jedes ermüdete Wesen versenkt; die Wälder, das wilde Meer selbst schlief; inmitten der Bahn hin rollten die Sterne. |
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cum tacet omnis ager, pecudes pictaeque volucres,
quaeque lacus late liquidos quaeque aspera dumis rura tenent, somno positae sub nocte silenti. [lenibant curas et corda oblita laborum.] at non infelix animi Phoenissa, neque umquam |
Alles Gefild ist still, und die Herden, das bunte Geflügel, Was in spiegelnden Seen und was auf dornenbewachsnen Angern sich birgt, liegt alles im Schlaf durch die schweigende Nacht hin,
Lindert die Sorgen der Brust und lässt sie der Mühen vergessen. Allerdings nicht das gequälte Gemüt der Phoinikerin; nimmer |
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solvitur in somnos oculisve aut pectore noctem
accipit: ingeminant curae rursusque resurgens saevit amor magnoque irarum fluctuat aestu. sic adeo insistit secumque ita corde volutat: "en, quid ago? rursusne procos inrisa priores |
Gibt sie dem Schlummer sich hin; nicht dringt ihr die Nacht in die Augen, Nicht in die Brust; mit verdoppelter Qual in erneuerten Stürmen Wütet die Liebe; sie wogt in des Zorns hochflutender Brandung. Endlich kommt sie zum Stand und also ringt sie im Herzen: "Ha, was beginn ich? Ich sollte, verlacht, die Bewerber von früher |
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experiar, Nomadumque petam conubia supplex, quos ego sim totiens iam dedignata maritos? Iliacas igitur classis atque ultima Teucrum iussa sequar? quiane auxilio iuvat ante levatos et bene apud memores veteris stat gratia facti? |
Selbst angehn? Fußfällig zum Weib mich selbst den Nomaden Jetzt anbieten, die einst ich so oft als Gatten verschmähte? Also der Teukrier schlimmstem Gebot und der ilischen Flotte Sollt' ich folgen? - Sie freun sich so sehr des geleisteten Beistands, Haben die Wohltat noch so dankbar und frisch im Gedächtnis! |
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quis me autem, fac velle, sinet ratibusue superbis
invisam accipiet? nescis heu, perdita, necdum Laomedonteae sentis periuria gentis? quid tum? sola fuga nautas comitabor ovantis? an Tyriis omnique manu stipata meorum |
Wollt' ich es auch, wer ließe mich zu? Wer nahm in die stolzen Schiffe mich auf? Wer verhöhnte mich nicht? Unglückliche, kennst du Wirklich des laomedontischen Volks Eidbrüche nicht besser? Und dann: Soll ich allein nacheilen dem jubelnden Schiffsvolk? Soll mit den Tyriern ich und dem ganzen Geschwader der Meinen |
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inferar et, quos Sidonia vix urbe revelli, rursus agam pelago et ventis dare vela iubebo? quin morere ut merita es, ferroque averte dolorem. tu lacrimis evicta meis, tu prima furentem his, germana, malis oneras atque obicis hosti. |
Mich zudrängen und sie, die ich kaum von Sidon hinwegriss, Wiederum führen zur See und dem Spiel preisgeben der Winde? Nein, stirb, wie du's verdient, und ende die Pein mit dem Stahle. Du, durch mein Weinen besiegt, du häuftest zuerst mir Besessnen All dies Leid auf das Haupt, o Schwester, und gabst mich dem Feind hin.
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non licuit thalami expertem sine crimine vitam
degere more ferae, talis nec tangere curas; non servata fides cineri promissa Sychaeo." Tantos illa suo rumpebat pectore questus: Aeneas celsa in puppi iam certus eundi |
Frevelhaft war's, dass, dem ehlichen Bett entfremdet, ich also Lebte dem Waldtier gleich, dass solchen Gelüsten ich nachhing. Nicht ist die Treue bewahrt, die dem Staub des Sychaeus ich zuschwor." Also brach in Klagen ihr Leid sich Bahn aus dem Busen. Aber Aineias auf hohem Verdeck, schon sicher der Abfahrt, |
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carpebat somnos rebus iam rite paratis. huic se forma dei vultu redeuntis eodem obtulit in somnis rursusque ita visa monere est, omnia Mercurio similis, vocemque coloremque et crinis flavos et membra decora iuventa: |
Pflegte des Schlafs, da zuvor in Bereitschaft alles gesetzt war. Und es erschien ihm des Gottes Gestalt im Traum mit denselben Mienen und schien aufs neu ihn genau wie früher zu mahnen, Ähnlich in jeglichem Stück dem Merkur an Stimm' und an Farbe, Mit blondlockigem Haar und jugendlich prangenden Gliedern: |
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"nate dea, potes hoc sub casu ducere somnos,
nec quae te circum stent deinde pericula cernis, demens, nec Zephyros audis spirare secundos? illa dolos dirumque nefas in pectore versat certa mori, variosque irarum concitat aestus. |
"Kannst du, o Venus' Sohn, in der Stunde so großer Entscheidung Schlummern, und siehst die Gefahren du nicht, die rings dich umstehen? Hörst, Unsinniger, nichts von des Westwinds günstigem Rauschen? Jene bewegt in der Brust Arglist und grauses Verbrechen, Fest im Todesentschluss in des Jähzorns wechselnder Brandung. |
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non fugis hinc praeceps, dum praecipitare potestas?
iam mare turbari trabibus saevasque videbis conlucere faces, iam fervere litora flammis, si te his attigerit terris Aurora morantem. heia age, rumpe moras. varium et mutabile semper |
Jagst du nicht fort zur Flucht, weil fortzujagen noch möglich? Bald treibt wüst durch die Fluten Gebälk; bald siehst du von wilden Fackeln das Meer umstrahlt und den Strand von Flammen erleuchtet, Wenn dich das Frührot noch saumselig in diesem Gebiet trifft. Auf denn und ohne Verzug! Ein veränderlich wechselndes Wesen |
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femina." sic fatus nocti se immiscuit atrae.
Tum vero Aeneas subitis exterritus umbris corripit e somno corpus sociosque fatigat praecipitis: "vigilate, viri, et considite transtris; solvite vela citi. deus aethere missus ab alto |
Ist ja das Weib." So sprechend, verschwand er im nächtlichen Dunkel. Aber Aineias, erschreckt durch den plötzlich erscheinenden Schatten, Fährt aus dem Schlummer empor und drängt zur Hast die Gefährten: "Hurtig, ihr Männer, erwacht, und setzt euch rasch an die Ruder!
Hisset die Segel behend! Schon wieder, entsendet vom hohen |
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festinare fugam tortosque incidere funis ecce iterum instimulat. sequimur te, sancte deorum, quisquis es, imperioque iterum paremus ovantes. adsis o placidusque iuves et sidera caelo dextra feras." dixit vaginaque eripit ensem |
Aither, bedrängt mich ein Gott, in schleunigster Flucht die gewundnen Taue zu kappen. Wir folgen dir gern, wer immer du sein magst, Heiliger Gott, und gehorchen aufs neu mit Lust dem Befehle. Sei uns nah, steh gnädig uns bei und lenke des Himmels Sterne zum Heil!" Er sprach's und riss sein blitzendes Eisen |
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fulmineum strictoque ferit retinacula ferro. idem omnis simul ardor habet, rapiuntque ruuntque; litora deseruere, latet sub classibus aequor, adnixi torquent spumas et caerula verrunt. Et iam prima novo spargebat lumine terras |
Rasch aus der Scheid' und zerhieb mit gezogenem Schwerte das Haltseil. Alles entbrennt von derselbigen Hast; zugreifend, entstürzend Stoßen vom Ufer sie ab; mit Schiffen bedeckt sich die Meerflut. Kräftig gestemmt nun drehn sie den Schaum und peitschen die Bläue. Schon von dem Safranpfühl des Tithonos erhob sich soeben |
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Tithoni croceum linquens Aurora cubile. regina e speculis ut primam albescere lucem vidit et aequatis classem procedere velis, litoraque et vacuos sensit sine remige portus, terque quaterque manu pectus percussa decorum |
Eos und streut' aufs neu ihr Licht aus über die Länder. Und wie die Fürstin die weiß vorrückenden Strahlen vom Wartturm Sieht und die Flott' auf der Fahrt mit gleich hinschwebenden Segeln, Wie sie den Hafen und Strand leer sieht und geräumt von den Rudrern, Da - dreimal mit der Hand und viermal schlägt sie den schönen |
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flaventisque abscissa comas "pro Iuppiter! ibit
hic," ait "et nostris inluserit advena regnis? non arma expedient totaque ex urbe sequentur, diripientque rates alii navalibus? ite,
ferte citi flammas, date tela, impellite remos! |
Busen und rauft ihr blondes Gelock: "Ha! Iupiter", ruft sie, "Also der Fremdling geht und verhöhnt mein fürstliches Ansehn! Greift nicht alles sogleich zu den Waffen? Verfolgt nicht die ganze Stadt ihn? Reißt von der Werft man die Schiffe nicht? Auf! Und im Fluge Feuer herbei! Wurfwaffen herbei! Auf, greift zu den Rudern! |
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quid loquor? aut ubi sum? quae mentem insania mutat?
infelix Dido, nunc te facta impia tangunt? tum decuit, cum sceptra dabas. en dextra fidesque, quem secum patrios aiunt portare penatis, quem subiisse umeris confectum aetate parentem! |
Aber was red' ich? wo bin ich? Verrückt Wahnwitz den Verstand mir? Unglückselige Dido, empört erst jetzt dich die Schandtat? Als du das Zepter ihm gabst, da schickt' es sich. Glauben und Handschlag! Dies ist der Mann, der mit sich führt die Penaten der Heimat, Der auf die Schultern erhob den vom Alter entkräfteten Vater? |
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non potui abreptum divellere corpus et undis
spargere? non socios, non ipsum absumere ferro Ascanium patriisque epulandum ponere mensis? verum anceps pugnae fuerat fortuna. fuisset: quem metui moritura? faces in castra tulissem |
Könnt ich ihn nicht gleich fassen, in Stücke zerhaun und ins Wasser Ausstreun? Nicht mit dem Stahl die Gefährten, Askanios selber Morden, den Sohn zur Speise bei Tisch vorsetzen dem Vater? Freilich der Schlacht Ausgang war zweifelhaft. – Wär' er's gewesen! Wen denn hatt' ich, dem Tode geweiht, zu fürchten? Ich hätte |
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implessemque foros flammis natumque patremque cum genere exstinxem, memet super ipsa dedissem. Sol, qui terrarum flammis opera omnia lustras, tuque harum interpres curarum et conscia Iuno, nocturnisque Hecate triviis ululata per urbes |
Fackeln ins Lager geschleppt, die Verdecke verbrannt, mit dem Vater Sohn und Geschlecht zugleich und mich selbst samt ihnen vernichtet. Sol, der mit flammendem Rund du des Weltalls Werke beleuchtest, Iuno, die alle mein Leid du kennst und zu deuten verstehest, Hekate, die mit Geheul man verehrt auf nächtlichem Kreuzweg, |
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et Dirae ultrices et di morientis Elissae, accipite haec, meritumque malis advertite numen et nostras audite preces. si tangere portus infandum caput ac terris adnare necesse est, et sic fata Iovis poscunt, hic terminus haeret, |
Rächende Diren und ihr, Schutzgötter der sterbenden Dido, Hört es und wendet den göttlichen Sinn nach Verdienst auf die Bösen! Götter, erhört mein Gebet! Und muss dies Haupt, das verruchte, Dennoch den Hafen erreichen und muss es zum Lande gelangen, Heischt dies Iupiters Spruch und ist dies Ziel unverrückbar: |
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at bello audacis populi vexatus et armis, finibus extorris, complexu avulsus Iuli auxilium imploret videatque indigna suorum funera; nec, cum se sub leges pacis iniquae tradiderit, regno aut optata luce fruatur, |
Nun, dann mag er, geplagt durch Krieg und Waffen des kühnen Volkes, verbannt aus dem Reich und Iulus' Umarmung entrissen, Hilfe sich betteln! Er mag unwürdigen Todes die Seinen Endigen sehn, und wenn des entehrenden Friedens Gesetzen Er sich ergibt - sich des Reichs nicht freun und des teueren Lebens, |
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sed cadat ante diem mediaque inhumatus harena.
haec precor, hanc vocem extremam cum sanguine fundo. tum vos, o Tyrii, stirpem et genus omne futurum exercete odiis, cinerique haec mittite nostro munera. nullus amor populis nec foedera sunto. |
Nein, vor der Zeit in den Sand hinsinken und ohne Begräbnis! Dies ist mein Flehn, mein Abschiedswort; es entströmt mit dem Blut mir. Doch ihr, Tyrer, verfolgt das Geschlecht und den künftigen Nachwuchs Ewig mit Hass! Ihn sollt ihr statt anderer Sühnungen meiner Asche noch weihn; nicht Liebe noch Bund sei zwischen den Völkern! |
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exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor qui face Dardanios ferroque sequare colonos, nunc, olim, quocumque dabunt se tempore vires. litora litoribus contraria, fluctibus undas imprecor, arma armis: pugnent ipsique nepotesque." |
Mög' aus meinem Gebein sich einst ein Rächer erheben, Der mit Flammen und Schwert die dardanischen Pflanzer verfolge Jetzt und dereinst und zu jeglicher Zeit, wenn die Macht es gestattet! Möge sich Strand mit Strand, so fleh ich, und Woge mit Woge, Heer sich befehden mit Heer: sie selbst und die spätesten Enkel!" |
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Haec ait, et partis animum versabat in omnis,
invisam quaerens quam primum abrumpere lucem. tum breviter Barcen nutricem adfata Sychaei, namque suam patria antiqua cinis ater habebat: "Annam, cara mihi nutrix, huc siste sororem: |
Sprach's und wandte den Geist auf diesen Versuch und auf jenen, Wie am schnellsten sie sich losreiße vom quälenden Dasein. Und zu Barke gewandt, des Sychaeus Amme (die ihre Ruhte daheim im dunkelen Staub), sprach kurz sie die Worte: "Hole mir Anna, die Schwester, hierher, o teuerste Amme; |
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dic corpus properet fluviali spargere lympha, et pecudes secum et monstrata piacula ducat. sic veniat, tuque ipsa pia tege tempora vitta. sacra Iovi Stygio, quae rite incepta paravi, perficere est animus finemque imponere curis |
Sag ihr, sie solle sich rasch mit fließendem Wasser besprengen, Auch mitbringen das Vieh und was sonst ich zur Sühne bestimmte. Aber mit heiligem Band umhülle du selber die Schläfe. Dann, die dem stygischen Zeus nach Brauch ich begonnen, die Opfer Will ich vollenden; ich will zum Schluss nun bringen die Leiden |
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Dardaniique rogum capitis permittere flammae." sic ait. illa gradum studio celebrabat anili. At trepida et coeptis immanibus effera Dido sanguineam volvens aciem, maculisque trementis interfusa genas et pallida morte futura, |
Und des Dardaniers Haupt auf dem Holzstoß weihen den Flammen." Sprach's, und die Greisin ging, mit dem Eifer des Alters sich sputend. Dido aber, erhitzt und wild durch das grause Beginnen, Rollet den blutdurchschossenen Blick; um die bebenden Wangen Bläulich gefleckt und blass von dem nah schon drohenden Tode, |
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interiora domus inrumpit limina et altos conscendit furibunda rogos ensemque recludit Dardanium, non hos quaesitum munus in usus. hic, postquam Iliacas vestis notumque cubile conspexit, paulum lacrimis et mente morata |
Stürzt durch die innere Tür sie des Hofs und klimmt zu dem hohen Holzstoß rasend hinauf. Dann zieht das dardanischc Schwert sie, Das vom Geber sie nicht zu solchem Gebrauch sich erbeten. Und wie die troischen Kleider sie hier und ach! das bekannte Lager erblickt', da weilt' ein wenig sie, sinnend und weinend; |
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incubuitque toro dixitque novissima verba: "dulces exuviae, dum fata deusque sinebat,
accipite hanc animam meque his exsolvite curis. vixi et quem dederat cursum Fortuna peregi, et nunc magna mei sub terras ibit imago. |
Sank dann hin auf den Pfühl und sprach noch scheidend die Worte: "Reste, so teuer mir einst, solang es Gott und das Schicksal Zuließ, nehmet den Geist jetzt auf und erlöst von der Qual mich.
Hier ist mein Leben; die Bahn, die das Glück mir bestimmt, ist durchlaufen;
Unter die Erde hinab steigt bald mein erhabener Schatten. |
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urbem praeclaram statui, mea moenia vidi, ulta virum poenas inimico a fratre recepi, felix, heu nimium felix, si litora tantum numquam Dardaniae tetigissent nostra carinae." dixit, et os impressa toro "moriemur inultae, |
Herrlich erhebt sich die Stadt, mein Werk; noch sah ich die Mauern, Habe den Gatten gerächt und den feindlichen Bruder gezüchtigt. Oh, wie beglückt, ja mehr als beglückt, wenn der Dardaner Kiele
Nie sich unsrem Gestade genaht!" So sprach sie und drückte Tief in den Pfühl ihr Gesicht. "Zwar sterb' ich ohne Vergeltung, |
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sed moriamur" ait. "sic, sic iuvat ire sub umbras. hauriat hunc oculis ignem crudelis ab alto Dardanus, et nostrae secum ferat omina mortis." dixerat, atque illam media inter talia ferro conlapsam aspiciunt comites, ensemque cruore |
Dennoch, ich sterb', und so, so geh' ich hinab zu den Schatten. Mag von der Höhe des Meers dies Feuer der grausame Troer Sehn, und begleit' ihn mein Tod als unheilkündendes Zeichen." Während sie so noch rief, lag schon zusammengesunken Unter dem Stahl sie da. So sahn sie die Frauen: das Schwert noch |
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spumantem sparsasque manus. it clamor ad alta
atria: concussam bacchatur Fama per urbem. lamentis gemituque et femineo ululatu tecta fremunt, resonat magnis plangoribus aether, non aliter quam si immissis ruat hostibus omnis |
Schäumend von Blut und die Hände befleckt. Da schallt durch die hohe Halle der Lärm; die erschütterte Stadt durchtaumelt der Ruf schon. Stöhnen und Wehegeschrei und Weibergeheul in den Häusern Tobt durcheinander; es hallt vom Klagegetümmel der Aither, Grad als wäre der Feind in der Stadt, und es stürzte die alte
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Karthago aut antiqua Tyros, flammaeque furentes culmina perque hominum volvantur perque deorum. Audiit exanimis trepidoque exterrita cursu unguibus ora soror foedans et pectora pugnis per medios ruit, ac morientem nomine clamat: |
Tyros oder Karthago in Schutt, als wälzten die Flammen Wild durch die Giebel der Menschen sich hin und die Giebel der Götter. Außer sich hört es die Schwester; erschreckt, in hastigem Laufe,
Stürzt, das Gesicht zerfleischend, die Brust mit den Fäusten zerschlagend,
Durch das Gedränge sie hin und ruft der Verscheidenden Namen: |
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"hoc illud, germana, fuit? me fraude petebas?
hoc rogus iste mihi, hoc ignes araeque parabant? quid primum deserta querar? comitemne sororem sprevisti moriens? eadem me ad fata vocasses, idem ambas ferro dolor atque eadem hora tulisset. |
"War das, Schwester, dein Plan? Mich also wolltest du täuschen? Dies hat der Holzstoß mir, die Altär' und das Feuer bedeutet? Oh, was klag ich, Verlassne, zuerst? Als Todesgefährtin Hast du die Schwester verschmäht? O hätt'st du mich zu dir gerufen!
Wären wir beide vereint von einerlei Wunde gefallen! |
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his etiam struxi manibus patriosque vocavi voce deos, sic te ut posita, crudelis, abessem?
exstinxti te meque, soror, populumque patresque Sidonios urbemque tuam. date, vulnera lymphis abluam et, extremus si quis super halitus errat, |
Selbst mit den Händen noch häuft ich den Bau, rief selbst zu der Heimat Göttern, damit nun so, Grausame, du ohne mich lägest! Schwester, dich selbst und mich und das Volk und die tyrischen Väter Tötetest du und die eigene Stadt. Gebt Wasser, die Wunden Abzuwaschen! Umschwebt sie ein irrender Hauch noch im Scheiden, |
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ore legam." sic fata gradus evaserat altos, semianimemque sinu germanam amplexa fovebat cum gemitu atque atros siccabat veste cruores. illa gravis oculos conata attollere rursus deficit; infixum stridit sub pectore vulnus. |
Küss ich ihn fort." So redend, erklomm sie die ragenden Stufen. Sanft am Busen umhegt sie die kaum noch atmende Schwester Seufzend und trocknet mit ihrem Gewand ihr das starrende Blut ab. Jene bemüht sich den sinkenden Blick zu erheben; doch schwindet Wieder die Kraft; es zischt in der Brust ihr die klaffende Wunde. |
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ter sese attollens cubitoque adnixa levavit, ter revoluta toro est oculisque errantibus alto quaesivit caelo lucem ingemuitque reperta. Tum Iuno omnipotens longum miserata dolorem difficilisque obitus Irim demisit Olympo |
Dreimal richtet sie sich empor und stützt auf den Arm sich; Dreimal stürzt sie zurück auf den Pfühl; mit irrenden Augen
Sucht sie am Himmel nach Licht und seufzt, da den Schimmer sie wahrnimmt. Und die allmächtige Iuno, gerührt durch die Qualen des Todes Und durch den dauernden Schmerz, schickt Iris jetzt vom Olympos, |
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quae luctantem animam nexosque resolveret artus.
nam quia nec fato merita nec morte peribat, sed misera ante diem subitoque accensa furore, nondum illi flavum Proserpina vertice crinem abstulerat Stygioque caput damnaverat Orco. |
Dass sie den ringenden Geist und der Glieder Verbindung ihr löse. Denn da nicht durch Geschick sie den Tod litt noch durch Verschuldung, Sondern durch plötzliche Wut vor der Zeit elendiglich umkam, Hatte Proserpina ihr noch nicht vom Scheitel die blonde Locke geraubt und ihr Haupt zum stygischen Orkus verurteilt. |
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ergo Iris croceis per caelum roscida pennis mille trahens varios adverso sole colores devolat et supra caput astitit. "hunc ego Diti sacrum iussa fero teque isto corpore solvo": sic ait et dextra crinem secat, omnis et una |
Drum vom Himmel herab auf safranfarbigen Flügeln Schwang, von der Sonne bestrahlt, sich die tauige Iris in tausend Schillernder Farben Geleit und stand ihr zu Häupten: "Die Locke
Bring auf Befehl ich als Opfer dem Dis, dich lös ich vom Körper." Sprach's und schor mit der Rechten das Haar. Da schwand ihr die Wärme |
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dilapsus calor atque in ventos vita recessit. |
Gänzlich sogleich, und das Leben entwich und zerstob in die Lüfte. |
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Übersetzung nach W.Hertzberg bearbeitet von E.Gottwein |
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