HISTORIA APOLLONII REGIS TYRI
17
DIE GESCHICHTE DES KÖNIGS APOLLONIUS VON TYRUS
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Apollonius erhält reiche Geschenke und eine nächtliche
Bleibe im Palast
(17) Inter haec filia regis, ut vidit iuvenem omnium artium studiorumque esse cumulatum, vulneris saevo carpitur igne. Incidit in amorem infinitum. Et finito convivio sic ait puella ad patrem suum: "Permiseras mihi paulo ante, ut, si quid voluissem, de tuo tamen Apollonio darem, rex et pater optime!" Cui dixit: "Et permisi et permitto et opto."
17. Während dessen wird die Königstochter, wie sie in dem Jüngling den Meister aller Wissenschaften und Künste sieht, vom grimmen Brand der inneren Wunde verzehrt und zu grenzenloser Liebe hingerissen. Nach Abschluss der Mahlzeit redet das Mädchen so zu seinem Vater: "Du hattest mir vorhin erlaubt, wenn ich wolle, von deinen Schätzen dem Apollonius etwas zu geben, bester Vater und König." Er entgegnete ihr: "Ich habe es erlaubt und erlaube es dir noch und wünsche es sogar."
Permisso sibi a patre, quod ipsa ultro praestare volebat, intuens Apollonium ait: "Apolloni magister, accipe indulgentia patris mei ducenta talenta auri, argenti pondera quadraginta, servos viginti et vestem copiosissimam." Et intuens famulos, quos donaverat, dixit: "Afferte, quaequae promisi, et praesentibus omnibus exponite in triclinio!" Laudant omnes liberalitatem puellae peractoque convivio levaverunt se universi; vale dicentes regi et reginae discesserunt.
Nachdem ihr so von ihrem Vater gestattet war, was sie selbst aus freien Stücken zu tun für gut fand, wandte sie sich an Apollonius mit den Worten: "Meister Apollonios, empfange durch die Huld meines Vaters zweihundert Talente Gold, vierzig Pfund Silber, zwanzig Knechte und reiches Gewand." Sie blickte zu den Knechten hin, die sie ihm geschenkt hatte, un sprach: "Holt herbei, was immer ich ihm versprach, und legt es in aller Gegenwart im Speisezimmer auf!" Alle loben die Freigebigkeit des Mädchens. Nachdem die Tafel aufgehoben war, erhoben sie sich insgesamt, verabschiedeten sich von dem König und der Königin und gingen weg.
Ipse quoque Apollonius ait: "Bone rex, miserorum misericors, et tu, regina, amatrix studiorum, valete." Et haec dicens respiciens famulos, quos illi puella donaverat, ait: "Tollite, famuli, haec, quae mihi regina donavit: aurum, argentum et vestem, et eamus hospitalia quaerentes."
Auch Apollonius selbst sagte: "Guter König, der du dich der Erbarmungswürdigen erbarmst, und du, kunstbeflissene Königin, lebt wohl!" Mit diesen Worten sah er zu den Knechten hin, die ihm das Mädchen gegeben hatte, und sprach: "Ihr Knechte, nehmt auf, was mir die Königin geschenkt hat: Gold und Silber und die Gewandung, und lasst uns Herberge suchen."
Puella vero timens, ne amatum non videns torqueretur, respexit patrem suum et ait: "Bone rex, pater optime, placet tibi, ut hodie Apollonius a nobis locupletatus abscedat et, quod illi dedisti, a malis hominibus ei rapiatur?" Cui rex ait: "Bene dicis, domina; iube ergo ei dari unam zaetam, ubi digne quiescat."
Aber das Mädchen, das Angst hatte, von dem Geliebten getrennt, sich nur zu zerquälen, sah den Vater an und sagte: "Guter König, bester Vater! Gefällt es dir, dass Apollonius heute, nachdem wir ihn reichlich beschenktt haben, weggehe und ihm am Ende böse Menschen deine Geschenke rauben?" Der König erwiderte ihr: "Du sprichst gut, Herrin; lasse ihm also ein Gemach bereiten, wo er in würdiger Weise ruhen mag."
Accepta igitur mansione Apollonius bene acceptus requievit, agens deo gratias, qui ei non denegavit regem consolatorem.
Apollonius erhielt also eine Bleibe, und gab sich als willkommener Gast der Ruhe hin, indem er Gott dankte, der ihn bei einem König Trost finden ließ.
Text nach der Ausgabe von Gareth Schmeling, Ãœbersetzung nach R.Peters. Bearbeitet v. E.Gottwein
Die Geschichte des Königs Apollonius von Tyrus, der Lieblingsroman des Mittelalters. Eingeleitet und nach der ältesten lateinischen Textform zum erstenmal übersetzt von Richard Peters
Berlin, Leipzig (J.Hegner) o.J. (ca. 1904)
Weymann, G.
in: Rh.Mus.64,1909, S. 156-157