HISTORIA APOLLONII REGIS TYRI
36
DIE GESCHICHTE DES KÖNIGS APOLLONIUS VON TYRUS
36
Tarsia gewinnt durch ihr musisches Können die Gunst der Bürgerschaft
von Mytilene
36 Puella respondit: "Habeo auxilium studiorum liberalium, perfecte erudita sum; similiter et lyrae pulsu modulor in ludo. Iube crastina die in frequenti loco poni scamna, et facundia sermonis mei spectaculum praebeo; deinde plectro modulabor et hac arte ampliabo pecunias cotidie."
36. Das Mädchen entgegnete: "Ich verfüge über die Hilfe der freien Künste, in denen ich vollendete Meisterin bin; ebenso schlage ich mühelos in melodischem Spiel die Saiten der Leier. Lass morgen auf einem belebten Platz Bänke aufstellen! Dann gebe ich mit gewandtem Vortrag ein Schauspiel; danach werde ich die Leier schlagen und durch diese Kunst täglich größere Summen einbringen."
Quod cum fecisset vilicus, tanta populi acclamatio tantusque amor civitatis circa eam excrebuit, ut et viri et feminae cotidie ei multa conferrent.
Als der Aufseher so getan hatte, erntete sie vom Publikum so reichlich Beifall und die Bürgerschaft erwies ihr immer wieder solche Verehrung, dass Männer und Frauen ihr täglich viel Geld zutrugen.
Athenagora autem princeps memoratam Tarsiam integrae virginitatis et generositatis ita iam custodiebat ac si unicam suam filiam, ita ut vilico multa donaret et commendaret eam.
Aber der Fürst Athenagora gab auf die wegen ihrer unversehrten Keuschheit und edlen Abkunft hochachtbaren Tarsia bereits so sehr Acht, als wäre sie seine eigene einzige Tochter, so sehr, dass er darum auch den Aufseher reich beschenkte und sie ihm anempfahl.
Text nach der Ausgabe von Gareth Schmeling, Ãœbersetzung nach R.Peters. Bearbeitet v. E.Gottwein
Lat. zu "Historia Apollonii regis Tyrii"
Die Geschichte des Königs Apollonius von Tyrus, der Lieblingsroman des Mittelalters. Eingeleitet und nach der ältesten lateinischen Textform zum erstenmal übersetzt von Richard Peters
Berlin, Leipzig (J.Hegner) o.J. (ca. 1904)
Weymann, G.
in: Rh.Mus.64,1909, S. 156-157